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Bilanz


Inhaltsübersicht
I. Die Bilanz nach den Regeln des HGB
II. Die Bilanz nach den Regeln der US-GAAP
III. Die Bilanz nach den Regeln der IFRS

I. Die Bilanz nach den Regeln des HGB


1. Grundlagen


Infolge des Bilanzrichtlinien-Gesetzes von 1985 wurden die Rechtsgrundlagen für die externe Rechnungslegung und damit für den Jahresabschluss  (JA) aller Kaufleute einheitlich im Ersten Abschn. des Dritten Buches des HGB (§§ 238 – 263) zusammengefasst. Jeder Kaufmann ist nach § 238 I HGB verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den GoB ersichtlich zu machen. Die GoB, wie etwa der Grundsatz der Vollständigkeit, stellen Normen bzw. Regeln dar, nach denen – zur Sicherung eines gesetzesentsprechenden Rechnungswesens – die wirtschaftlichen Tatbestände einer Unternehmung in Buchführung und JA abgebildet werden. Bei ihnen handelt es sich wie bei den gesetzlichen Vorschriften nicht um zweckfreie, voneinander unabhängige Normen, sondern um Regeln, die aus den Zwecken der Buchführung und des JA abzuleiten sind (vgl. dazu und zum gesamten Punkt I Bieg, /Kussmaul, 2003; Kussmaul, 1999). § 242 I und II HGB verpflichtet grundsätzlich jeden Kaufmann im Sinne dieses Gesetzes zur Aufstellung eines (handelsrechtlichen) JA, der sich nach § 242 III HGB aus Bilanz sowie GuV zusammensetzt. § 264 I und § 336 I HGB erweitern den JA bei Kapitalgesellschaften und Genossenschaften um einen Anhang; darüber hinaus ist noch ein Lagebericht aufzustellen, der allerdings keinen Bestandteil des JA darstellt. Die Vorschrift des § 243 I HGB, nach der alle Kaufleute den JA nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen haben, wird durch § 264 II S. 1 HGB für Kapitalgesellschaften dahingehend ergänzt, dass der JA „ unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln “ hat. Die Regelungen für Kapitalgesellschaften werden durch § 264a HGB auf GmbH & Co. KG und ähnlich haftungsbeschränkte Strukturen übertragen.

2. Bilanzbegriff und Bilanzarten


Die Bilanz gibt – meist in Kontoform – einen Überblick über das im Betrieb vorhandene Vermögen (Aktivseite) und über das Kapital als Summe aller Verpflichtungen des Betriebes (Passivseite). Während die Passivseite über die Herkunft der finanziellen Mittel (Mittelherkunft) Auskunft gibt, zeigt die Aktivseite, in welcher Form diese Mittel angelegt wurden (Mittelverwendung). Nach § 246 I HGB hat die Bilanz sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten zu enthalten (Vollständigkeitsgebot), wobei Posten der Aktivseite nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden dürfen (Verrechnungsverbot, Bruttoprinzip).
Die Summe der Aktiva und Passiva ist stets gleich, d.h. jeder auf der Passivseite stehende Anspruch eines Gesellschafters oder Gläubigers wird – außer im Falle eines Verlustes – durch die auf der Aktivseite ausgewiesenen Vermögenswerte/Vermögensgegenstände gedeckt. Erhöht sich das Eigenkapital (Reinvermögen) als Differenz des Bruttovermögens und des Fremdkapitals durch den betrieblichen Umsatzprozess, so wird das Eigenkapital vergrößert (Gewinn); bei einer Verminderung des Vermögens wird die Eigenkapitalposition entsprechend kleiner (Verlust).
Ist infolge von Verlusten das Eigenkapital aufgezehrt und reicht das Vermögen nicht mehr zur Deckung des Fremdkapitals aus, so kann die Bilanz auch bei Betrieben, die aufgrund ihrer Rechtsform kein festes Nominalkapital ausweisen müssen, nur durch einen Verlustposten ausgeglichen werden. In einem solchen Fall liegt eine bilanzielle Überschuldung (Unterbilanz) vor.
Neben den Beständebilanzen, die das Vermögen und Kapital eines Unternehmens zu einem Stichtag ausweisen, gibt es auch sog. Bewegungsbilanzen, welche die Veränderung der Bilanzposten während einer Periode in Form einer Gegenüberstellung von Mittelverwendung und Mittelherkunft zeigen. Die Bewegungsbilanzen dienen der Darstellung finanzwirtschaftlicher Vorgänge und hierbei insbes. der Liquiditätslage. Je nach Anlass der Bilanzerstellung sowie nach der Zielsetzung, die mit der Bilanzaufstellung verfolgt wird, ergeben sich unterschiedliche Arten von Bilanzen. Eine eindeutige Zuordnung zu einer einzelnen Bilanzart ist i.d.R. aufgrund eines fehlenden einheitlichen Gliederungskriteriums bei der Einteilung in Bilanzarten jedoch nicht möglich.
Abb. 1 gibt einen schematischen Überblick über eine mögliche Systematisierung der Bilanzarten (Kussmaul, 1999). Eine weitere Unterscheidung ist jene in Bilanzen nach Handels- und Steuerrecht.
Bilanz
Abb. 1: Bilanzarten
Als Grundlage für die Bilanzierung dient ein theoretisches Fundament. Bilanztheorien haben zwei grundlegende Aufgaben zu erfüllen. Sie sollen auf der einen Seite den Wesensgehalt der Bilanzen erklären und Empfehlungen für die Ausgestaltung der Bilanz im Hinblick auf bestimmte Rechnungsziele ableiten (formelle Bilanztheorie). Auf der anderen Seite müssen sie – ausgehend von bestimmten Bilanzzwecken – Bilanzierungs-, Bewertungs- und Gliederungsregeln so formulieren, dass die mit der Bilanzierung verfolgten Ziele auch erreicht werden können (materielle Bilanztheorie; Heinen, 1986).

3. Funktionen der Handelsbilanz


Die Handelsbilanz ist Teil des JA, der grundsätzlich von allen Kaufleuten nach den Vorschriften der §§ 242 ff. HGB bzw. von Kapitalgesellschaften unter besonderer Berücksichtigung der Vorschriften der §§ 264 ff. HGB aufzustellen ist. In der Handelsbilanz werden am Bilanzstichtag Vermögen und Kapital einer Unternehmung unter Beachtung handelsrechtlicher Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften gegenübergestellt.
Buchführung und handelsrechtlicher JA erfüllen aufgrund der Dokumentation der Geschäftsvorfälle – gemeinsam mit der Erfüllung der Aufbewahrungsvorschriften – eine Beweis- und Sicherungsfunktion.
Die Handelsbilanz ist darüber hinaus ein Informations- und Rechenschaftslegungsinstrument (Ballwieser, 1999). Sie soll vor allem die mit der Unternehmung in Beziehung stehenden Personen darüber informieren, ob die Unternehmung die ihnen vertraglich oder gesetzlich zustehenden Ansprüche erfüllen kann oder nicht.
Weiterhin erfüllt die Handelsbilanz eine Zahlungsbemessungsfunktion. Die Zahlungsbemessungsfunktion beinhaltet als erste Teilfunktion die Bemessung der Ausschüttungen an die Anteilseigner ( „ Gewinnermittlung zum Zwecke der Gewinnverteilung “ ). Bei Kapitalgesellschaften, deren Unternehmensleitung nicht aus dem Kreis der Gesellschafter stammt, bestehen vor allem zwei Konflikte, die durch gesetzliche Vorschriften im Bereich der Gewinnermittlung und Gewinnverwendung zu regeln sind. Einerseits müssen Gläubiger durch Ausschüttungsobergrenzen davor geschützt werden, dass übermäßig hohe Zahlungen an die Anteilseigner fließen, weil dadurch das Haftungsvermögen der Gesellschaft geschmälert und das Kreditrisiko des Kapitalgebers erheblich verschärft wird (Ausschüttungssperre; Gläubigerschutz durch Kapitalerhaltung). Andererseits sollen Ausschüttungsuntergrenzen verhindern, dass die Unternehmensleitung den ausschüttbaren Betrag willkürlich verkleinert. Hierdurch soll garantiert werden, dass den Anteilseignern, insbes. den Kleinaktionären von Publikums-Aktiengesellschaften, eine gewisse Mindestausschüttung zufließt (Ausschüttungssicherung).
Die zweite Teilfunktion der Zahlungsbemessungsfunktion besteht in der Bemessung von Steuerzahlungen an den Fiskus. Ein Zusammenhang zur handelsrechtlichen Rechnungslegung ist hier nur indirekt gegeben, weil Grundlage der Steuerberechnung nicht der handelsrechtliche JA, sondern bei Ertragsteuern (Körperschaftsteuer, Gewerbeertragsteuer sowie bei Personenunternehmen die Einkommensteuer) die Steuerbilanz ist; jedoch ist die Steuerbilanz über das Maßgeblichkeitsprinzip eng mit der Handelsbilanz verknüpft (Kussmaul, /Lutz, 1993).
Mittels entsprechender Vorschriften für den Inhalt und Aufbau des JA sowie für die Bewertung und Bemessung der einzelnen Positionen versucht der Gesetzgeber, diese Zahlungsbemessungs- und Informationsbedürfnisse zu sichern und die Möglichkeiten der Geschäftsführung, durch gezielte Gestaltung der Bilanz falsche Vorstellungen über die Lage der Unternehmung zu erwecken, einzugrenzen.

4. Bilanzgliederung

a) Allgemeine Anmerkungen


Der Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit der Rechnungslegung (§ 243 II HGB) erfordert einen entsprechenden äußeren Aufbau der Bilanz sowie eine sachgerechte Darstellung aller in der Bilanz enthaltenen Informationen (Ballwieser, 1999).
Für den äußeren Aufbau der Bilanz gibt es grundsätzlich die zwei Gestaltungsmöglichkeiten der Kontoform (Vermögensgegenstände werden auf der Aktivseite, Verbindlichkeiten und das Eigenkapital werden auf der Passivseite ausgewiesen) und der Staffelform (Aktivseite und Passivseite werden untereinander dargestellt).
Das in § 266 HGB vorgeschriebene Schema der Bilanzgliederung ist nur für Kapitalgesellschaften und Unternehmen, die dem Publizitätsgesetz unterliegen (§ 5 I PublG), verbindlich. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften regelt § 247 I HGB lediglich, dass in der Bilanz „ das Anlage- und das Umlaufvermögen, das Eigenkapital, die Schulden sowie die Rechnungsabgrenzungsposten gesondert auszuweisen und hinreichend aufzugliedern “ sind. Eine Orientierung an den für Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften erscheint aber auch für sie empfehlenswert. Mit dem KapCoRiLiG wurden bestimmte Personengesellschaften den bisher ausschließlich von Kapitalgesellschaften zu beachtenden handelsbilanziellen Vorschriften unterworfen. Hiervon betroffen sind alle OHG und KG, sofern nicht wenigstens ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person oder OHG, KG oder andere Personengesellschaft mit einer natürlichen Person als persönlich haftendem Gesellschafter ist. Betroffen von dieser Regelung sind somit insbesondere GmbH & Co. KG. Die Vorschriften (§§ 264 bis 335 HGB), die zuvor nur für Kapitalgesellschaften galten, sind durch § 264a HGB auch auf die GmbH & Co. KG anzuwenden. Dies bedeutet, dass diese Personengesellschaften – sofern sie nicht kleine Gesellschaften i.S.v. § 267 HGB sind – die Vorschriften über die Bilanz zu beachten haben. Sofern Personengesellschaften von dieser Regelung erfasst werden, sind sie von den für Personengesellschaften allgemein geltenden Rechnungslegungspflichten nach dem Publizitätsgesetz befreit (BDO, 1999).
Für Kapitalgesellschaften sieht § 266 I HGB verbindlich die Kontoform vor; die Gliederung des Bilanzinhalts nach § 266 II und III HGB orientiert sich auf der Aktivseite vornehmlich am Kriterium der Liquidität (Liquidierbarkeit) und auf der Passivseite am Kriterium der Fälligkeit, aber auch das Ablaufgliederungsprinzip sowie das Prinzip der Gliederung entsprechend den Rechtsverhältnissen spielen eine Rolle. Abweichend von der Gliederung nach der Liquidität werden etwa die Vorräte nach dem Ablaufprinzip gegliedert; Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe stehen am Anfang des Produktionsprozesses und werden daher auch vor den unfertigen Erzeugnissen und diese wiederum vor den fertigen Erzeugnissen und Waren ausgewiesen.
Neben dem vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Bilanzgliederungsschema des § 266 HGB enthält § 265 HGB darüber hinaus allgemeine Grundsätze zur Gliederung der Bilanz und der GuV, wie z.B. den Grundsatz der Darstellungsstetigkeit (§ 265 I HGB) oder den Grundsatz der Zulässigkeit stärkerer Aufgliederungen (§ 265 V HGB).

b) Bestandteile der Aktivseite der Bilanz


Zu den Bestandteilen der Aktivseite einer Bilanz zählen:

-

das Anlagevermögen (alle Vermögensgegenstände, die „ bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen “ (§ 247 II HGB)),

-

das Umlaufvermögen (Gegenstände, die nicht bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen),

-

die Rechnungsabgrenzungsposten (Bilanzposten mit dem Ziel der Erfolgsperiodisierung in genau bestimmten Fällen; als klassischer Anwendungsfall sind Dauerschuldverhältnisse wie z.B. Mietverträge zu erwähnen, bei denen in der Abrechnungsperiode Auszahlungen erbracht werden, die erst in einer späteren Periode zu Aufwendungen führen) und

-

(eventuell) Bilanzierungshilfen (Bilanzhilfsposten mit dem Ziel, eine in der Anfangsphase eines Unternehmens eventuell eintretende Überschuldung zu verhindern bzw. eine periodengerechte Aufwandsverrechnung zu ermöglichen).


Abb. 2 zeigt – in Anlehnung an die Vorschriften zur Bilanzgliederung nach § 266 HGB – die Struktur der Aktivseite.
Bilanz
Abb. 2: Bestandteile der Aktivseite einer Bilanz nach dem HGB

c) Bestandteile der Passivseite der Bilanz


Die Passivseite einer Bilanz repräsentiert – nach Abzug der aktivischen und passivischen Wertberichtigungen – das Kapital eines Unternehmens.
Bestandteile der Passivseite sind:

 

das Eigenkapital (von den rechtlichen Eigentümern von außen oder – durch Einbehaltung von Gewinnen – von innen auf unbestimmte Zeit zur Verfügung gestellte Mittel),

 

das Fremdkapital (von Dritten zur Verfügung gestellte Mittel, die regelmäßig einen ergebnisunabhängigen Zahlungsanspruch gewähren),

 

die Rechnungsabgrenzungsposten (Bilanzposten mit dem Ziel der Erfolgsperiodisierung in genau bestimmten Fällen; analog zu den aktivischen Rechnungsabgrenzungsposten liegen sie insbesondere dann vor, wenn in der Abrechnungsperiode Einzahlungen anfallen, die erst in einer späteren Periode zu Erträgen führen),

 

sonstige Passiva (insbes. der Sonderposten mit Rücklageanteil, der einerseits die sog. steuerfreien Rücklagen beinhaltet und in den andererseits die steuerlich bedingten Abschreibungen als Wertberichtigungen aufgenommen werden können).


Das Fremdkapital besteht neben den Verbindlichkeiten, auf welche die obige Klammerdefinition zugeschnitten ist, aus den Rückstellungen, die ähnlich wie die Rechnungsabgrenzungsposten der periodenrichtigen Erfolgsabgrenzung dienen. Rückstellungen werden für ungewisse Verpflichtungen angesetzt, deren wirtschaftliche Ursache in der laufenden Periode liegt, bei denen aber noch nicht feststeht, ob sie überhaupt und – wenn ja – in welcher Höhe und zu welchem Fälligkeitstermin sie zu Auszahlungen oder Mindereinzahlungen führen.
In Anlehnung an das Gliederungsschema des § 266 HGB ergibt sich die in Abb. 3 aufgezeigte Struktur der Passivseite.
Bilanz
Abb. 3: Bestandteile der Passivseite einer Bilanz nach dem HGB

II. Die Bilanz nach den Regeln der US-GAAP


1. Einführung


Das amerikanische Rechtssystem kennt kein Pendant zum deutschen HGB, in welchem die Rechnungslegungsgrundsätze umfassend kodifiziert sind (Hinz, 2003; Küting, /Weber, C.-P. 1994); der weitaus größte Teil wurde im Wechselspiel zwischen wirtschaftsprüfenden Berufsverbänden, privaten Fachorganisationen, den Bilanzerstellern sowie der Börsenaufsichtsbehörde entwickelt. Die SEC, die unmittelbar dem Kongress untersteht, ist berechtigt, selbstständig Rechnungslegungsgrundsätze festzulegen oder die Börsenzulassung von Unternehmen an die Einhaltung dieser Grundsätze zu binden (Selchert, /Erhardt, 2003). Bedeutsam in diesem Zusammenhang sind die Regulations S-X und S-K, die den Rahmen der Bilanzierung für börsennotierte Unternehmen abstecken (Jahresabschlussform, -inhalt, -prüfung und -offenlegung), sowie die ergänzenden Verlautbarungen, die Accounting Series Releases (ASR). Allerdings überlässt die SEC die Ausarbeitung detaillierter Normen i.d.R. der berufsständischen Organisation des Financial Accounting Standards Board (FASB).

2. Bestandteile der US-amerikanischen Rechnungslegung


Auf Grund der Anforderungen der Börsenaufsichtsbehörde SEC 5 beinhaltet der JA nach SFAC 5 mindestens die folgenden Komponenten (Selchert, /Erhardt, 2003):

 

Bilanz (balance sheet),

 

GuV (income statement),

 

Kapitalflussrechnung (cash flow statement),

 

Eigenkapitalentwicklung (statement of changes in stockholders\' equity),

 

Eigenkapitalverwendungsrechnung (statement of retained earnings),

 

Anhang (notes),

 

gegebenenfalls zusätzliche Angaben (other statements).


Die Reihenfolge der Darstellung ist nicht zwingend vorgeschrieben und folglich von Gesellschaft zu Gesellschaft unterschiedlich. Die Bilanz hat in den USA im Vergleich zur GuV nur eine nachrangige Bedeutung (Gräfer, 1992). Die GuV gilt als der bedeutendste Bestandteil des US-amerikanischen JA, da sie den Investoren einen Einblick in die Ertragslage verschafft und hiermit in Bezug auf die operating activities Anhaltspunkte über die zukünftige Entwicklung des Cashflows bietet. Aus diesem Grund erfolgt die Darstellung der GuV in amerikanischen Jahresabschlüssen fast immer vor der Bilanz.

3. Funktionen und Grundsätze der Bilanz


Die Finanzierung über den Kapitalmarkt hat in den USA große Bedeutung, ein Umstand, der sich u.a. in hohen Eigenkapitalquoten amerikanischer Unternehmungen niederschlägt. Daher sind die US-GAAP stärker auf den Investor im Sinne eines Eigenkapitalgebers und weniger auf den Gläubiger zugeschnitten (Förschle, /Kroner, /Rolf, 2001). In erster Linie hat der US-Jahresabschluss und somit die Bilanz die Aufgabe, aktuellen und potenziellen Investoren entscheidungsrelevante Informationen zur Verfügung zu stellen (decision usefulness) und diese so zu präsentieren, dass ein möglichst sicherer Einblick in die finanzwirtschaftliche Unternehmenslage möglich ist (Fair Presentation) (Förschle, /Kroner, /Rolf, 2001). Die Funktion der Bilanz besteht demnach weniger in der Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden im Interesse des Gläubigerschutzes als vielmehr darin, Informationen zur Einschätzung von „ future cash flows “ zu geben und die Liquidität, die finanzielle Struktur bzw. die Elastizität und das finanzielle Potenzial der Gesellschaft darzustellen, um Anlegern und Investoren Grundlagen zur Beurteilung ihres Investitionsrisikos zu bieten (Gräfer, 1992; Hinz, 2003). Der US-amerikanische Abschluss ist weder unmittelbar Grundlage für die Ertragsbesteuerung der corporation, noch werden aus ihm Rechtsansprüche der Aktionäre auf Zahlung einer Dividende abgeleitet, da die Gewinnermittlung zum Zwecke der Ausschüttungsbemessung oder der Gläubigersicherung kein Ziel der US-amerikanischen Rechnungslegung ist (Hinz, 2003). In den USA entscheidet allein das Board of Directors, dem die Geschäftsführung, Überwachung und Vertretung der Unternehmung obliegen und dessen Mitglieder auf der Hauptversammlung unmittelbar von den Aktionären i.d.R. für ein Jahr gewählt werden, über die Höhe der Dividendenzahlungen. Gesetzliche, an Jahresabschlussgrößen gebundene Rechte – vergleichbar mit § 58 AktG i.V.m. § 174 AktG bzw. § 29 GmbHG – existieren in den USA nicht. Insoweit ist das Vermögensrecht der Aktionäre auf Dividendenzahlung unmittelbar weder an Rechnungslegungsdaten geknüpft noch in anderen gesetzlichen Regelungen kodifiziert. An die Stelle einer gesetzlichen (staatlichen) Regulierung treten hier Markt- bzw. Vertragsmechanismen, die eine „ zu geringe “ Dividendenzahlung verhindern und einen diesbezüglichen Aktionärsschutz garantieren sollen. Die in Deutschland überwiegend dem Gläubigerschutz dienenden gesetzlichen Höchstausschüttungsregelungen sind in den USA nur wenig bedeutend (Pellens, 2001).
In den US-GAAP hat der Grundsatz der Fair Presentation den Charakter eines overriding principle, also einer übergeordneten Vorschrift, die zur Auslegung von anderen Normen und zur Beantwortung neu aufgeworfener Fragen heranzuziehen ist. Die Forderung nach einer wahrheitsgemäßen Darstellung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens ist der alles überragende Grundsatz, die Generalnorm der amerikanischen Rechnungslegung (Selchert, /Erhardt, 2003). Hier besteht ein Unterschied zum HGB, da dieser Grundsatz im Rahmen des HGB subsidiäre Bedeutung gegenüber den Einzelvorschriften hat. Die US-GAAP möchten einen true and fair view von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens geben, damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens richtig beurteilt werden kann. Andere Rechnungslegungszwecke, wie etwa der Gläubigerschutz, treten in amerikanischen JA in den Hintergrund; die periodengerechte Gewinnermittlung steht im Vordergrund. Im Gegensatz zum deutschen Bilanzrecht kommt auch dem Vorsichtsprinzip kein übergeordneter Rang bei der Bewertung zu (Gräfer, 1992).
Amerikanischen Bilanzen liegt keine durchgängige Bewertungskonzeption mit einem allgemeinen Bewertungsmaßstab zugrunde. Die Spezifika der jeweiligen Bilanzposten werden bei der Bewertung berücksichtigt. Ausgehend von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (historical cost) als zentralem Wertmaßstab soll auch das zukünftige Nutzungspotenzial des Vermögensgegenstands bei der Bewertung berücksichtigt werden. Da aber das künftige Nutzungspotenzial nicht immer in den (fortgeschriebenen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten zum Ausdruck kommt, sind zusätzliche Wertmaßstäbe zu berücksichtigen:

 

die Wiederbeschaffungs-/Reproduktionskosten (current replacement-/reproduction cost),

 

der Marktwert (current market value, current selling price),

 

der Nettoverkaufserlös/Rückzahlungsbetrag (net realizable value/net settlement value) und

 

der Barwert zukünftiger Zahlungsströme (present value of future cash flows).


Diese Werte können im Unterschied zur Bewertung in deutschen Bilanzen nicht nur als Korrekturwerte, sondern auch als Ausgangswerte alternativ zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten gewählt werden. Die Möglichkeit des Ansatzes eines solchen alternativen Wertes ist jedoch bei den einzelnen Bilanzpositionen unterschiedlich geregelt. Zwar sind auch in den USA das Niederstwertprinzip, das Realisationsprinzip und die Anschaffungs- und Herstellungskosten als Wertobergrenze wichtige Bewertungsgrundsätze, jedoch werden sie gelegentlich durchbrochen. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Verletzung eines solchen Grundsatzes zu einer Steigerung der Aussageeffizienz führt, eine objektive Nachprüfbarkeit gegeben ist und die Bewertung nicht allzu sehr subjektiven Einschätzungen und hiermit einer gewissen Willkür unterliegt (Gräfer, 1992).
In den USA sind Handelsbilanz und Steuerbilanz in weitaus geringerem Maße miteinander verknüpft als nach deutschem Recht; beide Rechenwerke stehen selbstständig nebeneinander, da sich handels- und steuerrechtliche Vorschriften grundsätzlich nicht beeinflussen und unterschiedliche Zielsetzungen haben (Hayn, /Graf Waldersee, 2004). Ein Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handels- zur Steuerbilanz gemäß § 5 I S. 1 EStG ist dort praktisch unbekannt. Lediglich im Rahmen der Lifo-Bewertung der Vorräte gilt die umgekehrte Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (Born, 2005).

4. Bilanzgliederung


Eine konkrete Form oder Gliederung der Bilanz geben die US-GAAP nicht vor. Der äußere Aufbau der Bilanz kann in Kontoform (account form), in Staffelform (report form) oder in einer anderen Form (z.B. financial position form) erfolgen; üblich ist die Staffelform. US-amerikanische Bilanzen können auf Grund der fehlenden Gliederungsvorschriften sehr unterschiedlich gestaltet sein. Dies führt dazu, dass die Abschlüsse der Unternehmungen nur schwer vergleichbar sind. Die Gliederungstiefe variiert sowohl materiell als auch in der Darstellungsform. In den USA ist nicht so sehr die Form der Informationsdarstellung entscheidend. Vielmehr kommt es neben der übersichtlichen, klaren und verständlichen Darstellung vor allem auf die inhaltliche Ausgestaltung des JA an (substance over form). Dies bedeutet für die Unternehmen, dass unter Beachtung der Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisstetigkeit bezüglich der formellen Gestaltung des JA im Vergleich zu Deutschland größere Freiräume bestehen (Pellens, 2001). Die SEC hat für die bei ihr einzureichenden Bilanzen börsennotierter Unternehmen lediglich Mindestanforderungen formuliert (Regulation S-X, Art. 5-02, vgl. Abb. 4). Diese Gliederungsweise wird allgemein als informelles (non-promulgated) GAAP akzeptiert, selbst von Unternehmen, die nicht der SEC-Aufsicht unterliegen. Für den Aufbau der Bilanz ist wesentlich, dass nicht der Nachweis des ausschüttungsfähigen Ergebnisses im Vordergrund steht, sondern der Nachweis der Liquidität. Die Posten der Aktiva sind gem. Regulation S-X nach abnehmender Liquidierungserwartung zu gliedern. Danach erscheint als erster Posten die Kasse (cash and cash items) und als letzter Posten das für die langfristige Nutzung bestimmte und folglich nur über einen vergleichsweise langen Zeitraum zu liquidierende Anlagevermögen (other long-term assets). Langfristige Nutzung bedeutet hierbei, wenn die voraussichtliche Unternehmenszugehörigkeit mehr als zwölf Monate betragen wird. Das Umlaufvermögen wird also – im Gegensatz zur Gliederung deutscher Bilanzen – vor dem Anlagevermögen ausgewiesen. Die Posten der Passiva (liabilities and owners\'/stockholders\' equity) sind nach aufsteigender Laufzeit bzw. Fälligkeit zu gliedern. An erster Stelle erscheinen die fälligen Verbindlichkeiten (current liabilities) und an letzter Stelle das Eigenkapital, das dem Unternehmen ohne schuld- oder gesellschaftsrechtliche Begrenzung zur Verfügung steht. Die Definition der Schulden (liabilities) erfasst sowohl die rechtlich bereits entstandenen, in ihrer Höhe feststehenden Verpflichtungen (liabilities i.e.S.), aber auch Rückstellungen als rechtlich bereits eingetretene Verbindlichkeiten, bei denen die Höhe der künftigen Zahlung noch nicht exakt feststeht, und ungewisse Verbindlichkeiten, die zwar noch nicht eingetreten sind, die aber mit hoher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zukunft zu erwarten sind und deren Höhe bereits feststeht oder realistisch und vernünftig abschätzbar ist (Gräfer, 1992).
Bilanz
Abb. 4: Mindestgliederungstiefe der Bilanz gemäß Regulation S-X, Art. 5-02 S. 86(Pellens, 2001)
Diese Gliederungsweise resultiert daraus, dass die US-amerikanische Bilanz nicht als reine Vermögensaufstellung angesehen wird, sondern vielmehr dazu beitragen soll, die finanzielle Flexibilität, die Liquidität und somit auch die mögliche Entwicklung der zukünftigen Cashflows eines Unternehmens zum Ausdruck zu bringen.
Im Vergleich zu den handelsrechtlichen Normen werden in US-amerikanischen Bilanzen das Liquiditätsgliederungsprinzip auf der Aktivseite der Bilanz und das Restlaufzeitgliederungsprinzip auf der Passivseite der Bilanz genau umgekehrt angewandt (Selchert, /Erhardt, 2003).

III. Die Bilanz nach den Regeln der IFRS


1. Einführung


Das International Accounting Standards Board (IASB) ist aus dem International Accounting Standards Committee (IASC) hervorgegangen.Durch eine Änderung in der Satzung wurde das IASC in die unabhängige IASC Foundation (IASCF) überführt. Die IASCF wählt die Mitglieder des IASB. Das IASB selbst hat sich die Formulierung und Veröffentlichung von Rechnungslegungsgrundsätzen sowie deren weltweite Verbreitung zur Aufgabe gemacht. Zugleich strebt es die Verbesserung und Harmonisierung von Rechnungslegungsnormen an. (KPMG, 2004)
Bei dem Begriff „ IFRS “ (International Financial Reporting Standards) handelt es sich gem. IAS 1.11 um den Oberbegriff für sämtliche Standards sowie Interpretationen.
Die von der Vorgängerorganisation, dem „ International Accounting Standards Committee (IASC) “ , bis zu diesem Datum verabschiedeten Standards behalten bis zu ihrer Ersetzung oder Modifikation durch die Nachfolgeorganisation ihre Gültigkeit und ihre Bezeichnung „ International Accounting Standards (IAS) “ . Die von der Nachfolgeorganisation, dem „ International Accounting Standards Board (IASB) “ , ab diesem Zeitpunkt verabschiedeten Standards tragen die Bezeichnung „ International Financial Reporting Standards (IFRS) “ . Im Folgenden wird, der allgemeinen Praxis folgend, die Bezeichnung IFRS verwendet, wenn die Standards im Allgemeinen gemeint sind. Spezielle Standards werden z.B. mit IAS 39 bzw. IFRS 2 bezeichnet.

2. Bestandteile der Rechnungslegung nach den IFRS


In dem die IFRS theoretisch begründenden framework sind die Bestandteile der Rechnungslegung festgelegt. Ein IFRS-Abschluss sollte nach IAS 1.8 mindestens folgende Komponenten enthalten (Dusemond, /Kessler, 2001):

 

Bilanz (balance sheet),

 

GuV (income statement),

 

Kapitalflussrechnung (cash flow statement),

 

Eigenkapitalveränderungsrechnung (statement of changes in stockholders\' equity),

 

Anhang (notes).


Der Anhang (Erläuterungsteil) gibt u.a. Auskunft über die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, enthält spezifische Unternehmensdaten sowie Angaben, die nicht zwingend bereits in einem der anderen Jahresabschlussteile dargestellt werden müssen. Börsennotierte Unternehmen müssen zudem eine Segmentberichterstattung erstellen.
Nach den IFRS ist die Veröffentlichung eines Lageberichts nicht verpflichtend. Das IASB spricht sich jedoch dafür aus, dass Unternehmen ihre Rechenschaftslegung durch eine eigenständige Finanzberichterstattung (financial review) ergänzen sollten. Ebenfalls wird die von Teilen der Industrie bereits praktizierte Umweltberichterstattung empfohlen (Förschle, /Holland, /Kroner, 2003).

3. Funktionen und Grundsätze der Bilanz


Nach IFRS soll der JA und somit die Bilanz einem breiten Adressatenkreis einen Einblick in die Vermögens- und Finanzlage (financial position) sowie deren Veränderungen (changes in financial position) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (performance) des Unternehmens geben. Das Hauptziel, das im Wesentlichen dem amerikanischen Konzept kapitalmarktorientierter Rechnungslegung entspricht (Hinz, 2005), ist somit die Vermittlung eines true and fair view bzw. einer Fair Presentation. Mit dem JA soll der gegenwärtige und der zukünftige Investor die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beurteilen und damit ökonomisch entscheiden können, ob sich eine Investition lohnt (Selchert, /Erhardt, 2003). Der Investor soll also durch den JA nach den IFRS in die Lage versetzt werden, die Ertragskraft des Unternehmens sowie den Zeitpunkt und die Wahrscheinlichkeit des Zuflusses an Zahlungsmitteln beurteilen zu können (Born, 2005). Neben den Investoren gehören laut framework auch Arbeitnehmer, Kreditgeber, Lieferanten, Kunden, staatliche Stellen und die allgemeine Öffentlichkeit zu den Jahresabschlussadressaten. Darüber hinaus dient der JA auch der Rechenschaftslegung der Unternehmensleitung. Der JA soll es aus diesem Grund ermöglichen, über das Halten oder Verkaufen von Anteilen an dem Unternehmen und die Wiederbestellung oder Abberufung der Unternehmensleitung entscheiden zu können.
Das Rahmenkonzept der IFRS unterscheidet bei der Ausgestaltung der Rechnungslegung zwischen „ Zugrundeliegenden Annahmen “ einerseits und „ Qualitativen Anforderungen “ andererseits.
Die Grundannahmen (vgl. IAS 1.23 – 1.28) umfassen die Grundsätze der Unternehmensfortführung, der Stetigkeit und der Periodenabgrenzung. Der Stetigkeitsgrundsatz erfährt somit eine wesentlich strengere Handhabung als im HGB, wogegen das Vorsichtsprinzip nicht zu den Grundannahmen gehört (Küting, 1997).
Damit der JA der geforderten Informationsvermittlung gerecht werden kann, müssen darüber hinaus die qualitativen Anforderungen bei der Jahresabschlusserstellung beachtet werden. Zu diesen zählt die Forderung nach Verständlichkeit (understandability), Relevanz (relevance), Verlässlichkeit (reliability) und Vergleichbarkeit (comparability) der Jahresabschlussdaten (Hinz, 2005 und F 24 – 46).
Der IFRS-Abschluss hat keine Funktion als Steuer- oder Ausschüttungsbemessungsgrundlage. Dadurch hat auch die Zielsetzung der Beschränkung von Ausschüttungen durch restriktiven Gewinnausweis im Interesse des Gläubigerschutzes keine Bedeutung.
Fragen zur Bewertung der einzelnen Abschlussposten werden im framework behandelt. Dort werden vier grundlegende Bewertungsmaßstäbe genannt, die in unterschiedlichem Ausmaß und auch in Verbindung miteinander im JA zur Anwendung kommen können: die historischen Kosten (historical cost), die Wiederbeschaffungskosten (current cost), der realisierbare Betrag (realizable value bzw. settlement value) und der Barwert (present value). Die einzelnen Wertkategorien sind insoweit auch nicht als voneinander unabhängige Bewertungsmaßstäbe anzusehen. Welcher Bewertungsmaßstab für einen bestimmten Abschlussposten im konkreten Fall anzuwenden ist, ergibt sich grundsätzlich nicht aus dem framework, sondern aus dem jeweiligen IFRS, das den entsprechenden Posten behandelt. Es ist hier anzumerken, dass die im Framework dargestellten Wertmaßstäbe nicht als eine geschlossene Bewertungskonzeption für den Abschluss angesehen werden können, da darüber hinaus einzelne IFRS noch weitere Bewertungsmaßstäbe enthalten (KPMG, 2004). IAS 16 erwähnt z.B. für die Bewertung den beizulegenden Wert und den erlösbaren Betrag (recoverable amount).
Die IFRS verzichten auf das Maßgeblichkeitsprinzip, so dass auch rein steuerliche Wertansätze keine Rolle spielen (Hayn, /Graf Waldersee, 2004). Es schlagen sich weder steuerrechtliche Anforderungen an die Rechnungslegung noch steuerliche Wirkungen des JA in den IFRS nieder, was angesichts der internationalen Ausrichtung der Arbeit des IASB auch nicht ohne Weiteres möglich wäre.

4. Bilanzgliederung


Seit Juli 1998 enthält der vom IASC verabschiedete IAS 1 „ Presentation of Financial Statements “ erstmals ein Gliederungsschema der Bilanz (siehe Abb. 5) und der GuV. Das IASC schreibt hier ein bestimmtes Präsentationsformat (Konto- oder Staffelform) nicht vor. Es sind zusätzliche Positionen, Gruppenüberschriften und Zwischensummen auszuweisen, sofern ein anderer IFRS dieses fordert oder wenn nur so eine getreue Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens erzielt wird.
Das Management hat in Abhängigkeit von der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens darüber zu bestimmen, ob es Bilanzpositionen in die Kategorie current und non-current assets bzw. Liabilities unterteilt. Wird eine solche Unterteilung vorgenommen, so hat diese entsprechend den Vorschriften des IAS 1.57-67 zu erfolgen. Unterbleibt eine solche Unterteilung, so sind die Vermögenswerte und Schulden grob nach ihrer Liquiditätsnähe anzuordnen (IAS 1.51). Unabhängig davon, welche Methode der Darstellung gewählt wird, hat ein Unternehmen für jeden Vermögens- und Schuldposten, der Beträge zusammenfasst, von denen erwartet wird, dass sie sowohl innerhalb als auch außerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag realisiert oder erfüllt werden, den Betrag anzugeben, von dem erwartet wird, dass er nach mehr als zwölf Monaten realisiert oder erfüllt wird (IAS 1.52).
Ein Vermögenswert ist als kurzfristig (current) zu klassifizieren, wenn

 

seine Realisation innerhalb des normalen Verlaufs des Geschäftszyklus des Unternehmens erwartet wird oder er zum Verkauf oder Verbrauch innerhalb dieses Zeitraumes gehalten wird, oder

 

er primär für Handelszwecke oder zur kurzfristigen erwarteten Realisierung innerhalb von zwölf Monaten ab Bilanzstichtag gehalten wird, oder

 

es sich um Zahlungsmittel oder Zahlungsmitteläquivalente handelt, es sei denn, der Tausch oder die Nutzung des Vermögenswertes sind zur Erfüllung einer Verpflichtung für einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag eingeschränkt.


Alle anderen Vermögenswerte sind als langfristig (non-current) zu klassifizieren (IAS 1.57).
Eine Schuld ist als kurzfristig zu klassifizieren, wenn

-

ihre Tilgung innerhalb des gewöhnlichen Verlaufs des Geschäftszyklus des Unternehmens erwartet wird, oder

-

sie primär für Handelszwecke gehalten wird, oder

-

ihre Tilgung innerhalb von zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag erwartet wird, oder

-

das Unternehmen kein uneingeschränktes Recht zur Verschiebung der Erfüllung der Verpflichtung um mindestens zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag hat.


Alle anderen Schulden sind als langfristige Schulden zu klassifizieren (IAS 1.60).
Die Bilanz soll das der Unternehmung wirtschaftlich zurechenbare Vermögen sowie die zur Finanzierung zur Verfügung stehenden Mittel zeigen.
Bilanz
Abb. 5: Mindestgliederungstiefe der Bilanz gemäß IAS 1.68 (Pellens, /Fülbier, /Gassen, 2004, S. 144 f.)
Die für die Bilanz genannten aggregierten Posten mögen nicht generell dem Grundsatz der fair presentation genügen. Die Gliederung ist erforderlichenfalls um zusätzliche Posten zu ergänzen oder die genannten Posten sind stärker zu untergliedern, wenn einzelne IAS dies verlangen oder die Angaben für eine glaubwürdige Darstellung der Finanz- und Vermögenslage (financial position) des Unternehmens notwendig sind (KPMG, 2004).
Bestimmte Informationen werden vom IASB genannt, die entweder in der Bilanz oder aber im Anhang veröffentlicht werden müssen. Hierzu zählen nach IAS 1.74 u.a. für jede Aktienklasse

 

die Anzahl ausgegebener Aktien (einschließlich ausstehender Aktien),

 

die Anzahl ausgegebener vollständig gezahlter Aktien und die Anzahl ausgegebener nicht vollständig gezahlter Aktien,

 

der Nennwert der Aktien bzw. die Angabe, dass die Aktien keinen Nennwert haben,


und die Beschreibung der Beschaffenheit und des Zwecks der Rücklagenpositionen des Eigenkapitals.
Unternehmen in einer anderen Rechtsform als der Aktiengesellschaft, wie etwa Personengesellschaften, haben äquivalente Informationen in der Bilanz oder im Anhang zu veröffentlichen (KPMG, 2004).
Wahlweise in der Bilanz oder im Anhang ist darüber hinaus ein getrennter Ausweis von Vermögenswerten und Schulden erforderlich, sofern sie Mutterunternehmen, Tochterunternehmen, assoziierte Unternehmen oder andere nahe stehende Unternehmen und Personen betreffen, da hier die Möglichkeit gegeben ist, dass bei Beziehungen zu solchen Unternehmen oder Personen nicht alle Geschäftsvorfälle und Verträge wie unter fremden Dritten abgeschlossen werden und sich hieraus eine Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Unternehmen ergeben kann (KPMG, 1999).
Literatur:
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