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Führungskräfte


Inhaltsübersicht
I. Bedeutung von Führungskräften in der betriebswirtschaftlichen Praxis und Theorie
II. Wirkung von Führungskräften in und auf das Handeln von Unternehmen
III. Mitbestimmungsrechtlicher Status von Führungskräften in Deutschland
IV. Ausbildung und Karrierewege von Führungskräften

I. Bedeutung von Führungskräften in der betriebswirtschaftlichen Praxis und Theorie


Führung von Personen und Institutionen durch Personen stellt ein traditionelles Element vielfältiger gesellschaftlicher Bereiche dar (Weibler,  2001, S. 3 ff.) und ist hierbei gerade auch für hierarchisch strukturierte Organisationen wie insbesondere Unternehmen wesensbildend. So kommt in Unternehmen zunächst einem Teil diesen Führung ausübenden und üblicherweise als Führungskräfte bezeichneten Personen die Aufgabe zu, die Unternehmenspolitik und -ziele zu bestimmen, entsprechende strategische Entscheidungen zu treffen sowie die (Rahmen-)Bedingungen für deren Umsetzung zu schaffen und koordinativ zu wirken (Gutenberg, et al.1969, S. 132 ff.). Unterhalb des hierfür verantwortlichen, zahlenmäßig sehr begrenzten Kreises an obersten Führungspersönlichkeiten tritt dann über die verschiedenen Hierarchieebenen des Unternehmens zunehmend eine Funktion der Führungskräfte in den Vordergrund, die als Transmission bezeichnet werden kann; Führungskräfte der unteren Ebenen verfügen nur noch über eingeschränkte Entscheidungsmöglichkeiten. Sie werden demgegenüber in ihrem Handeln von der Erwartung dominiert, Vorgaben und Weisungen übergeordneter Führungsebenen umzusetzen (Link,  1995, S. 11 ff.). Indirekt sollte mit dieser ersten, eher aus der Praxisperspektive vorgenommenen Annäherung an das Phänomen Führungskraft deutlich geworden sein, dass es einen diesbezüglichen Prototyp nicht gibt, sondern über verschiedene Hierarchieebenen hinweg geschäftsführende Eigentümer bzw. Top-Manager, Abteilungsleiter und Gruppenleiter bis hin zu Meistern als Führungskräfte zu bezeichnen sind (Sieber,  1974, Sp. 1571 f.; Reuter,  1993, Sp. 2664 f.).
Trotz der großen praxisrelevanten Bedeutung von Führungskräften für die Bestimmung und Umsetzung der Unternehmenspolitik hat sich aber die Betriebswirtschafts- und Managementlehre bis in die jüngere Vergangenheit hinein des Themas eher in der theoretisch-deskriptiven und -normativen Dimension angenommen. Angefangen von Fayol (Fayol,  1916) über seine Rezipienten und Begründer der angloamerikanischen Managementlehre wie Gulick (Gulick,  1937), Urwick (Urwick,  1938) oder Koontz und O\'Donnell (Koontz, /O\'Donnell,  1955) bis hin zu Gutenbergs Konzept des dispositiven Faktors (Gutenberg, et al.1969, S. 130 ff.) wird die Tätigkeit von Führungskräften im Wesentlichen mit den Schrittfolgen Planung, Organisation, Mitarbeiterführung, Koordination und Kontrolle be- und vorgeschrieben. Mit Ausnahme Gutenbergs, der den Erfolg zur Ausfüllung der Führungsfunktion in Vorwegnahme des interpretativen Ansatzes auch von der Begabung der Manager abhängig sah (Gutenberg, et al.1969, S. 130), konzentrieren sich hierbei die anderen frühen Vertreter eines theoretischen Zugangs zur Führungskraft auf das rational-technische Element des Führens von Unternehmen und Mitarbeitern. Zudem fokussieren sie jeweils auf oberste Führungskräfte im Sinne der Unternehmensleitung, wodurch sie als eher realitätsfremd zu gelten haben. Dies wiegt um so schwerer, als die entsprechenden Arbeiten auch die späteren empirischen Analysen des Seins sowie der Funktion von Führungskräften in und für Unternehmen beeinflusst haben dürften.

II. Wirkung von Führungskräften in und auf das Handeln von Unternehmen


Den besonderen sowie gegenüber nichtführenden Arbeitnehmern auch komplexeren Aufgaben von Führungskräften versuchen sowohl die betriebswirtschaftliche Theorie als auch die Praxis durch eine spezifische Ausgestaltung von Instrumenten des Personalwesens zu entsprechen. Derartige Sonderregelungen lassen sich in nahezu allen personalwirtschaftlichen Funktionen nachweisen. Im Nachfolgenden können davon lediglich besonders gravierende dargestellt werden. Von Seiten der an Managementfragen interessierten Forschung wurden darüber hinaus auch bereits anspruchsvollere empirische Untersuchungsansätze entwickelt; deren Interesse gilt nicht mehr der Analyse des Fähigkeitenprofils guter Führungskräfte oder der entlarvenden Konfrontation von theoretisch erarbeiteten Inhalten der Führungskräftetätigkeit mit in der Wirklichkeit gelebten Rollen, wie es Ausdruck fand in den noch frühen empirischen Untersuchungen insbesondere von Katz (Katz,  1955) bzw. von Mintzberg (Mintzberg,  1975). Im Mittelpunkt der neueren Arbeiten steht vielmehr ein explikatives Anliegen; sie trachten in voluntaristischer Perspektive danach, den Zusammenhang zwischen Wesen der Spitzenführungskraft und verschiedenen Kernvariablen der Unternehmensentwicklung zu ergründen.

1. Personalwirtschaftliche Implikationen von Führungskräften

a) Rekrutierung


Angehende Führungskräfte bzw. Nachwuchsführungskräfte werden nahezu ausschließlich über Stellenanzeigen oder Personalmarketingmaßnahmen der Unternehmen an Fachhochschulen und Universitäten (College-Recruiting) angesprochen. Die sich anschließende Eignungsprüfung der Bewerber erfolgt häufig mittels eines Assessment Center. Für die Gewinnung von Spitzenführungskräften hat sich demgegenüber mittlerweile auch in Deutschland und hier insbesonders in der Industrie (Ruppert,  1999, S. 90) die Direktansprache als zusätzliches, zunehmend beliebtes Instrument etabliert. Unter der auch als Headhunting oder Executive bzw. Direct Search bezeichneten Maßnahme ist die aktive, von einer beauftragten Personalberatung systematisch betriebene Suche von Führungskräften für obere und oberste Ebenen mittels direkter Kontaktaufnahme zu potenziellen Kandidaten zu verstehen. Hierbei sollten die Kandidaten jedoch nicht überredet werden, das derzeitige Unternehmen zu verlassen und zu wechseln. Zudem sollte von Seiten der Personalberatung kein direktes Angebot genannt werden (Murmann,  1999, S. 126 ff.). Auch wird die erforderliche Grundeignung der angesprochenen und wechselwilligen Personen nicht mehr detailliert überprüft, sondern aufgrund des wahrgenommenen Erfolgs in ihrer bisherigen Tätigkeit als weitgehend gegeben unterstellt. „ Fähigkeitsanalysen “ konzentrieren sich i.d.R. auf die Gewinnung eines persönlichen Eindrucks durch Personalberater sowie Vertreter des suchenden Unternehmens im Rahmen von informellen Gesprächen bzw. Präsentationen (Murmann,  1999, S. 133 f.).
Auch wenn aus rechtlicher Sicht eine Direktansprache in Form der Personalberatung – anders im Falle der Arbeitsvermittlung – zulässig ist, ergeben sich doch häufig Probleme vor dem Hintergrund von guter Sitte, Anstand und Moral. Unabhängig hiervon ist aber die Direktansprache dann nicht rechtskonform, wenn das abwerbende Unternehmen den Arbeitnehmer zum Vertragsbruch – bspw. zur Nichteinhaltung von Kündigungsfristen – verleitet, oder Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht vorliegen. Dies kann sogar zu Schadensersatzansprüchen gegen das abwerbende Unternehmen führen (Bröckermann,  2001, S. 75).

b) Materielle Arbeitsbedingungen


Die Regelung materieller Arbeitsbedingungen erfolgt in Deutschland grundsätzlich unter Beteiligung der Tarifvertragsparteien. Sie findet ihre inhaltliche Konkretisierung in Tarifverträgen. Sowohl bei praxisorientiertem als auch theoretischem Zugang zum Begriff der Führungskraft müssen allerdings qua Arbeitsvertrag beschäftigte Führungskräfte als außertarifliche Arbeitnehmer aufgefasst werden (Oechsler, et al.2000, S. 494), womit tarifvertragliche Regelungen für Arbeitszeit und Entgeltfindung nicht zu beachten sind. Insbesondere im Falle solcher Führungskräfte, welche betriebsverfassungsrechtlich als Arbeitnehmer zu gelten haben, verlieren damit zwar gesetzliche Schutzrechte, wie sie für die Arbeitszeit vor allem durch das Arbeitszeitgesetz vorgesehen sind, nicht ihre Wirkung; ausdrücklich ausgenommen hiervon sind gemäß Arbeitszeitgesetz nur wenige Status- bzw. Funktionsträger wie leitende Angestellte nach der Definition des BetrVG oder Chefärzte. Auch müssen evtl. im Arbeitsvertrag enthaltene Verweise auf jeweils gültige Tarifverträge beachtet werden. Die Bereitschaft zu Überstunden in einem Maße, das die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 10 Stunden pro Tag überschreitet, der Verzicht auf eine entsprechende zusätzliche Vergütung sowie die Nichtteilnahme an Modellen der Arbeitszeitflexibilisierung oder der Teilzeitarbeit (Vedder,  1999, S. 21 ff.) gehören jedoch zur Rollenerwartung gegenüber bzw. zum Selbstverständnis von Führungskräften vor allem der oberen Hierarchieebenen. Diesem erhöhten Einsatz von Führungskräften steht in Bezug auf die Entgeltsituation aber von vornherein eine ebenso großzügige Handhabung gegenüber. Üblicherweise setzt sich die Vergütung von Führungskräften aus Grundbezügen, variablen Bezügen und Zusatzleistungen zusammen (Oechsler, et al.2000, S. 497 ff.). Die Grundbezüge können hierbei nach dem allgemeinen Grundsatz der Anforderungsgerechtigkeit, aber auch nach dem Prinzip der Marktgerechtigkeit sowie der Qualifikationsorientierung festgelegt werden. Aufgrund von verschiedenen Schwierigkeiten, bei Führungskräften eine Anforderungsanalyse unabhängig vom konkreten Stelleninhaber durchzuführen, dürften in der Praxis marktorientierte Verfahren zur Bestimmung der Grundbezüge dominieren. Variable Entgeltbestandteile sollen eine zusätzliche Anreizfunktion zum unternehmenszielkonformen Handeln der Führungskräfte ausüben. Ihre Ausgestaltung für Führungskräfte in Deutschland, hierbei insbesondere für Top-Manager folgt in der jüngeren Vergangenheit verstärkt US-amerikanischen Vorbildern (Brümmer, /Bertram,  1998, S. 793) und deren theoretischer Grundlage, dem Prinzipal-Agenten-Ansatz. Sie orientieren sich zum Teil am Leistungsergebnis der Führungskräfte, zum Teil liegt einzelnen Formen aber auch die Intention zugrunde, das zukünftige Verhalten der Führungskräfte zu beeinflussen.

c) Outplacement


Die Annahme positiver Erfolgswirkungen einer spezifischen Ausgestaltung von Entgeltsystemen für Führungskräfte verkehrt sich dann in ihr Gegenteil, wenn die betreffenden Unternehmen in wirtschaftlich bedrohliche Situationen geraten sind. Hierbei notwendige Freisetzungen von Führungskräften, welche zumeist über den Abschluss von Aufhebungsverträgen und die Zahlung von Abfindungen realisiert werden, können sich nämlich bereits aufgrund deren besonderer vertraglicher Absicherung als sehr kostenintensiv erweisen. Ein zusätzlicher Kostenfaktor resultiert aus der häufig engen Koppelung zwischen Führungskräften und Betriebsklima sowie Unternehmensimage. Im Falle einer konfliktären Freisetzung sind somit ebenfalls negative, d.h. kostenträchtige Effekte zu erwarten. Da seit geraumer Zeit Outplacementvereinbarungen innerhalb von Aufhebungsverträgen an Bedeutung gewinnen (Bernt, /Böhnke,  2001, S. 18 f.), sollte insofern im Sinne einer objektivierten Analyse dieser Entwicklung neben den primär genannten sozialpsychologischen Motiven einer Outplacement-Lösung auch immer deren positiver Kostenaspekt beachtet werden. Mit Outplacement oder auch Newplacement wird zum einen versucht, für das Unternehmen und die Führungskraft unter Mitwirkung einer i.d.R. externen Personalberatung eine einvernehmliche, nicht von Rechtsstreitigkeiten geprägte Trennung herbeizuführen. Zum anderen besteht das Anliegen darin, der Führungskraft zügig eine adäquate neue Position bei einem anderen Unternehmen anbieten zu können, wodurch eben nicht nur psychische Belastungen der Führungskraft und eventuelle Schuldgefühle der freisetzenden Verantwortlichen reduziert werden (Mayrhofer,  1989, S. 55 ff.); aufgrund des Sachverhalts, dass der von der Führungskraft aushandelbare monetäre Abfindungsbetrag von der Differenz des Barwertes des noch zu zahlenden internen Einkommens und dem Barwert der externen Einkommensströme abhängt, schlägt sich eine Verbesserung der alternativ bestehenden Beschäftigungsmöglichkeit unmittelbar in einer Verringerung der geforderten Abfindung nieder (Backes-Gellner, /Lazear, /Wolff,  2001, S. 113). Trotz des teuren, vom Unternehmen zu zahlenden Outplacements ist es demnach möglich, Freisetzungskosten zu vermindern. Unter sozial-psychologischen wie auch ökonomischen Gesichtspunkten ist Outplacement damit als wirkungsvolle Variante der Freisetzung von Führungskräften zu bezeichnen. Das gilt allerdings nur für die beschriebene offene Form des Outplacements. Versteckt wird Outplacement nämlich so gehandhabt, dass das Unternehmen eigenständig einen Personalberater beauftragt, einer nichts ahnenden Führungskraft attraktive Stellenangebote zu übermitteln. Die Führungskraft wird demnach erhöhten Anreizen ausgesetzt, das bisherige Unternehmen von sich aus zu verlassen. Sowohl unter moralischen als auch im Falle des Bekanntwerdens unter mittel- bis längerfristigen ökonomischen Gesichtspunkten ist daher die versteckte Variante des Outplacements abzulehnen.

2. Abhängigkeit organisatorischer, strategischer und erfolgsbezogener Variablen von Führungskräften


Dem Forschungsgebiet „ Einfluss von Führungskräften auf betriebswirtschaftliche Kerngrößen “ sind im Wesentlichen zwei Kategorien von empirischen Analysen zuzurechnen. Zum einen besteht der psychologisch orientierte Anspruch, das Wesen der Führungskraft über personindividuelle Merkmale wie Werthaltung, prägende Ereignisse, Ausbildung oder Alter zu erfassen und in Beziehung zu setzen mit Unternehmensvariablen wie Struktur, Strategie und daraus zumeist abgeleitet Erfolg (Schrader,  1995, S. 117 ff.). Zum anderen verzichtet eine Reihe von Arbeiten darauf, die Führungskraft empirisch im Wesentlichen über ihre Charaktereigenschaften zu erfassen. Grundlage für die Analyse des Zusammenhangs zwischen Ausprägung von Unternehmensvariablen und Führungskraft ist vielmehr deren eher objektiv erfassbares Merkmal „ Amtsdauer “ bzw. „ Wechsel im Amt “ , wobei die zugrunde liegenden Annahmen bzw. die Erläuterungen der Ergebnisse aber wiederum auf psychologischen Erkenntnissen beruhen (Pitcher, /Chreim, /Kisfalvi,  2000, S. 625 ff.).
Die Befunde des direkt psychologisch orientierten Untersuchungsansatzes lassen in der Gesamtschau darauf schließen, dass die persönlichen Charakteristika von Top-Managern erheblichen Einfluss auf Struktur, Strategie und Erfolg des Unternehmens haben. Zur Verdeutlichung sei auf Ergebnisse verwiesen, wonach

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Entscheider mit einer nicht flexiblen Denkweise bürokratische, stark zentralisierte Organisationsstrukturen bevorzugen (Miller, /Toulouse,  1986, S. 1390 ff.),

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mit zunehmendem Ausbildungsniveau der Spitzenführungskraft die Flexibilität der Unternehmensstrategie zunimmt (Thomas, /Litschert, /Ramaswamy,  1991; Wiersema, /Bantel,  1992) oder

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in unsicheren Umwelten charismatische Top-Manager einen größeren Unternehmenserfolg realisieren können als nicht charismatische Spitzenführungskräfte (Waldman, et al.2001, S. 134 ff.).


Resultate des „ nicht psychologischen “ Ansatzes lassen darauf schließen, dass mit zunehmender Amtsdauer eines Top-Managers die Unfähigkeit des betreffenden Unternehmens deutlich wird, sich an Umweltentwicklungen anzupassen (Miller,  1991; Boeker,  1997, S. 163 ff.). Das Unternehmen verliert im Sinne einer Verkrustung an strategischer Vitalität, da der Entscheider weitgehend von einer allenfalls langfristig veränderbaren kognitiven Landkarte bestimmt wird. Des Weiteren liegen Befunde vor, die einzelne Führungswechsel (Virany, /Tushman, /Romanelli,  1992, S. 72 ff.) oder Sequenzen von Nachfolgeereignissen (Oesterle,  1999) als Auslöser von Veränderungen wesentlicher organisatorischer und strategischer Variablen sowie als Determinante des Unternehmenserfolgs identifizieren.
Insgesamt fällt bei den empirischen Ansätzen zur Analyse des Einflusses von Führungskräften auf betriebswirtschaftliche Kerngrößen der grundsätzliche Verzicht auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung auf. Dies mag zwar zum Teil in dem – auch international betrachtet – immer noch geringen Anteil von Frauen in Top-Management-Positionen begründet sein. Dass eine explizite Berücksichtigung der Geschlechterproblematik aber dennoch berechtigt sein dürfte, verdeutlichen bspw. Ergebnisse entsprechend angelegter Analysen der Personalführung durch weibliche Führungskräfte (Friedel-Howe,  1990, S. 3 ff.). Diese weisen nicht nur auf durchaus bestehende Spezifika weiblicher Führung hin, sondern verdeutlichen, in welch starkem Maße weibliche Führungskräfte mit von Männern definierten Mythen und Rollenerwartungen (Autenrieth,  1996, S. 254 ff.; Friedel-Howe,  2003, S. 547 ff.) konfrontiert werden, wodurch wiederum eine Beeinflussung des weiblichen Führungsverhaltens verursacht werden dürfte.

III. Mitbestimmungsrechtlicher Status von Führungskräften in Deutschland


Innerhalb einer in § 5 BetrVG enthaltenen arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Eingrenzung von Nichtarbeitnehmern wird zumindest implizit auch das entsprechende gesetzgeberische Verständnis von Führungskraft deutlich. Gegenüber der praxisorientierten weiten Definition von Führungskraft sind darunter nach dem BetrVG ausschließlich Angehörige der oberen Hierarchieebenen zu verstehen. Bezüglich der mitbestimmungsrechtlichen Kompetenzen bzw. Nicht-Kompetenzen wird aber dennoch keine vollständige Identität von Arbeitgeber im Sinne der Unternehmensleitung und leitenden Angestellten als Teilmenge der Führungskräfte unterstellt. Dies zeigt sich insbesondere in der seit 1989 im Sprecherausschussgesetz (SprAuG) geregelten Mitbestimmung von leitenden Angestellten auf Betriebsebene. Leitende Angestellte werden dadurch nämlich zu eigenständigen Verhandlungspartnern der Betriebs- bzw. Unternehmensleitung, mithin zu einer eigenständigen Gruppe von Führungskräften erklärt. Während Führungskräfte auf Ebenen unterhalb von leitenden Angestellten somit in ihren Interessen vom Betriebsrat vertreten werden, können leitende Angestellte zur Ausübung der Mitbestimmung auf ein spezifisches Organ, den Sprecherausschuss, zurückgreifen. Unter leitenden Angestellten sind hierbei gemäß § 5 III BetrVG solche Führungskräfte zu verstehen, die Kriterien wie Selbstständigkeit bei der Einstellung und Entlassung von anderen Arbeitnehmern, das Verfügen über eine „ echte “ Prokura oder die Berechtigung zum eigenständigen Treffen wesentlicher, für den Fortbestand des Betriebs bedeutsamer Entscheidungen erfüllen. Das SprAuG besitzt gemäß § 1 zunächst Gültigkeit für Betriebe mit in der Regel mindestens zehn leitenden Angestellten. Gibt es in einem Unternehmen mehrere Sprecherausschüsse, so ist nach § 16 I SprAuG ein Gesamtsprecherausschuss zu bilden. Zudem kann innerhalb eines Konzerns gemäß § 21 I SprAuG ein Konzernsprecherausschuss konstituiert werden. Schließlich gestattet der Gesetzgeber durch § 20 I SprAuG sogar die Einrichtung eines Unternehmenssprecherauschusses. Selbst dann nämlich, wenn keiner der Betriebe eines Unternehmens die erforderliche Mindestzahl an leitenden Angestellten für die Bildung von Sprecherausschüssen aufweist, diese Zahl aber über alle Betriebe des Unternehmens hinweg erreicht bzw. übertroffen wird, kann auf Antrag der Mehrheit der leitenden Angestellten ein solcher Unternehmenssprecherausschuss gebildet werden. Im Gegensatz zum Betriebsrat besitzt der Sprecherausschuss aber keine eigentlichen Mitbestimmungsrechte im Sinne einer gleichberechtigten Entscheidungsteilhabe, sondern lediglich einige wenige Informations-, Anhörungs- und Beratungsrechte, d.h. Mitwirkungsrechte bei sozialen Fragen sowie bei personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten (Sundermann,  1992, Sp. 1359 f.; Löwisch,  1994, S. 17 und S. 162). Neben diesen Mitwirkungsrechten besteht für den Sprecherausschuss noch gemäß § 28 I SprAuG die Möglichkeit, ähnlich wie der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber freiwillige Richtlinien zu vereinbaren, womit der Sprecherausschuss über eine gewisse Normsetzungsbefugnis verfügt. Derartige Richtlinien können sich auf Inhalt, Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen leitender Angestellter beziehen, wobei unter „ Inhalt von Arbeitsverhältnissen “ durchaus auch ein Sozialplan zu verstehen ist (Löwisch,  1994, S. 216). Neben den skizzierten Mitbestimmungsrechten des Sprecherausschusses gewährt das SprAuG nach § 26 auch einzelnen leitenden Angestellten Rechte. Hierzu gehören bspw. das Recht zur Einsicht in die Personalakte oder das Recht zur Kommentierung, wobei der Sprecherausschuss auf Bitten des leitenden Angestellten hin diesen unterstützen muss (Löwisch,  1994, S. 151).
Die skizzierten Regelungen der betrieblichen Mitbestimmung vermitteln zwar den Eindruck, der Gesetzgeber erkenne die Eigenständigkeit von leitenden Angestellten gegenüber anderen Arbeitnehmern sowie der Unternehmensleitung an; es sollte aber nicht außer Acht gelassen werden, dass diese Anerkennung bei Einbeziehung eines weiteren Gesetzes zur Mitbestimmung keinesfalls überzeugend gehalten ist. Im MitbG von 1976, d.h. bei der gesetzlichen Regelung der Mitbestimmung von Arbeitnehmern auf Unternehmensebene zählen nämlich leitende Angestellte gemäß § 3 II 2 zu der „ normalen “ Arbeitnehmerschaft. Dies hat zur Folge, dass im Falle eines gelebten arbeitgeberähnlichen Habitus\' die leitenden Angestellte im Mitbestimmungsorgan „ Aufsichtsrat “ nicht als Arbeitnehmervertreter, sondern als Vertreter der Kapitaleigner agieren und so zur Scheinparität der Mitbestimmung nach MitbG 1976 beitragen.

IV. Ausbildung und Karrierewege von Führungskräften


Für angehende und noch jüngere Führungskräfte jedweder Richtung zählt es mittlerweile zu den nahezu unabdingbaren Voraussetzungen beruflichen Ein- und Aufstiegs, über einen Hochschulabschluss zu verfügen (Brandstätter,  1997, S. 85). Im Bereich der Top-Management-Positionen ist das Hochschulstudium bereits seit Jahrzehnten eine Bedingung zum Eintritt in die höchste Hierarchieebene. Diesbezüglich lässt eines der wenigen neueren Forschungsprojekte zur Karriere deutscher Spitzenführungskräfte (Hartmann,  1995, S. 442 ff.) darauf schließen, dass ca. 75% der Manager mit Hochschulstudium entweder Wirtschaftswissenschaften oder Jura studierten. Einen naturwissenschaftlichen Studienabschluss weisen demgegenüber nur ca. 11% auf. Generell haben sich in Deutschland aber noch keine den Aufstieg garantierenden Universitäten oder Fachhochschulen herausgebildet, wie dies etwa in Frankreich, in Großbritannien oder auch in den USA traditionell der Fall ist (Hartmann,  1995, S. 440 f.). Auch wenn es im Gegensatz zu den genannten Ländern in Deutschland noch keine Eliteuniversitäten im eigentlichen Sinne gibt; die zunehmende Durchführung und Verbreitung von Rankings sowie die Welle an Gründungen privater Universitäten könnte längerfristig international vergleichbare Tendenzen zum bewussten Studium an karriereförderlichen Institutionen herausbilden. Innerhalb des beruflichen Werdegangs einer Führungskraft dürfte schließlich aufgrund der fortschreitenden Internationalisierung von Unternehmen ein weiteres Kriterium aufstiegsrelevante Wirkung entfalten; es handelt sich dabei um den von der betriebswirtschaftlichen Theorie bereits vehement eingeforderten, insbesondere in der Vita aktueller deutscher Spitzenführungskräfte aber noch eher gering verbreiteten mehrjährigen Auslandseinsatz (Rieker, /Wirth,  1996, S. 244 ff.; Auslandseinsatz von Mitarbeitern).
Literatur:
Autenrieth, C. : Wandel im Personalmanagement. Differenzierung und Integration im Interesse weiblicher Führungskräfte, Wiesbaden 1996
Backes-Gellner, U./Lazear, E. P./Wolff, B. : Personalökonomik. Fortgeschrittene Anwendungen für das Management, Stuttgart 2001
Bernt, J./Böhnke, M. H. W. : Outplacement. Personalentwicklung nach innen und außen, in: Der Arbeitgeber, Jg. 53, H. 5/2001, S. 18 – 19
Boeker, W. : Strategic Change: The Influence of Managerial Characteristics and Organizational Growth, in: AMJ, Jg. 40, H. 1/1997, S. 152 – 170
Brandstätter, H. : Die Entscheidung für ein Studium als Start der beruflichen Karriere, in: Perspektiven der Karriere, hrsg. v. Rosenstiel, L. von/Lang-von Wins, T./Sigl, E. et al., Stuttgart 1997, S. 85 – 100
Bröckermann, R. : Personalwirtschaft. Lehrbuch für das praxisorientierte Studium, 2. A., Stuttgart 2001
Brümmer, J./Bertram, C. : Aktienoptionspläne für Führungskräfte. Eine Untersuchung zentraler personalwirtschaftlicher Parameter am Beispiel der Schering AG, in: Betrieb und Wirtschaft, Jg. 52, H. 20/1998, S. 793 – 797
Fayol, H. : Administration Industrielle et Générale. Bulletin de la Societe de l\'Industrie Minerale, 1916
Friedel-Howe, H. : Ergebnisse und offene Fragen der geschlechtsvergleichenden Führungsforschung, in: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, Jg. 34, H. 1/1990, S. 3 – 16
Friedel-Howe, H. : Frauen und Führung: Mythen und Fakten, in: Führung von Mitarbeitern. Handbuch für erfolgreiches Personalmanagement, hrsg. v. Rosenstiel, L. von/Regnet, E./Domsch, M. et al., 5. A., Stuttgart 2003, S. 547 – 559
Gulick, L. H. : Notes on the Theory of Organization, in: Papers on the Science of Administration, hrsg. v. Gulick, L. H./Urwick, L. F. et al., New York 1937, S. 1 – 47
Gutenberg, E. : Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. 1. Band: Die Produktion, 16. A., Berlin et al. 1969
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