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Finanzmanagement


Inhaltsübersicht
I. Problemstellung
II. Liquiditätsmanagement
III. Finanzierung
IV. Risikomanagement

I. Problemstellung


1. Begriff und Aufgaben des Finanzmanagements


Für die finanzielle Führung eines Unternehmens stellen sich vereinfacht zwei Fragestellungen. Welche Real- und Finanzinvestitionsprojekte sind profitabel (Mittelverwendung)? Wie sollen diese finanziert werden (Mittelbeschaffung)? Diese Fragestellungen, insbesondere die zweite, an eine (möglichst) zieladäquate Lösung heranzuführen, könnte als Inhalt des Begriffs \'Finanzmanagement\' aufgefasst werden. Dass zwischen Mittelverwendung und -beschaffung i.d.R. Interdependenzen bestehen, ist unbestritten; ihre Relevanz kann hier jedoch nur angedeutet, nicht ausführlich diskutiert werden.
Eigenkapitalgeber halten risikobehaftete Restbetragsansprüche; Fremdkapitalgeber halten Festbetragsansprüche (Zins, Tilgung). Deren Zielsetzung liegt im Wesentlichen in der Durchsetzung des vertraglich fixierten Kapitaldienstes. Fremdkapitalgeber versuchen dies insbesondere zu erreichen durch Überprüfung der Kreditfähigkeit vor Kreditvergabe, Kontrollrechte während der Kreditlaufzeit, Kreditsicherheiten, Vereinbarung von Negativklauseln, Entnahmebegrenzungen und Kontrahierungsverbote. Von der Erfüllung der Zielvorstellungen der Kapitalgeber sollten alle Entscheidungen des Finanzmanagements durchdrungen sein; dabei sollte die Maximierung der Position der Eigenkapitalgeber im Vordergrund stehen, da diesen ein i.d.R. vertraglich nicht fixierter Überschuss nach Bedienung sämtlicher Verpflichtungen, d.h. auch derjenigen der Fremdkapitalgeber, zusteht. Da nicht alle Kapitalgeber an der Unternehmensführung teilnehmen, entstehen so genannte Agency-Probleme, die die Fragestellungen des Finanzmanagements komplizieren, aber auch interessant machen. Eigenkapitalgeber, die nicht zugleich an der Geschäftsführung des Unternehmens beteiligt sind, können insbesondere stille Gesellschafter, außenstehende Gesellschafter in der GmbH, Aktionäre in der Aktiengesellschaft sein. Im folgenden Abschnitt wird eine gängige Operationalisierung der Zielvorstellungen der Eigenkapitalgeber im Sinne einer Marktwertmaximierung des Eigenkapitals finanzierungstheoretisch durchleuchtet. Eine wichtige Aufgabe des Finanzmanagements besteht darüber hinaus in der Sicherung der Liquidität des Unternehmens, die im zweiten Gliederungspunkt behandelt wird. Eine ausführlichere Diskussion, wie Finanzentscheidungen an den Interessen der Kapitalgeber ausgerichtet werden können, erfolgt im dritten Gliederungspunkt, wobei zunächst Finanzierungsquellen beschrieben werden. Welche Arten von Risiko unterschieden werden können und wie Risiko im Rahmen des Finanzmanagements gesteuert werden kann, wird im vierten Gliederungspunkt behandelt.

2. Marktwertmaximierung als Leitlinie


Kapitalgeber haben Konsumwünsche, zu deren Umsetzung das Unternehmen beitragen soll. Nach Schneider, D./ wird eine überzeugende Begründung für eine korrekte Barwert-Berechnung erstmals von Leibniz (Leibniz, G.W./ 1682) vorgelegt, mit der künftige Zahlungen auf eine Größe verdichtet werden können (Schneider,  2001). Eine zweite Stufe der Begründung besteht in dem von Irving Fisher, I. 1930 gelieferten Beleg für die Bedingungen, unter denen eine Reihe künftiger sicherer Zahlungen korrekt bewertet wird, ohne von den individuellen Zielen der Einkommensempfänger Kenntnis zu nehmen. Irving Fisher zeigt, wann und warum Investoren eine gegebene Reihe künftigen Einkommens gleich bewerten. Übertragen wir dies auf ein Unternehmen, in dem angestellte Manager die Investitionsentscheidungen treffen, folgt, dass die aus der Investitionsentscheidung resultierenden künftigen Überschüsse (die Ausschüttungen), wie immer ihre Zeitstruktur auch aussehen möge, von allen Eigentümern –  auch bei divergierenden Konsumwünschen – gleich bewertet werden (Fisher-Separation): Optimal ist das Programm, das den Marktwert maximiert. Auf einer dritten Stufe ist zu klären, unter welchen Bedingungen bei Unsicherheit Investitionsentscheidungen des Managements von den Eigentümern einmütig begrüßt würden (Unanimity). Das kann nur funktionieren, wenn am Markt ein Preissystem besteht, mit dem künftige zeit- und zustandsabhängige Vorteile (Ausschüttungen) in den heutigen Wert umgerechnet werden können. Bei Existenz eines vollständigen Kapitalmarkts bietet ein Management, das für seine Eigentümer ein marktwertmaximales Investitionsprogramm realisiert, diesen den besten Startpunkt für die Planung der subjektiv optimalen Einkommensströme, die sie durch Kauf und Verkauf von unsicheren Zahlungen herstellen. Dies gilt auch bei unvollständigem Kapitalmarkt, wenn Preise für bestehende Investitionsprojekte unabhängig von Preisen noch zu realisierender Investitionsvorhaben sind, also eine polypolistische Verhaltensweise vorliegt (Competitivity), und erwünschte Konsumströme der Eigner durch Wertpapiertransaktionen synthetisiert werden können (Spanning). Um die Spanning-Eigenschaft herstellen zu können, muss vollkommene Information auf Seiten der Eigentümer vorliegen (Information). Unternehmensseitige Kapitalmarktinformation kann hierzu in begrenztem Rahmen einen Beitrag leisten. Idealisierend wird eine „ reine “ Eigentümerposition angenommen. Oftmals erhalten Eigner aber nicht nur Eigenkapitaleinkommen aus einem Unternehmen, sondern gleichzeitig auch noch weitere von der Unternehmenspolitik abhängige, partiell residuale Einkommensströme wie Arbeits-, Fremdkapitaleinkommen usw. Diese müssen perfekt versichert werden können, um weiterhin Einmütigkeit unter den Eignern zu gewährleisten. Das Risikomanagement könnte sich u.a. (s. Gliederungspunkt IV.) der Aufgabe annehmen, diese Interessenkonflikte zu mildern.

II. Liquiditätsmanagement


Im Gegensatz zur Zielsetzung der Marktwertmaximierung handelt es sich bei der Sicherstellung der Liquidität nicht um eine Maximierungsaufgabe. Liquidität stellt die Fähigkeit eines Unternehmens dar, jederzeit seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Das Liquiditätsmanagement hat diese wichtige Aufgabe auszuführen, da bei Illiquidität die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens droht. Eine Insolvenz ist zu vermeiden, da regelmäßig für alle Beteiligten (Eigentümer, Management, Arbeitnehmer, Gläubiger) Einkommensverluste bzw. -einbußen entstehen. Als Quellen der Liquidität können vorhandene Vermögensgegenstände sowie Zahlungsüberschüsse unterschieden werden. Bei originärer Nutzung der Quellen entsteht Liquidität durch Veräußerung der Vermögensgegenstände (güterwirtschaftliche Liquidität) bzw. durch die erwarteten Zahlungsüberschüsse künftiger Perioden (zukünftige Liquidität). Eine derivative Nutzung ergibt sich durch Beleihung von Vermögensgegenständen (verliehene Liquidität) bzw. von erwarteten Zahlungsüberschüssen (antizipierte Liquidität).

1. Liquiditätsmessung


Um Liquidität zu steuern, ist eine Messung unerlässlich. Angeboten werden im Schrifttum eine Vielzahl von Kennzahlen, die jedoch nicht die gleiche Leistungsfähigkeit besitzen, Liquidität verlässlich abzubilden.
Traditionell werden im Rahmen einer Bilanzanalyse bestimmte Bilanzrelationen wie z.B. die goldene Bilanzregel ermittelt. Interpretiert man diese Regel als Anlagendeckungsgrad I, sollte Anlagevermögen (langfristig gebundenes Vermögen) vollständig durch Eigenkapital (i.d.R. langfristig zur Verfügung stehende Mittel) gedeckt sein. Unschärfen ergeben sich z.B. durch eine mangelnde Transparenz der Kapitalbindung und der Struktur der Zahlungsüberschüsse im Zeitablauf sowie durch eine nicht vollständige Erfassung aller Auszahlungsverpflichtungen.
Eine präzise Rechnung baut auf dem Saldo von Ein- und Auszahlungen des Unternehmens auf, d.h. dem Cashflow. Es existiert eine Vielzahl von Definitionen in der Literatur. Diese unterscheiden sich

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in der Abgrenzung der Bereiche für die der Cashflow ermittelt werden soll (Kerngeschäfte, Nebenaktivitäten, Finanzanlagen),

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in dem Zeitbezug (Kontrolle oder Planung),

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in der Nachhaltigkeit, mit welcher der Cashflow in Zukunft erwartet werden kann (übliche und außerordentliche Cashflow-Bestandteile),

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in der Integration der Auswirkungen der Kapitalstruktur des Unternehmens,

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in dem Ausmaß der Berücksichtigung steuerlicher Zahlungswirkungen,

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in der Integration der Außenfinanzierung.


2. Liquiditätsplanung


Eine Liquiditätsbereitstellung auf kurzfristiger Basis (unter Unsicherheit) zieht Kosten wie Opportunitätskosten (entgangene Zinsen), Transaktionskosten und Kosten der Zahlungsstockung nach sich. In der Literatur entwickelte optimale Kassenhaltungsmodelle weisen vor allem auf diese Problematik hin.
Diese Kostenkomponenten werden bei langfristiger  Liquiditätsplanung i.d.R. ausgeblendet, da diese die Aufgabe hat, bedeutende Finanzierungslücken zieladäquat zu schließen. Eine langfristige Liquiditätsplanung erfolgt grundsätzlich über Finanzpläne. Eine parallele Schätzung relevanter Ein- und Auszahlungen über Plan-Bilanzen und Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen hat den Vorteil, dass wichtige künftige Auszahlungen konsistent aus einem Bilanzsystem abgeleitet werden können wie z.B. Kapitalbedarf im Umlaufvermögen, Steuerzahlungen und Ausschüttungen (Dividenden). Werden Plan-Jahresabschlüsse erstellt, können zudem Plausibilitätsprüfungen der prognostizierten Größen durchgeführt werden, indem Kennzahlen vergangener Jahresabschlüsse mit den geplanten verglichen werden. Als Startpunkt für Planungszwecke werden Umsatzerlöse empfohlen. Der Cashflow kann dabei in folgende Segmente zerlegt werden:

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Kerngeschäft (operative Ebene),

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Finanzanlagen,

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Finanzierungsentscheidungen aus der Vergangenheit, die noch Zahlungswirkungen entfalten, sowie geplante Finanzierungsentscheidungen.


III. Finanzierung


1. Finanzierungsquellen


Eine in Lehrbüchern häufig anzutreffende Darstellung ist, dass Unternehmen auf Finanzierungsmärkten (Geld-, Kapitalmärkte) und Nicht-Finanzierungsmärkten (Produkt-, Arbeits-, Rohstoff-, Energie-, Dienstleistungs-, Investitionsgüter-, Grundstücksmärkte) agieren. Wählt man diese Begriffsbildung, liegt eine Unterscheidung in Außen- und Innenfinanzierung nahe. Bei der Außenfinanzierung werden dem Unternehmen von auf Finanzierungsmärkten operierenden Financiers finanzielle Mittel oder geldwertäquivalente Vermögensgegenstände zur Verfügung gestellt. Bei der Innenfinanzierung werden finanzielle Mittel, die dem Unternehmen in Form eines (positiven) Saldos zwischen Einzahlungen aus Nicht-Finanzierungsmärkten und Auszahlungen an (Nicht-)Finanzierungsmärkte in einer Periode unter Berücksichtigung der fiskalischen Zahlungsbeziehungen (Subventionen, Steuern) zugeflossen sind, am Verlassen des Unternehmens gehindert. Diese Definition bezieht sich auf Unternehmen, deren Kernaktivitäten in Nicht-Finanzierungsmärkten liegen.

2. Kapitalstrukturpolitik

a) Finanzierungsquellen und Unternehmenswert


Die Beurteilung von Finanzierungsalternativen erfolgt nach ihrem Einfluss auf die Vermögensposition der Eigentümer. Neben der im nachfolgenden Abschnitt zu behandelnden offenen Selbstfinanzierung werden hier die Außenfinanzierung durch Eigen- und Fremdkapital und die Innenfinanzierung durch Rückstellungsbildung angesprochen. Kriterien, die zur Beurteilung verschiedener Finanzierungsquellen herangezogen werden können, sind die Gegenüberstellung des geleisteten Kapitalbeitrags mit den zu leistenden Auszahlungen in den Folgeperioden, steuerliche Behandlung, Risikoverteilung und -kompensation (vgl. Abschnitt IV.), den Kapitalgebern zustehende Informations-, Kontroll- und Entscheidungsrechte sowie Rückwirkungen auf die Principal-Agent-Problematik.
Im Rahmen der Eigenfinanzierung erfolgt die Kapitalbereitstellung durch Aufbringung des Eigenkapitals im Zeitpunkt der Gründung und durch spätere Kapitalerhöhungen. Auszahlungen in den Folgeperioden erfolgen in Form von Ausschüttungen, Kapitalherabsetzungen und dem Rückkauf eigener Aktien. Differenziert man zwischen Eigenfinanzierung durch Alteigentümer und Beteiligungsfinanzierung durch Neueigentümer, so wirken sich asymmetrische Finanzierungsverträge, d.h. der Anteil der Beteiligung am Finanzierungsbedarf differiert vom Anteil an künftigen Einzahlungsüberschüssen, auf die Position der Alteigentümer aus. Die Fremdfinanzierung führt zu einem Finanzierungsbeitrag in Höhe des aufgenommenen Kredits und zu Zins- und Tilgungszahlungen in späteren Perioden. Aus Sicht der Eigentümer können Kredite, die zu geringeren (höheren) als marktüblichen Konditionen aufgenommen werden, und steuerliche Konsequenzen zu einem Vorteil (Nachteil) führen. Innenfinanzierung durch Rückstellungen führt im Zeitpunkt der Rückstellungsbildung zu einer aufwandswirksamen Vorverlagerung einer später wahrscheinlich zu leistenden Zahlung. Auch hier sind Finanzierungsbeiträge nicht ausgeschlossen, wenn z.B. im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge Direktzusagen gewährt werden, die zumindest anteilig durch geringere Lohn- und Gehaltszahlungen kompensiert werden. Zu beachten sind hierbei auch Zahlungen aus der Verwendung der gebundenen Mittel und Einflüsse auf Sozialversicherungsverpflichtungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Auszahlungen fallen zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme bei Eintritt des Rückstellungsgrundes an.
Steuerliche Einflüsse einer Finanzierungsquelle auf die Vermögensposition der Anteilseigner entstehen durch die unterschiedliche Besteuerung auf Unternehmens- und Eigentümerebene. Geht man wieder von einer Kapitalgesellschaft mit privaten Eigentümern aus, so gilt für Fremdfinanzierungsmaßnahmen auf

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Unternehmensebene: Abzugsfähigkeit des Zinsaufwands bei der Bemessungsgrundlage der Gewerbeertragsteuer. Wenn es sich um gewerbesteuerliche Dauerschulden handelt, sind die Zinsen nur hälftig abzugsfähig. Abzugsfähigkeit des Zinsaufwands bei der Körperschaftsteuer.

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Eigentümerebene: bei Verschuldung auf Unternehmensebene und Ausschüttung des um den Zinsaufwand gekürzten Jahresüberschusses erfolgt im Halbeinkünfteverfahren faktisch ein hälftiger Abzug bei der Einkommensteuer; bei Verschuldung auf Eigentümerebene: Abzugsfähigkeit des bei fremdfinanziertem Anteilserwerbs entstehenden Zinsaufwands als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen; bei entsprechend hohen Einkünften führt dies zur hälftigen Abzugsfähigkeit des entstandenen Zinsaufwands.


Der Wertbeitrag aus der Fremdfinanzierung auf Unternehmensebene lässt sich herleiten aus dem Vergleich der Position der Eigentümer bei Verschuldung auf Unternehmensebene mit der Position der Eigentümer, wenn die Verschuldung nicht auf Unternehmensebene, sondern auf Eigentümerebene erfolgt (homemade leverage). Er entsteht im Wesentlichen aufgrund der Definitivbelastung durch Gewerbeertragsteuer und Körperschaftsteuer auf Unternehmensebene und aufgrund von einkommensteuerlichen Effekten.
Innenfinanzierung durch Rückstellungen führt zu steuerlichen Vorteilen durch die Aufwandsvorverlagerung, soweit diese steuerlich abzugsfähig ist. Diese Vorverlagerung kann auf Anteilseignerebene nicht dupliziert werden. Ist die Zahlung auch ohne Rückstellungsbildung zu leisten, so besteht der Steuereffekt aus einem Zinsvorteil.
Finanzierungsquellen können weiter nach den damit verbundenen Informations-, Kontroll- und Entscheidungsrechten klassifiziert werden. Aus Sicht der Eigentümer ist wiederum entscheidend, wie sich diese Rechte auf die Durchsetzung ihrer Interessen auswirken. Dies hängt davon ab, ob sich die Interessen der Inhaber der Rechte mit denen der Eigentümer decken, ob diese Rechte wirksam durchgesetzt werden können und ob sie auch tatsächlich genutzt werden.
Finanzierungsquellen können das Principal-Agent-Problem zwischen Eigentümern und Managern beeinflussen. Jensen, M. weist z.B. darauf hin, dass bei hohen Free Cashflows eine suboptimale Verwendung dieser Mittel durch eine höhere Verschuldung begrenzt wird, da der zustandsunabhängig zu leistende Kapitaldienst das Management diszipliniert. Dies kann aber die Bereitschaft des Managements zur Durchführung vorteilhafter, aber relativ risikoreicher Projekte senken oder zu einem kurzsichtigen Verschieben kapitalintensiver Forschungs- und Entwicklungsprojekte führen.

b) Dividendenpolitik


Im Sinne der Marktwertmaximierung hat der (Finanz)Manager unter vorläufiger Ausblendung von handels- und steuerrechtlichen Einflüssen eine einfache Ausschüttungsregel zu beachten: es sind die Mittel an die Eigentümer auszuschütten, die auf Unternehmensebene nicht vorteilhafter als auf Anteilseignerebene verwendet werden können. M.a.W. sollten also nur die Mittel reinvestiert werden, die zur Realisierung von marktwerterhöhenden Projekten benötigt werden; der Rest ist auszuschütten (residuale Ausschüttung). Geht man zunächst von einem eigenfinanzierten Unternehmen aus, so ist der Saldo zwischen Einzahlungsüberschüssen aus dem Kerngeschäft und aus Finanzanlagen sowie Erlösen aus dem Verkauf nicht (mehr) betriebsnotwendiger Vermögensgegenstände einerseits und dem Kapitalbedarf für vorteilhafte Investitionen andererseits auszuschütten. Negative Salden erfordern bei unzureichendem Anfangsbestand an liquiden Mitteln eine Kapitalerhöhung. Ausschüttungen sind damit ein Reflex der erzielten Einzahlungsüberschüsse und des Finanzierungsbedarfs für vorteilhafte Investitionsobjekte.
Startpunkt zur Berechnung der residualen Ausschüttung sind die Einzahlungsüberschüsse aus dem Kerngeschäft und Nebenaktivitäten sowie Restverkaufserlöse: fremdfinanzierte Ausschüttungen werden hier unter der Annahme, dass der gewünschte Grad an Fremdfinanzierung auch unabhängig von der Ausschüttungsentscheidung hergestellt werden kann, ausgeblendet. Ebenfalls ausgeblendet werden eigenfinanzierte Dividenden, da diese unter Beachtung von Transaktionskosten und Steuern suboptimal sein dürften.
Miller, M.H./ und Modigliani, F. haben darauf hingewiesen, dass von der residualen Dividende abweichende Ausschüttungen unter folgenden Bedingungen irrelevant sind:

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Das im Sinne der Eigentümer optimale Investitionsprogramm wird in jeder Periode realisiert,

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Steuern und Transaktionskosten werden ausgeblendet und

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es gilt symmetrische Marktrationalität, welche vereinfachend mit homogenen Erwartungen der Marktteilnehmer bezüglich künftiger Überschüsse gleichgesetzt wird.


Bei einer zu hohen Ausschüttung wird die entstehende Finanzierungslücke durch die Ausgabe neuer Aktien zum (fairen) Marktpreis gedeckt; bei einer zu niedrigen Ausschüttung bleibt die Position der Alteigentümer aufgrund marktwertneutraler Investitionen auf Unternehmensebene in Kombination mit dem möglichen Anteilsverkauf zum Marktpreis unverändert.
Nun ist die Ausschüttungspolitik nicht irrelevant, weil die genannten Bedingungen für die Irrelevanzthese von Miller und Modigliani in der Realität nicht erfüllt sind. Dies erklärt auch die Aufmerksamkeit, die die Ausschüttungspolitik in Praxis und Literatur genießt. Es wird oft beklagt – empirische Belege liegen vor – , dass das Management sich bei seinen Investitionsentscheidungen zumindest nicht vollständig an den Interessen der Eigentümer orientiert. Dies führt aus Sicht der Eigentümer zu suboptimalen Investitionsprogrammen. Wenn das Investitionsvolumen einer Periode im Vergleich zum optimalen Programm zu hoch ist, liegt Überinvestition (overinvestment) vor. Wenn das Investitionsvolumen zu niedrig ist, spricht man von Unterinvestition (underinvestment). Dass die Missachtung der Eigentümerinteressen durch das Management möglich ist, liegt an mangelnder Kontrolle durch Kapitalmarkt, Produkt- oder Arbeitsmärkte, interne Kontrolleure oder an weichen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist, dass die Hauptversammlung zwar über die Ausschüttung zu beschließen hat, aufgrund der rationalen Passivität von Kleinaktionären, der niedrigen Hauptversammlungspräsenzen und der Koalition des Managements mit den Depotbanken sowie befreundeten (beteiligten) Unternehmen die Ausschüttungsentscheidung faktisch von den Managern getroffen wird. Es ist weiter zu beobachten, dass Manager Signaleffekte der Dividendenpolitik als relevant erachten und deswegen z.B. eine Politik konstanter Dividenden auch dann verfolgen, wenn das Signal falsch ist. Abgesehen von Vorschlägen zur Reform institutioneller Rahmenbedingungen bietet eine unternehmenswertorientierte Entlohnung der Manager grundsätzlich die Möglichkeit, die Interessen von Managern und Eigentümern zu harmonisieren.
Suboptimale Investitionsprogramme und daraus folgende suboptimale Ausschüttungsentscheidungen können aber nicht nur durch suboptimales Management, sondern auch durch andere Faktoren bedingt sein. So können gesetzliche Rahmenbedingungen eine optimale Ausschüttung verhindern: die residuale Dividende, die der Ausschüttung des Free Cashflow entspricht, stimmt regelmäßig nicht mit dem Jahresüberschuss überein. Eine konsequente Umsetzung des Residualprinzips wird z.B. dann behindert, wenn der Free Cashflow den Jahresüberschuss übersteigt und diese Differenz aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht durch Auflösung von Rücklagen, Kapitalherabsetzung oder Rückkauf eigener Aktien dem Eigentümer zufließen kann (Allokationsbremse). Diese gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften dienen dem Gläubigerschutz. Auch kreditvertragliche Ausschüttungsbegrenzungen können zu Abweichungen von der residualen Ausschüttung führen.
Erweitert man die Betrachtung um Steuern, so sind im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens bei einer Kapitalgesellschaft mit privaten Anteilseignern folgende Steuerarten zu beachten:

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Unternehmensebene: Gewerbeertragsteuer, deren Höhe vom lokalen Gewerbesteuerhebesatz abhängt, Körperschaftsteuer mit einheitlich 25 % und (derzeit noch) Solidaritätszuschlag von 5,5 % auf die Körperschaftsteuer.

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Eigentümerebene: Einkommensteuer in Abhängigkeit vom zu versteuernden Einkommen sowie Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer. Ausschüttungen werden zur Hälfte mit Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer belegt; Kapitalgewinne sind nach Ablauf der Spekulationsfrist (noch) steuerfrei.


Das residuale Prinzip gilt auch beim Halbeinkünfteverfahren. Das optimale Investitionsprogramm hängt dabei vom Einkommensteuersatz ab, da z.B. für den Fall, dass Ausschüttungsrestriktionen greifen, die Thesaurierung von Überschüssen und Reinvestition in Finanzanlagen für Eigentümer mit hohen Einkommensteuersätzen sinnvoll sein kann.

IV. Risikomanagement


Ziel des Risikomanagements ist es, ein Portefeuille aus Investitionsobjekten und Finanzierungsmaßnahmen zusammenzustellen, das zu einer optimalen Rendite-Risiko-Kombination und damit zum maximalen Marktwert führt.
Eigentümerorientiertes Risikomanagement beginnt mit der Erfassung der Risiken, die sich im Wesentlichen aus der operativen Geschäftstätigkeit und der Finanzierung des Unternehmens ergeben. Darüber hinaus sind risikorelevante Wechselwirkungen zwischen Investition und Finanzierung zu beachten. Die vollständige Umsetzung dieses Auftrags ist anspruchsvoll, da sich das Investitionsrisiko aus den Risiken der Investitionsprojekte unter Beachtung von Verbundwirkungen ergibt. Die Risiken der Investitionsprojekte können verschiedene Ursachen – wie z.B. Wechselkurse, Input- und Outputpreise, Produktions-, Absatzrisiko etc. – haben. Auch Risiken aus der Finanzierung können nach Finanzierungsmaßnahmen unter Beachtung von Verbundwirkungen und verschiedenen Ursachen wie Währungs- und Zinsänderungsrisiken differenziert werden.
Als Risikomaß wird häufig die Standardabweichung (Varianz) eingesetzt. Zur Risikobepreisung wird regelmäßig das CAPM (Capital Asset Pricing Model) angewendet. Bewertungsrelevantes Risiko ist dabei die Kovarianz künftiger Einzahlungsüberschüsse mit der Marktrendite.
Das von den Eigentümern letztlich zu tragende Risiko entspricht nicht dem Gesamtrisiko. Durch die Kombination verschieden riskanter Zahlungsströme kann ein Teil des Risikos durch Diversifikation abgebaut werden. Andere Anspruchsgruppen wie z.B. Gläubiger tragen möglicherweise einen Teil der Risiken. Eine dauerhafte unkompensierte Risikoüberwälzung auf Gläubiger ist i.d.R. nicht durchsetzbar. Risiken können an Versicherer gegen Entgelt übertragen werden. Hedgingmaßnahmen z.B. durch Währungstermingeschäfte bauen ebenfalls Risiken ab. Im Sinne der Marktwertmaximierung lautet der Auftrag an das Management aber nicht, sämtliche Risiken abzubauen, sondern nur die Risikovorsorgemaßnahmen durchzuführen, die vorteilhaft sind, d.h. deren Ertrag die Kosten übersteigen. Eine wichtige Aufgabe des Finanzmanagers ist die Vermeidung der Insolvenz. Für das Risikomanagement heißt dies, dass das Insolvenzrisiko nicht so groß werden darf, dass der Fortbestand des Unternehmens ernsthaft gefährdet wird und insbesondere ungesicherten Anspruchsgruppen der Ausfall ihrer Ansprüche droht.
Literatur:
Brealey, Richard A./Myers, Stewart C./Allen, Franklin : Corporate Finance, New York, 8. A., 2006
Copeland, Thomas E./Weston, Fred J./Shastri, Kuldeep : Financial Theory and Corporate Policy, Boston, 4. A., 2005
Drukarczyk, Jochen : Finanzierung – Eine Einführung, Stuttgart, 9. A., 2003
Franke, Günter/Hax, Herbert : Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, Berlin et al., 5. A., 2004
Grinblatt, Mark/Titman, Sheridan : Financial Markets and Corporate Strategy, Boston, 2. A., 2002
Ross, Stephen A./Westerfield, Randolph W./Jaffe, Jeffrey : Corporate Finance, Boston et al., 7. A., 2005
Schneider, Dieter : Betriebswirtschaftslehre, Band 4: Geschichte und Methoden der Wirtschaftswissenschaft, München et al. 2001
Spremann, Klaus : Wirtschaft, Investition und Finanzierung, München et al., 5. A., 1996
Stützel, Wolfgang : Liquidität, betriebliche, in: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Stuttgart, 4. A., 1975, Sp. 2515 – 2523
Van Horne, James C./Wachowicz, John M. : Fundamentals of Financial Management, 10. A., Upper Saddle River 1998
Veit, Otto : Volkswirtschaftliche Theorie der Liquidität, Frankfurt/Main 1948

 

 


 

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