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Fair Value


Inhaltsübersicht
I. Begriff
II. Ermittlungsprobleme
III. Anwendung nach IFRS/IAS und US-GAAP
IV. Vergleich mit entsprechenden Wertansätzen nach HGB
V. Ausblick

I. Begriff


Der Begriff fair value kennzeichnet einen umfassenden Bewertungsmaßstab innerhalb der internationalen Rechnungslegung. Seine erstmalige Erwähnung erfolgte bereits im Jahr 1953 mit der Verabschiedung des ARB 43 durch das Committee on Accounting Procedure (CAP) in den USA. Probleme bei der Ableitung des fair value verhinderten zum damaligen Zeitpunkt seine Nutzung als Maßstab zur marktnahen Bewertung von Aktienoptionen. Bestehenden Ermittlungsschwierigkeiten zum Trotz konnte er sich jedoch seit 1991 über den Zwischenschritt der reinen Anhangsangabe auch zunehmend als Wertansatz in der Bilanz behaupten. Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf den erhöhten Einsatz sog. derivativer Finanzinstrumente im betrieblichen Finanz- und Risikomanagement zurückzuführen. Das explosionsartige Wachstum bei der Entwicklung und dem Handelsvolumen dieser Finanzinnovationen legte die Grenzen einer auf historischen Anschaffungskosten basierenden Rechnungslegung offen. Der Mangel an entscheidungsrelevanten Informationen verbunden mit einer uneinheitlichen und teilweise widersprüchlichen Bilanzierung hat den fair value als marktnahen Wertansatz damit wieder in den Mittelpunkt des Interesses treten lassen. Obwohl die historischen Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten weiterhin als zentrale Wertmaßstäbe für Vermögensgegenstände und Schulden gelten, erfolgt durch die Nutzung des fair value eine stärkere Hinwendung zu einer marktwertorientierten Rechnungslegung (Wiedmann, 1995).
Als fair value (beizulegender Zeitwert) wird im Allgemeinen der Betrag bezeichnet, zu dem ein Vermögenswert zwischen sachverständigen, vertragswilligen und unabhängigen Parteien getauscht oder eine Schuld beglichen werden könnte. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Transaktion unter marktüblichen Bedingungen (arm\'s length transaction) und ohne Ausübung eines konkreten Zwangs zustande kommt. Der Definition liegt die Prämisse der Unternehmensfortführung (going concern) zugrunde. Liquidationswerte bzw. Werte, die sich nur durch Notverkäufe realisieren lassen, stehen der Definition des fair value entgegen und dürfen bei seiner Ermittlung nicht herangezogen werden. Aufgrund der sehr weit gefassten Definition des fair value in den IFRS/IAS und US-GAAP, ist der näheren Auslegung bzw. der Wertermittlung eine entscheidende Bedeutung beizumessen.
Die Ermittlung des fair value erfolgt grundsätzlich durch das Heranziehen von Marktpreisen (mark-to-market) oder alternativ mit Hilfe von anerkannten finanzmathematischen Bewertungsverfahren (mark-to-model). Ein vorhandener Börsenkurs bzw. notierter Marktpreis in einem aktiven und liquiden Markt gilt stets als bester Anknüpfungspunkt für die weitere Konkretisierung des beizulegenden Zeitwerts. Als potenzielle Wertansätze kommen indes auch Barwerte, Wiederbeschaffungskosten oder theoretische Markt-/Schätzwerte in Betracht. Entsprechend der allgemeinen Definition des fair value orientiert sich die Wertableitung an dem jeweils zugrunde liegenden Verwendungszweck des Vermögenswerts oder der Verpflichtung. Demnach besitzt das Bewertungsobjekt je nach verfolgter Zwecksetzung mehrere unterschiedliche Marktpreise (Göbel, 2000). Der fair value kann daher als Oberbegriff für alle marktnahen Bewertungsmaßstäbe charakterisiert werden, der prinzipiell einen Einstiegspreis (entry value), Ausstiegspreis (exit value) oder gar einen unternehmensspezifischen Nutzungswert (value-in-use) darstellen kann (Barth, /Landsman, 1995). Ziel des fair value-Bewertungskonzepts ist es, die am Markt bezüglich eines Bewertungsobjekts verfügbaren Informationen in der Rechnungslegung zu bündeln, um eine aktuelle und realitätsnahe Darstellung der finanziellen Situation eines Unternehmens zu ermöglichen. Dies schließt eine Berücksichtigung von unternehmensspezifischen Handlungsmöglichkeiten und Präferenzen aus, da der Markt subjektabhängige Faktoren nicht vergütet (Jones, J. P./Stanwick, 1999; Hitz, /Kuhner, 2000). Vor diesem Hintergrund wird bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts in der Regel auf das exit value-Konzept zurückgegriffen. Die folgende Abb. 1 zeigt noch einmal zusammenfassend die Möglichkeiten einer fair value-Ermittlung im Falle von unvollkommenen und unvollständigen Märkten.
Fair Value
Abb. 1: Fair value

II. Ermittlungsprobleme


Für die Ermittlung von fair values hat weder das IASB noch das FASB samt seiner Vorgängerinstitutionen umfassende und eindeutige Richtlinien vorgegeben. In beiden Rechnungslegungssystemen existieren lediglich vereinzelte Hinweise, die einige Handlungsempfehlungen für spezifische Bewertungsobjekte vorgeben. Ob die Ableitung eines fair value im Einzelfall überhaupt möglich ist bzw. sinnvoll erscheint, ist vor dem Hintergrund der primären Aufgabe dieser Rechnungslegungssysteme zu prüfen. Zielsetzung der Rechnungslegung ist in beiden Fällen die Vermittlung von entscheidungsrelevanten Informationen an die Unternehmensumwelt. Damit einhergehend sind insbesondere die Grundsätze der Relevanz (relevance) und der Verlässlichkeit (reliability) zu beachten. Diese kozeptionellen Anforderungen werden wiederum durch eine Reihe von Unterkriterien, wie z.B. der Überprüfbarkeit und der Willkürfreiheit präzisiert, um letztlich der geforderten Informationsvermittlung gerecht zu werden (Göbel, 2000; Böcking, /Benecke, 2000).
Zur hinreichend zuverlässigen Ermittlung von beizulegenden Zeitwerten werden in Abhängigkeit des Bewertungsobjekts einige potenzielle Ansätze aufgezeigt. Diese Ansätze finden sich vornehmlich in den Rechnungslegungsstandards für die Bilanzierung von Finanzinstrumenten (z.B. IAS 32, 39, SFAS 107, 115 und 133). Viele dieser Instrumente werden auf aktiven und sehr liquiden Märkten gehandelt, so dass die Bestimmung des fair value anhand des amtlichen Börsenkurses bzw. notierten Marktpreises unkompliziert erscheint. Ermittlungsprobleme treten jedoch sogleich auf, falls ein Instrument nur selten gehandelt wird, sich die Markttiefe als unzureichend herausstellt oder klassische Märkte für einzelne Bewertungsobjekte überhaupt nicht bestehen. Darüber hinaus liegen aufgrund von Marktverzerrungen regelmäßig mehrere notierte Preise für ein identisches Objekt vor, die einer willkürfreien Bestimmung grundsätzlich entgegenstehen. Nur in einer Welt vollkommener und vollständiger Märkte würde für jedes Objekt ein einziger Marktpreis existieren, der sämtliche bewertungsrelevante Faktoren berücksichtigt (Barth, /Landsman, 1995; Beaver, 1998). Die dargestellten Bewertungswidrigkeiten sind insofern kritisch, da sie eine jederzeit problemlose Realisierung des fair value verhindern. Offensichtlich wird diese Problematik im Falle von Paketzuschlägen und -abschlägen sowie auch bei Kontrollprämien, die bei Realisierung eine Korrektur der notierten Marktpreise bewirken. Die Berücksichtigung von solchen Anpassungen ist zu Recht umstritten, da eine zuverlässige Abschätzung der Korrekturfaktoren, wie z.B. der Marktmacht des Unternehmens, nicht gewährleistet ist (Breker, /Gebhardt, /Pape, 2000; Scharpf, 2001). Eng damit verbunden ist auch die Frage, welche Markttypen im Rahmen der fair value-Ermittlung heranzuziehen sind. Hierzu gibt beispielsweise SFAS 107 eine grobe Einteilung von Markttypen vor, die bezüglich der Verfügbarkeit von Kursinformationen und deren Qualität erheblich voneinander abweichen. Während die staatlich kontrollierten Börsen- und Auktionsmärkte als Idealfall für die fair value-Ermittlung gelten, können prinzipiell auch „ Over-The-Counter-Märkte “ (OTC-Märkte) oder unter Brokern ermittelte Preise für die Bestimmung herangezogen werden (Lorenz, 1997). Damit ist eine Vergleichbarkeit hinsichtlich der Zuverlässigkeit einzelner Marktwerte nicht vollständig gewährleistet.
Ausschließlich in Fällen, in denen kein aktiver Markt für das Bewertungsobjekt existiert und keine veröffentlichten Marktpreise zur Verfügung stehen, ist der fair value mittels anerkannter Bewertungsmethoden zu ermitteln. Hierzu wird allerdings kein spezielles Verfahren verpflichtend vorgegeben, so dass sich für ein Bewertungsobjekt aufgrund divergierender Bewertungsverfahren bzw. -methoden unterschiedliche Bilanzansätze bei zwei Unternehmen ergeben können. Zu den an den Finanzmärkten etablierten Methoden sind in diesem Zusammenhang insbes. die Discounted Cashflow-Verfahren und Optionspreismodelle, wie z.B. das Black-Scholes-Modell oder das Binomialmodell, zu zählen. Da diese Verfahren auf umfangreichen Modellprämissen basieren, wird die fair value-Ermittlung hierdurch nicht nur zunehmend schwieriger, sondern auch zunehmend subjektiver und anfälliger für potenzielle Manipulationen. Neben der generellen Fragwürdigkeit von Modellannahmen (wie z.B. vollkommener Kapitalmarkt oder fehlende Transaktionskosten) sind auch die einzelnen Berechnungsparameter dieser Verfahren kritisch zu hinterfragen. Zu diesem Zweck können einige dieser Parameter aus unternehmensexternen und damit hinreichend objektivierbaren Quellen bezogen werden. Beispielsweise sind Bewertungsergebnisse von unabhängigen Ratingagenturen zu berücksichtigen. Allein die Anzahl von Gestaltungs- bzw. Berechnungsalternativen lässt eine detaillierte Berichterstattung über die zugrunde gelegten Methoden, Annahmen und Parameter jedoch als unverzichtbar erscheinen (Siegel, 1997).
Die dargestellten Bewertungswidrigkeiten im konkreten Fall der Finanzinstrumente zeigen die Bedeutung einer hinreichend zuverlässigen fair value-Ermittlung auf. IAS 39 grenzt die verlässliche Bestimmung eines beizulegenden Zeitwerts von Finanzinvestitionen in Eigenkapitalinstrumente daher auf zwei Möglichkeiten ein: Entweder ist die Schwankungsbreite der vernünftigen Schätzungen des fair value nicht signifikant oder die Eintrittswahrscheinlichkeiten der verschiedenen Schätzungen innerhalb dieser Schwankungsbandbreite sind vernünftig kalkulierbar und somit bei der fair value-Ermittlung einsetzbar. Nur falls beide Bedingungen nicht erfüllt werden, gilt die Verwendung eines einzelnen Schätzwerts für den beizulegenden Zeitwert als unvereinbar mit den übergeordneten Grundsätzen der Relevanz und der Verlässlichkeit. Die Ausschlusskriterien besitzen indessen nur eine eingeschränkte Bedeutung im Rahmen der bilanziellen Abbildung von Finanzinstrumenten. Eine generelle Anwendung bei allen Bilanzpositionen, die einer fair value-Bewertung unterliegen, besteht weder nach IFRS/IAS noch in den US-GAAP. Vielmehr werden solche Kriterien bislang nur in einzelnen Standards vorgegeben, wie z.B. das Kriterium des aktiven Marktes in IAS 38. Zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit sind daher einheitliche Anwendungsvoraussetzungen und umfassende Richtlinien für die fair value-Ermittlung zu formulieren.

III. Anwendung nach IFRS/IAS und US-GAAP


1. Fair Value Accounting nach IFRS/IAS


Das „ Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements “ dient als theoretischer Bezugsrahmen u.a. bei der Entwicklung neuer bzw. Überarbeitung bestehender Rechnungslegungsstandards des IASB. In diesem Rahmenkonzept werden neben den generellen Ansatzkriterien für Vermögensgegenstände und Schulden auch die grundlegenden Bewertungsmaßstäbe voneinander abgegrenzt. Als Wertmaßstäbe werden explizit die historischen Kosten (historical cost), Tageswerte (current cost), Veräußerungswerte (realisable/settlement value) und Barwerte (present value) genannt. Eine Zuordnung von bestimmten Bewertungsmaßstäben zu einzelnen Bewertungsobjekten erfolgt indes ausschließlich in den jeweiligen IFRS/IAS. Zusätzlich zu den explizit im Rahmenkonzept aufgeführten Wertmaßstäben führen einzelne IFRS/IAS fallweise weitere Bewertungsbegriffe ein. Angeführt werden u.a. der Marktwert (market value) und der beizulegende Zeitwert (fair value). Die grundlegende Definition des übergeordneten Begriffs fair value steht demnach innerhalb des Rahmenkonzepts noch aus und müsste entsprechend seiner erheblichen Bedeutung nachgeholt werden.
Die Nutzung des fair value-Bewertungskonzepts erfolgt in der Bilanz sowohl im Rahmen der Zugangsbewertung als auch im Zusammenhang mit Folgebewertungen. Weiterhin bestehen umfangreiche Offenlegungspflichten im Anhang, z.B. bezüglich der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts. Im Einzelnen findet der fair value als Zugangswert u.a. Anwendung bei der Bewertung von:

1.

Leasinggegenständen in der Bilanz des Leasingnehmers (IAS 17.3, 17.12),

2.

Forderungen (IAS 18.7, 18.9),

3.

Zuwendungen durch die öffentliche Hand (IAS 20.3, 20.24),

4.

Anschaffungskosten des Unternehmenserwerbs (IAS 22.8, 22.21),

5.

Finanzinstrumenten (IAS 39.9, 39.43) oder bei

6.

biologischen Vermögenswerten und Agrarprodukten (IAS 41.12 – 13).


Der fair value dient in diesen Sachverhalten mehrheitlich der Konkretisierung des Wertansatzes bei tauschähnlichen Transaktionen. Er tritt damit ausschließlich als Ergänzung zu den historischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten auf. Eine generelle Pflicht zur erstmaligen Bewertung aller Bilanzpositionen und eine Verdrängung der historischen Kosten als zentraler Bewertungsmaßstab besteht innerhalb den IAS bislang (noch) nicht.
Im Sinne einer Korrekturfunktion kann der fair value bei der Folgebewertung von:

1.

Gegenständen des Sachanlagevermögens (IAS 16.6, 16.29) und

2.

immateriellen Vermögenswerten (IAS 38.7, 38.64)


zum Einsatz kommen (Oestreicher, /Spengel, 1999). Dabei handelt es sich um eine regelmäßige Neubewertung zum Bilanzstichtag, die alternativ zu einer planmäßigen Abschreibung vorzunehmen ist. Ziel der Neubewertungsmethode ist die Substanzerhaltung; Preiserhöhungen am ruhenden Anlagevermögen werden als Scheingewinne betrachtet und sollen den Gewinn des Geschäftsjahres bzw. der Folgejahre nicht erhöhen. Wird die Neubewertung bei einem Bewertungsobjekt ausgeübt, so ist stets die gesamte Gruppe dieser Vermögensposition neu zu bewerten. Der Neubewertungsbetrag entspricht dem fair value zum Stichtag, abzüglich bestehender kumulierter planmäßiger und außerplanmäßiger Abschreibungen. Während IAS 16 hinsichtlich der Neubewertung keinerlei Einschränkungen vorsieht, ist die Anwendung nach IAS 38 an die Existenz eines aktiven Sekundärmarkts gebunden. Der immaterielle Vermögenswert wird zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet, falls er auf keinem aktiven Markt (IAS 38.72) gehandelt wird. Führt die Neubewertung zu einer Erhöhung des Buchwerts, muss die unrealisierte Wertsteigerung erfolgsneutral in eine Neubewertungsrücklage (revaluation surplus) eingestellt werden (IAS 38.76). Ausnahmsweise ist die Wertsteigerung erfolgswirksam als Ertrag zu behandeln, sofern gleichzeitig eine Wertminderung aus Vorperioden ausgeglichen wird. Im Gegensatz dazu ist die Neubewertung bei einem gesunkenen fair value grundsätzlich erfolgswirksam vorzunehmen, d.h. die Wertminderung ist als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen. Eine erfolgsneutrale Verrechnung ist nur in jener Höhe möglich, in der eine Neubewertungsrücklage bereits gebildet wurde. Die imparitätische Behandlung von Preisänderungen eröffnet Unternehmen ein Gestaltungspotenzial zur Erhöhung des Eigenkapitals. Sie verhindert gleichzeitig den Ausweis eines Gewinns, da die Neubewertungsrücklage auch bei Veräußerung des Vermögensgegenstands erfolgsneutral aufzulösen ist. Die Neubewertung von Anlagevermögen kommt in der Rechnungslegungspraxis deshalb nur eingeschränkt zum Einsatz (Baetge, /Kirsch, /Thiele, 2005; Wagenhofer, 2001).
Eine besondere Bedeutung hat der fair value bei der bilanziellen Abbildung von Finanzinstrumenten (IAS 39) und nicht betriebsnotwendigen Sachanlagen, die der Kapitalanlage dienen (IAS 40). Während für letztere ein Wahlrecht zur erfolgswirksamen Folgebewertung in Höhe des fair value besteht, gilt es für Finanzinstrumente einen differenzierten Ansatz zu beachten. Finanzinstrumente sind zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Erfassung stets mit den Anschaffungskosten zu bewerten, die dem beizulegenden Zeitwert der hingegebenen bzw. empfangenen Gegenleistung entsprechen (IAS 39.43). Transaktionskosten (z.B. Maklergebühren) sind im Rahmen der Erstbewertung zu berücksichtigen, sofern sie direkt zugeordnet werden können. Für die Folgebewertung von Finanzinstrumenten, die finanzielle Vermögenswerte darstellen, ist grundsätzlich der fair value heranzuziehen. Ausnahmen von dieser Regelung betreffen bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen und vom Unternehmen ausgereichte Kredite und Forderungen, die nicht zu Handelszwecken gehalten werden. Weiterhin sind Finanzinstrumente, die über keinen notierten Marktpreis verfügen und deren fair value nicht verlässlich ermittelt werden kann, von dieser Vorschrift ausgenommen (IAS 39.46). Die Folgebewertung von Instrumenten, die finanzielle Verbindlichkeiten darstellen, beruht hingegen generell auf einem Ansatz in Höhe der fortgeführten Anschaffungskosten bzw. des Rückzahlungsbetrags. Eine Durchbrechung dieser Norm existiert ausschließlich für Finanzderivate sowie für Handelspassiva, die bei verlässlicher Bestimmung des fair value mit diesem zu bewerten sind (Benecke, 2000; Scharpf, 2001).
Unterschiedsbeträge, die aus der Folgebewertung von Finanzinstrumenten zum fair value resultieren, sind entsprechend ihrer Zweckbestimmung zu behandeln. In diesem Kontext werden sämtliche Finanzinstrumente in mehrere Gruppen eingeteilt. Eine Pflicht zur erfolgswirksamen Erfassung von Wertänderungen im Jahr ihres Entstehens besteht bei Instrumenten, die zu Handelszwecken gehalten werden. Im Falle von Finanzinstrumenten, die Teil einer Hedging-Strategie sind, gelten gesonderte Vorschriften, die eine symmetrische Erfassung von Wertänderungen an Grund- und Sicherungsgeschäft beabsichtigen. Hinsichtlich der Behandlung von Instrumenten, die keiner der anderen Kategorien zugeordnet werden können, besteht ein einmaliges unternehmensweit durchzuführendes Wahlrecht. Änderungen des fair value können hiernach entweder sofort erfolgswirksam vereinnahmt oder bis zum Abgang des Instruments erfolgsneutral im Eigenkapital ausgewiesen werden.

2. Fair value Accounting nach US-GAAP


Als Grundlage für die Ausgestaltung ungeregelter Rechnungslegungsaspekte sowie für die Auslegung von Ermessensspielräumen in bestehenden US-GAAP Vorschriften dient das Conceptual Framework des FASB. Inhaltlich beschäftigt sich dieses Rahmenkonzept wiederum mit den grundlegenden Zielen der Rechnungslegung, den einzelnen Rechnungslegungsinstrumenten und den grundlegenden Bilanzierungsgrundsätzen. Dabei erfolgt im SFAC 5 eine Nennung von fünf in der Rechnungslegungspraxis üblichen Bewertungsmaßstäben sowie deren potenzielle Anwendungsbereiche. Die Festlegung eines einheitlichen Bewertungsmaßstabs für alle Bilanzpositionen wurde im Vorfeld der Verabschiedung dieser Verlautbarung kontrovers diskutiert, indes konnten sich die beteiligten Kreise weder auf eine historical cost-Bewertung noch auf eine verstärkte marktwertorientierte Bewertung einigen (Haller, 1994; Pellens, /Fülbier, /Gassen, 2004). Neben den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten sind infolgedessen auch aktuelle marktnahe Wertmaßstäbe, wie z.B. der absatzmarktbezogene current market value (Marktwert) oder die beschaffungsmarktorientierten current cost (Wiederbeschaffungskosten) angegeben. Der Begriff fair value fand im Rahmenkonzept hingegen erst mit der Verabschiedung SFAC 7 im Jahr 2000 explizit Berücksichtigung. Diese Verlautbarung behandelt die Nutzung von Cashflow-Informationen in der Rechnungslegung. Das Heranziehen von Barwerten (present value) im Zeitpunkt der Ersterfassung und bei eventuell späteren Neubewertungen soll ausschließlich der Bestimmung des fair value dienen. Mit den allgemein gehaltenen Ausführungen in SFAC 7 legt das FASB erstmalig die Basis für eine umfassende Bilanzierung zu Marktpreisen bzw. Zeitwerten. Lösungen für Rechnungslegungsfragen, die in Verbindung mit einer fair value-Bewertung stehen, erfolgen in den unverbindlichen Verlautbarungen hingegen nicht. Die Lösung von bilanzierungstechnischen Fragen ist vielmehr in den einzelnen Rechnungslegungsstandards vorbehalten. Es bleibt damit abzuwarten, ob und inwiefern SFAC 7 bei künftigen Regelungsvorhaben als theoretische Basis zugrunde gelegt wird (Hitz, /Kuhner, 2000; Starbatty, 2001).
Die Nutzung des fair value als Zugangswert erfolgt u.a. bei der Bewertung von:

1.

Leasinggegenständen in der Bilanz des Leasingnehmers (SFAS 13.5, 13.10),

2.

der Bestimmung der Anschaffungskosten des Unternehmenserwerbs (SFAS 141.5) oder

3.

bei der Bilanzierung von immateriellen Vermögenswerten (SFAS 142.9).


Darüber hinaus kommt der fair value, z.B. bei der Überprüfung der Werthaltigkeit (impairment  test) von langfristig nutzbaren Vermögensgegenständen und identifizierbaren immateriellen Vermögenswerten als Vergleichsmaßstab zur Anwendung. Nach SFAS 121 ist bei diesen Positionen eine erfolgswirksame Wertberichtigung auf den niedrigeren Wert vorzunehmen, sofern Anzeichen bestehen, dass der fair value den Buchwert unterschreitet. Mit der Abschaffung von planmäßigen Geschäftswertabschreibungen durch SFAS 142 wurde die marktorientierte Werthaltigkeitsprüfung auf eine weitere bedeutende Bilanzposition ausgeweitet. Danach ist der ausgewiesene Goodwill außerplanmäßig abzuschreiben, falls sein fair value unter den Buchwert sinkt (Hommel, 2001). Abgesehen von der Nutzung als bilanzieller Wertmaßstab, existieren noch detaillierte Pflichtangaben in den Notes über den beizulegenden Zeitwert von einigen Bilanzposten bzw. über die seiner Ermittlung zugrunde liegenden Modelle und Prämissen (Kieso, /Weygandt, /Warfield, 2001; Jones, J. P./Stanwick, 1999).
Vergleichbar den IAS, gilt der fair value auch innerhalb der US-GAAP als zentraler Bewertungsmaßstab für die Zugangs- und Folgebewertung von Wertpapieren (SFAS 115) und Finanzderivaten (SFAS 133). Der Anwendungsbereich des SFAS 115 erstreckt sich fast ausnahmslos auf alle Gläubigerpapiere und auf solche Eigenkapitalpapiere, die einen bestimmbaren fair value haben. Eine Bestimmung ist insofern problemlos möglich, falls Börsen- bzw. Marktpreise von einer bei der Securities and Exchange Commission (SEC) registrierten US-Wertpapierbörse veröffentlicht werden. Im Zweifel gelten auch Marktnotierungen von OTC-Wertpapieren durch die National Association of Securities Dealers Automated Quotation Systems (NASDAQ) oder ein vergleichbarer Wert an ausländischen Börsen als angemessen (Niehus, /Thyll, 2000). Die Zugangs- und Folgebewertung der Wertpapiere erfolgt allerdings nicht ausschließlich zum fair value, sondern ist nur für zwei der drei Wertpapierkategorien des SFAS 115 vorgesehen. Hierbei handelt es sich zum einen um den Handelsbestand an Wertpapieren und zum anderen um Wertpapiere, die für eine spätere Veräußerung bestimmt sind. Gläubigerpapiere, die bis zum Fälligkeitstermin gehalten werden sollen, sind dagegen grundsätzlich mit ihren fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten. Hinsichtlich der Berücksichtigung von fair value-Änderungen im Rahmen der Folgebewertung gilt es, eine weitere Unterscheidung vorzunehmen. Eine Pflicht zur erfolgswirksamen Vereinnahmung von fair value-Änderungen im Periodenergebnis existiert bislang nur für Wertpapiere des Handelsbestands. Im Gegensatz dazu sind fair value-Änderungen von Wertpapieren, die für eine unbestimmte Zeit gehalten werden, erfolgsneutral in einem gesonderten Eigenkapitalposten auszuweisen. Dauerhafte Wertminderungen sind jedoch auch im zuletzt genannten Fall stets aufwandswirksam zu erfassen (Lorenz, 1997; Kieso, /Weygandt, /Warfield, 2001).
Neben der Anwendung des fair value-Bewertungskonzepts bei der bilanziellen Abbildung von Wertpapieren, besteht mit dem SFAS 133 seit 1998 eine weitere Vorschrift, die den Wertmaßstab fair value in umfassender Weise nutzt. Dieser Rechnungslegungsstandard stellt eine umfassende und komplexe Richtlinie zur Bilanzierung von derivativen Finanzinstrumenten sowie der Abbildung von Sicherungsgeschäften (Hedging) dar. Danach sind sämtliche Finanzderivate im Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung und bei der Folgebewertung mit ihrem fair value zu bewerten, der im Idealfall durch einen notierten Börsen- bzw. Marktpreis konkretisiert wird. Änderungen des fair value im Rahmen der Folgebewertung werden indessen in Abhängigkeit der Zweckbestimmung des Finanzderivats verbucht. Werden die Instrumente für Handels- und Spekulationszwecke gehalten, so sind Wertsteigerungen bzw. -minderungen sofort in voller Höhe erfolgswirksam im Periodenergebnis zu erfassen. Für Finanzinstrumente, die Absicherungszwecken dienen, gelten entsprechend den beabsichtigten Hedgestrategien gesonderte Vorschriften. Der SFAS 133 unterscheidet bei Erfüllung umfangreicher Voraussetzungen drei Strategietypen: fair value hedges, cash-flow hedges und foreign currency hedges. Bei einem fair value hedge sind beispielsweise Wertänderungen des Absicherungsinstruments vollständig in ihrer Entstehungsperiode erfolgswirksam zu behandeln. Korrespondierend dazu sind fair value-Änderungen des Grundgeschäfts im Periodenergebnis in voller Höhe zu berücksichtigen, soweit sie auf das abgesicherte Risiko zurückzuführen sind. Liegt ein perfekter Hedge vor, kompensieren sich die Marktpreisänderungen des Grundgeschäfts durch die gegenläufige Wertentwicklung des Derivats (Steiner, M./Wallmeier, 1998; Böcking, /Benecke, 2000).

IV. Vergleich mit entsprechenden Wertansätzen nach HGB


1. Zugangsbewertung


Die grundlegenden Bewertungsvorschriften der deutschen Rechnungslegung befinden sich in den §§ 252 – 256 HGB. Im Rahmen der Zugangsbewertung stellen die Anschaffungskosten den zentralen Bewertungsmaßstab für alle fremdbezogenen Vermögensgegenstände dar. Dagegen dienen die Herstellungskosten als Wertansatz für selbsterstellte Anlagen, unfertige bzw. fertige Erzeugnisse und noch nicht abgeschlossene oder abgerechnete Dienstleistungen. Für die Bewertung von Schulden werden im HGB explizit drei Bewertungsmaßstäbe aufgezählt. Danach sind Verbindlichkeiten mit ihrem Rückzahlungsbetrag anzusetzen, während für bestimmte Rentenverpflichtungen der Barwert und für Rückstellungen, der Betrag, der sich nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung ergibt, ist maßgeblich.
Bei einem Vergleich dieser Wertmaßstäbe mit dem fair value ist festzuhalten, dass sich insbesondere die Anschaffungskosten nach HGB und der beizulegende Zeitwert der internationalen Rechnungslegung nicht notwendigerweise unterscheiden müssen. Der Umfang der (historischen) Anschaffungskosten bestimmt sich nach § 255 I HGB, wonach lediglich die einzeln zurechenbaren Aufwendungen für den Erwerb und die Ingangsetzung des Vermögensgegenstands maßgeblich sind. Der Sinn und Zweck einer solchen Anschaffungswertkonzeption ergibt sich aus dem Realisationsprinzip. Der Zugang von Vermögensgegenständen soll als reine Vermögensumschichtung dargestellt werden. Ein darüber hinausgehender Wertansatz würde diese Erfolgsneutralität verletzen und zum Ausweis eines nicht realisierten Gewinns führen. Der fair value wird bei den IFRS/IAS und US-GAAP unter anderem bei der Zugangsbewertung von Tausch bzw. tauschähnlichen Geschäften genutzt. Dabei dient der beizulegende Zeitwert der Konkretisierung der historischen Kosten und somit den Anschaffungskosten dieser Transaktion (APB No. 29). Er entspricht in diesem Zusammenhang dem Wert der Gegenleistung, der für den Erwerb des Vermögenswerts eigentlich zu zahlen gewesen wäre. Darüber hinaus kommt ein Wertansatz in Höhe des fair value vor allem bei der Bewertung von Finanzinstrumenten zur Anwendung. Bei der erstmaligen Bewertung sind diese stets mit den Anschaffungskosten anzusetzen, die dem fair value des Finanzinstruments entsprechen. Bei der Ableitung des fair value werden grundsätzlich der Transaktionspreis oder andere Marktpreise vergleichbarer Instrumente zugrunde gelegt. Anfallende zusätzliche Transaktionskosten stellen Anschaffungsnebenkosten dar und sind wie im Handelsrecht bei der Bewertung zu berücksichtigen (Scharpf, 2001). Damit führt z.B. der Erwerb von Aktien zu einem identischen Bilanzausweis nach HGB sowie nach IFRS/IAS und US-GAAP. Ungeachtet der Übereinstimmung im Falle von originären Finanzinstrumenten, ergeben sich gleichwohl Unterschiede im Bilanzausweis von Finanzderivaten, die auf ein Aktivierungsverbot im HGB zurückzuführen sind.

2. Folgebewertung


Für die Folgebewertung von Vermögensgegenständen sind insbesondere die in § 253 II und III HGB genannten Wertmaßstäbe zu beachten. Hierbei handelt es sich u.a. um den aus dem Börsen- oder Marktpreis abgeleiteten Wert, den Zukunfts- oder Schwankungsreservewert und um den beizulegenden Wert. Der innerhalb der Folgebewertung vorzunehmende Vergleich zwischen den historischen Zugangswerten und diesen aktuellen Tages- bzw. Zeitwerten ist ein direkter Ausfluss des Imparitätsprinzips und dient der Antizipation von drohenden Verlusten. Infolgedessen sind bei den Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens zwingend Abschreibungen auf den niedrigeren Wertansatz vorzunehmen, da diese grundsätzlich einer alsbaldigen Veräußerung unterliegen könnten. Während die Berücksichtigung von Zeitwertminderungen nach dem Imparitätsprinzip geboten ist, stellt ein Wertansatz oberhalb der historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (Zeitwertmehrungen) einen Verstoß gegen das Anschaffungswertprinzip und damit gegen das Realisationsprinzip dar. Die Vereinnahmung von Bewertungsgewinnen am ruhenden Vermögen gelten gemeinhin als nicht realisiert und sind folglich nicht auszuweisen.
Der bei der Folgebewertung von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens heranzuziehende Börsenpreis bezeichnet den an einer amtlichen Börse oder im Freiverkehr, bei effektiv erfolgtem Umsatz, festgestellte Kurs von Waren oder Wertpapieren. Falls ein solcher Börsenpreis nicht vorliegt, ist der Marktpreis bei der Bewertung zugrunde zu legen. Dieser leitet sich aus dem Preis einer Ware bestimmter Gattung mit durchschnittlicher Qualität ab, welcher zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem Handelsplatz bezahlt wird. Die Ermittlung des beizulegenden Werts für einen spezifischen Vermögensgegenstand bestimmt sich nach den GoB. Danach lässt sich der Wertansatz grundsätzlich mittels des geschätzten Substanzwerts und/oder anhand des betreffenden Ertragswerts ermitteln. Gegenüber den anderen drei Wertmaßstäben stellt der Zukunfts- oder Schwankungsreservewert eine Ausnahme dar. Eine Abschreibung auf diesen Wertansatz ist gemäß § 253 III Satz 3 HGB nicht verpflichtend. Darüber hinaus löst sich die Abschreibung vom Stichtagsprinzip, da hiermit künftige Wertminderungen (erweiterte Verlustantizipation) berücksichtigt werden können (Oestreicher, /Spengel, 1999).
Zur Bestimmung der einzelnen Bewertungsmaßstäbe kommt generell, in Abhängigkeit von der Marktgängigkeit und der jeweiligen Zweckbestimmung des Vermögensgegenstands, der Beschaffungs- oder Absatzmarkt in Betracht. Die Konkretisierung des beizulegenden Wertes bei Positionen des Anlagevermögens erfolgt dabei regelmäßig anhand des Beschaffungsmarktes, während für das Umlaufvermögen generell eine Orientierung am Absatzmarkt als bestimmend gilt. Diese Vorgehensweise entspricht prinzipiell der Ermittlung des fair value im Rahmen der internationalen Rechnungslegung, da hier ebenso die Zweckbestimmung des Bewertungsobjekts in die Konkretisierung mit einfließt. Trotz der identischen Grundausrichtung bei dem Rückgriff auf vorhandene Börsenkurse oder notierte Marktpreise, bestehen einige bedeutende Unterschiede bei der Behandlung von Wertänderungen. Nach dem dargestellten strengen Niederstwertprinzip werden zwar Zeitwertminderungen stets erfolgswirksam erfasst, gleichwohl dürfen Zeitwertmehrungen am ruhenden Vermögen nicht berücksichtigt werden. Der fair value kann demnach mit den oben erwähnten Wertmaßstäben der handelsrechtlichen Folgebewertung, insbesondere mit dem Börsen- oder Marktpreis und dem beizulegenden Wert, im Falle von Zeitwertminderungen übereinstimmen. Für einen den historischen Anschaffungskosten übersteigenden fair value-Ansatz besteht indes kein entsprechendes Pendant im Handelsrecht. Damit ist momentan weder eine erfolgswirksame Vereinnahmung von Zeitwerterhöhungen bei Finanzinstrumenten, noch eine erfolgsneutrale Berücksichtigung der Wertsteigerung mit Hilfe einer Neubewertungsrücklage derzeit nach geltendem Recht (HGB) möglich.

V. Ausblick


Die Diskussion um eine vollständige und konsistente Bilanzierung von (derivativen) Finanzinstrumenten hat das historical cost-Modell im Vergleich zu einer umfassenden fair value-Bewertung in den Hintergrund treten lassen (Siegel, 1997). Der vermehrte Rückgriff auf Marktpreise in den Rechnungslegungsstandards des FASB und des IASB gleicht einem Paradigmawechsel in den internationalen Rechnungslegungssystemen (Böcking, /Lopatta, /Rausch, 2005). Der fair value kommt nicht mehr nur zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung von Bewertungsobjekten, sondern zunehmend auch im Rahmen der Folgebewertung zur Anwendung. Eng mit dieser Entwicklung verbunden ist eine sog. reine Marktbewertung von einigen Bilanzposten, bei der die Änderungen des fair value an jedem Bilanzstichtag unmittelbar und vollständig erfolgswirksam verbucht werden. Umfangreiche Probleme bei der Bestimmung der beizulegenden Zeitwerte haben bislang eine weitergehende Nutzung eingeschränkt und diesen Wertmaßstab zum Gegenstand kontroverser Diskussionen gemacht. Obwohl die Nützlichkeit von fair value-Angaben i.A. bejaht und in den Notes sowie im Anhang 9 gefordert wird, gibt es hinsichtlich seiner Verwendung als umfassender bilanzieller Bewertungsmaßstab erheblichen Widerstand. Ursache ist hierfür neben einer zweifelhaften Zuverlässigkeit von ermittelten Schätzwerten, vor allem die aus seiner Verwendung hervorgehende Volatilität des Periodenergebnisses bzw. Eigenkapitals. Eine über die (erfolgswirksame) Folgebewertung von Finanzinstrumenten hinausgehende Anwendung für nicht monetäre Bilanzposten, wie sie bereits bei biologischen Vermögenswerten gemäß IAS 41 besteht, sollte einer sorgfältigen Prüfung unterliegen und nur eingeschränkt erfolgen (Willis, 1998; Schildbach, 1999; Jones, J. P./Stanwick, 1999). Demgegenüber bestehen bei einer fair value-Bewertung von Finanzinstrumenten (z.B. nach IAS 39) erhebliche Vorteile. Die Berücksichtigung von Marktpreisen erlaubt eine Verringerung von faktischen Bilanzierungswahlrechten und entspricht im besonderen Maße dem hohen Grad an Liquiditätsnähe eines solchen Instruments (Herzig, 1997). Darüber hinaus vereinfacht die fair value-Bewertung die Abbildung von Absicherungsmaßnahmen und trägt auf diese Weise zu einer erhöhten Transparenz des Hedging bei. In Anbetracht dieser Vorteile wäre die Übernahme einer fair value-Bewertung von Finanzinstrumenten in das HGB grundsätzlich wünschenswert. Dies würde allerdings eine Weiterentwicklung des Realisationsprinzips bedingen, wonach vor allem auch problemlos realisierbare Gewinne vereinnahmt werden könnten.
Mit der Verabschiedung der EU-Verordnung betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (IFRS/IAS-Verordnung) im Jahr 2002, sind die IFRS/IAS nunmehr von allen Unternehmen in der EU zu beachten die zur Konzernrechnungslegung verpflichtet sind und deren Wertpapiere über eine Zulassung zu einem geregelten Markt verfügen. Darüber hinaus wurden die Mitgliedstaatenwahlrechte zur Anwendung der IFRS/IAS im Konzernabschluss von nicht-kapitalmarktorientierten Unternehmen sowie im Einzelabschluss aller Unternehmen im Rahmen des Bilanzrechtsreformgesetzes (BilReG) in deutsches Recht transformiert. Um noch bestehende Unterschiede zwischen den nationalen Vorschriften bzw. EU-Bestimmungen einerseits und den IFRS/IAS andererseits zu reduzieren, wurden ferner die 4. und 7. EU-Richtlinie grundlegend überarbeitet. Damit wird der fair value auch in Deutschland zunehmend ein integraler Bestandteil der (Konzern-)Rechnungslegung.
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