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Wertpapiere (Rechnungslegung)


Inhaltsübersicht
I. Begriffsabgrenzung
II. Ausweis von Wertpapieren im handelsrechtlichen Jahresabschluss
III. Bewertung von Wertpapieren im handelsrechtlichen Jahresabschluss
IV. Prüfung von Wertpapieren

I. Begriffsabgrenzung


1. Zivilrechtliche Definition


Für den Begriff „ Wertpapier “ findet sich im deutschen Zivilrecht keine einheitliche Legaldefinition. Allerdings hat sich in der h.M. der weite Wertpapierbegriff durchgesetzt. Demnach handelt es sich bei einem Wertpapier um „ eine Urkunde, in der ein privates Recht in der Weise verbrieft ist, daß zur Geltendmachung des Rechts die Innehabung der Urkunde erforderlich ist “ (Hueck, /Canaris, 1986, S. 1). Bezogen auf ihre wirtschaftlichen Funktionen lassen sich Wertpapiere in Papiere des Zahlungs- und Kreditverkehrs (z.B. Scheck, Wechsel), Effekten und Kapitalmarktpapiere (z.B. Aktien, Inhaberschuldverschreibungen) sowie Papiere des Güterumlaufs (z.B. Ladeschein) unterteilen. Hinsichtlich der Art des in einem Wertpapier verbrieften Rechts lassen sich folgende Unterscheidungen vornehmen: 1. schuldrechtliche Wertpapiere (z.B. Inhaberschuldverschreibung, Wechsel, Scheck, Ladeschein); 2. Mitgliedspapiere (z.B. Aktie, Kux, Interimsschein); 3. sachenrechtliche Wertpapiere (z.B. Hypothekenbrief, Grundschuldbrief, Rentenschuldbrief). Schließlich lassen sich Wertpapiere nach der Art der Geltendmachung des Anspruchs systematisieren. Hierbei ist zwischen Inhaberpapier (z.B. Inhaberschuldverschreibung, Inhaberaktie), Orderpapier (z.B. Namensaktie, Interimsschein, auf den Namen lautende Investmentanteilscheine) sowie Rektapapiere (z.B. Hypothekenbrief, qualifizierte Legitimationspapiere des § 808 BGB) zu unterscheiden.

2. Definition nach dem Gesetz über den Wertpapierhandel


Eine eigenständige, wenngleich auch gesetzeszweckgebundene Abgrenzung des Wertpapierbegriffs gibt das Gesetz über den Wertpapierhandel, das seinerseits Bestandteil des zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes von 1994 ist. Das WpHG wurde mit der Zielsetzung verabschiedet, den Markt für verbriefte Geld- und Kapitalanlagen zu regeln und zu beaufsichtigen. In § 2 I WpHG wird der Begriff „ Wertpapier “ in enumerativer Form beschrieben. Demnach sind Aktien, Zertifikate, die Aktien vertreten, Schuldverschreibungen, Genussscheine, Optionsscheine, andere Wertpapiere, die mit Aktien oder Schuldverschreibungen vergleichbar sind, sowie Anteilsscheine an Investmentfonds dann als Wertpapiere einzustufen, wenn sie an einem Markt gehandelt werden können. Hierfür genügt der Nachweis ihrer Fungibilität, d.h. Austauschbarkeit und Zirkulationsfähigkeit. Rektapapiere (z.B. Namensschuldverschreibungen) verfehlen wegen ihrer mangelnden Zirkulationsfähigkeit den Fungibilitätsnachweis und somit die Wertpapiereigenschaft nach WpHG. Entgegen zivilrechtlicher Abgrenzung ist es nicht erforderlich, dass die in § 2 I WpHG genannten Titel urkundlich verbrieft sind. Sofern es sich nicht um Wertrechte handelt, ist jedoch mindestens die Verbriefung als Sammel- oder Globalurkunde notwendig, um die Wertpapiereigenschaft zu bestätigen (Assmann, /Schneider, U.-H. 1999).

3. Wertpapiere i.S.d. Bilanzrechts


Der dem deutschen Bilanzrecht zu Grunde liegende Wertpapierbegriff lässt sich mit Blick auf bestimmte, als „ Wertpapiere “ bezeichnete Positionen in den gesetzlichen Gliederungsschemata konkretisieren. Rechtsquellen sind das branchenübergreifende, für Kapitalgesellschaften geltende Bilanzgliederungsschema des § 266 II HGB sowie die branchenspezifischen Ausweisvorschriften für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen (für Kreditinstitute § 7 RechKredV i.V.m. Formblatt 1 der RechKredV, für Versicherungsunternehmen §§ 7, 8 RechVersV i.V.m. Formblatt 1 der RechVersV). Gemäß § 266 II HGB sind für bestimmte Wertpapiere eigenständige Bilanzpositionen vorgesehen (§ 266 II A. III. Ziff. 5. HGB „ Wertpapiere des Anlagevermögens “ ; § 266 II B. III. Ziff. 3. HGB „ sonstige Wertpapiere “ ). Hierbei handelt es sich um Inhaber- und Orderpapiere, die sich durch ihre Übertrag- und Verwertbarkeit auszeichnen. Demzufolge sind unter die Wertpapierabgrenzung des Handelsrechts folgende Kapitalmarkttitel zu subsumieren: Aktien, Bundesanleihen, Pfandbriefe, Schatzanweisungen, Kommunalobligationen, Investmentanteile, Industrie- und Bankobligationen, Anteile an geschlossenen Immobilienfonds, Genussscheine, Wandelschuldverschreibungen, Zero-Bonds, Gewinnschuldverschreibungen u.a. In Anlehnung an den für Banken geltenden § 16 I Satz 1 RechKredV ist laut h.M. auch ein Ausweis der commercial papers innerhalb der Wertpapierpositionen zulässig (ADS, 1995, § 266 HGB). Des Weiteren sind trotz fehlender zivilrechtlicher Wertpapiereigenschaft sammelverwahrungsfähige Wertrechte (z.B. Bundesschatzbriefe) sowie certificates of deposit unter die Wertpapierpositionen des § 266 II HGB zu subsumieren (Hoyos, /Gutike, 2006). Zu den Wertpapieren des Umlaufvermögens sind darüber hinaus noch die Finanzierungswechsel zu fassen, wobei hier die Geldanlageabsicht nachzuweisen ist. Schließlich können auch abgetrennte Zins- und Dividendenscheine den Wertpapieren des Umlaufvermögens zugeteilt werden (alternativer Ausweis: „ sonstige Vermögensgegenstände “ ). Hingegen sind zivilrechtlich als Wertpapiere einzustufende qualifizierte Legitimationspapiere (z.B. Sparbuch) handelsbilanziell nicht als solche zu behandeln. Bezugsrechte auf Aktien sind unter den Wertpapieren nicht selbstständig auszuweisen. Da sie Bestandteil des Aktienstammes sind, sind sie mit diesen gemeinsam zu bilanzieren.
Der für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute relevante Wertpapierbegriff ist in § 7 RechKredV geregelt und trägt der liquiditätsorientierten Bilanzgliederung Rechnung. In § 7 RechKredV werden als Wertpapiere einerseits solche Titel angeführt, die stets die Wertpapiereigenschaft erfüllen (z.B. Aktien, Investmentanteile, Optionsscheine). Andererseits werden Titel beschrieben, die entweder börsenfähig (z.B. Inhaberschuldverschreibungen, Inhaber- und Ordergenussscheine) oder gar börsennotiert (z.B. Bezugsrechte) sein müssen, um als Wertpapier i.S.d. RechKredV klassifiziert zu werden (Hartmann-Wendels, /Pfingsten, /Weber, M. 2000). In Anlehnung an das Formblatt 1 der RechKredV i.V.m. §§ 16, 17 RechKredV haben Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute ebenfalls bestimmte Wertpapiere gesondert auszuweisen.
In den USA erfolgt die Bilanzierung und Bewertung von Wertpapieren grds. nach SFAS 115 (Accounting for Certain Investments in Debt and Equity Securities;  US-GAAP). Allgemein definiert SFAS 115.137 Wertpapiere als Anteile oder Beteiligungen an Vermögensgesamtheiten, ganzen Unternehmen bzw. Gläubigerpositionen, sofern diese a) durch ein herausgegebenes Inhaber- oder Namenspapier repräsentiert oder in einem Verzeichnis festgehalten werden, b) an einer Börse gehandelt werden oder in der Region, in der sie gehandelt oder herausgegeben werden, als Investitionsmedium anerkannt sind, sowie c) einer Aktien-, Beteiligungs- oder Schuldverschreibungsgattung angehören. Um in den Regelungsbereich dieser Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften zu fallen, müssen Finanztitel die genannten Kriterien erfüllen. SFAS 115 beschreibt ausschließlich den Ausweis und die Bewertung von Gläubigerpapieren (z.B. öffentliche Anleihen, Schatzanweisungen, Wandelschuldverschreibungen) einerseits und Eigenkapitalpapieren (z.B. Stamm- und Vorzugsaktien, Aktienoptionen) andererseits.
Hingegen behandelt die supranationale Regelung des IAS 39 (Financial Instruments: Recognition and Measurement) die Bilanzierung, Bewertung sowie weitere Offenlegungen von Finanzinstrumenten. Unter den Begriff financial instrument werden financial assets, financial liabilities sowie equity instruments gefasst. Eine konkrete Abgrenzung des Wertpapierbegriffs erfolgt hier nicht, wobei Wertpapiere wie Aktien und Schuldverschreibungen unter die financial assets subsumiert werden.

II. Ausweis von Wertpapieren im handelsrechtlichen Jahresabschluss


1. Ausweis nach deutschem Bilanzrecht


Im deutschen Handelsrecht wird gem. § 266 II A. III. Ziff. 5. und B. III. Ziff. 3. HGB bei der Bilanzierung von Wertpapieren zwischen Wertpapieren des Anlagevermögens und des Umlaufvermögens differenziert. Entscheidend für die Zuordnung von Wertpapieren zum Finanzanlagevermögen ist, dass sie gem. § 247 II HGB bestimmt sind, dauernd dem Unternehmen zu dienen, d.h. zur langfristigen Kapitalanlage bestimmt sind. Die Position „ Wertpapiere des Anlagevermögens “ fungiert als Auffangbecken für solche Wertpapiere des Finanzanlagevermögens, die nicht einer anderen Position des § 266 II A. III. HGB zuzuordnen sind. Im Umkehrschluss sind Wertpapiere dem Umlaufvermögen zuzuordnen, soweit sie nicht mit einer längerfristigen Kapitalanlageabsicht gehalten werden. Sie werden unter die Sammelposition „ sonstige Wertpapiere “ gefasst, wenn es sich weder um Anteile an verbundenen Unternehmen noch um eigene Anteile handelt. Bei den sonstigen Wertpapieren handelt es sich regelmäßig um Titel, die zur kurzfristigen Liquiditätsreserve gehalten werden. Bereits entstandene Zins- und Dividendenforderungen sind i.A. unter den sonstigen Vermögensgegenständen auszuweisen. Da es bei Vermögensgegenständen des Finanzanlagevermögens anders als beim Sachanlagevermögen keine von vornherein erkennbaren Halte- oder Bindungsdauern gibt, kommt es bei der Beurteilung, ob es sich bei dem betrachteten Wertpapier um Anlage- oder Umlaufvermögen handelt, auf die subjektive Halteabsicht des Kaufmanns an. Obwohl der einmal durch den Kaufmann zum Ausdruck gebrachte Widmungsakt solange aufrecht zu erhalten ist, bis eine Veränderung des Ausweises durch neue, nachprüfbare Umstände gerechtfertigt erscheint, werden dem Bilanzierenden bilanzpolitische Spielräume eröffnet. Die Umwidmung der Wertpapiere begründet für sich genommen keinen neuen Wertansatz. Hinsichtlich der mit Wertpapieren in Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Erträgen ist zu berücksichtigen, dass Abschreibungen auf Wertpapiere in der Position „ Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens “ auszuweisen sind. Gewinne und Verluste aus Wertpapierabgängen müssen in den „ sonstigen betrieblichen Erträgen “ bzw. „ sonstigen betrieblichen Aufwendungen “ enthalten sein. Im Anhang sind gem. § 284 II Ziff. 1 HGB Angaben über die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden zu machen. Sofern es sich um schwer veräußerbare Wertpapiere handelt und in der Bilanz kein entsprechender Vermerk gemacht wurde, ist im Anhang auf die eingeschränkte Fungibilität der Titel hinzuweisen. Ebenfalls sind vollzogene Umwidmungen im Anhang zu begründen, wenn es sich sowohl um eine wesentliche Änderung als auch um eine Abweichung von der bisherigen Bilanzierungs- und Bewertungsmethode handelt (Ellrott, 2006). Des Weiteren ist die Entwicklung der Wertpapiere des Anlagevermögens im Anlagespiegel gem. § 268 II HGB darzustellen.

2. Ausweis nach international anerkannten Rechnungslegungsnormen


Nach den US-GAAP werden Wertpapiere gem. SFAS 115.6 – 12 entsprechend ihrer rechtlichen Natur und ihres Verwendungszwecks in drei unterschiedliche Wertpapierklassen aufgeteilt und in Abhängigkeit ihrer Zuordnung unterschiedlich ausgewiesen und bewertet: Werden Wertpapiere mit einer Veräußerungsabsicht gehalten, sind sie den trading securities zuzurechnen. Trading securities werden stets im Umlaufvermögen gezeigt. Gläubigerpapiere, die das bilanzierende Unternehmen bis zu ihrer Fälligkeit behält, werden als held-to-maturity securities eingeordnet, die ihrerseits grds. im Anlagevermögen ausgewiesen werden. Alle Wertpapiere, die weder den trading securities noch den held-to-maturity securities zuzuordnen sind, werden als available-for-sale securities erfasst, die je nach Unternehmensstrategie im Umlauf- oder Anlagevermögen zu bilanzieren sind. Trotz der Tatsache, dass bezüglich der Eingruppierung der Wertpapiere in SFAS 115 keine expliziten Wahlrechte eingeräumt werden, haben bilanzierende Unternehmen de facto die Möglichkeit, mittels Ausnutzung der Unschärfen der Einteilungskriterien Bilanzpolitik zu betreiben.
Die Kategorisierung der Wertpapiere in Anlage- und Umlaufvermögen erfolgt nach der supranationalen Regelung in Abhängigkeit der Restlaufzeit bzw. Haltedauer. So sind Wertpapiere in Anlehnung an IAS 1.57 im Anlagevermögen auszuweisen, wenn sie eine Haltedauer oder Restlaufzeit von mehr als zwölf Monaten haben. In Abgrenzung dazu sind Wertpapiere, die zu Handelszwecken gehalten werden bzw. eine Restlaufzeit oder Haltedauer von weniger als zwölf Monaten aufweisen, im Umlaufvermögen zu bilanzieren. Finanztitel des Umlaufvermögens werden entweder in die Position „ Trade and other Receivables “ oder in „ Cash and Cash Equivalents “ gefasst.

III. Bewertung von Wertpapieren im handelsrechtlichen Jahresabschluss


1. Bewertung nach deutschem Bilanzrecht


Im deutschen Bilanzrecht gilt sowohl für Wertpapiere des Umlaufvermögens als auch des Anlagevermögens das Anschaffungswertprinzip nach § 253 I Satz 1 HGB. Hiernach bilden die Anschaffungskosten i.S.v. § 255 I HGB die Wertobergrenze für in der Bilanz auszuweisende Wertpapiere. Die Anschaffungskosten für Wertpapiere setzen sich aus dem Kaufpreis, den Anschaffungsnebenkosten abzüglich evtl. Anschaffungspreisminderungen zusammen. Anschaffungsnebenkosten sind bei Wertpapieren insbes. die Bankspesen, Provisionen und die Maklercourtage. Zero-Bonds werden gem. HFA 1/1986 „ mit ihren Anschaffungskosten zuzüglich der jeweils aufgrund der kapitalabhängigen Effektivzinsberechnung ermittelten Zinsforderung aktiviert “ (HFA, 1986, S. 249). Für die Ermittlung der Wertpapieranschaffungskosten sind die Einzelbewertung, Durchschnittsbewertung, Gruppenbewertung sowie Bewertungsvereinfachungsverfahren zulässig.
Wertpapiere des Anlagevermögens unterliegen dem gemilderten Niederstwertprinzip gem. § 253 II Satz 3 i.V.m. § 279 I Satz 2 HGB. Hiernach können auf Finanztitel des Anlagevermögens am Bilanzstichtag außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen werden, sofern der beizulegende Wert des Wertpapiers niedriger ist als sein bisheriger Buchwert und diese Wertminderung nicht von dauerhafter Natur ist. Bei einer dauerhaften Wertminderung besteht dahingegen die Verpflichtung, auf den niedrigeren beizulegenden Wert abzuschreiben. Der beizulegende Wert entspricht bei marktgängigen Wertpapieren regelmäßig dem Börsenkurs. Die Ermittlung des beizulegenden Werts nicht marktgängiger Finanztitel (sog. over-the-counter-Geschäfte) erfolgt durch die Berechnung der Barwerte zukünftig erwarteter bzw. eintretender Cash Flows (marking-to-model). Im Rahmen des marking-to-model werden kapitalmarkttheoretisch fundierte Bewertungsmodelle angewandt, die v.a. auf Optionspreistheorien basieren (Hartmann-Wendels, /Pfingsten, /Weber, M. 2000).
Wertpapiere des Umlaufvermögens unterliegen dem strengen Niederstwertprinzip gem. § 253 III Satz 1, 2 HGB. Demnach besteht eine Verpflichtung zur Abschreibung auf den am Bilanzstichtag festgestellten Börsenkurs bzw. niedrigeren beizulegenden Wert.
Des Weiteren können von Nicht-Kapitalgesellschaften (außer Banken und Versicherungen gem. §§ 340a, 341a HGB) gem. § 253 IV i.V.m. § 279 I Satz 1 HGB in Ergänzung zu § 253 II, III HGB im vernünftigen Ermessen des Kaufmanns liegende Abschreibungen auf Wertpapiere des Anlage- und Umlaufvermögens angesetzt werden. Diese Ermessensabschreibung dient der Bildung stiller Reserven zur Risikovorsorge. Darüber hinaus dürfen Wertpapiere gem. § 254 HGB auf einen sich aus steuerrechtlich zulässigen Abschreibungen ergebenden niedrigeren Wert abgeschrieben werden.
Im Zusammenhang mit der Wertaufholung ist zwischen den Regelungen für Nicht-Kapitalgesellschaften und für Kapitalgesellschaften zu differenzieren. Die Wertobergrenze für Wertaufholungen ist nach deutschem Handelsrecht durch die historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten determiniert. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften besteht ein Zuschreibungswahlrecht. So können diese für den Fall, dass die Gründe für vollzogene Abschreibungen nach §§ 253 II Satz 3, III, IV; 254 HGB nicht mehr vorliegen, gem. §§ 253 V; 254 Satz 2 HGB eine entsprechende Zuschreibung vornehmen. Dahingegen postuliert § 280 I HGB für Kapitalgesellschaften ein Wertaufholungsgebot, sofern die Gründe für durchgeführte Abschreibungen nach §§ 253 II Satz 3, III; 254 HGB nicht mehr bestehen. Das bis zur Einführung des steuerrechtlichen Zuschreibungsgebots durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 bestehende faktische Zuschreibungswahlrecht des § 280 II HGB läuft nunmehr leer.

2. Bewertung nach international anerkannten Rechnungslegungsnormen


Nach SFAS No. 115 erfolgt die Bewertung von Wertpapieren in Abhängigkeit ihrer Kategorisierung nach trading securities, held-to-maturity securities bzw. available-for-sale securities. So werden trading securities gem. SFAS 115.12 f. mit dem Fair Value (dieser entspricht grds. dem Börsen- bzw. Marktpreis) bewertet. Sich aus der fair value-Bewertung ergebende unrealisierte Gewinne und Verluste werden ergebniswirksam verrechnet. Für den Fall, dass der fair value über den Anschaffungskosten liegt, zeigt sich ein deutlicher Unterschied zur deutschen Regelung, nach der unrealisierte Gewinne nicht ausgewiesen werden dürfen. Sofern der fair value jedoch unterhalb der Anschaffungskosten liegt, entsprechen sich die US-amerikanische und die deutsche Rechnungslegungsvorschrift, da in beiden Regelungskreisen eine Abschreibung auf den niedrigeren Marktwert notwendig ist. Available-for-sale securities unterliegen gem. SFAS 115.12 f. grds. der gleichen Bewertung wie die trading securities, d.h. es erfolgt ein Ansatz zum fair value. Der Unterschied beider Wertpapierkategorien besteht darin, dass die durch die Bewertung entstehenden unrealisierten Gewinne und Verluste aus den available-for-sale securities nicht ergebniswirksam ausgewiesen werden, sondern vielmehr ergebnisneutral in einem gesonderten Eigenkapitalposten (unrealized holding gain or loss on securities) erfasst werden. Nur bei dauerhaften Wertminderungen unterhalb der historischen Anschaffungskosten wird von diesem Grundsatz der erfolgsneutralen Behandlung abgewichen. Held-to-maturity securities werden gem. SFAS No. 115.7 mit ihren fortgeführten Anschaffungskosten angesetzt. Die sich hierbei ergebenden unrealisierten Gewinne und Verluste werden nicht ergebniswirksam berücksichtigt. Der Differenzbetrag zwischen dem Nennwert und dem Anschaffungspreis (Agio, Disagio) wird ergebniswirksam auf die Laufzeit des Finanztitels verteilt. Außerplanmäßige Abschreibungen auf den niedrigeren fair value sind nur bei dauerhaften Wertminderungen zulässig. Wertaufholungen sind bei dieser Wertpapierkategorie nicht erlaubt. Für den Fall, dass der Bilanzierende eine Umwidmung eines Wertpapiers in eine andere Wertpapiergruppe vornimmt, erfolgt die Bewertung grds. zum fair value.
Nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (ABl. EG Nr. L 243 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung sind kapitalmarktorientierte Unternehmen ab dem Jahr 2005 dazu verpflichtet, einen Konzernabschluss nach International Financial Reporting Standards (IFRS) aufzustellen, welcher gleichzeitig gem. § 315a HGB befreiende Wirkung für die Aufstellung eines handelsrechtlichen Konzernabschlusses hat. Die Bewertung von Wertpapieren erfolgt gem. IAS 39 ähnlich den Regelungen nach US-GAAP in Abhängigkeit ihrer Kategorisierung. Nach IAS 39.45 ergeben sich die vier Kategorien: financial assets at fair value through profit or loss; held-to-maturity investments; available-for-sale financial assets sowie loans and receivables. Die erstmalige Bewertung gem. IAS 39.43 erfolgt zum fair value und – mit Ausnahme der Kategorie financial assets at fair value through profit or loss – zuzüglich direkt zurechenbarer Transaktionskosten. Für die Folgebewertung kommt gem. IAS 39.46 grds. der fair vlaue zum Ansatz. Ausgenommen von einer fair value-Folgebewertung und zu fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen sind held-to-maturity investments, loans and recievables sowie solche Titel, für die kein zuverlässiger fair value ermittelt werden kann. Wertschwankungen von gehaltenen als financial assets at fair value through profit or loss klassifizierten Wertpapieren sind erfolgswirksam zu erfassen, wogegen in Analogie zur Rechnungslegung nach US-GAAP Wertschwankungen von available-for-sale financial assets grds. erfolgsneutral erfasst werden und erst bei nachhaltiger Wertminderung eine erfolgswirksame Erfassung erfordern. Eine erfolgswirksame Umkehrung bei Wegfall der nachhaltigen Wertminderung ist gem. IAS 39.69 nicht zulässig. Eine nachträgliche Umklassifizierung von Wertpapier in oder aus der Kategorie der financial assets at fair value through profit or loss ist gem. IAS 39.50 nicht zulässig. Allerdings ist mit Aufnahme der eingeschränkten fair value-Option in IAS 39 nunmehr möglich, generell beim erstmaligen Ansatz eine Einstufung in die Kategorie der financial assets at fair value through profit or loss vorzunehmen, sofern die Voraussetzungen gem. IAS 39.9 b) erfüllt sind. Wichtigste Maßgabe für die Anwendung der fair value-Option ist hierbei eine relevantere Informationsbereitstellung bei ihrer Ausübung.

IV. Prüfung von Wertpapieren


1. Vorprüfung


Wird ein Großteil des Wertpapierbestands im zu prüfenden Unternehmen selbst verwahrt, hat in der Vorprüfung zuerst eine Untersuchung des Internen Kontrollsystems zu erfolgen. Hierbei wird der Abschlussprüfer insbes. eruieren, ob das Wertpapierabwicklungssystem mit ausreichenden internen Kontrollen ausgestattet ist. Des Weiteren können die bis zum Tag der Vorprüfung getätigten Wertpapierkäufe und -verkäufe anhand entsprechender Auszüge sowie die bis dahin vereinnahmten Wertpapiererträge überprüft werden.

2. Hauptprüfung


Die Hauptprüfung umfasst die Nachweis-, Ausweis- und Bewertungsprüfung. Zur Prüfung des Nachweises sind bei fremd verwahrten Wertpapieren die Depotauszüge der entsprechenden Wertpapierverwahrstellen mit dem eigens vom zu prüfenden Unternehmen zu Inventarisierungszwecken geführten Wertpapierbuch abzustimmen. In diesem Zusammenhang gilt es auch mittels entsprechender Bestätigungen zu prüfen, ob die Wertpapiere evtl. zu Sicherungszwecken verwendet werden. Sofern die Wertpapiere vom Unternehmen selbst verwahrt werden, hat zum Prüfungszeitpunkt eine körperliche Bestandsaufnahme zu erfolgen. Durch eine Rückrechnung kann dann der Wertpapierbestand zum Bilanzstichtag ermittelt werden. Mit Hilfe von Wertpapierbuch bzw. -kartei muss der AP sich einen Überblick darüber verschaffen, ob die Zu- und Abgänge im Prüfungsjahr ordnungsgemäß erfasst wurden. Sofern es sich um eine Vielzahl von Transaktionen handelt, wird er zudem eine Wertpapierverkehrsprüfung durchführen.
Im Rahmen der Ausweisprüfung hat der AP zunächst zu untersuchen, ob die Wertpapiere zulässigerweise im Anlage- oder Umlaufvermögen bilanziert werden. Aufgrund der bereits dargestellten schwer objektivierbaren Zuordnungskriterien für Wertpapiere ist der Prüfer hier grds. auf die Begründungen der zu prüfenden Gesellschaft angewiesen. Die Halteabsicht als Grundlage einer Zuordnung zum Anlagevermögen setzt allerdings voraus, dass das Unternehmen imstande ist, die Bestände bis zur Fälligkeit im Portefeuille zu halten. Im Rahmen der Prüfung muss deshalb erhärtet werden, ob die Liquiditätslage bzw. die Zinsrisikoexposition der Unternehmung überhaupt mit einer solchen Planung vereinbar ist. Grundlage hierfür können prospektive Liquiditätspläne bzw. Zinsbindungsbilanzen sein (Kuhner, 1994). Unproblematisch ist die Einordnung, wenn es sich um Beteiligungen und eigene Anteile handelt. Während die Bilanzierung von Beteiligungen stets im Anlagevermögen erfolgt (§ 266 II A. III. Ziff. 3. HGB), werden eigene Anteile im Umlaufvermögen ausgewiesen (§ 266 II B. III. Ziff. 2. HGB). In einem weiteren Schritt muss sich der AP einen Überblick darüber verschaffen, ob die Wertpapiere den richtigen Einzelposititonen zugeteilt werden. Wertpapiere des Anlagevermögens sind zunächst dahingehend zu untersuchen, ob sie entweder den Beteiligungen oder den Anteilen an verbundenen Unternehmen zuzurechnen sind. In diesem Zusammenhang sind für Beteiligungen die Kriterien des § 271 I HGB und für Anteile an verbundenen Unternehmen diejenigen des § 271 II HGB zu Grunde zu legen. Des Weiteren hat der AP die Ordnungsmäßigkeit der Darstellung der Wertpapierentwicklung des Anlagevermögens im Anlagespiegel abzustimmen. Bei Wertpapieren des Umlaufvermögens muss der Prüfer feststellen, ob für eigene Anteile die Voraussetzungen der §§ 71, 71a – e AktG, § 33 GmbHG vorliegen und ob eine Rücklage für eigene Anteile i.S.v. § 272 IV HGB besteht. Für die Prüfung der Anteile an verbundenen Unternehmen des Umlaufvermögens sind ebenfalls die Kriterien des § 271 II HGB einschlägig. Hinsichtlich des Ausweises von mit Wertpapieren in Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Erträgen hat der AP die ordnungsgemäße Zuordnung zu den relevanten GuV-Positionen zu betrachten.
Im Rahmen der Bewertungsprüfung hat der AP zunächst das Anschaffungswertprinzip zu berücksichtigen, womit die Wertobergrenze festgelegt wird. Die Anschaffungskosten lassen sich u.a. aus den Kaufabrechnungen sowie Zeichnungserklärungen entnehmen. Zwecks Niederstwerttest muss der Prüfer für Wertpapiere des Umlaufvermögens das strenge und für Wertpapiere des Anlagevermögens das gemilderte Niederstwertprinzip berücksichtigen. Sofern es sich um marktgängige Wertpapiere handelt, muss der AP den bisherigen Buchwert des Titels mit dem am Stichtag gültigen Börsen- oder Marktpreis vergleichen. Bei nicht börsennotierten Finanzpapieren hat der Prüfer für die Ermittlung des beizulegenden Stichtagswerts Barwertkonzeptionen zu Grunde zu legen (marking-to-model). Gemäß § 284 II Ziff. 3 HGB ist zu prüfen, ob im Anhang evtl. Veränderungen der Bewertungsverfahren gegenüber dem Vorjahr erwähnt sind. Darüber hinaus ist eine evtl. Wertaufholungspflicht abzustimmen.

3. Prüfung von Wertpapieren nach ISA


Bezogen auf die Prüfung von Wertpapieren lassen sich keine wesentlichen Unterschiede bezüglich der Vorgehensweise nach IDW PS 200, 201 auf der einen und den entsprechenden supranationalen Prüfungsgrundsätzen nach ISA 200 auf der anderen Seite erkennen (International Standards on Auditing (ISA). Für den Fall, dass das Finanzanlagevermögen von wesentlichem Umfang für den JA ist, ist ISA 501.38 – 41 (Valuation and Disclosure of Long-term Investments) einschlägig. Demnach muss sich der AP angemessene und zufriedenstellende Informationen über den Ausweis und die Bewertung der Finanzanlagen verschaffen. Auch diese Regelung steht im Einklang mit IDW PS 200.
Literatur:
ADS, : Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar, 6. A., bearb. v. Forster, K.-H./Goerdeler, R./Lanfermann, J. et al., Stuttgart ab 1995
Assmann, H.-D./Schneider, U. H. : Wertpapierhandelsgesetz, Kommentar, 4. A., Köln 2006
Böcking, H.-J./Benecke, B. : Die fair value-Bewertung von Finanzinstrumenten, in: US-amerikanische Rechnungslegung, hrsg. v. Ballwieser, W., 4. A., Stuttgart 2000, S. 193 – 239
Ellrott, H. : Kommentierung zu § 284 HGB, in: Beck\'scher Bilanz-Kommentar, hrsg. v. Ellrott, H./Förschle, G./Hoyos, M. et al., 6. A., München 2006
Gursky, K.-H. : Wertpapierrecht. 2. A., Heidelberg 1997
Hartmann-Wendels, T./Pfingsten, A./Weber, M. : Bankbetriebslehre, 2. A., Berlin 2000
Herzig, N./Riek, U. : Bilanzsteuerliche Aspekte des Wertaufholungsgebotes im Steuerentlastungsgesetz, in: WPg 1999, S. 305 – 318
HFA, : Stellungnahme HFA 1/1986: Zur Bilanzierung von Zero-Bonds, in: WPg 1986, S. 248 f
Hoyos, M./Gutike, H.-J. : Kommentierung zu § 266 HGB, in: Beck\'scher Bilanz-Kommentar, hrsg. v. Ellrott, H./Förschle, G./Hoyos, M. et al., 6. A., München 2006
Hueck, A./Canaris, C.-W. : Recht der Wertpapiere, 12. A., München 1986
IDW, : Abschlußprüfung nach International Standards on Auditing (ISA), Düsseldorf 1998
IDW, : WP-Handbuch, Bd. I, 13. A., Düsseldorf 2006
Karrenbauer, M. : Kommentierung zu § 253 HGB, in: Handbuch der Rechnungslegung, hrsg. v. Küting, K./Weber, C.-P., 4. A., Stuttgart 1995
Kieso, D. E./Weygandt, J. J./Warfield, T. D. : Intermediate Accounting, 12. A., New York et al. 2006
Kroner, M. : Bilanzierung und Bewertung von Wertpapieren nach SFAS No. 115, in: DB 1994, S. 2247 – 2249
Kuhner, C. : Geschäftszweckgebundene Bewertungskonzeptionen in der externen Rechnungslegung von Unternehmen, Berlin 1994
Pellens, B. : Internationale Rechnungslegung, 3. A., Stuttgart 1999
Selchert, F. W. : Jahresabschlußprüfung der Kapitalgesellschaften, 2. A., Wiesbaden 1996

 

 


 

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