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Kennzahlen und Kennzahlensysteme


Inhaltsübersicht
I. Zahlen, Zahlenwert, Dimension
II. Kennzahlen
III. Systematik von Kennzahlen
IV. Aufgaben von Kennzahlen
V. Kennzahlensysteme
VI. Kennzahlen zur Systemanalyse und zur Systemgestaltung
VII. Kennzahlen zur Erfüllung von Controllingaufgaben
VIII. Key Figures im wertorientierten Controlling

I. Zahlen, Zahlenwert, Dimension


Die Verwendung des Wortes „ Zahl “ in unserer Kultur und Sprache ist äußerst mannigfaltig. Zahlen vermitteln zunächst nur Größenordnungen, indem sie einen bestimmten Sachverhalt quantitativ kennzeichnen. Die Vorstellung der Größenordnung ist dabei oft nur sehr vage. Die Einstellung von Menschen zu Zahlen ist daher subjektiv.
Der Wert vieler Größen ist das Produkt aus einem Zahlenwert und einer Einheit. Es sind Größen mit Dimension im Gegensatz zu Größen ohne Dimension: Wert = Zahlenwert × Einheit (Dimension). In vielen Anwendungen ist die Dimensionsanalyse von Zahlenverknüpfungen ein nützliches Vorgehen zur Fehleranalyse und Interpretation.
Nur verhältnisskalierte Zahlen lassen sich sinnvoll verknüpfen. Mit Zahlen gleicher Dimension darf man die vier Grundrechenarten ausführen; dagegen kann man Zahlen unterschiedlicher Dimension sinnvoll nur multiplizieren und dividieren.

II. Kennzahlen


Mit Kennzahl (engl. ratio, key figure) bezeichnen wir ganz allgemein eine Absolut- oder Verhältniszahl, die einen bestimmten (möglichst kardinal messbaren) Sachverhalt oder Tatbestand mit besonderer Aussagekraft beschreibt. Durch Kennzahlen versucht man das Wesentliche oder Typische der wirklichen Gegebenheiten in einer Zahl zu verdichten, aber erhebt nicht – wie oft fälschlich angenommen – den Anspruch auf Gültigkeit im Einzelfall.
In der Statistik beschreiben z.B. Lagemaße ein „ Zentrum “ einer Häufigkeitsverteilung (Mittelwert, Median, Modalwert) oder die Streuungsmaße (Spannweite, Varianz, Standardabweichung, Variationskoeffizient) eine „ Streuung “ der Merkmalsausprägungen. Umsatz, Bilanzsumme oder Mitarbeiterzahl sagen etwas über die „ Größe “ von Unternehmen aus. Kennzahlen werden in nahezu allen wissenschaftlichen Disziplinen verwendet. Die beschreibende, deskriptive Statistik verwendet eine Vielzahl von Kenngrößen, die sich vorzugsweise auf den Aspekt der „ besonderen Aussagekraft “ konzentrieren.
Betriebwirtschaftliche Kennzahlen sind solche, die in verdichteter, konzentrierter Form über einen zahlenmäßig erfassbaren, betriebswirtschaftlichen Tatbestand informieren. Damit man mit Kennzahlen Rechenoperationen durchführen und das Ausmaß von Unterschieden in Merkmalsausprägungen erfassen kann, müssen wir die kardinale (metrische) Messbarkeit fordern. Es ist also zu unterscheiden zwischen Kennzahlen, die Merkmalen (Quantitative Merkmale: Alter, Gewicht, Einkommen, Umsatz) gleichzusetzen sind und Kennzahlenwerten, die Merkmalsausprägungen entsprechen (34 Jahre, 110 kp, 125.000 EUR). Kennzahlen sind somit durch drei Parameter charakterisiert: Objekt, Zeitbezug und Zahlenwert [Dimension]. Das Objekt gibt an, worüber die Kennzahl informiert (Umsatz des Unternehmen A, Mitarbeiterbestand der Firma X). Der Zeitbezug ist entweder ein Zeitpunkt, dann ist die Kennzahl eine Bestandsgröße (z.B. Bilanzsumme am 31.12.2001; Dimension: Geldeinheiten). Oder der Zeitbezug ist eine Periode, dann ist die Kennzahl eine Stromgröße (z.B. Kosten des Monats Mai; Dimension: Geldeinheiten/Monat). Man hat sich also stets zu fragen: Für welchen Zeitpunkt oder für welchen Zeitraum gilt die Kennzahl? Schließlich gehört natürlich zu jeder Kennzahl der Zahlenwert (z.B. 1.250 EUR) mit Dimensionsangabe.
Für die Zahlenwerte einer Kennzahl gibt es folgende Möglichkeiten:

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Sie sind Merkmalsausprägungen, z.B. Umsatz im Jahr 2001 = 17.129.423 EUR; Mitarbeiterbestand am 31.12.01 = 1.593 MA.

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Sie werden durch Rechenoperationen berechnet, z.B. aus Gewinn des Jahres 2001 = 1.322.400 EUR und Umsatz im Jahr 2001 = 17.129.423 EUR zu „ Umsatzrendite “ = 1.322.400/17.129.423 = 7,72 %.

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Sie werden durch Rechenoperationen aus anderen ebenfalls berechneten Kennzahlenwerten ermittelt; z.B. „ Kapitalrentabilität = Gewinn/Kapital “ aus „ Umschlagshäufigkeit “ = Umsatz/Kapital und „ Umsatzrendite “ = Gewinn/Umsatz “ .

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Die Kombination von Punkt 2 und 3 trifft zu.


III. Systematik von Kennzahlen


Eine Systematisierung von Kennzahlen nach Merkmalen dient der Gewinnung eines besseren Überblicks über die verschiedenen Arten und über die Anwendungsgebiete:

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Statistisch-methodische Aspekte: Absolute Zahlen/Grundzahlen (Einzelzahlen, Summen, Differenzen, Lagemaße, Streuungsmaße, ?); Verhältniszahlen (Gliederungszahlen, Beziehungszahlen, Indexzahlen).

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Merkmalsausprägung: Klassifikatorisch (Nominalskaliert); Komparativ (Ordinalskaliert); Kardinal/Metrisch (Intervallskaliert, Ratioskaliert, Absolutskaliert).

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Zeitliche Struktur: Zeitpunktgrößen/Bestandsgrößen; Zeitraumgrößen/Stromgrößen.

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Inhaltliche Struktur: Mengengrößen (physikalisch, andere), Finanzielle Größen/Werte (ökonomisch), ?

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Datenquelle: Empirische Erhebung; Buchhaltung; Jahresabschluss; Kostenrechnung, ?

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Produktive Struktur: Inputgröße (Einsatz); Outputgröße (Ergebnisse); Beziehung zwischen Output- und Inputgröße.

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Informationskategorie: Faktische Zahlen (IST), Prognosezahlen (WIRD, PLAN); Vorgabegröße (SOLL); ? IST-Kennzahlen dokumentieren Tatbestände oder Ereignisse in der Vergangenheit. SOLL-Kennzahlen geben eine Vorgabe als Richtwert für ein bestimmtes zukünftiges Handeln.

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Aggregationsgrad: Gesamtgrößen (Unternehmung); Teilgrößen (Bereiche, Sparten); Einzelgrößen (Stellen).

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Fristigkeit: Strategische Kennzahlen; Operative Kennzahlen.

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Sicherheit: Einwertige Zahlen (Sicherheit); Mehrwertige Zahlen mit/ohne Wahrscheinlichkeitsangabe (Risiko, Chance).


Innerhalb der Methodik der Kennzahlen spielen die Verhältniszahlen (engl. ratio) als Quotient zweier Absolutzahlen eine besondere Rolle. Verhältniszahlen lassen sich wie folgt untergliedern:

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Gliederungszahlen: Teilgröße dividiert durch übergeordnete Gesamtgröße gleicher Dimension (Anteil, Prozent, Promille), z.B. Anlagevermögen/Gesamtvermögen; Ausländeranteil.

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Beziehungszahlen: Quotient zweier sinnvoll in Verbindung stehender, verschiedenartiger Zahlen, z.B. Hektarertrag, Rentabilität. Eine erste Gruppe von Beziehungszahlen sind Verursachungszahlen: Bewegungsgröße/Bestandsgröße, z.B. Zahl der Todesfälle/Einwohner, Umsatz zu Erzeugnisbestand. Entsprechungszahlen sind alle Beziehungszahlen, bei denen man Ereignisse nicht auf ihren Bestand beziehen kann, z.B. Schüler/Lehrerverhältnis.

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Indexzahlen: Quotient zweier Grundzahlen der gleichen Art, jedoch zeitlich (seltener örtlich) verschieden, z.B. Indexzeitreihe des Umsatzes, Lohnkostenindex, Preisindex. Man misst die betrachtete Zählergröße an einer Basisgröße, die gleich 100 gesetzt wird, um alle übrigen Größen daran zu messen.


IV. Aufgaben von Kennzahlen


Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre hat die Systemorientierung und die Entscheidungsorientierung seit langem einen besonderen Stellenwert. Betrachten wir eine Betriebswirtschaft als eine Menge von in Wechselwirkung stehender Elemente, so lassen sich viele dieser Verbundbeziehungen durch quantitative Maße beschreiben. Kennzahlen lassen sich daher unter dem Aspekt der Systemorientierung a) zur Analyse des jeweiligen Systemzustandes und b) zur Planung der Systementwicklung einsetzen. Unter Controllingaspekten dienen Kennzahlen a) als Entscheidungskriterien zur Steuerung und Koordination der Aufgabenerfüllung und b) als Kriterien zur Kontrolle der Arbeitsweise von Produktivsystemen.
In diesem Zusammenhang wird klar, dass Kennzahlen besonders geeignet sind, um in der Unternehmensrechnung und im Controlling instrumental Verwendung zu finden. Sie stellen generell Informationen dar. Weil Kennzahlen stets nur über begrenzte Ausschnitte der Realität informieren, muss man sich ihre Grenzen vergegenwärtigen:

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Zeitpunkt-Kennzahlen spiegeln nur eine Augenblickssituation wieder. Aussagen über Zeiträume und zeitliche Entwicklungen sind nicht möglich.

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Die Qualität des Datenmaterials bestimmt die Aussagegüte der abgeleiteten Kennzahlen (GIGO garbage in garbage out).

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Älteres Datenmaterial hat nur bedingte Prognosekraft für Gegenwart und Zukunft.

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Extern induzierte Maßstabs- oder Regeländerungen beeinträchtigen die Aussagekraft von Kennzahlen im Zeitvergleich (z.B. Inflationseinfluss, Gesetzesänderungen).

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Die Interpretation von Kennzahlen bedarf einer Theorie, d.h. der Annahme von Hypothesen.


V. Kennzahlensysteme


Eine Menge von Kennzahlen, die durch Beziehungen bzw. Zusammenhänge zu einer Struktur verknüpft sind, heißt Kennzahlensystem. In Kennzahlensystemen erhalten Kennzahlen somit eine Bewertung, was die Aussagekraft hinsichtlich bestimmter Ziele verstärkt und Fehlinterpretationen entgegenwirken kann. Erfolgt in einer Menge von Kennzahlen eine unterschiedliche Bewertung, so ergibt sich eine Kennzahlen-Hierarchie. Ein hierarchisches Kennzahlensystem ist durch mehrere Hierarchieebenen gekennzeichnet (Über-/Unterordnungsbeziehungen). Kennzahlen höherer Hierarchieebenen weisen ein höhere Wertung auf als Kennzahlen unterer Hierarchieebenen; somit ergeben sich Kennzahlen erster, zweiter, ?, n-ter Ordnung. Die Hierarchie ergibt sich aus logischen (definitorisch, mathematisch), empirischen oder subjektiv-bewertenden Beziehungen. Haben dagegen alle Kennzahlen den gleichen Stellenwert, so handelt es sich um ein Kennzahlen-Netz als reines Ordnungssystem. Eine Kennzahlen-Hierarchie ist ein Spezialfall des Netzes; eine Kennzahlenpyramide mit nur einer einzigen Spitzenkennzahl, ist ein Spezialfall der Hierarchie.
In Kennzahlen-Hierarchien stehen die Kennzahlen oft in einem logisch-mathematischen (definitorischen) Zusammenhang. Eine Kennzahl KZ = f(KZ1, KZ2, ?, KZn), deren Wert aus KZ1, KZ2, ?, KZn berechnet wird, kann hierarchisch über diesen angeordnet werden. Allerdings ist dann keine Wertung mit diesen Kennzahlen verbunden. Oft entspricht jedoch ein Kennzahlensystem, das sich aus einer sachlichen Wertung ergibt, dem System, das den rechentechnischen Zusammenhang dieser Kennzahlen darstellt. Grundsätzlich sollte jedoch versucht werden, Kennzahlensysteme empirisch-theoretisch (deduktiv) herzuleiten. Viele Kennzahlensysteme der Praxis wurden jedoch empirisch-induktiv (durch Plausibilitätsüberlegungen, Expertenbefragung, statistische Methoden) gewonnen.
Kennzahlensysteme können als Modelle betrachtet werden, die reale Sachverhalte zweckdienlich darstellen. Als Beschreibungsmodelle stellen sie quantitative Zusammenhänge fest. Als Erklärungs- und Prognosemodelle erklären sie die beschriebenen Zusammenhänge und leiten Prognosen aus den erklärten Zusammenhängen ab. Als Entscheidungsmodelle nutzen sie die Zusammenhänge für Gestaltungsvorschläge.
Kennzahlensysteme erfassen in der Praxis vielfach folgende Teilsysteme:

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Das Zielsystem: Kennzahlensysteme können als Ziel-Mittel-Hierarchie konstruiert und als Relevanzbaum graphisch veranschaulicht werden. Die Knoten eines solchen Baumes stellen Ziele bzw. Mittel zur Zielerfüllung für eine Planperiode dar. Die Kanten dagegen zeigen die Beziehungen zwischen solchen Zielen und Mitteln. Die Mittel zur Erreichung eines (übergeordneten) Zieles können ebenfalls als Ziele betrachtet werden, falls zu deren Erreichung wiederum andere Mittel eingesetzt werden müssen. Als typisches Beispiel sei das Oberziel „ Kapitalrentabilität (ROI) “ genannt, das durch zwei Mittel „ Umschlagshäufigkeit des Kapitals “ und „ Umsatzrentabilität “ erreicht werden kann.

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Das Entscheidungssystem: Entscheiden heißt aus mehreren Handlungsalternativen auswählen und damit zuvor eine Bewertung vorzunehmen. Dazu bedarf es eines oder mehrerer Entscheidungskriterien und relevanter Informationen über diese Alternativen. Kennzahlen können Informationen über Sachverhalte in Form von Wissen oder Kenntnissen vermitteln. Eine Quantifizierung der Alternativen über (z.B. von Kosten-, Nutzen-, Risiko-) Kennzahlen ist häufig und ermöglicht eine objektive und nachvollziehbare Bewertung.

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Das Kommunikationssystem: Kommunikation dient der Verständigung zweier Personen. Kennzahlen enthalten quantitative Informationen, die als Nachrichten übertragen werden können. Die Kennzahl ist der Informationsträger, wohingegen der Kennzahlenwert die eigentliche Information darstellt.

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Das Kontrollsystem: Der Vergleich von Realisiertem mit dem Geplanten oder den Vorgaben ist eine häufige Form von Kontrolle in Unternehmen. Der PLAN-IST- oder der SOLL-IST-Vergleich bildet die Grundlage für eine Systembeurteilung durch eine Analyse der ermittelten Abweichungen. Auch im Bereich der Kontrolle lassen sich Kennzahlensysteme einsetzen, weil Kennzahlen über Zielsysteme vorgegeben werden und im IST (kardinal) gemessen werden können. Auf diese Weise wird ein Wertevergleich ermöglicht (s.a. unter VI.).


In der Literatur finden sich zahlreiche Konzepte für Kennzahlensysteme. Beispielhaft werden einige finanzielle Kennzahlensysteme genannt: DuPont System of Financial Control, 1919; ZVEI-Kennzahlensystem, 1970; R-L-System von Reichmann/Lachnit (Reichmann, T./Lachnit, L.  1976); MIDIAS-Kennzahlensystem der DATEV, 1992 und System BP-14 (Baetge, J.  1998).
Ein Systemkonzept zur Verknüpfung finanzieller und nicht-finanzieller Kennzahlen zur Steuerung von Unternehmen stellt die Balanced Scorecard (vgl. Kaplan, R.S./Norton, D.P.  1997) dar.

VI. Kennzahlen zur Systemanalyse und zur Systemgestaltung


Gegenstand einer Systemanalyse und -gestaltung ist die Unternehmung als Ganzes und ihre in der Regel hierarchisch oder als Netzwerke gegliederten Teilbereiche. Im Rahmen der Systemanalyse werden traditionelle Abläufe (Prozesse) prinzipiell in Frage gestellt, um Verbesserungen durch Um- oder Neugestaltung zu erzielen. Die Analysefelder ergeben sich aus den Wissenswünschen der Analytiker. Sie können sehr unterschiedlicher Natur sein. Beispielhaft werden genannt (s.a. unter III):

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Strategien (Ziele, Kernkompetenzen, Erfolgsfaktoren, Strategische Geschäftseinheiten).

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Konstituierende Elemente (Standort, Rechtsform, Infrastruktur).

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Funktionsbereiche (Logistik, Beschaffung, Produktion, Absatz, Finanzen, Forschung und Entwicklung, Management).

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Produkte (Programm, Altersstruktur, Qualität, Service, Marktanteil, Volumen, Kosten, Preise, Innovationen).

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Ressourcen (Personal, Energie, Material, Technologie, Informationen, Finanzmittel).

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Werte (Vermögen und Schulden, Erfolgslage, Finanzlage, Marktwert).


Kennzahlen können zu allen Analysefelder ermittelt werden. Durch Kennzahlenanalyse versucht man Schlüsse zu ziehen und Aussagen zu machen. Dazu sind die Kennzahlen korrekt zu interpretieren und miteinander zu verknüpfen. Durch Orientierung an den drei Parametern einer Kennzahl (Objekt, Zeitbezug und Kennzahl) lassen sich drei Analysemethoden unterscheiden:

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Objektanalyse: Das Objekt ist konstant, dagegen sind Zeit und/oder Kennzahlen variabel. Beispielhaft zu finden in den Key Figures von Geschäftsberichten.

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Zeitreihenanalyse: Die Kennzahl ist vorgegeben, dagegen sind die Zeit und/oder das Objekt variabel. Typischerweise zu finden als Indexzeitreihe.

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Querschnittsanalyse: Hier betrachtet man für ein bestimmtes Zeitintervall verschiedene Objekte und/oder Kennzahlen. Beispielhaft als Betriebsvergleich oder Benchmarking zu finden.


Bislang gibt es keine in sich geschlossene Theorie der Kennzahlenanalyse in bestimmten Analysefeldern. Der Analytiker muss daher versuchen, die fehlende Theorie durch Arbeitshypothesen zu ersetzen. Für jede Kennzahl ist eine Arbeitshypothese zu bilden, die angibt, ob ein hoher oder ein niedriger Kennzahlenwert positiv oder negativ zu beurteilen ist. Die Hypothesen ergeben sich deduktiv aus Unternehmenszielen (z.B. Rentabilität), aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen (z.B. Gesamtkapitalkosten) oder aus dem Erfahrungswissen des Analytikers (z.B. Branchen-Umschlagskennzahlen).

VII. Kennzahlen zur Erfüllung von Controllingaufgaben


Kennzahlen ermöglichen Zielsetzungen und enthalten somit implizit Entscheidungsvorbereitungs- und Entscheidungsfunktionen. Sie bewirken darüber hinaus durch Vorgaben und Messungen eine Steuerung des Maßnahmen- und Ressourceneinsatzes. Kennzahlen begünstigen somit durch eine Umsetzung der Ziel-, Maßnahmen- und Ressourcenpläne in Sollgrößen für einzelne Bereiche die Planverwirklichung. Aufgrund ihres instrumentalen Charakters lassen sie sich als direkte oder indirekte Führungsinstrumente interpretieren. Kennzahlen(systeme) erfüllen dabei drei typische Controllingfunktionen:

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Kennzahlen(systeme) haben eine Informations- und Dokumentationsfunktion über eigene und fremde Aktivitäten und ihre Ergebnisse. Im Rahmen dieser Funktion findet die Feststellung oder Messung von IST-Größen statt.

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Kennzahlen(systeme) erfüllen eine Koordinations- und Integrationsfunktion  (Koordination), die insbesondere im Systemzusammenhang (s. a. unter VI.) zu einer prozessualen und strukturellen organisatorischen Gestaltung beitragen kann.

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Kennzahlen(systeme) weisen eine Motivations- und Anreizfunktion  (Anreizsysteme) auf. Ihre systemorientierte Berücksichtigung besitzt durch SOLL-Vorgaben einen direkten Einfluss auf die Ergebnisse von Aktivitäten.


VIII. Key Figures im wertorientierten Controlling


Die Wirtschaft durchläuft seit Mitte der 1980er-Jahre einen tief greifenden Wandel. Wertorientiertes Controlling mittels Kennzahlen stellt in diesem Kontext eine Antwort auf diese Herausforderungen dar. Ziel dieses Konzeptes ist die ausgewogene Betrachtung von vier Perspektiven: Performance in Form einer Gewinngröße, Performance in Form einer Liquiditätsgröße, nachhaltige Wertsteigerung und Risikoberücksichtigung.
Die kurzfristige (jährliche) Performance von Unternehmen hinsichtlich Erfolg und Liquidität wird ausreichend in Form bilanzieller Jahresabschlusskennzahlen ermittelt. Kennzahlen wie Ordentliches Betriebsergebnis, Finanzergebnis, Jahresgewinn oder -verlust, Rentabilitäten verschiedenster Art (Return on Investment, Return on Equity), Operating Cashflow, Free Cashflow, Cashflow Return on Investment u.v.a.m. sind hinlänglich bekannt und werden daher hier weiter nicht verfolgt.
Zur Unterstützung eines nachhaltigen Wertmanagements werden vorrangig zwei Größen herangezogen.

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Discounted Cashflow (DCF) Valuation: Hier werden in der Literatur verschiedene Varianten diskutiert, die teils auf den Unternehmensgesamtmarktwert (Entity-Ansatz: Adjusted present value-Ansatz; Weighted Average Cost of Capital-Ansatz; Durchschnittliche Kapitalkosten-Ansatz) oder nur auf den Marktwert des Eigenkapitals (Equity-Ansatz) abstellen. Der Marktwert des Eigenkapitals ist in allen Varianten die zentrale Zielgröße. Dieser Marktwert ist mit dem Aktionärsvermögen von Unternehmen identisch. Der Marktwert des Eigenkapitals berechnet sich aus dem Unternehmensgesamtmarktwert durch Subtraktion des Marktwertes des Fremdkapitals; beim Equity-Ansatz wird der Marktwert des Eigenkapitals direkt berechnet. Der Cashflow von Unternehmen wird in der Praxis meistens aufgrund der indirekten Methode (ausgehend vom Gewinn zu-/abzüglich nicht liquiditätswirksamer Posten) ermittelt und ergibt sich aus Aktivitäten in folgenden drei Bereichen: Bereich der laufenden Geschäfte (operating activities), Investitionsbereich (investing activities) und Finanzierungsbereich (financing activities). Der Operating Cashflow vor Steuern und vor Zinsen, vermindert um die Zahlungen für Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen, ist der relevante Cashflow, der zur Zahlung von Zinsen, Steuern und Kapitalrückzahlungen zur Verfügung steht. Er wird oft auch als Free Cashflow bezeichnet. Ist der Gegenwartswert (net present value) zukünftiger Free Cashflows positiv, so wird der Marktwert der Unternehmung vergrößert; negative Gegenwartswerte verkleinern ihn. Im DCF-Modell entspricht der Gesamtwert (gleich Marktwert) der Unternehmung der Summe aller Gegenwartswerte –  bei gegebenen Kapitalkosten – zukünftiger Cashflows, die mit den bilanzierten und nicht bilanzierten Vermögenswerten (assets) und Potenzialen (z.B. Know-how der human resources) generiert werden.

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Economic Value Added (Residualgewinn): Nach diesem Konzept wird ein zusätzlicher Unternehmenswert geschaffen, wenn eine über den Gesamtkapitalkosten liegende Rendite erwirtschaftet wird. Die Differenz zwischen erzielter Rendite (Net operating profit [NOP] vor oder nach Steuern bzw. Earnings before interests and taxes [EBIT] dividiert durch Investiertes Kapital [Net assets]) und Kapitalkosten (WACC) wird mit dem Investierten Kapital multipliziert. Aus den Economic Value Added Größen wird danach ein Market value added (MVA) ermittelt.


Eine Kennzahl, die sich im Bereich des Risikocontrollings etabliert hat, ist der Value-at-risk (VaR). Der Value at Risk ist der geschätzte, maximal erwartete Verlust, der unter üblichen Marktbedingungen innerhalb einer bestimmten Periode bei einem vorgegebenen Konfidenzintervall zum Niveau 1-α (α: Irrtumswahrscheinlichkeit, z.B. 97 % oder 95 %) eintreten kann.
Literatur:
Betriebswirtschaftlicher Ausschuss des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI), : ZVEI, -Kennzahlensystem. Ein Instrument zur Unternehmenssteuerung, Frankfurt, 4. A., 1989
Baetge, Jörg : Bilanzanalyse, Düsseldorf 1998
Brede, Hauke : Prozessorientiertes Controlling, München 1998
Brown, Mark Graham : Kennzahlen: Harte und weiche Faktoren erkennen, messen und bewerten, München et al. 1997
Buchner, Robert : Finanzwirtschaftliche Statistik und Kennzahlenrechnung, München 1985
Bühner, Rolf : Mitarbeiter mit Kennzahlen führen. Der Quantensprung zu mehr Leistung, Landsberg 1997
Butler, Chris : Mastering Value at Risk, London 1999
Caduff, Thomas : Zielerreichungsorientierte Kennzahlennetze industrieller Unternehmungen. Bedingungsmerkmale, Bildung, Einsatzmöglichkeiten, Frankfurt 1981
DATEV, : MIDIAS: Management-Informations- und Diagnosesystem, Nürnberg 1992
Ebert, Günter : Kennzahlen, Landsberg 1999
Gerken, Wolfgang : Computergestützte Kennzahlen-Analysesysteme, Kiel 1983
Hampe, Stefan : Marketing-Kennzahlensystem auf der Basis von Handelspaneldaten, Göttingen 1991
Hofmann, Rolf : Bilanzkennzahlen. Industrielle Bilanzanalyse und Bilanzkritik, Wiesbaden, 4. A., 1977
Horváth, Péter : Controlling, München, 6. A., 1996
Kaplan, Robert S./Norton, David P. : Balanced Scorecard. Strategien erfolgreich umsetzen. Deutsche Übersetzung von P. Horváth, B. Kuhn-Würfel und C. Vogelhuber, Stuttgart 1997
Küpper, Hans U. : Controlling, Stuttgart, 2. A., 1997
Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter : Die Bilanzanalyse. Lehrbuch zur Beurteilung von Einzel- und Konzernabschlüssen, Stuttgart 1993
Meyer, Carl : Betriebswirtschaftliche Kennzahlen und Kennzahlen-Systeme, Stuttgart, 2. A., 1994
Mutscheller, Andreas M. : Vorgehensweise zur Entwicklung von Kennzahlen und Indikatoren für das Qualitätsmanagement, St. Gallen 1996
Reichmann, Thomas : Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, München, 5. A., 1997
Reichmann, Thomas/Lachnit, Laurenz : Planung, Steuerung und Kontrolle mit Hilfe von Kennzahlen, in: ZfbF, Jg. 28, 1976, S. 705 – 723
Roche, John J. : The Mathematics of Measurement, London 1998
Schwarzecker, Josef/Spandl, Friedrich : Krisenmanagement mit Kennzahlen und mit Stufenplan zur Sanierung, Wien, 2. A., 1996
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Steffey, Wilbert/Zearley, Thomas/Strunk, Jack : Financial Ratio Analysis. An Effective Management Tool, Ann Arbor (MI) 1974
Walsh, Ciaran : Key Management Ratios. How to analyse, compare and control the figures that drive company value, London 1996

 

 


 

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