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Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe


Inhaltsübersicht
I. Finanzwirtschaftliche Fragestellungen
II. Finanzwirtschaftliche Zielsetzungen
III. Träger und Institutionen der Finanzwirtschaft
IV. Finanzwirtschaftliche Entscheidungsgegenstände

I. Finanzwirtschaftliche Fragestellungen


Finanzwirtschaft ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von Theorien und theoretischen Ansätzen.
Dabei lässt sich zwischen drei Fragestellungen unterscheiden:

-

Was sind die Ziele der Finanzwirtschaft?

-

Wer sind die Träger und Institutionen der Finanzwirtschaft?

-

Was sind die Gegenstände finanzwirtschaftlicher Entscheidungen?


Diese drei Fragestellungen sollen als Ordnungskriterien für die finanzwirtschaftlichen Grundbegriffe dienen.

II. Finanzwirtschaftliche Zielsetzungen


1. (Erhaltung der) Liquidität


Unter Liquidität(serhaltung) versteht man die Wahrung der Zahlungsfähigkeit. Bei Nichterfüllung dieser Zielsetzung spricht man von Zahlungsunfähigkeit oder Illiquidität. Da Illiquidität zur Insolvenz einer Unternehmung führt, ist Liquiditätserhaltung eine notwendige Voraussetzung der Unternehmungsexistenz und eine strenge Nebenbedingung für andere Unternehmungsziele. Der Aufrechterhaltung der Liquidität dienen die Rechnungslegungsinstrumente der Liquiditätsanalyse, der Liquiditätsprognose und der Liquiditätsplanung.
Liquidität “ bezeichnet auch den Bestand an Zahlungsmitteln, die Möglichkeit eines Wirtschaftssubjekts, sich liquide Mittel zu beschaffen, und die Liquidisierbarkeit oder Beleihbarkeit von Vermögensgegenständen.

2. (Streben nach) Rentabilität


Der Begriff Rentabilität steht für eine ganze Reihe von Kennzahlen (Kennzahlenanalyse) einer Unternehmung. Diesen ist gemeinsam, dass sie einen Quotienten darstellen, der im Zähler Kapitalerträge von Eigenkapital (Gewinne) und/oder Fremdkapital (Zinsen) enthält, im Nenner Eigen- und/oder Fremdkapital (Kapitalrentabilitäten) bzw. den Umsatz der Unternehmung (Umsatzrentabilität). Freiheitsgrade ergeben sich durch die Wahl der Ermittlungsmethoden.
Der Rentabilitätsbegriff wird auch angewandt auf Einzelprojekte. Bei mehrperiodigen Planungsüberlegungen lässt sich die Kapitalrentabilität (auch Rendite) unter bestimmten Voraussetzungen mit dem internen Zinsfuß eines Investitionsprojekts gleichsetzen (Schneider, 1992).
Als Relation zwischen Brutto- bzw. Nettoergebnisgrößen und Mitteleinsatzgrößen ist die Rentabilität ein Unterfall der Wirtschaftlichkeit. Sie drückt die Effizienz des Kapitaleinsatzes oder der Umsatztätigkeit aus.
Fungiert Rentabilität als Zielgröße der Unternehmungstätigkeit, so ist neben der Präzisierung des Zielausmaßes (Maximierung, Satisfizierung) eine Festlegung auf einen bestimmten Rentabilitätsbegriff erforderlich. Die Praxis hat hier insbesondere die Gesamtkapitalrendite (DuPont-Kennzahlensystem) und die Eigenkapitalrendite (ZVEI-Kennzahlensystem) gewählt. Der financial leverage effect stellt die Beziehung zwischen beiden Rentabilitätsgrößen dar.
Nach dem Shareholder Value-Ansatz trägt eine Unternehmungsinvestition aus der Sicht der Anteilseigner nur dann zu einer Wertsteigerung ihres Unternehmungsanteils bei, wenn die erzielbare Eigenkapitalrendite über der Rendite alternativer Kapitalanlagen der Anteilseigner liegt, gleiche Risiken und gleiche Besteuerung vorausgesetzt (Rappaport, A. 1979). Bei mehreren Kapitaleignern mit unterschiedlicher Besteuerung und unterschiedlichen Risiken der privaten Kapitalanlage kann es allerdings zu unterschiedlichen Urteilen über die Wertveränderungen durch Unternehmensinvestitionen kommen. Hier ist für die Unternehmungsleitung letztlich nur eine Pauschalierung der Eigenkapitalkosten in Höhe durchschnittlicher Alternativanlagezinsen der Anteilseigner bei pauschaler Risiko- und Steueradjustierung möglich.

3. (Streben nach) Sicherheit und Flexibilität


Im Falle unsicherer Erwartungen über Zielgrößen tritt eine Sicherheitszielsetzung als Komplementärziel auf. In der Finanzwirtschaft beziehen sich die Sicherheits- oder Risikoüberlegungen durchweg auf das Rentabilitätsziel, aber auch auf die Liquiditätserhaltung (Sicherheitskasse).
Bei unsicheren Erwartungen kann weder das Rentabilitätsziel noch das Sicherheitsziel als isolierte Zielsetzung verfolgt werden. Regelmäßig stehen (der Erwartungswert der) Rentabilität und Risiko in einer Substitutionsbeziehung. Ein Mehr an Sicherheit kann nur durch einen Verzicht auf Rentabilität, einen „ Versicherungsbeitrag “ , erzielt werden. Eine Ausnahme bildet insbesondere der Portefeuille-Effekt. Hierbei lassen sich Rentabilität und Sicherheit durch Ausnutzen der stochastischen Zusammenhänge zwischen Einzelanlagemöglichkeiten einer Anlagenmischung (Portefeuille) gleichzeitig erhöhen.
Im Streben nach Sicherheit kommt dem Risikomanagement große Bedeutung zu. Durch den Einsatz derivativer Finanzierungsinstrumente wie Optionen und Futures lassen sich Risiken steuern. Durch kombinierten Einsatz solcher Instrumente in Hedging-Strategien sind angestrebte Chance-Risikopositionen gezielt zu erreichen (Hull, J.C. 2000). Flexibilität als Bewahrung von Handlungsspielräumen kann insbesondere dann als eigenständige Zielsetzung gelten, wenn völlig unvorhersehbare Zustände auftreten können.

4. Weitere Zielsetzungen


Weitere finanzwirtschaftliche Zielsetzungen, etwa die Wachstumszielsetzung, beziehen sich auf die genannten Zielsetzungen bzw. setzen diese voraus. Zielsetzungen, wie das Macht- oder Unabhängigkeitsstreben, liegen außerhalb der finanzwirtschaftlichen Forschungsperspektive und werden hier nur berücksichtigt, wenn und soweit sie sich in der Liquidität, der Rentabilität oder im finanzwirtschaftlichen Risiko niederschlagen.

III. Träger und Institutionen der Finanzwirtschaft


1. Finanzmarktteilnehmer und Finanzmarkt


Finanzmittelanbieter und Finanzmittelnachfrager kommen auf dem Finanzmarkt zusammen, der nach der Fristigkeit der Verträge in Kapitalmarkt (langfristige Bindung) und Geldmarkt (kurzfristige Bindung) unterteilt wird. Viele theoretische Überlegungen gehen von der Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes im Sinne der neoklassischen Wirtschaftstheorie aus. Diese Annahme erlaubt es, die Investitionsplanung mit einem einheitlichen oder zeitlich veränderten bzw. laufzeitabhängigen Kalkulationszins unabhängig von der Konsumplanung durchzuführen (Fisher-Separation).
Unter den Bedingungen des vollkommenen Kapitalmarktes schlagen sich institutionelle Arrangements der Finanzmarktverträge unmittelbar in den Marktpreisen nieder. Alle Vor- oder Nachteile einer Finanzierungsform gegenüber einer anderen werden durch Arbitrage eliminiert. Daraus folgt die Irrelevanz der Finanzierungsform für die Rentabilität und den Marktwert einer Unternehmung. Separations- und Irrelevanztheoreme sind die typischen Ergebnisse der (Kapitalmarkt-)Gleichgewichtsanalyse.
Diese Ergebnisse lassen sich unter bestimmten Bedingungen auf Fälle unsicherer Erwartungen übertragen. Hierzu gehört die Modigliani-Miller-These von der Irrelevanz der Kapitalstruktur für den Marktwert einer Unternehmung und die Tobin-Separation, nach der die optimale Zusammensetzung eines Portefeuilles unabhängig von der Risikoneigung des Investors ist. Diese Unabhängigkeit ergibt sich auch unter den Annahmen des Capital-Asset-Pricing-Model (CAPM), das die Portefeuille-Theorie zu einer Bewertungstheorie für unsichere Anlagen ausbaut.

2. Finanzierungsverträge und Finanzmarktinstitutionen


Finanzierungsverträge haben nach der neoklassischen Gleichgewichtstheorie bei vollkommenem Finanzmarkt unter Sicherheit die Funktion des intertemporalen Austauschs von Finanzierungstiteln (Anspruch auf Geld morgen) gegen Geld (heute). Der Zinssatz bildet den Preis für die zeitweise Überlassung von Geld.
Bei Unsicherheit über die Ergebnisse können die Vertragspartner über den Zins am Risiko beteiligt werden. Der Zins enthält dann eine Risikoprämie als Zuschlag zum risikolosen Zinssatz. Dies ist die Perspektive des vollkommenen Finanzmarktes unter Unsicherheit.
Unter erweiterter Unsicherheit bezüglich der Informationen und des Verhaltens der Vertragspartner ist es dagegen unmöglich, institutionelle Vorkehrungen und deren Auswirkungen auf die Ausübung von Verfügungsrechten in (implizite) Kapitalkosten umzurechnen. Hier treten deshalb Probleme der Kreditsicherung und der Mitwirkungs- und Kontrollrechte beim Kapitalnehmer auf.
Die Probleme von Finanzierungsverträgen auf unvollkommenen Märkten unter asymmetrischer Informationsverteilung thematisiert die neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie: Aufgrund seines Informationsvorsprungs bei der Mittelverwendung kann der Nachfrager nach Finanzmitteln (Agent) dem Anbieter (Principal) Informationen vorenthalten (hidden information) oder Handlungen zum Nachteil des Anbieters (hidden action) vornehmen. Daher gibt es bei Finanzierungsverträgen ein Informations- und ein Anreizproblem.
Das Informationsproblem löst der Gesetzgeber durch Rechnungslegungspflichten. Die bessere Informiertheit des Anbieters senkt dessen Risiko und ermöglicht oder verbilligt die Finanzierung für den Nachfrager. Aus diesem Grunde sind freiwillige und zusätzliche Informationsvereinbarungen denkbar, solange deren Nutzen höher eingeschätzt wird als die Kosten der Rechnungslegung. Neben der Rechnungslegung sucht der Anbieter Handlungen des Nachfragers, etwa die Gewinnverteilung und Gewinnverwendungspolitik, in Informationen umzudeuten. Dies kann der Nachfrager wiederum nutzen (Signalling).
Um verdeckte Handlungen des Kapitalnehmers zu seinem Nachteil zu verhindern, ist es für den Kapitalgeber häufig sinnvoll, dessen Handlungsspielraum und die Handlungsrichtung durch Anreize und Sanktionen zu beeinflussen (Verhaltenskontrolle und Ergebnisbeteiligung).
Im Unterschied zu dieser neoinstitutionalistischen Betrachtungsweise richtet der „ klassische “ Institutionalismus seine Aufmerksamkeit nicht auf die Informations- und Anreizbeziehungen in Finanzierungsverträgen, sondern auf die Beschreibung der Grund- und Sonderformen der Finanzierungs- und Investitionstätigkeit (z.B. Swapgeschäft) sowie auf die Systematisierung der personellen Träger der Finanzwirtschaft (z.B. Universalbankensystem; Spezialbanken) und der für diese geltenden ordnungspolitischen Beschränkungen (Rules and Regulations) im nationalen und internationalen Bereich (z.B. Bankenaufsicht; Versicherungswirtschaft, Anlagevorschriften der Versicherungen). Neuere Ansätze in der finanzwirtschaftlichen Theorie bemühen sich um eine Erklärung und Beurteilung dieser klassischen Gegenstände der Finanzwirtschaft mit Hilfe des neoinstitutionalistischen Instrumentariums.

IV. Finanzwirtschaftliche Entscheidungsgegenstände


1. Zahlungsflussbezogene Betrachtung


Gegenstand einer Zahlungsrechnung sind Aus- und Einzahlungen. Dabei stellen die Auszahlungen einen Verzehr des Zahlungsmittel- bzw. des Geldbestandes dar, die Einzahlungen einen Zuwachs des Zahlungsmittel- bzw. Geldbestandes. Die Differenz zwischen Ein- und Auszahlungen einer Periode stellt die Liquiditätszu- oder -abnahme dieser Periode dar.
Gleichbedeutend werden häufig die Begriffe Ausgaben und Einnahmen verwendet. Ausgaben und Einnahmen sind nach einer engeren Begriffsfassung allerdings nur Zahlungsströme, denen Güterströme entgegenstehen, also z.B. keine Zinszahlungen.
Die Finanzplanung verknüpft Ein- und Auszahlungen in einer Finanzflussrechnung unter dem Aspekt der Liquiditätsvorsorge sowie der Steuerung und Kontrolle der Zahlungsströme und Zahlungsmittelbestände. Sie kann als Teil einer integrierten Finanz-, (Bilanz-) und Erfolgsplanung verstanden werden. Dabei wird in der Finanzplanung die geplante Veränderung der Liquidität dokumentiert und zum Kassekonto der Planbilanz abgeschlossen, in der Erfolgsplanung die geplante Veränderung des Eigenkapitals festgehalten und zum Eigenkapitalkonto abgeschlossen (Chmielewicz, 1976).
Finanzflussrechnungen haben nicht nur interne Bedeutung im Rahmen des Finanzcontrolling einer Unternehmung oder eines Konzerns. Sie werden auch als externe Rechnungen erstellt. Hier dienen sie den Kapitalgebern als Beurteilungsmaßstab für ihre Kapitalvergabeentscheidungen. Viele Unternehmungen erstellen freiwillig ein „ Statement of Cashflows “ (Cashflow; Kapitalflussrechnung). In den angelsächsischen Ländern gibt es Publikationspflichten.
Externe Finanzflussrechnungen sind in der Regel vergangenheitsbezogen. Sie werden meist retrograd aus den Erfolgsströmen ermittelt (indirekte Methode). Ertragsein- und Aufwandsauszahlungen sind daraus nicht erkennbar, anders als bei der direkten Methode, die bei der internen Rechnung und bei freiwilliger Publikation Anwendung findet.

2. Bestandbezogene Betrachtung


Im Mittelpunkt der bestandbezogenen Betrachtung stehen Kapital und Vermögen. Beide werden mit vielfältigen Inhalten verknüpft. So steht der Begriff Kapital in der Volkswirtschaftslehre für einen Erwerbszwecken dienenden Vermögensbestand, der aus Real- oder Sachkapital und aus Nominal- oder Geldkapital besteht.
In der Betriebswirtschaftslehre haben sich andere Begriffsfassungen durchgesetzt:

1.

Kapital dokumentiert als Summe von Eigen- und Fremdkapital auf der Passivseite einer Bilanz unterschiedliche Ansprüche an das Vermögen einer Unternehmung, nicht aber das Vermögen selbst (bilanzielle Betrachtung).

2.

Kapital ist die Summe finanzieller Mittel zur Finanzierung von Investitionen (finanzielle Betrachtung).


Bei der bilanziellen Betrachtung stellen sich neben der Frage nach dem Kapitalbedarf auch Fragen der Kapitalbindungsdauer oder der Kapitalfreisetzung. Durch Veränderung der Anspruchsrechte lassen sich die Finanzierungsrisiken der Unternehmung und die Investitionsrisiken der Kapitalgeber beeinflussen: Eigenkapital ist mit geringem Finanzierungsrisiko, aber mit hohem Investitionsrisiko für den Kapitalanleger verknüpft, Fremdkapital verbindet dagegen ein höheres Finanzierungsrisiko für die Unternehmung mit einem geringeren Investitionsrisiko für den Kapitalgeber. Dies ist ein Ausgangspunkt der Bilanzanalyse.
Die Dispositivität des Zivil- und Gesellschaftsrechts erlaubt jedoch beinahe jede (Zwischen-)Form der Gestaltung der Anspruchsrechte und damit eine Feinabstimmung des Risikos zwischen Gesellschaftern und Kreditgebern. Die steuerliche Begünstigung einer Finanzierungsform gibt Anreize, deren Merkmale der zivilrechtlich gewünschten, aber steuerlich benachteiligten Finanzierungsform anzugleichen, ohne auf Steuervorteile verzichten zu müssen (Elschen, R. 1993).
Der Vermögensbegriff ist bei bilanzieller Betrachtung spiegelbildlich zum Kapitalbegriff der Aktivseite zugeordnet. Im Unterschied zum Kapitalbegriff, der an die Herkunft finanzieller und sachlicher Mittel und die mit der Mittelhergabe verbundenen Ansprüche anknüpft, stellt die Vermögensseite die Mittelverwendung dar und ordnet sie nach der beabsichtigten Bindung an die Unternehmung dem Anlage- oder Umlaufvermögen zu. Die bilanzielle Behandlung des Vermögens hat wegen der steuerlichen Konsequenzen und der Signalfunktion für die Kapitalgeber Folgen für die Finanzierung.
Eine umfassendere Sicht des Vermögensbegriffs in der Volkswirtschaftslehre schließt das Arbeitsvermögen ein. Hierdurch wird für ein Individuum, bei Ausklammern des Gebrauchsvermögens, ein „ Unternehmenswert “ definiert, der das Erwerbspotenzial umfasst. In der Volkswirtschaftslehre findet sich unter dem Terminus „ Netto- oder Reinvermögen “ zugleich eine engere Fassung des Vermögensbegriffs, bei dem von Roh- oder Bruttovermögen der Wert der Schulden abgezogen wird (Stobbe, A. 1994).

3. Projektbezogene Betrachtung


Im Mittelpunkt der projektbezogenen Betrachtung stehen Investition und Finanzierung. In der für die projektbezogene Betrachtung typischen Weise werden einzelne Investitions- und Finanzierungstätigkeiten in einem partialanalytischen Modell aus dem Gesamtzusammenhang der Unternehmung gelöst.
Aus der Vielzahl der Investitionsbegriffe lassen sich auch hier die bilanzielle und die finanzielle Sicht herausarbeiten. Aus bilanzieller Sicht wird eine Investition als Umformung von Eigen- und/oder Fremdkapital von der Passivseite in Vermögensgegenstände auf der Aktivseite der Bilanz angesehen.
Die finanzielle Sicht deutet die Investition als Zahlungsstrom, der mit Auszahlungsüberschüssen anfängt, die Finanzierung entsprechend als Zahlungsstrom, der mit Einzahlungsüberschüssen beginnt. Investitionsobjekt ist dabei im Unterschied zur bilanziellen Betrachtung z.B. auch eine (Produktentwicklungs- oder Markterschließungs-) Strategie. Dann stehen Investitionsplanung und Investitionsrechnung im Dienste der Strategieauswahl. Erweiterte Modelle der Investitionsplanung bestimmen das Investitions- und Finanzierungsoptimum und damit auch das für Investitionen zur Verfügung stehende Budget simultan (Dean, J. 1951; Albach, H. 1962). Gewöhnlich aber geht man in der Investitionsplanung von einem vorgegebenen Budget aus.
Bei der Investitionsrechnung richten sich die Überlegungen sowohl auf einen isolierten Vorteilhaftigkeitsvergleich für einzelne Investitionsobjekte als auch auf Investitionsprogrammentscheidungen oder Entscheidungen über die optimale Nutzungsdauer der Investitionsobjekte.
Eine umfassende partialanalytische Beurteilung unter Liquiditäts- und Rentabilitätsaspekten kann dabei nur durch einen vollständigen Finanzplan erfolgen, in dem die Projektzahlungsreihe explizit für jeden Fehlbetrag der Zahlungen durch einen Finanzierungszahlungsstrom und für jeden Überschuss durch einen Investitionszahlungsstrom erweitert wird.
Die klassischen Methoden der Investitionsrechnung beurteilen Investitions- und Finanzierungsprojekte dagegen nur anhand des Hauptzahlungsstroms. Sie stellen den Rentabilitätsaspekt in den Vordergrund und ersetzen die expliziten Annahmen des vollständigen Finanzplans durch implizite Prämissen bei Wiederanlage oder Kreditaufnahme.
Im Unterschied zu den statischen Methoden (Kosten-, Gewinn- und Rentabilitätsvergleich sowie Amortisationsdauerermittlung) berücksichtigen die dynamischen Methoden (Kapitalwertrechnung, Endwertrechnung, interne Zinsfußmethode, Annuitätenmethode) den unterschiedlichen zeitlichen Anfall der Zahlungen durch finanzmathematische Vor- bzw. Rückrechnung mit Hilfe von Zinssätzen. Die Marktzinsmethode benutzt anstelle eines einheitlichen Kalkulationszinsfußes das laufzeitabhängige Zinsgefüge der Finanzmärkte (Rolfes, B. 1998). Unter Unsicherheit erlaubt der Realoptionsansatz auch Wahl- und Handlungsmöglichkeiten während der Projektdauer in das Kalkül einzubeziehen (Trigeorgis, L. 1999). Soweit Handlungsmöglichkeiten durch Investitionen zerstört werden (wer eine Investition heute tätigt, kann dies nicht mehr morgen tun), entsteht eine Einbuße an Flexibilität. Soweit Investitionen neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen, bieten sie neue Optionen und erweitern die Flexibilität, deren Bewertung die Investitionsbewertung ergänzt.
In praktischen Investitionsrechnungen werden Risiken vor allem durch Abschläge bei den Zahlungsgrößen, durch Zuschläge beim Kalkulationszinsfuß oder durch eine Sensitivitätsanalyse erfasst. Zur Bemessung der Risikozuschläge stehen Ansätze wie das Capital-Asset-Pricing-Model oder die Arbitrage-Pricing-Theory zur Verfügung.
Noch größer als die Spannweite des Investitionsbegriffs ist die des Finanzierungsbegriffs. Neben der Vorstellung einer Finanzmittelbereitstellung für außerordentliche oder für vorgegebene Investitionszwecke gibt es eine bilanzielle Fassung, die vor allem an vertikalen oder horizontalen Finanzierungsregeln festmacht, eine weitere, welche die Sicherung des finanziellen Gleichgewichts in den Vordergrund rückt, und schließlich den an der Zahlungsreihe des Vorteilhaftigkeitskalküls orientierten Finanzierungsbegriff.
Im Vorteilhaftigkeitskalkül stehen dabei für die Beurteilung von Finanzierungszahlungsströmen dieselben Instrumente zu Verfügung wie für Investitionszahlungsströme (Finanzierungsrechnungen). Während jedoch der interne Zinsfuß als Vorteilhaftigkeitskriterium für Investitionen zum Teil heftig abgelehnt wird (bes. Kruschwitz, L. 2000), wird sein mathematisches Äquivalent bei Finanzierungsrechnungen als „ Effektivzinssatz “ häufiger verwendet als der Kapitalwert.
Literatur:
Albach, H. : Investition und Liquidität, Wiesbaden 1962
Chmielewicz, K. : Betriebliche Finanzwirtschaft, Band 1: Finanzierungsrechnung, Berlin et al. 1976
Dean, J. : Capital Budgeting, New York 1951
Dixit, A.K./Pindyck, R.S. : Investment under Uncertainty, Princeton 1994
Elschen, R. : Eigen- und Fremdfinanzierung – Steuerliche Vorteilhaftigkeit und betriebliche Risikopolitik, in: Handbuch des Finanzmanagements, hrsg. v. Gebhard, G.//Gerke, W.//Steiner, M., München 1993, S. 585 – 617
Elton, E.J./Gruber, M. J. : Modern Portfolio Theory and Investment Analysis, 5. A., New York et al. 1995
Franke, G./Hax, H. : Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 4. A., Berlin et al. 1999
Gerke, W./Bank, M. : Finanzierung, Stuttgart 1998
Hax, H./Hartmann-Wendels, T./von Hinten, P. : Moderne Entwicklung der Finanzierungstheorie, in: Finanzierungshandbuch, hrsg. v. Christians, F.W., 2. A., Wiesbaden 1988, S. 689 – 713
Hull, J.C. : Options, Futures, and other Derivatives, 4. A., Englewood Cliffs 2000
Kruschwitz, L. : Investitionsrechnung, 8. A., München 2000
Modigliani, F./Miller, M.H. : The Cost of Capital, Corporation Finance, and the Theory of Investment, in: AER 1958, S. 261 – 297
Modigliani, F./Miller, M.H. : Corporate Income Taxes and the Cost of Capital: A Correction, in: AER 1963, S. 433 – 443
Perridon, L./Steiner, M. : Finanzwirtschaft der Unternehmung, 10. A., München 1999
Rappaport, A. : Strategic analysis for more profitable acquisitions, in: HBR 1979, S. 99 – 110
Rolfes, B. : Moderne Investitionsrechnung, 2. A., München et al. 1998
Schmidt, R.H. : Grundformen der Finanzierung: Eine Anwendung des neo-institutionalistischen Ansatzes der Finanzierungstheorie, in: KuK 1981, S. 186 – 221
Schneider, D. : Investition, Finanzierung und Besteuerung, 7. A., Wiesbaden 1992
Spence, M.A. : Market Signaling: Informational Transfer in Hiring and Related Screening Processes, London 1974
Spremann, K. : Wirtschaft, Investition und Finanzierung, 5. A., München et al. 1996
Steiner, M./Kölsch, K. : Finanzierung, Zielsetzungen, zentrale Ergebnisse und Entwicklungsmöglichkeiten der Finanzierungsforschung, in: DBW 1989, S. 409 – 432
Stobbe, A. : Volkswirtschaftliches Rechnungswesen, 8. A., Berlin et al. 1994
Süchting, J. : Finanzmanagement, 6. A., Wiesbaden 1995
Swoboda, P. : Betriebliche Finanzierung, 3. A., Heidelberg 1994
Trigeorgis, L. : Real Options: Managerial Flexibility and Strategy in Resource Allocation, 4. A., Cambridge 1999
Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie e.V. (Betriebswirtschaftlicher Ausschuss), : ZVEI-Kennzahlensystem, 2. A., Frankfurt a.M. 1971

 

 


 

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