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Börsen und Börsenhandel


Inhaltsübersicht
I. Funktion und Bedeutung von Börsen
II. Organisation von Wertpapierbörsen
III. Handel an Wertpapierbörsen

I. Funktion und Bedeutung von Börsen


1. Volkswirtschaftliche Funktionen


Über die Börsen erfolgt die Bereitstellung von Finanzierungsmitteln sowohl in Form von Eigen- als auch Fremdkapital für Investitionen (Finanzierungsfunktion). Sie ermöglichen die Lenkung des Kapitals in diejenigen Investitionsprojekte, die die höchste Rendite erzielen und so das Kapitaleinkommen der Geldgeber maximieren (Selektionsfunktion). Durch die Einschaltung der Börsen zwischen Anleger und Emittenten wird die Trennung von Finanzierung und Risikoübernahme vorgenommen (Risikotransformationsfunktion). Es wird den Inhabern von an der Börse handelbaren Rechten ermöglicht, diese auf andere Personen zu übertragen, wodurch ein Kapitalgeber seine Anlage liquide hält, so dass den unterschiedlichen Laufzeitwünschen der am Kapitalmarkt Beteiligten Rechnung getragen werden kann (Fristentransformationsfunktion und Liquidisierungsfunktion). Zudem ermöglichen die Börsen eine Zerlegung großer Kapitalbeträge in kleinere Einheiten und bewirken damit eine Losgrößentransformation.

2. Wertpapierbörsen


In Deutschland existieren Wertpapierbörsen in Berlin, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt a.M., Hamburg, Hannover, München und Stuttgart. Gehandelt wird ein breites Spektrum an in- und ausländischen Wertpapieren, das von Aktien über festverzinsliche Wertpapiere bis hin zu derivativen Wertpapieren (Anlage- und Hebelzertifikate, Aktienanleihen, Optionsscheine) reicht. Auch offene und geschlossene Investmentfonds sowie sog. „ Exchange Traded Funds “ (ETF) werden heute an Börsen gehandelt. Anfang 2006 waren z.B. allein an der Frankfurter Wertpapierbörse ca. 7.000 in- und ausländische Aktien, etwa genauso viele Rentenpapiere und ca. 45.000 Zertifikate, Aktienanleihen und Optionsscheine notiert. Gemessen am Handelsvolumen sind Aktien traditionell die bedeutendste Wertpapierklasse. Mit 1.381,5 Mrd. Euro entfielen im Jahr 2005 etwa 90 Prozent der gesamten Orderbuchumsätze hierauf. Der Handel mit Aktien konzentriert sich seinerseits auf inländische Titel und dort auf die großen Untenehmen. 93 Prozent (1,173 Mrd. Euro) der gesamten Aktienumsätze wurden 2005 mit Aktien deutscher Emittenten erzielt, wovon wiederum 947 Mrd. Euro bzw. 80 Prozent auf die 30 im Deutschen Aktienindex (DAX) enthaltenen Werte entfielen.
Unterschieden werden zwei Arten von Börsen, die Präsenzbörse und die Computerbörse. Im Präsenzhandel treffen Händler auf preisfeststellende Makler (Skontroführer). Präsenzhandel im engeren Sinne, das heißt mit einer physischen Präsenzpflicht des Skontroführers im Börsensaal, bestand Anfang 2006 nur noch an den Börsen in Frankfurt und Stuttgart. Die anderen Börsen erlauben hingegen das Führen sog. Fernskontren. Unabhängig davon gehen den Skontroführern heute ihre Aufträge in der ganz überwiegenden Zahl über elektronische Orderroutingsysteme zu. Bei reinen Computerbörsen werden die Aufträge hingegen vollautomatisch ohne die Einschaltung von Maklern ausführt. Elektronische Handelssysteme bieten prinzipiell die Vorteile geringerer Transaktionskosten, der Integration und Beschleunigung des gesamten Marktprozesses sowie einer dezentralen Zugangsmöglichkeit zum Börsenhandel. Die Bedeutung des elektronischen Handels nimmt weltweit zu.
In Deutschland kann dies an der Stellung des Computerhandelssystem Exchange Electronic Trading (XETRA) abgelesen werden, das von der Deutschen Börse AG betrieben wird und an den Börsen Frankfurt und Düsseldorf zum Einsatz kommt. Anfang 2006 waren hieran 266 Teilnehmer aus 18 europäischen Ländern über einen Remote-Anschluss angeschlossen und nutzten damit die Möglichkeit, dezentral zu handeln. Die Umsätze auf XETRA machen bezogen auf die gesamten Orderbuchumsätze rund 80 Prozent aus, bei Aktien sogar 90 Prozent und bei den Titeln des DAX mittlerweile über 97 Prozent. Der Rest der Umsätze entfällt auf den maklergestützten Präsenzhandel. Dieser hat vor allem für weniger liquide Papiere heute noch Bedeutung, bei denen die Marktteilnehmer auf die liqudititätsfördernde Funktion der Makler angewiesen sind. Auch beim Handel mit dem Privatanleger kann sich der Präsenzhandel behaupten.
Globalisierung und der Trend zur Elektronisierung des Börsenhandels führen auch zu einem ständig steigenden Wettbewerbsdruck für die einzelnen Börsen. Hierauf reagieren diese mit Privatisierungen (siehe unten II.5) sowie mit einer ständigen Anpassung ihres Dienstleistungsangebots und ihrer Marktstrukturen (z.B. Erweiterung der Handelszeiten).

3. Terminbörse


Nach einer fast vierzigjährigen Unterbrechung wurde am 01.07.1970 der Börsenterminhandel in der Bundesrepublik wieder zugelassen. Doch weder die zunächst gehandelten Optionen auf deutsche Standardaktien noch die ab dem 01.04.1986 gehandelten Optionen auf deutsche Renten stießen auf große Resonanz. Eine deutliche Belebung erfuhr der Terminhandel erst mit dem Start der Deutschen Terminbörse am 26.01.1990 (Computerbörse, Terminbörse). Diese wurde im Mai 1998 durch ihren faktischen – nicht jedoch rechtlichen – Zusammenschluss mit der schweizerischen Terminbörse SOFFEX von der European Exchange (EUREX) abgelöst. Die EUREX wird gemeinsam von der Deutsche Börse AG und der Schweizerischen Börse SWX auf Basis einer vollelektronischen Plattform für Handel und Clearing mit harmonisiertem Regelwerk und einer einheitlichen Palette an Derivaten (Optionsgeschäfte; Financial Futures) betrieben. Mit der seit 1998 aktiven Warenterminbörse Hannover (WTB) besteht in Deutschland außerdem eine vollelektronische Handelsplattform für verschiedene Terminkontrakte auf Agrarprodukte (z.B. Kartoffeln), und auch die Energiebörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig bietet zusätzlich zum Spotmarkt Terminkontrakte auf Strom an.

4. Außerbörslicher Handel


Das deutsche Börsenrecht sieht für den Handel mit Wertpapieren, Derivaten und Geldmarktinstrumenten keinen Börsenzwang vor. Der in den vergangenen Jahren überproportional gestiegene Handel außerhalb der Börsenhandelszeiten und den Börsenräumen ist dadurch gekennzeichnet, dass die Preise der freien Vereinbarung unterliegen und die börsentypische Standardisierung – insbesondere bei Terminkontrakten – fehlt. Handelsgegenstände können dabei auch Wertpapiere sein, die an einer Börse zum Handel zugelassen sind.
Neben der Unabhängigkeit von den befristeten Börsenhandelszeiten besteht das Hauptmotiv für den außerbörslichen Handel mit börsennotierten Wertpapieren – insbesondere bei Platzierung von Großaufträgen – in der Vermeidung der börsencharakteristischen Markttransparenz bzw. den damit verbundenen unerwünschten Preiseffekten (sog. market impact). Der Großteil des außerbörslichen Wertpapierhandels vollzieht sich zwischen Kreditinstituten untereinander sowie zwischen Kreditinstituten und Versicherungen oder anderen Kapitalsammelstellen.
Dem Bereich des außerbörslichen Handels sind zudem die Alternative Trading Systems (ATS) zuzuordnen. Diese auch als Electronic Communication Networks (ECN) bezeichneten privaten Handelssysteme zeichnen sich allgemein dadurch aus, dass sie von einzelnen privaten Initiatoren (vor allem Kreditinstituten) betrieben werden. In ihnen schließen die Teilnehmer ihre Wertpapiergeschäfte direkt – also ohne die Einschaltung von Maklern und Händlern – über Computer ab. Sie bieten ihre Dienste Wertpapierhändlern, Kreditinstituten, institutionellen Investoren und zunehmend auch privaten Anlegern an. ECNs bilden aufgrund ihres Kostenvorteils, ihrer flexiblen Handelszeiten sowie maßgeschneiderten Handelsmodellen eine ernst zu nehmende Konkurrenz zu den etablierten Börsen und konnten vor allem in den USA erhebliche Marktanteile auf sich vereinigen. Mit Instinet nahm 1969 hier das erste System seine Aktivitäten auf. Ihm folgten mit Archipelago, Tradepoint, Island, Brut, Attain, B-Trade, Strike, Nex Trade, Redibook und anderen eine stattliche Zahl derartiger Handelssysteme. In Europa konnte die außerbörsliche Konkurrenz –  zumindest im Handel mit Aktien – hingegen nicht richtig Fuß fassen. Zwischenzeitlich ist zudem unter den privaten Handelsplattformen ein Konsolidierungsprozess in Gang gekommen, in den sich zunehmend auch die etablierten Börsen durch Zukäufe unter der außerbörslichen Konkurrenz einschalten. So haben beispielsweise die New York Stock Exchange und Archipelago Ende 2005 ihre Fusion beschlossen.
Nach derzeitigem deutschen Recht handelt es sich bei ECNs nicht um Börsen. Sie unterliegen deshalb auch nur wenigen börsengesetzlichen Pflichten. Durch die Richtlinie über die Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) 2004/39/EG, die bis Ende 2007 in nationales Recht umgesetzt werden muss, wird aber ihre weitgehende regulatorische Gleichstellung mit den traditionellen Börsen angestrebt.

II. Organisation von Wertpapierbörsen


1. Rechtsquellen


Die wichtigste Rechtsgrundlage des Börsenwesens stellt das Börsengesetz (BörsG) dar. Zunächst definiert es die Börsenorgane und die Börsenaufsicht nebst den jeweiligen Befugnissen, regelt den Börsenbesuch sowie die Teilnahme am Börsenhandel und lässt insgesamt drei Marktsegmente zu. Es normiert die Zulassungsvoraussetzungen für den Handel von Wertpapieren am Amtlichen Markt (Börsenzulassung) und zusammen mit dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) die Folgepflichten für Emittenten zugelassener Wertpapiere, wobei die Börsenzulassungsverordnung (BörsZulV) ergänzend gilt. Gleichfalls finden sich im BörsG Vorschriften für die Zulassung von Wertpapieren zum Geregelten Markt, die durch Regelungen in den Börsenordnungen vervollständigt werden. Daneben stellt das Gesetz das Procedere der amtlichen Feststellung des Börsenpreises dar und regelt den Tatbestand der Prospekthaftung (§ 44 BörsG). Schließlich ist dem BörsG auch zu entnehmen, dass die Börsen für Wertpapiere, die weder zum Amtlichen noch zum Geregelten Markt zugelassen oder zu letzterem einbezogen sind, einen sog. Freiverkehr zulassen können (§ 57 BörsG).
Jede Zulassung von Wertpapieren setzt die Durchführung eines Zulassungsverfahrens voraus, in welchem die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen zu prüfen sind, wozu auch die Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts gehört. Die Regelungen für die Billigung und Veröffentlichung solcher Prospekte ist in dem in seinen wesentlichen Teilen zum 01.07.2005 in Kraft getretenen Wertpapierprospektgesetz (WpPG) und der am selben Tag in Kraft getretenen Prospektdurchführungsverordnung (EG) Nr. 809/2004 (ProspV) enthalten. Das WpPG bzw. die ProspV gehen auf die Umsetzung der EU-Prospekt-Richtlinie 2003/71/EG zurück, die nunmehr einheitliche Regelungen für die Billigung und Veröffentlichung von Wertpapierprospekten vorschreibt. Dementsprechend ist die bisherige Unterscheidung zwischen Börsen(zulassungs)prospekt (Amtlicher Markt), Unternehmensbericht (Geregelter Markt) und Verkaufsprospekt (öffentliche Angebote) im neuen WpPG aufgehoben. Dies bedeutet, dass die inhaltlichen Anforderungen an Prospekte für die Börsenzulassung und Prospekte für öffentliche Angebote von Wertpapieren nunmehr grundsätzlich identisch sind.
Das WpHG findet auf die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen, den börslichen und außerbörslichen Handel mit Finanzinstrumenten, den Abschluss von Finanztermingeschäften, auf Finanzanalysen sowie die Veränderungen der Stimmrechtsanteile von Aktionären an börsennotierten Gesellschaften Anwendung. Insoweit hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Missständen entgegenzuwirken, welche die ordnungsmäßige Durchführung des Wertpapierhandels beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für den Wertpapiermarkt bewirken können (Wertpapierhandelsaufsicht; § 4 WpHG). Die BaFin ist eine einheitliche staatliche Allfinanzaufsicht über Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungsunternehmen sowie den Wertpapierhandel und übt im Rahmen der Wertpapieraufsicht die Überwachung nach den Vorschriften des WpHG aus (§ 4 FinDAG). Im WpHG finden sich insbesondere Bestimmungen über die Insiderüberwachung einschließlich der einzelnen Verbotstatbestände. Zu den ebenfalls geregelten Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten zählt insbesondere die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität, zur Veröffentlichung der Directors\' Dealings sowie zur Führung von Insiderverzeichnissen für die Emittenten zugelassener Wertpapiere im Amtlichen bzw. Geregelten Markt. Ferner bestimmt das Gesetz ein Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation sowie Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungsunternehmen.
Das als Rahmengesetz gestaltete BörsG wird durch Rechtsverordnungen der jeweiligen Landesregierungen ergänzt. Dazu zählen die Skontroführerverordnung, die Entgeltordnung für die Tätigkeit der Skontroführer, die Sanktionsausschussverordnung und die Wahlordnung für den Börsenrat.
Das Depotgesetz (DepotG) regelt die Verwahrung von Wertpapieren durch eine Wertpapiersammelbank (WSB). Hierdurch wird die Erfüllung der Lieferungsverpflichtungen aus abgeschlossenen Wertpapiergeschäften ohne die Bewegung von effektiven Stücken ermöglicht.
Von großer Bedeutung sind darüber hinaus die von dem jeweiligen Börsenrat an den einzelnen Börsen erlassenen Börsenordnungen. Der Börsenrat erlässt zudem eine Gebührenordnung, eine Händlerprüfungsordnung, die Bedingungen für die Geschäfte an der Börse sowie für sich und die Geschäftsführung jeweils eine Geschäftsordnung.
Zu den privatrechtlichen Regelungen, die von den jeweiligen Trägern vorgegeben werden, gehören das die Freiverkehrsrichtlinien für den Freiverkehr an den jeweiligen Börsenplätzen. Für die Terminbörse EUREX gelten neben einer Börsenordnung vor allem die „ Bedingungen für den Handel an der EUREX Deutschland “ , die „ Clearingbedingungen für den Terminhandel an der EUREX Deutschland “ sowie eine spezielle Gebührenordnung.
Durch die ständig zunehmende Verflechtung der internationalen KapitalmärkteKapitalmärkte, internationale ergibt sich ein permanenter Anpassungsbedarf des deutschen Börsenrechts an internationale Standards. Dazu gehören insbesondere auch die zahlreichen EU-Richtlinien der vergangenen Jahre wie insbesondere die Kapitalmarktpublizitäts-Richtlinie 2001/34/EG, die Marktmissbrauchs-Richtlinie 2003/6/EG, die Prospekt-Richtlinie 2003/71/EG, die Übernahme-Richtlinie 2004/25/EG, die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente 2004/39/EG sowie die Transparenz-Richtlinie 2004/109/EG und ihre jeweiligen (Durchführungs-)Verordnungen. Nach Erlass der erforderlichen Umsetzungsgesetze fanden bzw. finden diese Einzug in die deutsche Rechtsordnung.

2. Börsenorgane

a) Börsenrat


Der Börsenrat ist das höchste Organ einer Wertpapierbörse und besteht aus maximal 24 ehrenamtlich handelnden Mitgliedern (§ 9 BörsG). Diese werden für die Dauer von drei Jahren von den zum Börsenhandel zugelassenen Kreditinstituten einschließlich den Wertpapierhandelsbanken, den zugelassenen Finanzdienstleistungsinstituten und den sonstigen zugelassenen Unternehmen jeweils aus deren Mitte gewählt (§ 10 BörsG). Ebenso wahlberechtigt sind die Skontroführer, die Versicherungsunternehmen, deren emittierte Wertpapiere an der Börse zum Handel zugelassen sind, andere Emittenten solcher Wertpapiere und die zur Teilnahme am Börsenhandel zugelassenen Kapitalanlagegesellschaften. Von den übrigen Mitgliedern werden zudem mindestens zwei Vertreter der Anleger hinzugewählt (§ 10 BörsG).
Dem Börsenrat obliegt insbesondere:

-

der Erlass der Börsen- und Gebührenordnung

-

die Bestellung und Abberufung des Leiters der Handelsüberwachungsstelle im Einvernehmen mit der Börsenaufsichtsbehörde

-

die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer im Einvernehmen mit der Börsenaufsichtsbehörde

-

die Überwachung der Geschäftsführung

-

der Erlass einer eigenen Geschäftsordnung

-

der Erlass einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung

-

der Erlass der Bedingungen für die Geschäfte an der Börse

-

die Wahl der Mitglieder der Zulassungsstelle und des Zulassungsausschusses

-

die Zustimmung zur Entscheidung über die Einführung von technischen Systemen für Handel und Abwicklung von Börsengeschäften

-

die Festsetzung der Geschäftsbedingungen für den Börsenterminhandel.


Daneben kann die jeweilige Börsenordnung Maßnahmen der Geschäftsführung von grundsätzlicher Bedeutung an die Zustimmung des Börsenrats binden.

b) Börsengeschäftsführung


Der vom Börsenrat eingesetzten und überwachten Geschäftsführung obliegen in eigener Verantwortung alle allgemeinen Leitungsfunktionen, die der tägliche Betrieb der Börse mit sich bringt (§ 12 BörsG). Sie vertritt die Börse gerichtlich und außergerichtlich, soweit nicht der Börsenträger zuständig ist. Der Geschäftsführung kommt die Aufgabe zu, Unternehmen und Personen zur Teilnahme am Börsenhandel und zum Börsenbesuch zuzulassen bzw. davon auszuschließen (§ 16 BörsG). Dabei hat sie über die Aufnahme, Aussetzung und Einstellung der Notierung am Amtlichen Markt und Geregelten Markt (§§ 37 f., 49 ff. BörsG) sowie die Art der Preisfeststellung zugelassener Wertpapiere zu entscheiden. Im Benehmen mit einem Ausschuss, in dem die Skontroführer angemessen vertreten sein müssen, entscheidet die Geschäftsführung über die Verteilung der Skontren am Amtlichen und Geregelten Markt, d.h. sie verteilt die Geschäfte unter den einzelnen Skontroführern (Skontro-Bildung; § 29 BörsG). Des Weiteren entscheidet die Geschäftsführung über die Aufnahme von umsatzstarken Wertpapieren in den fortlaufenden Handel nebst den jeweiligen Mindestschlussgrößen (die Notierung einer Aktie im fortlaufenden Handel ist regelmäßig Voraussetzung für die Aufnahme in einen Auswahlindex) sowie die Einbeziehung von Wertpapieren in ein elektronisches Handelssystem samt den erforderlichen Regelungen (Zahl der Auktionen, Mindestschlussgröße). Durch geeignete Maßnahmen hat sie die Durchführung des Börsenhandels und die Börsengeschäftsabwicklung sicherzustellen. Unbeschadet der Zuständigkeit der Handelsüberwachungsstelle überwacht sie die Einhaltung der einschlägigen Gesetze, Rechtsverordnungen, Geschäftsbedingungen und sonstigen Regelungen (vgl. z.B. § 10 BörsO Frankfurter Wertpapierbörse (FWB)).

c) Handelsüberwachungsstelle


Die Handelsüberwachungsstelle ist an jeder Wertpapierbörse zu bilden (§ 4 BörsG) und dient der eigenverantwortlichen Überwachung des Börsenhandels und der Börsengeschäftsabwicklung. Zu diesem Zweck erfasst sie systematisch und lückenlos Daten dieser beiden Bereiche und wertet sie aus. Stellt die Überwachungsbehörde dabei mögliche Verstöße gegen börsenrechtliche Vorschriften oder Anordnungen bzw. sonstige Missstände fest, hat sie die Geschäftsführung und die Börsenaufsichtsbehörde unverzüglich zu informieren und gegebenenfalls Ermittlungen durchzuführen.

d) Zulassungsstelle


An jeder Wertpapierbörse besteht eine Zulassungsstelle, deren ehrenamtlich handelnde Mitglieder mindestens zur Hälfte Personen sein müssen, die sich nicht berufsmäßig am Börsenhandel mit Wertpapieren beteiligen (§ 31 BörsG). Sie entscheidet über die Zulassung von Wertpapieren zum Handel am Amtlichen Markt sowie deren Widerruf (§§ 31, 38, BörsG). Außerdem überwacht die Zulassungsstelle die Einhaltung der Pflichten, die sich aus der Zulassung für den Emittenten ergeben. Die Entscheidung über die Zulassung von Wertpapieren zum Handel im Geregelten Markt trifft regelmäßig ebenfalls die Zulassungsstelle der jeweiligen Börse (vgl. z.B. § 50 BörsG Frankfurter Wertpapierbörse (FWB)).

e) Sanktionsausschuss


Der Sanktionsausschuss, dessen Mitglieder ehrenamtlich tätig sind, wird durch Rechtsverordnung der jeweiligen Landesregierung errichtet (§ 20 BörsG). Er ist Organ der Börse mit Behördencharakter und kann Handelsteilnehmer (zum Börsenhandel zugelassene Unternehmen, Börsenhändler sowie Skontroführer (§ 2 BörsG)) mit Verweis, Ordnungsgeld bis zu 250.000 EURO oder Börsenausschluss von bis zu 30 Sitzungstagen belegen, wenn sie vorsätzlich oder leichtfertig gegen börsenrechtliche Vorschriften oder Anordnungen verstoßen, die eine ordnungsmäßige Durchführung des Börsenhandels oder der Börsengeschäftsabwicklung gewährleisten sollen. Entsprechendes gilt, wenn sie vorsätzlich oder leichtfertig im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit den Anspruch auf kaufmännisches Vertrauen oder die Ehre eines anderen Handelsteilnehmers verletzen.

3. Handelsteilnehmer

a) Zum Börsenhandel zugelassene Unternehmen


Zur Teilnahme am Börsenhandel dürfen Unternehmen durch die Börsengeschäftsführung nur dann zugelassen werden, wenn sie gewerbsmäßig bei börsenmäßig handelbaren Gegenständen

-

die Anschaffung und Veräußerung für eigene Rechnung

-

die Anschaffung und Veräußerung im eigenen Namen für fremde Rechnung betreiben oder

-

die Vermittlung von Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung übernehmen


und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 16 BörsG). Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung eines solchen Unternehmens unterteilen sich in persönliche Zuverlässigkeits- und Eignungsvoraussetzungen der Leitungspersonen des Unternehmens, die Erfüllung infrastruktureller Vorgaben, die die ordnungsgemäße Geschäftsabwicklung am Börsenplatz sicherstellt, sowie finanzielle bzw. bankaufsichtsrechtliche Merkmale (Eigenkapital von mindestens 50.000 Euro, es sei denn, es handelt sich um ein Kreditinstitut, ein Finanzdienstleistungsinstitut oder ein anderes in § 16 Absatz 4 BörsG genanntes Unternehmen).

b) Börsenhändler


Börsenhändler sind Personen, die berechtigt sind, für ein zugelassenes Unternehmen an der Börse zu handeln (§ 16 BörsG). Sie sind von der Börsengeschäftsführung zuzulassen, wenn sie zuverlässig sind und die notwendige berufliche Eignung, d.h. in der Regel die Börsenhändlerprüfung an einer deutschen Börse abgelegt haben. In Ausübung ihrer Funktion dürfen Börsenhändler nur Auftragsgeschäfte und keine Eigengeschäfte tätigen.

c) Skontroführer


Die Ermittlung des Börsenpreises erfolgt an den Wertpapierbörsen im elektronischen Handel oder durch zur Feststellung des Börsenpreises zugelassene Unternehmen (Skontroführer; § 25 BörsG). Zum Skontroführer kann auf Antrag zugelassen werden, wer als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut zugelassen ist, wobei der Antragsteller und seine Geschäftsleiter die für die Durchführung der Skontroführung erforderliche Zuverlässigkeit haben müssen (§ 26 BörsG). Die Börsengeschäftsführung hat die Zulassung als Skontroführer nach Anhörung der Börsenaufsichtsbehörde nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu widerrufen, wenn der Skontroführer sich einer groben Verletzung seiner Pflichten schuldig gemacht hat, und sie kann die Zulassung widerrufen, wenn die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) Maßnahmen zur Sicherung der Erfüllung der Verbindlichkeiten des Skontroführers gegenüber dessen Gläubigern ergriffen hat.
Skontroführer haben die Vermittlung und den Abschluss von Börsengeschäften in den zur Skontroführung zugewiesenen Wertpapieren zu betreiben, auf einen geordneten Marktverlauf hinzuwirken und alle zum Zeitpunkt der Feststellung vorliegenden Aufträge bei ihrer Ausführung unter Beachtung der an der Börse bestehenden besonderen Regelungen gleich zu behandeln (§ 27 BörsG). Dabei haben sie ihre Tätigkeit neutral auszuüben und die Einhaltung der ihnen obliegenden Pflichten sicherzustellen. Über die Verteilung der Skontren entscheidet die Geschäftsführung im Benehmen mit einem Ausschuss, in dem die Skontroführer angemessen vertreten sein müssen (§ 29 BörsG).

4. Börsenaufsicht


Für die Aufsicht über die Wertpapierbörsen besteht derzeit ein dreistufiges System der Kapitalmarktaufsicht, für das drei staatliche Institutionen zuständig sind (Wertpapierhandelsaufsicht):

-

die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

-

die Börsenaufsichtsbehörden der einzelnen Länder

-

die Handelsüberwachungsstellen an den einzelnen Börsen


Die BaFin ist am 01.05.2002 gegründet worden und vereinigt als einheitliche staatliche Allfinanzaufsicht über Kredit-, Finanzdienstleistungsinstitute, Versicherungsunternehmen und den Wertpapierhandel die drei ehemaligen Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen (BAKred), für das Versicherungswesen (BAV) und für den Wertpapierhandel (BAWe). Sie ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) und ist nur im öffentlichen Interesse tätig, wobei ihr Hauptziel in der Sicherung der Funktionsfähigkeit, Stabilität und Integrität des gesamten deutschen Finanzsystems besteht. Die Wertpapieraufsicht wiederum gewährleistet die Transparenz und Integrität des Marktes sowie den Anlegerschutz. Dabei wird die BaFin im Rahmen der Wertpapieraufsicht vom Wertpapierrat unterstützt, der aus Vertretern der Bundesländer besteht und z.B. beim Erlass von Rechtsverordnungen oder der Aufstellung von Richtlinien beratend zur Seite steht (§ 5 WpHG). Grundlagen der staatlichen Wertpapieraufsicht sind das WpHG, das WpÜG und das WpPG.
Zu den zentralen Hauptaufgaben der Wertpapieraufsicht der BaFin zählt die Bekämpfung von Insidergeschäften (§§ 12 ff. WpHG). Daneben wacht sie darüber, dass die Emittenten zugelassener Wertpapiere im Amtlichen Markt und Geregelten Markt ihren Pflichten zur Ad-hoc-Publizität, zur Veröffentlichung von Directors\' Dealings sowie zur Führung von Insiderverzeichnissen nachkommen (§§ 15 ff. WpHG). Zudem sind ihr auch solche Transaktionen zu melden, durch die der Anteil eines Investors 5, 10, 25, 50 oder 75 Prozent der Stimmrechte einer Aktiengesellschaft überschreitet bzw. unterschreitet (§§ 21 ff. WpHG). Eine wichtige Aufgabe der BaFin ist es auch, Kurs- und Marktpreismanipulationen zu verfolgen (§ 20a und b WpHG). Außerdem überwacht sie die Einhaltung der Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Kundenverkehr (§§ 31 ff. WpHG) und kooperiert mit anderen internationalen Aufsichtsbehörden (§ 7 WpHG). Auch überwacht die BaFin die Einhaltung der Kompetenz-, Transparenz- und Organisationspflichten bei der Analyse von Finanzinstrumenten (§§ 34b f. WpHG).
Allerdings obliegt die Aufsicht über die einzelnen Börsen nicht der BaFin. Dies ist vielmehr Aufgabe der Börsenaufsichtsbehörden der Länder, die üblicherweise bei den jeweiligen Wirtschafts- oder Finanzministerien angesiedelt sind. Diese Aufsichtsbehörden sind für die Erteilung der Genehmigung zur Errichtung einer Börse verantwortlich und können die Aufhebung bestehender Börsen anordnen (§ 1 BörsG). Ebenso obliegt ihnen die Genehmigung der Börsen-, Gebühren- und Händlerprüfungsordnungen. Ihre Aufgaben in aufsichtsrechtlicher Hinsicht beinhalten die Aufsicht über die Institution Börse (Rechtsaufsicht) sowie die Befugnis, die Ordnungsmäßigkeit des jeweiligen Börsenhandels zu beaufsichtigen (Marktaufsicht), welche auch die Aufsicht über die Emittenten erfasst (§§ 1 f. BörsG). Insoweit beaufsichtigen sie die Einhaltung der börsenrechtlichen Vorschriften und Anordnungen sowie die ordnungsmäßige Durchführung des Handels an der Börse und der Börsengeschäftsabwicklung. Weitere Aufgabe der Börsenaufsichtsbehörde ist es, darauf hinzuwirken, dass die Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) eingehalten werden (§ 6 BörsG). Zur Verhinderung oder Beseitigung von Verstößen können sie gegenüber der Börse sowie den Handelsteilnehmern Anordnungen treffen und von ihnen Auskünfte oder die Vorlage von Unterlagen verlangen. Zudem erstreckt sich die Börsenaufsicht auch auf die Handelsüberwachungsstellen der Börsen.
Die Handelsüberwachungsstellen sind Ausfluss der Selbstverwaltung der Börsen und von diesen daher als eigenständiges Börsenorgan einzurichten und zu betreiben (§ 4 BörsG). Ihre Aufgaben bestehen in der kontinuierlichen und umfassenden Überwachung aller Geschäftsvorgänge an der Börse (siehe oben).

5. Träger der Börsen


Früher wurden die Börsen bzw. ihrer Trägergesellschaften auschließlich ohne Gewinnzweck betrieben. Die deutschen Börsen wurden z.B. ausschließlich von Industrie- und Handelskammern bzw. von eingetragenen Vereinen getragen. Heute sind die Träger – wie beinahe überall auf der Welt – ausschließlich private Unternehmen mit Gewinnabsicht. Bis auf die Baden-Württembergische-Wertpapierbörse in Stuttgart, die von einer GmbH getragen wird, sind dies Aktiengesellschaften. Die Börsen Hamburg und Hannover haben eine gemeinsame Trägeraktiengesellschaft. In Frankfurt fungiert die Deutsche Börse AG als Trägerin der dortigen Wertpapierbörse. Die Deutsche Börse AG ist indirekt über eine Tochtergesellschaft auch Trägerin der Terminbörse (EUREX). Seit 05.02.2001 ist die Deutsche Börse AG selbst im Handel mit amtlicher Notierung gelistet und hat damit einen Trend mitbegründet, der fast alle wichtigen Börsen der Welt erfasst hat.
Die Hauptfunktion der Träger besteht in der Bereitstellung der für den Börsenbetrieb erforderlichen personellen und sachlichen Mittel. Als Reaktion auf den ständig steigenden nationalen wie internationalen Wettbewerbsdruck entwickelten die Börsenträger in der jüngeren Vergangenheit auch weitere Aktivitäten. Zu den Aktivitäten gehört zum einen das Angebot vielfältiger weiterer Dienstleistungen rund um das Wertpapier. Diese reichen von handelsbegleitenden Informationsdiensten (z.B. die Konstruktion von Kursindizes), über die Eröffnung neuer Geschäftsfelder (z.B. Verkauf von Handelstechnologie) bis hin zu handelsnachgelagerten Clearing und Settlement-Dienstleistungen, die für Deutschland heute einheitlich unter dem Dach der Deutsche Börse AG zusammengefasst sind. Auch Bemühungen um Kooperationen unter den Börsen oder Gemeinschaftsunternehmen verschiedener Börsenbetreiber können hierzu gezählt werden. Die Deutsche Börse AG betreibt z.B. nicht nur zusammen mit der schweizerischen SWX die EUREX, sondern auf ihren Systemen auch die Aktienmärkte Wiens und Dublins sowie den Spot- und Terminmarkt der Leipziger Strombörse.
Die mit dem Wandel der Eigner- und Trägerstrukturen verbundene Ausdehnung des Aktivitätenkreises hat aus den Börsen in den vergangenen Jahren moderne Dienstleistungsunternehmen werden lassen. Der Funktion der Börse als Marktplatz hat dies nicht geschadet. Gleichwohl ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, den öffentlich-rechtlichen Charakter der Börse mit dem Interesse der Eigner nach Gewinnen stets in Einklang zu bringen. Interessenkonflikte zwischen den Nutzern und Eignern der Börse sind hier nicht auszuschließen.

III. Handel an Wertpapierbörsen


1. Handelsalgorithmen


Der Börsenhandel lässt sich entweder nach dem Auktionsprinzip (Order-Driven-Market) oder dem Market-Maker-Prinzip (Quote-Driven-Market) organisieren; teilweise sind auch Mischformen (hybride Handelsform) gebräuchlich. Das Auktionsprinzip ist dadurch gekennzeichnet, dass jede Transaktionsmöglichkeit das Vorliegen miteinander korrespondierender Kundenaufträge erfordert. Der Börsenpreis, der aus dem Ausgleich dieser Kauf- und Verkaufsaufträge resultiert, wird entweder in bestimmten Zeitintervallen (periodische Auktion) oder fortlaufend (kontinuierliche Auktion) ermittelt.
Bei einer nach dem Market-Maker-Prinzip organisierten Börse bedarf es für einen Geschäftsabschluss nicht des Vorliegens gegenläufiger Aufträge, deren Ausgleich den Börsenpreis bestimmt. Vielmehr werden alle Aufträge mit Market-Makern als Gegenpartei abgeschlossen. Diese speziellen Marktintermediäre sind während der Börsenzeit verpflichtet, für die von ihnen betreuten Handelsobjekte ständig verbindliche Geld- und Briefkurse (Quotes) innerhalb einer festgelegten Höchstspanne zu stellen und eingehende Aufträge zu diesen publizierten Kursen auszuführen. In Abhängigkeit von der Anzahl der Market-Maker, denen ein bestimmtes Handelsobjekt zum Handel zugewiesen ist, spricht man von einem monopolistischen oder einem Multi-Market-Maker-System. Das bestimmende Kursregulativ ist der Eigenbestand der Market-Maker. Der bedeutendste Vorteil gegenüber dem Auktionsprinzip besteht in der jederzeitigen Transaktionsmöglichkeit mit einem Market-Maker, da für einen Geschäftsabschluss nicht erst eine entsprechende Gegenpartei gesucht werden muss.

a) Präsenzhandel


Der Handel an den deutschen Präsenzbörsen folgt grundsätzlich dem Auktionsprinzip. Die Börsenpreisen werden – nach vorheriger Bekanntgabe einer indikativen Preisspanne (sog. Taxe) – durch den zuständigen Skontroführer auf Grundlage der in seinem Orderbuch (Skontro) gesammelten Aufträge festgestellt. Prinzip der Preiseermittlung ist das Meistausführungsprinzip. Der ermittelte Börsenpreis ist danach derjenige, zu dem bei der bis zur Preisermittlung vorliegenden Auftragslage der höchste Umsatz erzielt werden kann. Können sich auf dieser Basis mehrere Preise ergeben, muss zudem das Prinzp der Preiskontinuität beachtet werden. Hiernach soll eine neue Preisfeststellung möglichst nah an dem zuvor ermittelten Preis erfolgen.
Aus Gründen der Markttransparenz und zur näheren Beschreibung der Marktlage werden bei der Preisfeststellung Kurszusätze und Hinweise verwandt (Anlegerschutz). Die in den Börsenordnungen gebräuchlichsten sind:
Börsen und Börsenhandel
Börsen und Börsenhandel
Vor allem in wenig liquiden Werten kommt dem Skontroführer zudem eine liquiditätsfördernde Funktion zu, so dass das Marktmodell des Präsenzhandels auch hybride Züge trägt. Um die Ausführbarkeit der Aufträge zu erhöhen, kann der Skontroführer Geschäfte unter Vorbehalt der Benennung eines Kontrahenten abschließen, zu dessen Suche ihm zwei Tage zur Verfügung stehen (Aufgabegeschäft). Den gleichen Zweck erfüllen kurzfristige Eigengeschäfte auf eigene Rechnung. Beide Geschäftstypen dürfen allerdings nicht tendenzverstärkend wirken.
Unterschieden werden kann im Präsenzhandel auch danach, wie oft am Tag die Preise für die Wertpapiere festgestellt werden. Die meisten Wertpapiere sind heute zum fortlaufenden Handel zugelassen, d.h. der zuständige Skontroführer ermittelt während der gesamten Präsenzhandelszeit immer dann einen Börsenpreis, wenn es die Auftragslage zulässt. Zu Beginn und zum Ende der Handelszeit wird der fortlaufende Handel um eine Eröffnungs- und an den meisten Börsen auch eine Schlussauktion ergänzt. Die früher übliche Kassapreisbestimmung zur Mitte der Börsensitzung gibt es heute dagegen nicht mehr, weil die Mindestauftragsgrößen (sog. Mindestschlussgrößen, round lots) zwischenzweitlich bei den meisten Wertpapieren auf eins gesenkt wurden. Lediglich im Handel mit Bundeswertpapieren wird heute für Aufträge unter der Mindestschlussgröße börsentäglich ein Kassapreis nach dem Meistausführungsprinzip ermittelt. Ebenfalls nur ein auf Basis des Meistausführungsprinzips ermittelter Preis pro Börsentag wird bei den wenigen Wertpapieren festgestellt, die aufgrund ihrer extrem niedrigen Umsätze nicht zum fortlaufenden Handel zugelassen sind (sog. Einheitspreisverfahren, gerechnete Preise).

b) Elektronisches Handelssystem XETRA


Das seit dem 28.11.1997 an der Frankfurter Wertpapierbörse für den Kassamarkt betriebene vollelektronische Handelssystem Exchange Electronic Trading  XETRA, das das im Jahre 1991 eingeführte System IBIS ablöste, folgt grundsätzlich dem Auktionsprinzip. Zusätzlich sind bei weniger liquiden Werten Designated Sponsors zur Liquiditätsanreicherung verpflichtet, Quotes in das System einzustellen und zu diesen Geschäftsabschlüsse zu tätigen.
Für alle auf XETRA gehandelten Wertpapiere finden zu bestimmten Zeitpunkten einmal oder mehrfach börsentäglich Auktionen statt. Dabei wird der jeweilige Börsenpreis auf Grundlage aller vorliegenden Aufträge nach dem Meistausführungsprinzip automatisch ermittelt. Im fortlaufenden Handel, zu dem die Wertpapiere gesondert zuzulassen sind, finden nur solche Aufträge Berücksichtigung, die mindestens auf die wertpapierspezifische Mindestschlussgröße lauten. Bei Aktien lautet diese Mindestgröße derzeit – wie im Präsenzhandel – eins. Die eingegebenen Aufträge, die sich ausführbar gegenüberstehen, werden von XETRA unverzüglich einander zugeordnet und zu Geschäftsabschlüssen zusammengeführt (Matching). Zu Beginn und zum Ende des fortlaufenden Handels finden zudem eine Eröffnungs- bzw. eine Schlussauktion statt, bei dem der Börsenpreis auf Grundlage aller vorliegenden Aufträge nach dem Meistausführungsprinzip elektronisch ermittelt wird. Zur Durchführung von untertägigen Auktionen wird der fortlaufende Handel für die Dauer der Auktion kurzzeitig unterbrochen.

2. Handelssegmente


An allen deutschen Börsen bestehen drei Handelssegmente. Der Amtliche Markt stellt die höchsten Anforderungen an die Qualität von Emittenten sowie deren Wertpapiere und wurde im Hinblick auf den Funktionsschutz und Anlegerschutz durch den Gesetzgeber am stärksten reguliert. Unwesentlich geringere Anforderungen gelten für den Geregelten Markt. Dabei werden die Bedingungen des Amtlichen und Geregelten Marktes zunehmend von der Europäischen Union reguliert (EU-Regulated Markets), wohingegen der sog. Freiverkehr als drittes Marktsegment von den jeweiligen Börsen selbst reguliert wird (Regulated Unofficial Markets).

a) Amtlicher Markt


Für die Handelszulassung der Wertpapiere zum Amtlichen Markt gelten nach dem BörsG, der BörsZulV, dem WpPG sowie der jeweiligen BörsO der verschiedenen Börsen die nachstehenden rechtlichen Grundlagen, die insbesondere im Hinblick auf bestimmte Emittenten bzw. Wertpapiere einige Modifikationen erfahren können (Börsenzulassung):

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Das emittierende Unternehmen zuzulassender Aktien muss mindestens drei Jahre bestehen (jedoch nicht zwingend in der Rechtsform der Aktiengesellschaft) und für die letzten drei Geschäftsjahre ordnungsgemäß Jahresabschlüsse veröffentlicht haben (§ 3 BörsZulV).

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Bei Aktien muss der voraussichtliche Kurswert bei Erstzulassung mindestens 1,25 Mio. Euro betragen, bei anderen Wertpapieren der Gesamtnennbetrag mindestens 250.000 Euro (§ 2 BörsZulV).

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Mindestens 25% der zuzulassenden Aktien müssen im Publikum gestreut sein, sofern nicht schon eine geringere Quote aufgrund des hohen Volumens einen ordnungsgemäßen Handel gewährleistet (§ 9 BörsenZulG).

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Der Zulassungsantrag ist in schriftlicher Form vom Emittenten gemeinsam mit einem Kreditinstitut, einem Finanzdienstleistungsinstitut oder einem nach § 53 Abs. 1 bzw. § 53b Abs. 1 KWG tätigen Unternehmen zu stellen; das Institut bzw. Unternehmen muss an einer inländischen Wertpapierbörse zum Handel zugelassen sein und ein haftendes Eigenkapital in Höhe von 730.000 Euro nachweisen.

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Der Antrag hat sich auf alle Aktien derselben Gattung bzw. auf alle sonstigen Wertpapiere derselben Emission zu erstrecken (§ 7 BörsZulG).

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Dem Antrag ist ein Entwurf des Prospekts oder ein gebilligter Prospekt und die zur Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen erforderlichen Nachweise beizufügen (§ 48 BörZulV), der alle für eine zutreffende Beurteilung von Emittent und Wertpapieren erforderlichen Angaben enthält, soweit nicht ausnahmsweise keine Prospektpflicht besteht (§ 4 WpPG). Die Antragsteller haften gemeinsam für die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Angaben.


Als organisierter Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG unterliegen die Emittenten zugelassener Wertpapiere zudem zahlreichen Zulassungsfolgepflichten. Neben den Pflichten, die sich aus dem BörsG ergeben (Auskunftspflicht gegenüber der Zulassungsstelle, Gleichbehandelungspflicht gegenüber den Wertpapierinhabern, angemessene Unterrichtung des Publikums und der Zulassungsstelle etc.), sind börsennotierte Aktiengesellschaften gemäß § 161 AktG darüber hinaus verpflichtet, die Transparenzanforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex zu beachten bzw. eine etwaige Nichtbeachtung zu erläutern ( „ Comply or Explain-Regel “ ). Zudem sind die emittenten- und wertpapierbezogenen Unterrichtungspflichten, insbesondere die verschiedenen speziellen Publizitäts- und Berichtspflichten nach dem HGB, dem BörsG, dem WpPG und dem WpHG zu beachten. Börsennotierte Emittenten haben ihre Jahresabschlüsse nach den Vorschriften über große Kapitalgesellschaften aufzustellen und zu veröffentlichen. Für konsolidierte Abschlüsse ist dabei die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (IFRS/IAS) verpflichtend. Darüber hinaus sind als weitere börsenrechtliche Zulassungsfolgepflichten Zwischenberichte und in bestimmten Fällen auch Quartalsberichte zu veröffentlichen. Neben dieser sog. Regelpublizität besteht die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG. Danach muss ein Emittent von Finanzinstrumenten, die an einem inländischen organisierten Markt zum Handel zugelassen sind, Insiderinformationen die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Pflicht zur Veröffentlichung und Mitteilung von Geschäften, die von Personen mit Führungsaufgaben beim Emittenten abgeschlossen werden (§ 15a WpHG, sog. Directors\' Dealings). Daneben sind die börsennotiertern Unternehmen dazu verpflichtet sog. Insiderverzeichnisse zu führen (§ 15b WpHG). Auch hat ein Emittent Veränderungen der Stimmrechtsanteile bei der Gesellschaft, die ihm wegen Überschreiten, Erreichen oder Unterschreiten der Schwellenwerte von 5%, 10%, 25%, 50% und 75% der Stimmrechte mitgeteilt werden, gemäß §§ 21 ff. WpHG zu veröffentlichen. Schließlich müssen die Emittenten des Amtlichen Marktes nach § 10 WpPG mindestens einmal jährlich alle Informationen veröffentlichen, die sie in den vergangenen zwölf Monaten aufgrund der wesentlichen kapitalmarktrechtlichen Zulassungsfolgepflichten veröffentlicht haben (sog. „ jährliches Dokument “ ). Gegenstand des jährlichen Dokuments sind u.a. sämtliche o.g. Berichte und Veröffentlichungen einschließlich der Informationen, die aufgrund der Pflichten gem. §§ 15, 15a, 21 ff. WpHG veröffentlicht wurden, sowie alle übrigen Informationen aufgrund der Unterrichtungspflichten und etwaiger von der jeweiligen BörsO vorgesehener Zulassungsfolgepflichten.

b) Geregelter Markt


Der Geregelte Markt ist als Marktsegment im BörsG (§§ 49 ff.) und der jeweiligen BörsO der Börsen geregelt und lehnt sich stark an den Amtlichen Markt an, weist jedoch unwesentlich geringere Anforderungen an den Emittenten und dessen Wertpapiere auf. Im Gegensatz zum Amtlichen Markt besteht darüber hinaus die Möglichkeit, dass Wertpapiere, die bereits am Amtlichen oder Geregelten Markt einer anderen inländischen Börse oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen sind, ohne Zulassungsverfahren in den Geregelten Markt einbezogen werden.
Grundsätzlich gelten für das Zulassungsverfahren zum Geregelten Markt auch die Vorschriften für den Amtlichen Markt sinngemäß, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Zu den wesentlichen Unterschieden zählt der Verzicht auf ein Mindestalter des Emittenten zuzulassender Aktien (§ 3 BörsZulV, wonach der Emittent als Unternehmen vor der Zulassung zwingend bereits mindestens drei Jahre bestanden haben muss, gilt lediglich als Soll-Vorschrift). Ferner braucht sich der Zulassungsantrag nicht auf alle Wertpapiere der Emission zu beziehen und bezüglich der Streuung von Aktien bestehen keine Auflagen. Allerdings ist dem Zulassungsantrag auch ein vom Emittenten unterschriebener Wertpapierprospekt beizufügen (§ 51 BörsG). Wie bei einer Zulassung zum Handel im Amtlichen Markt müssen daneben die Satzung bzw. der Gesellschaftsvertrag, ein Handelsregisterauszug, ggf. Musterstücke der zuzulassenden Wertpapiere sowie weitere Unterlagen vorgelegt werden (vgl. § 48 BörsZulV).
Die Emittenten des Geregelten Marktes unterliegen aufgrund entsprechender Verweise in den jeweiligen Börsenordnungen (vgl. z.B. § 71 BörsO FWB) den für den Amtlichen Markt geltenden Zulassungsfolgepflichten. Auch sind die (Publizitäts-)Pflichten des WpHG entsprechend zu beachten (§§ 15 ff., 21 ff. WpHG). Gleiches gilt für die Pflicht zur Erstellung des jährlichen Dokuments gem. § 10 WpPG und die Rechnungslegung nach internationalen Rechnungslegungsstandards.

c) Freiverkehr ( „ Open Market “ )


Der Freiverkehr, von der Deutschen Börse AG an der Frankfurter Wertpapierbörse (FWB) auch als »Open Market« bezeichnet, ist neben dem Amtlichen Markt und dem Geregelten Markt das dritte gesetzliche Marktsegment in Deutschland. Dieser Handel im Freiverkehr vollzieht sich nur faktisch an der Wertpapierbörse. Das Handelssegment des Freiverkehrs ist im Gegensatz zu den beiden anderen Märkten ein nicht amtlicher, privatrechtlich organisierter Handel, das eine Börse gemäß § 57 BörsG zulassen kann, wenn die Wertpapiere weder im Amtlichen noch Geregelten Markt zugelassen oder einbezogen sind und eine ordnungsgemäße Durchführung des Handels und der Geschäftsabwicklung durch Handelsrichtlinien ( „ Freiverkehrsrichtlinien “ ) gewährleistet ist. Die Einbeziehung von Wertpapieren in den Freiverkehr erfolgt ohne Mitwirkung des Emittenten auf schriftlichen Antrag eines zum Börsenhandel zugelassenen Kreditinstitutes bzw. – je nach Börse – eines sonstigen zugelassenen Unternehmens; diese haben einen ordnungsgemäßen Börsenhandel zu gewährleisten. Gehandelt werden neben vergleichsweise wenigen deutschen Aktien überwiegend ausländische Aktien, Renten deutscher und ausländischer Emittenten, Zertifikate und Optionsscheine.
Zu den wenigen Zulassungsvoraussetzungen gehören ein konkretes Handelsbedürfnis für das betreffende Wertpapier und im Falle ausländischer Aktiengesellschaften eine Mindestkapitalisierung, die sich nach dem AktG richtet. Bislang war es nicht üblich, dem Antrag auf Zulassung zum Handel im Freiverkehr einen Prospekt oder einen Unternehmensbericht beizufügen. Nunmehr ist allerdings ein Prospekt nach dem WpPG erforderlich, soweit die Wertpapiere öffentlich angeboten werden. Bei prospektfreien Zulassungen wird aber im Regelfall ein Exposé verlangt, das eine Beurteilung des Emittenten erlaubt.
Da der Freiverkehr auf privatrechtlicher Basis erfolgt, ist er kein organisierter Markt im Sinne von § 2 Abs. 5 WpHG. Die Verpflichtungen gemäß §§ 15 ff., 21 ff. WpHG bestehen daher nicht. Zudem müssem die Emittenten nicht nach internationalen Rechnungslegungsstandards bilanzieren. Das Insiderrecht nach §§ 12 ff. WpHG ist jedoch auch bei Wertpapieren, die in den Freiverkehr einbezogen sind, zu beachten.

d) Segmentierung durch die Börsen


Über die börsengesetzlich vorgesehene Segmentierung hinaus und aufsetzend auf dieser können die Börsen eigene Segmentierungen des Handels vornehmen. Vor allem die Frankfurter Wertpapierbörse (FWB), aber auch andere Regionalbörsen, haben hiervon im Aktienhandel Gebrauch gemacht. Im Bereich der beiden öffentlich-rechtlichen Marktsegmente wurden hier die Segmente General Standard und Prime Standard geschaffen, die jeweils bei Zulassung zum Amtlichen Markt als auch bei Zulassung zum Geregelten Markt gewählt werden können. Prime und General Standard unterscheiden sich vor allem durch die Zulassungsfolgepflichten. Während die Unternehmen im General Standard die gesetzlichen Publizitätspflichten erfüllen müssen, müssen die Emittenten im Prime Standard zusätzlichen Transparenzanforderungen (v.a. Quartalsberichterstattung, Ad-hoc Publizität auf Englisch) und zusätzlichen Auflagen für die Investor Relations (z.B. Veröffentlichung eines Unternehmenskalenders) nachkommen, womit den grundsätzlich größeren Anforderungen internationaler Investoren Rechnung getragen werden soll.
An der Frankfurter Wertpapierbörse gibt es mit dem „ Entry Standard “ zudem ein besonderes Segment im Freiverkehr (vgl. insbesondere §§ 11 ff. der Freiverkehrsrichtlinien FWB). Der Entry Standard ist vor allem für Aktien kleinerer und mittlerer Unternehmen geschaffen worden, um diesen eine größere Visibilität zu verschaffen. Entsprechend seiner Positionierung erfolgt die Notierungsaufnahme nach den Regeln des Open Market. Auch die gesetzlichen Zulassungsfolgepflichten entsprechen diesem. Allerdings ist die Notierung im Entry Standard an zusätzliche Veröffentlichungspflichten geknüpft, die die Transparenz für Investoren im Vergleich zum „ regulären “ Freiverkehr erhöhen: Vorgeschrieben sind die Veröffentlichung eines testierten Konzern-Jahresabschlusses, eines Zwischenberichts sowie die Veröffentlichung eines aktuellen Unternehmenskurzportraits und eines Unternehmenskalenders auf der Internetseite des Unternehmens. Darüber hinaus müssen Unternehmen im Entry Standard wesentliche Unternehmensnachrichten oder Tatsachen, die den Börsenpreis beeinflussen können, unverzüglich auf der eigenen Website veröffentlichen. Der Handelsteilnehmer, der die Einbeziehung der Aktien beantragt hat, ist verpflichtet, die Einhaltung dieser zusätzlichen Veröffentlichungspflichten zu überwachen und sicherzustellen. Zusätzlich muss ein so genannter Deutsche Börse Listing Partner die fortlaufende Betreuung des Unternehmens vor, während und nach der Notierungsaufnahme sicherstellen.

3. Indexorientierte Börsensegmente


Jenseits der börsenrechtlich definierten Handelssegmente existieren an den Börsen zahlreiche Börsenindizes. Sie fassen einzelne Wertpapiere – etwa bei Aktien auf Basis der Marktkapitalisierung und Umsatz – nach Gruppen zusammen und spiegeln so deren Entwicklung permanent wieder. Börsenindizes dienen als Messlatte (Benchmark) für die Entwicklung eines einzelnen Wertpapiers dieser Gruppe oder auch eines nach dieser Wertpapiergruppe ausgerichteten individuellen Depots oder Investmentfonds.
Aufgrund ihrer hohen Aussagekraft für Handelsteilnehmer und Investoren haben sie im Börsenalltag die Handelssegmente in den letzten Jahren zunehmend verdrängt. An der Terminbörse fungieren sie zudem auch als Basisobjekt (Underlying) für entsprechend konzipierte Terminkontrakte.
Literatur:
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Bundesverband der Wertpapierfirmen an den deutschen Börsen, : Principles of Closed Order Book Price Determination, MIMEO, Frankfurt
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Gerke, W. : Die Börse der Zukunft, Stuttgart 1997
Habersack, M./Mülbert, Peter O./Schlitt, M. : Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, Köln 2005
Hopt, K. J./Rudolph, B./Baum, H. : Börsenreform, Stuttgart 1997
Fölsch, M.E. : Grundzüge des Börsenwesens, in: Bankrecht und Bankpraxis, hrsg. v. Hellner, T./Steuer, S./Weber, A., Loseblatt, Band 4, Köln, Stand 2005
Kümpel, S. : Kapitalmarktrecht – eine Einführung, 3. A., Berlin 2004
Lenenbach, M. : Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2. A., Köln 2006
Marsch-Barner, R./Schäfer, F.A. : Handbuch börsennotierte AG, Köln 2005
von Rosen, R. : in: Obst, /Hintner, /, Geld, Bank- und Börsenwesen, hrsg. v. Kloten, N./von Stein, J.H., 39. A., Stuttgart 1993, S. 1239 – 1262
Schanz, K. : Börseneinführung, 2. A., München 2002
Schwark, E. : Kapitalmarktrechts-Kommentar, 3. A., München 2004

 

 


 

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