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Financial Futures


Inhaltsübersicht
I. Grundlegende Merkmale
II. Arten von Financial Futures
III. Bewertung auf der Grundlage der Cost of Carry
IV. Anwendungsmöglichkeiten von Financial Futures

I. Grundlegende Merkmale


Als unbedingte Termingeschäfte sind Finanical Futures durch die vertragliche Vereinbarung gekennzeichnet, eine bestimmte Anzahl eines genau spezifizierten Finanzinstruments zu einem bei Geschäftsabschluss festgelegten Preis an einem späteren standardisierten Fälligkeitstag zu liefern (Verkäufer des Futures) bzw. abzunehmen (Käufer des Futures). In Abgrenzung zu Forward-Geschäften, die als traditionelle Termingeschäfte auf die individuellen Bedürfnisse der Vertragspartner abgestimmt und daher mit einem aufwendigeren Vertragsabschluss verbunden sind, werden Futures an einer Terminbörse gehandelt. Hier erfolgen Abschluss und Erfüllung der sich aus dem Kontrakt ergebenden Verpflichtungen. Voraussetzung dafür ist die Standardisierung der wesentlichen Vertragselemente, von denen lediglich noch der Preis bzw. Kurs individuell ausgehandelt wird.
Darüber hinaus unterscheiden sich Futures von Forwards dadurch, dass sie nicht auf die Erfüllung des Vertrages angelegt sind. Vielmehr beabsichtigen die Marktteilnehmer eine Aufhebung ihrer Verpflichtungen vor Fälligkeit des Futures durch ein entsprechendes Gegengeschäft. Die Möglichkeit, diese sog. Glattstellung jederzeit vorzunehmen, wird durch den zentralisierten Handel an der Terminbörse gewährleistet.
Charakteristisch für Futures-Geschäfte ist die börsentägliche Verrechnung von Belastungen bzw. Gutschriften auf dem sog. Margin-Konto des Marktteilnehmers entsprechend den Wertveränderungen der Futuresposition. Durch dieses auch als Mark-to-Market bezeichnete Verfahren wird die Position täglich an den aktuellen Marktwert angepasst. Diese Vorgehensweise kann weder rechtlich noch wirtschaftlich als Erfüllung des Vertrages angesehen werden; denn zum einen handelt es sich dabei rechtlich um zeitlich verschobene Teilleistungen, die erst bei Vertragsabschluss erfüllt werden. Zum anderen dient die tägliche Anpassung an den Marktwert unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Verminderung des Erfüllungsrisikos (Auspurg, J. H. 1992).
Darüber hinaus wird dieses Erfüllungsrisiko durch die Hinterlegung von Sicherheitsleistungen seitens der Marktteilnehmer verringert. Sowohl Käufer als auch Verkäufer von Futures müssen ihre Futurespositionen besichern. An der EUREX können die auch als Margins bezeichneten Sicherheiten in Wertpapieren und/oder in Geld geleistet werden. Zu ihrer Berechnung verwendet die EUREX das sog. Risk-Based-Margining-System, das durch Zusammenfassung der Futurespositionen die Möglichkeit der gegenseitigen Kompensation von bestimmten Positionen berücksichtigt (Steiner, M./Wittrock, C. 1993).

II. Arten von Financial Futures


1. Währungs-Futures


In Abhängigkeit vom Handelsobjekt lassen sich Finanzterminkontrakte auf Fremdwährungen, Zinsinstrumente und Aktienindizes unterscheiden. Terminkontrakte in Fremdwährungen waren die ersten Financial Futures und wurden im Jahr 1972 kurz nach dem endgültigen Scheitern des Bretton-Woods-Systems fester Wechselkurse am International Monetary Market der Chicago Mercantile Exchange eingeführt. Grundlage eines Währungs-Futures ist ein standardisierter Betrag einer bestimmten Währung. Gegenüber dem Transaktionsvolumen im außerbörslichen Devisenterminhandel ist das Handelsvolumen von Währungs-Futures in Europa gering. Dies kann damit begründet werden, dass der Devisenterminhandel eine sehr hohe Effizienz und Flexibilität aufweist und somit eine Standardisierung der Geschäfte für einen liquiden Börsenhandel nicht notwendig ist. Insofern ist der Handel mit Terminkontrakten in Fremdwährungen lediglich als Ergänzung zum fest etablierten Devisenhandel zu werten. An der EUREX wurden Währungs-Futures aufgrund der mangelnden Nachfrage nicht eingeführt, bzw. der im Jahr 1998 gehandelte US$/DM-Kontrakt wegen mangelndem Umsatz wieder eingestellt.

2. Zins-Futures


Seit dem Beginn des Handels von US-Treasury Bond Futures am Chicago Board of Trade im Jahr 1975, haben sich Zinsterminkontrakte an zahlreichen Terminbörsen etabliert. Auch im DM/Euro-Bereich wurden und werden Zins-Futures, insbesondere Bund-Futures, seit September 1988 an der London International Financial Futures and Options Exchange (LIFFE) und seit November 1990 an der DTB (Deutsche Terminbörse) und jetzt an der Nachfolgebörse EUREX gehandelt.
Die Erfüllung der Verpflichtung aus einem Zinsterminkontrakt kann durch die Lieferung eines zinstragenden Finanzinstruments vollzogen werden. Das dem Future zugrundeliegende Instrument (Underlying) existiert allerdings meist nicht in der entsprechenden Ausstattung. So verpflichtet beispielsweise ein Euro-BUND-Future zur Lieferung bzw. zum Empfang einer idealtypischen Bundesanleihe mit einem Kupon von 6% und einem Nominalwert von 100.000 EUR. Lieferbar sind Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von 8,5 bis 10,5 Jahren. Beim mittelfristigen Euro-BOBL-Future, bei dem ebenfalls ein Kupon von 6% unterstellt wird, können Bundesobligationen oder Bundesschatzanweisungen mit 3,5 bis 5 Jahren Restlaufzeit geliefert werden.
Da nicht alle lieferbaren Anleihen mit einem Kupon von 6% ausgestattet sind, werden die sich im Vergleich zur fiktiven Bundesanleihe ergebenden Differenzen mit Hilfe von Preis- bzw. Konversionsfaktoren ausgeglichen. Diese Faktoren werden von der Börse veröffentlicht und geben den Kurs je nominal eines Euro der betreffenden Anleihe an, bei dem die Rendite am Liefertag genau 6% betragen würde. Bei einem Kupon von über (unter) 6% ergibt sich entsprechend ein Konversionsfaktor größer (kleiner) als Eins. Durch die Unterstellung einer Rendite von 6% im gesamten Laufzeitbereich von 8,5 bis 10 bzw. 3,5 bis 5 Jahren geht diese Berechnung von einer in der Realität meist nicht gegebenen flachen Zinsstruktur aus. Damit besteht die Möglichkeit des Auftretens von Verzerrungen (Steiner, M./Wittrock, C. 1993). Aus den verschiedenen lieferbaren Anleihen wählt der Verkäufer des Futures diejenige aus, die bei dem Vergleich zwischen der zu errechnenden Andienungssumme und dem am Kassamarkt aufzuwendenden Betrag zum Kauf der Anleihe am günstigsten ist. Diese Anleihe wird daher auch als Cheapest-to-Deliver-Anleihe bezeichnet.

3. Aktienindex-Futures


Nach der erstmaligen Aufnahme des Handels mit Aktienindex-Futures am Kansas City Board of Trade im Jahre 1982 wurden diese Finanzterminkontrakte infolge des hohen Anlegerinteresses an vielen weiteren Börsen eingeführt. Auch an der Deutschen Terminbörse (DTB) wurde ab November 1990 ein Future auf den Deutschen Aktienindex (DAX) gehandelt. An der EUREX werden derzeit (Stand Anfang 2006) neben dem DAX-Future auch ein MDAX-Future (Midcap-DAX) und ein TecDAX-Future sowie Futures auf diverse ausländische und internationale Indizes notiert. Neben den Aktienindexfutures werden an der EUREX auch Single-Stock-Futures und ein Volatilitätsfuture gehandelt.
Das Underlying ist ein jeweils spezifizierter Aktienindex, der auf einem hypothetischen Portefeuille basiert und die Kursbewegung des gesamten Portefeuilles anhand eines einzigen Wertes abbildet (Bleymüller, J. 1966). Damit handelt es sich bei einem Aktienindex als Underlying des Futures um einen abstrakten Basiswert, der zum Zeitpunkt der Andienung nicht geliefert werden kann. Daher erfolgt in diesem Fall ein Barausgleich (Cash Settlement).

III. Bewertung auf der Grundlage der Cost of Carry


Der auf Arbitragebeziehungen basierende Cost-of-Carry-Ansatz wird im Vergleich zu anderen Ansätzen (Steiner, M./Meyer, F. 1993) in der Praxis am häufigsten zur Erklärung der Preisbildung von Financial Futures herangezogen. Dabei ist der Begriff der Basis als Differenz zwischen dem Preis des jeweiligen Terminkontraktes und dem Preis des Underlyings von zentraler Bedeutung.
Die Basis lässt sich in Carry Basis und Value Basis unterteilen. Die Carry Basis stellt die Nettofinanzierungskosten dar (Cost of Carry), die durch das Halten einer der Futuresposition entsprechenden Kassaposition verursacht und aus der Differenz zwischen den Finanzierungskosten und dem Ertrag der Kassaposition ermittelt werden. Somit kann der theoretisch richtige Preis eines Futures durch die Addition der Carry Basis zum Preis des dem Future zu Grunde liegenden Kassainstruments ermittelt werden. Bei Fälligkeit des Futures stimmen beide Preise überein, da die Cost of Carry den Wert Null annehmen. Aus diesem Grund konvergiert die Basis während der Laufzeit des Futures gegen Null (Basiskonvergenz).
Preisabweichungen von dem so bestimmten Fair Value, die in der Value Basis zum Ausdruck kommen, deuten auf ein Zusatzrisiko hin, das sog. Basisrisiko (Perridon, /Steiner, 2006).
Der Fair Value eines Futures ergibt sich nach dem Cost of Carry-Ansatz wie folgt (Steiner, M./Bruns, C. 2002):
Financial Futures
Allgemein bedeutet dies, dass sich der Futurepreis aus dem Kassakurs des Underlying plus den Zinskosten für das Halten der Kassaposition bis Kontraktverfallszeitpunkt (die durch den Kauf des Futures erspart werden), minus der Erträge aus der Kassaposition (die durch den Kauf des Futures entgehen) ergibt.
Der Zinskostensatz für das Halten der Kassaposition ist am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve zu greifen, da die Futurekontrakte kurze Laufzeiten haben. Die Erträge stellen sich je nach Underlying unterschiedlich dar. Bei Futures, die auf Anleihen basieren, liegen die Zinsertragssätze entsprechend der Anleihelaufzeit am längeren Ende der Zinsstrukturkurve. Bei Aktienfutures mit Kursindizes als Underlying setzen sich die Erträge aus Dividendenzahlungen und Zinsen auf wiederangelegte Dividendenzahlungen sowie aus eventuellen Verleiherträgen des Kassaindexdepots zusammen. Bei Performanceindizes, wie z.B. dem DAX entfällt die Berücksichtigung der Dividendenzahlungen, da diese bereits im Index reinvestiert sind. Da somit bei Aktienperformanceindexfutures im Wesentlichen nur die Zinskosten für das Halten der Kassaposition zu berücksichtigen sind, liegt der Futurekurs über dem Kassakurs. Bei Zinsterminkontrakten können die Cost of Carry in Abhängigkeit von der Zinsstruktur sowohl positiv als auch negativ sein. Im Fall einer normalen Zinsstruktur übersteigen die (langfristigen) Zinserträge aus der Kassaposition die (kurzfristigen) Finanzierungskosten, so dass die Cost of Carry einen negativen Wert annehmen. Das Halten der Kassaposition erbringt einen Nettoertrag. Damit liegt der faire Futurepreis unterhalb des Kassapreises. Bei inverser Zinsstrukturkurve ergibt sich demgegenüber für Zinsterminkontrakte ein Futurepreis über dem Kassapreis.
Für die Bewertung von Zinsfutures auf überjährige Zinstitel gilt:
Futurepreis = angepasster Kurs CtD-Anleihe + Finanzierungskosten – Erträge
Financial Futures
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Bei der Ermittlung des Fair Values von Futures auf unterjährige Zinsinstrumente, wie z.B. EURIBOR-Futures, ist die unterschiedliche Kursnotierung zu beachten. Es erfolgt eine Indexnotiz, wobei sich der Kurs aus 100 minus gehandelter Zinssatz ergibt. Bei einem Einmonats-EURIBOR von z.B. 2,5% muss der Kurs bei 97,5 liegen.
Für die Bewertung von Aktienindexfutures auf Kursindizes gilt:
Financial Futures
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Hierbei wird unterstellt, dass die auf den Index entfallenden Dividendenzahlungen hinreichend genau abgeschätzt werden können. Vielfach wird die Dividendenrendite die der Index im letzten Jahr erbracht hat herangezogen. Bei Performance-Indizes wie z.B. dem DAX entfällt dieses Problem, da ein Portefeuille unterstellt wird bei dem die Erträge systematisch reinvestiert werden. Der Fair Value ergibt sich dann einfach durch Addition der Finanzierungskosten zum aktuellen Kassakurs des Index:
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Damit sich der rechnerische Fair Value auch als Marktwert an der Börse einstellt, muss eine friktionslose Arbitrage zwischen Kassa- und Future-Markt möglich sein. Eine in der Realität zu beachtende Friktion sind die bei Kauf und Verkauf auf Kassa- und Terminmarkt anfallenden Transaktionskosten. Der Marktwert von Futures bewegt sich deshalb innerhalb des Intervalls:
Financial Futures
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Wie bereits ausgeführt, wird die Differenz zwischen Kassakurs des Underlyings und dem Börsenkurs des Futures als Basis bezeichnet, die sich aus zwei Komponenten zusammensetzt. Die erste stellt die Cost of Carry-Basis dar, die sich aus den Nettofinanzierungskosten ergibt. Die zweite Komponente wird als Value-Basis bezeichnet und beinhaltet nicht quantifizierbare Faktoren, wie z.B. Erwartungen der Marktteilnehmer, Liquiditätsbedingungen oder die Arbitrage behindernde Einflussgrößen, wie z.B. den Mangel an Leerverkaufsmöglichkeiten. Insbesondere aus der Entwicklung der Value-Basis resultiert das sogenannte Basisrisiko, d.h. eine nicht prognostizierbare Veränderung, die zu einer unvollständigen Korrelation zwischen Kassa- und Futurenotiz führt. Von diesem Basisrisiko abgesehen konvergiert der Futurekurs über die Kontraktlaufzeit gegen den Kassakurs. Im Verfallszeitpunkt (zumindest in den letzten Minuten des Kontrakthandels) müssen Futurekurs und Kassakurs übereinstimmen.

IV. Anwendungsmöglichkeiten von Financial Futures


1. Überblick


Das wesentliche Motiv der Anwendung von Financial Futures ist die Absicherung gegen die Kurs-, Zinsänderungs- bzw. Währungsrisiken einer Kassaposition. Durch die Bildung von Gegenpositionen auf dem Financial Futures Markt sollen im Rahmen risikokompensierender Maßnahmen Verluste der Kassaposition durch entsprechende Gewinne der Futuresposition aufgefangen werden (Büschgen, H.-E. 1988). Dieses Motiv wird im nachfolgenden Abschnitt näher analysiert.
Im Gegensatz zu den Hedgern, die versuchen, ihr Gesamtrisiko zu verringern, sind Spekulanten bestrebt, ihre vermeintliche Prognosefähigkeit über die zukünftige Preisentwicklung auszunutzen, um Gewinne zu erzielen (Bessler, W. 1989). Dafür sind sie bereit, Risiken zu übernehmen. Durch den reinen Kauf oder Verkauf von Futures wird den Marktteilnehmern die Umsetzung ihrer Erwartungen ohne den Kauf des zu Grunde liegenden Finanztitels ermöglicht. Dabei werden lediglich die hinterlegenden Sicherheitsleistungen eingesetzt. Damit liegt die Wertveränderung der eingegangenen Futuresposition um ein Vielfaches höher als die der vergleichbaren Kassaposition. Ein weiteres Motiv der Anwendung von Financial Futures ist die Ausnutzung von relativen Preisbewegungen innerhalb eines Kontraktes. Bei Erwartungen der Veränderung des Spreads als Preisdifferenz zwischen einem Future mit näherem Erfüllungstermin (Nearby-Kontrakt) und einem Future desselben Typs mit entfernterem Fälligkeitstermin (Deferred-Kontrakt), kann der Marktteilnehmer die Entwicklung des Kursunterschiedes nutzen (Cordero, R. 1987). In Erwartung eines steigenden Spread wird ein Kauf des Nearby-Kontrakts und ein simultaner Verkauf des Deferred-Kontraktes vorgenommen (Spread-Kauf). Da dem Aufbau einer Kaufposition in diesem Fall der gleichzeitige Aufbau einer Verkaufsposition gegenübersteht, ist das Spreading nicht so risikoreich wie die reine Spekulation.
Schließlich besteht die Möglichkeit, mit Futures durch Arbitragestategien risikolose Gewinne zu erzielen. Dabei kann zum einen derselbe Kontrakt am gleichen oder an verschiedenen Märkten einbezogen werden (Intra-Market- bzw. Inter-Market-Arbitrage). Zum anderen lassen sich durch die Ausnutzung von bestehenden Preisunterschieden zwischen Futures- und Kassamarkt durch eine Cash-and-Carry-Arbitrage (bei Überbewertung des Futures) oder eine Reverse-Cash-and-Carry-Arbitrage (bei Unterbewertung des Futures) ichere Gewinne realisieren (EUREX 2006, ).

2. Hedging


Unter Hedging im klassischen Sinn wird die Absicherung einer bestehenden oder noch aufzubauenden Position gegen unerwünschte Marktentwicklungen durch ein Eingehen einer adäquaten Gegenposition, im vorliegenden Fall mit Futures, verstanden. Hierbei sollen evtl. auftretende marktinduzierte Verluste in der Grundgeschäftsposition durch Gewinne in der Futures-Position aufgefangen werden.
In einer weiteren Begriffsfassung von Hedging lassen sich folgende Ansätze unterscheiden (Gray, R. W./Rutledge, D. J. S. 1971;Ederington, L. H. 1979; Steiner, M./Meyer, F. 1993; Steiner, M./Meyer, F. 1995):

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Hedging zur Risikoreduktion (Hedging im klassischen Sinn)

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Hedging zur Erzielung von Basisgewinnen (Working, H. 1953)

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Hedging unter portfoliotheoretischen Aspekten (Johnson, L. L. 1960; Stein, J. L. 1961).


Bei Hedging im klassischen Sinn steht die Eliminierung bzw. Reduzierung des Risikos eines Grundgeschäfts im Vordergrund. Ziel ist es die Verluste in der Grundposition, die auf Marktpreisänderungen zurückzuführen sind, durch Gewinne in der Futureposition (Sicherungsgeschäft) möglichst vollständig auszugleichen. Wird dies erreicht, so liegt ein „ perfect hedge “ vor, während bei Zielverfehlung es zu einem „ imperfect hedge “ kommt. Geht es um die Absicherung eines Bestandes, z.B. Kurssicherung von Aktien, so spricht man insbesondere bei der Rechnungslegung von „ fair value hedge “ , während die Absicherung von zukünftigen Zahlungsströmen als „ cash flow hedge “ bezeichnet wird.
Beim Hedging zur Erzielung von Basisgewinnen findet die Erkenntnis Verwendung, dass Kassa- und Terminkurs nur unvollständig korreliert sind. Die sich verändernde Differenz (Basis) zwischen Kassa- und Futurekurs, speziell die Konvergenz des Futurekurses gegen den Kassakurs und die sich damit während der Kontraktlaufzeit verringernde Basis, wird zur Erzielung von Gewinnen genutzt. Trotz der grundsätzlich sicheren Konvergenz sind Futurekurs und Kassakurs in der Realität des Börsenhandels aber oft erst in den letzten Minuten vor Verfall identisch, so dass eine risikolose Glattstellung nicht immer möglich ist. Die vermeintlich risikolose Arbitrage durch einen Basis Trade kann dann zur Spekulation werden. Das Ergebnis des Hedging hängt somit bei dieser Methode sehr stark von der richtigen Antizipation der Basisänderungen ab.
Hedging unter portfoliotheoretischen Aspekten basiert auf der Portfoliotheorie von Markowitz, . Es wird davon ausgegangen, dass Hedging-Entscheidungen aufgrund des erwarteten Ertrages und des damit verbundenen Ertragsrisikos getroffen werden. Quantifiziert werden die beiden Größen über den Erwartungswert der Renditen und die Varianz bzw. Standardabweichung der Renditen. Gesucht ist die Kombination aus Kassa- und Terminpositionen die die Varianz der Portfoliorendite minimiert. Somit kommt der Ermittlung des Verhältnisses (Hedge Ratio) zwischen dem Umfang der einzusetzenden Terminkontrakte im Vergleich zum abzusichernden Grundgeschäft eine wesentliche Bedeutung zu. Der Varianz-Minimierungsansatz wurde von Ederington auf Hedging-Maßnahmen mit Financial Futures übertragen (Ederington, L. H. 1979). Durch Bildung der partiellen Ableitung der Varianz des gesamten Portfolios nach der Hedge Ratio und ihrer Nullsetzung ergibt sich:
Financial Futures
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Das negative Vorzeichen deutet darauf hin, dass zum Hedging eine der Kassaposition entgegengesetzte Futuresposition eingegangen werden muss. Die Hedge Ratio HR kann, soweit die Bedingungen hierfür gegeben sind, über eine lineare Einfachregression zwischen den historischen Renditen des Kassainstruments und des Futuretitels bestimmt werden. Es gilt dann:
Financial Futures
Liegt der Regressionskoeffizient über 1 so sind entsprechend mehr Futurekontrakte zu kaufen bzw. zu verkaufen, als dies bei einem Koeffizienten unter 1 der Fall ist. Bei diesem als Regressionskoeffizientenmethode bezeichneten Verfahren besteht das Problem, dass es zu Strukturbrüchen kommen kann, d.h. der aus historischen Daten ermittelte Regressionskoeffizient muss nicht mit dem in der Zukunft auftretenden identisch sein. Neben der Regressionsfaktormethode sind in der Praxis weitere Verfahren zur Bestimmung der Hedge-Ratio im Einsatz (Steiner, M./Bruns, C. 2002).
Die Regressionskoeffizientenmethode kann bei Zinstiteln durch die Berücksichtigung der Basiswertreaktion der einbezogenen Finanzinstrumente auf Zinsänderungen zur Basis point value-Methode erweitert werden. Hierzu wird die absolute Preisänderung des abzusichernden Kassainstruments und der CtD-Anleihe bei einer Zinsänderung um einen Basispunkt (BP = 0,01) zueinander in Beziehung gesetzt. Es ergibt sich dann folgende Hedge-Ratio HR:
Financial Futures
Ein Instrument zur Berücksichtigung der Preissensitivität von Anleihen ist die Macaulay-Duration. Mit ihrer Hilfe kann die durch abweichende Kupons und Laufzeiten bedingte unterschiedliche Zinsempfindlichkeit bei nicht flacher Zinsstrukturkurve berücksichtigt werden. Unter Einbeziehung des Konversionsfaktors KF ergibt sich bei der Durationsmethode folgende Hedge-Ratio HR:
Financial Futures
Für die Absicherung von Aktienportfolios kann ebenfalls die Regressionskoeffizientenmethode Verwendung finden. Darüber hinaus kann der Betafaktor (Betafaktormethode) zur Ermittlung der zur Absicherung erforderlichen Anzahl von Futurekontrakten herangezogen werden, so dass sich z.B. für die Aktienindexfutures ergibt:
Financial Futures
Hedgingoperationen mit Futures sind grundsätzlich dem Basisrisiko ausgesetzt, das sich realisiert wenn der Futurekurs nicht mit dem Fair Value übereinstimmt. Dies kann insbesondere dann auftreten, wenn eine dem Hedging dienende Futureposition während der Kontraktlaufzeit glattgestellt werden muss.
Literatur:
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