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Sanierung


Inhaltsübersicht
I. Begriffsabgrenzung
II. Sanierungsprüfung
III.  Gerichtliche Sanierungsformen

I. Begriffsabgrenzung


1. Sanierung


Der Begriff „ Sanierung “ hat seine etymologischen Wurzeln im lateinischen sanare und bedeutet im weitesten Sinne Heilung. Betriebswirtschaftlich betrachtet wird unter Sanierung ein Bündel von außergewöhnlichen Maßnahmen verstanden, die einem in Schwierigkeiten geratenen Unternehmen bei der Überwindung der Probleme helfen sollen (vgl. Swoboda, P.  1983, S. 3). Das Ziel der Sanierung besteht „ in der Sicherung einer gefährdeten bzw. in der Wiedererlangung einer verlorenen Lebensfähigkeit eines Unternehmens. “ (Burger, A.  1985, S. 26).
Im Stadium der akuten Krise geht es um den Untergang oder die Weiterführung des Unternehmens. Durch das Sanierungsziel der Fortführung des Unternehmens findet eine Abgrenzung vom umfassenderen Begriff Krisenmanagement statt. Krisenmanagement (vgl. Staehle, W.  1993, Sp. 2452 ff.) als besondere Form des Managements beinhaltet die Aufgabe, latente Krisensituationen möglichst frühzeitig zu erkennen sowie Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Bewältigung akuter Krisen zu planen und durchzuführen.
Wenn die akute Krise als beherrschbar angesehen wird, kann eine Sanierung eingeleitet werden. Krisenbewältigung als Aufgabengebiet des Krisenmanagements beinhaltet dagegen alle Formen der Reaktion auf eine bereits eingetretene und erkennbare Krise: Die Bandbreite der Krisenbewältigung reicht von der Weiterführung/ Sanierung bis zur zwangsweisen Liquidation (vgl. Krystek, U.  1987, S. 213).

2. Formelle Sanierung


Die formelle Sanierung beinhaltet interne Sanierungsmaßnahmen, die entstandene Verluste lediglich buchtechnisch beseitigen (z.B. Auflösung von Rücklagen oder Herabsetzung des Nominalkapitals).

3. Materielle Sanierung

a) Grundsätzliches


Art und Umfang der unter dem Begriff Sanierung zusammengefassten Maßnahmen sind in der Literatur unterschiedlich weit gefasst:

-

In einem Teil des (zumeist älteren) Schrifttums (vgl. Beckmann, L./Pausenberger, G.  1961, S. 79) werden unter Sanierung ausschließlich finanzwirtschaftliche Maßnahmen verstanden (Sanierung i. eng. S.).

-

Demgegenüber umfasst Sanierung i.w.S. die Gesamtheit aller erforderlichen leistungs- und finanzwirtschaftlichen Maßnahmen zur Überwindung der Krise (vgl. Wagenhofer, A.  1993, Sp. 4380).


Da nur in den seltensten Fällen rein finanzwirtschaftliche Maßnahmen zur Sicherung der Lebensfähigkeit eines Unternehmens genügen werden, erscheint eine weite Sichtweise als zweckmäßig.

b) Finanzwirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen


Die finanzwirtschaftliche Sanierung ist die Summe aller finanziellen Maßnahmen, die die Zahlungs- und Ertragsfähigkeit des Unternehmens wiederherstellen (vgl. Stiegler, H.  1998, S. 387). Als finanzwirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen im Bereich des Eigenkapitals sind z.B. die Kapitalerhöhung, die Kapitalherabsetzung mit folgender Kapitalerhöhung, die Gewährung von Gesellschafterdarlehen, die Gewährung von Nachschüssen sowie der Zutritt von (neuen) Gesellschaftern zu nennen. Zu den finanzwirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen im Bereich des Fremdkapitals zählen z.B. die Stundung von Verbindlichkeiten, die Zinsenfreistellung (echte Stundung), die Aufnahme neuer Kredite sowie die Reduktion von Verbindlichkeiten durch (teilweisen) Verzicht der Gläubiger. Gläubiger können ihre Forderungen eventuell auch in Beteiligungen umwandeln. Ein Forderungsverzicht der Gläubiger kann außerhalb eines Insolvenzverfahrens durch eine mit einzelnen oder allen Gläubigern abzuschließende Vereinbarung oder im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erfolgen. Die Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wird unter III. behandelt.
Eine Sonderform finanzwirtschaftlicher Sanierungsmaßnahmen stellt Distressed Investing dar. Darunter werden gezielte Veranlagungen in Titel notleidender Unternehmen (Aktien, Anleihen, Kredite etc.) verstanden. Neben Risikokapital bringen Distressed Investors Know-how in den Sanierungsprozess ein und übernehmen bereits bei vielen Unternehmenssanierungen in den USA eine wichtige Rolle. Auch im deutschsprachigen Raum gewinnt Distressed Investing zunehmend an Bedeutung (vgl. Kudla, 2005, S. 149 ff.; Mitter, 2006).

c) Leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen


Die leistungswirtschaftliche Sanierung entspricht einer Strukturverbesserung des Unternehmens i.w.S., die z.B. durch Desinvestition, Neuinvestition, Organisationsverbesserung, Implementierung von Controlling-Instrumenten, Abverkauf hoher Lagerbestände u.a.m. erreicht werden kann. Das Ziel besteht darin, nach einer Schwachstellenanalyse und Aufdeckung der Krisenursachen die Ertrags- und Finanzkraft wieder herzustellen und nachhaltig zu sichern (vgl. Stiegler, H.  1998, S. 387).

II. Sanierungsprüfung


1. Grundsätzliches


Die Sanierungsprüfung (vgl. Huisgen, P.A.  1997, S. 187 ff.) dient dazu, Aussagen über die künftige Leistungsfähigkeit des Unternehmens und somit auch über die Zweckmäßigkeit der geplanten Sanierungsmaßnahmen zu treffen. Der Ablauf der Sanierungsprüfung lässt sich in drei aufeinanderfolgende Teilprüfungen (vgl. Wegmann, J.  1987, S. 187 ff.) gliedern. Im Rahmen der Sanierungsbedürftigkeitsprüfung ist das Ausmaß der Unternehmenskrise zu untersuchen. Die Sanierungsfähigkeitsprüfung beinhaltet eine Analyse und Prognose der Unternehmenssituation nach rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Demgegenüber steht bei der Sanierungswürdigkeitsprüfung das Interesse der Sanierungsbeteiligten im Vordergrund.

2. Sanierungsbedürftigkeit


Sanierungsbedürftigkeit liegt vor, wenn das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, aus eigener Kraft die Krise zu überwinden. Als Unternehmenskrise bezeichnet man einen zeitlich begrenzten Prozess, durch den Aufbau und Nutzung von Erfolgspotenzialen, die Erreichung von Erfolgszielen oder die Aufrechterhaltung der Liquidität ernsthaft bedroht werden, sodass die Existenz des gesamten Unternehmens gefährdet ist. (vgl. Müller, R.  1986, S. 15) Die Existenzgefahr stellt sich am deutlichsten bei Gefahr der im Insolvenzrecht verankerten Tatbestände der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung (vgl. Drukarsczyk, 2002, S. 423 ff.).
Für die Vielfalt der in der Realität vorkommenden Krisenarten wurden in der Literatur unterschiedliche Klassifikationen entwickelt. In prozessorientierter Sicht werden typischerweise potenzielle, latente und akute Unternehmenskrisen unterschieden (vgl. Krystek, U.  1987, S. 29 ff.). Auf das Zielsystem des Unternehmens bezogen unterscheidet Müller (vgl. Müller, R.  1986, S. 53 ff.) zwischen Strategie-, Erfolgs- und Liquiditätskrise, wobei die Strategiekrise die Erfolgskrise hervorruft, welche schließlich in die Liquiditätskrise mündet. Die Krisenerkennung vollzieht sich für diesen idealtypischen Ablauf konträr zur Entstehungsfolge.
Während sich die Einteilung von Krisen in Phasen ex post relativ einfach durchführen lässt, ist dies ex ante für Maßnahmen der Krisenfrüherkennung bzw. Sanierung kaum möglich (vgl. Staehle, W.  1993, Sp. 2453 f.). Die Feststellung einer Krisensituation hängt häufig von der subjektiven Wahrnehmung der betroffenen Personen ab. Neben der Frage des Interessenstandpunktes wirken sich hier Managementphilosophie, Wertsystem und Einstellungen als Wahrnehmungsfilter aus.
Unternehmenskrisen kündigen sich in der Regel durch bestimmte Krisensymptome (z.B. Zahlungsstockungen, steigende Personalfluktuation, aber auch verspätetes Fertigstellen des Jahresabschlusses) an. Solche Symptome können die Krise verschärfen, das Vertrauen der Geschäftspartner beeinträchtigen und letztlich die Unterscheidung zwischen Ursachen und Symptomen mehr und mehr erschweren. Eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Sanierung ist das frühzeitige Erkennen der Krise und das rasche Reagieren darauf. Das Ziel einer Früherkennung besteht darin, zukünftige Ereignisse zu antizipieren (vgl. Krystek, U./Müller-Stewens, G.  1993, S. 5).
Der deutsche Gesetzgeber fordert durch das KonTraG (Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, das am 01.05.1998 in Kraft trat) von allen Aktiengesellschaften die Einrichtung eines Überwachungssystems (vgl. Arbeitskreis 2000; Risikocontrolling). Nach § 91 II AktG wird der Vorstand verpflichtet, „ geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. “ Dadurch soll die allgemeine Leitungsaufgabe des Vorstandes (§ 76 I AktG) gesetzlich hervorgehoben werden. Nach § 317 IV HGB hat der Abschlussprüfer bei börsennotierten Aktiengesellschaften zu beurteilen, ob sich der Vorstand an diese Verpflichtung hält. Obwohl in das GmbHG keine entsprechenden Regelungen aufgenommen wurden, geht die Regierungsbegründung von einer Ausstrahlungswirkung auf den Pflichtenrahmen der Unternehmensleitung anderer Gesellschaftsformen aus.
In Österreich wurde im IRÄG 1997 (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997) eine erweiterte Rechnungswesenverpflichtung kodifiziert (vgl. Schlager, J.  1998, S. 8). Durch Novellierungen des AktG (§ 82 öAktG) und des GmbHG (§ 22 I öGmbHG) werden für den Vorstand der AG und für die Geschäftsführer der GmbH der verpflichtende Standard des Rechnungswesens angehoben und die Führung eines Internen Kontrollsystems gefordert. Die bereits bisher bestehende Berichtspflicht des Vorstandes an den Aufsichtsrat über den Gang der Geschäfte und die Lage des Unternehmens (§ 81 öAktG) wird durch das IRÄG 1997 in Richtung einer Zukunftsberichterstattung präzisiert und erweitert. Durch den neu eingefügten § 28a öGmbHG wird die Berichtspflicht des Geschäftsführers der aufsichtsratspflichtigen GmbH geregelt.
Im Vergleich zu Österreich fiel die im KonTraG durchgeführte Normenergänzung durch die Verpflichtung zur Einrichtung eines Überwachungssystems viel umfassender aus.
Mit dem am 01.01.2004 in Kraft getretenen Eigenkapitalersatz-Gesetz (EKEG) wurde der Sachverhalt der Krise in Österreich gesetzlich definiert. Nach § 2 EKEG befindet sich eine Gesellschaft in der Krise, wenn sie zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder wenn ihre Eigenmittelquote weniger als 8% und die fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre betragen, es sei denn, die Gesellschaft bedarf nicht der Reorganisation.

3. Sanierungsfähigkeit


Sanierungsfähigkeit ist die Eignung des Unternehmens, eine stabile wirtschaftliche Basis zu erlangen und diese dauerhaft zu erhalten; sie ist gegeben, wenn der Ertragswert (als Barwert) der Fortführung ≥ Liquidationswert ist. Das Hauptziel der Sanierung liegt in der dauerhaften Gesundung des Unternehmens. Im Mittelpunkt der Sanierungsfähigkeitsprüfung steht daher die Frage, ob die langfristige Lebensfähigkeit des Unternehmens durch Sanierungsmaßnahmen gesichert oder wiedererlangt werden kann. Die positive Beurteilung der Sanierungsfähigkeit bedingt, dass das Unternehmen noch über genügend Erfolgspotenziale verfügt, damit die Wettbewerbsfähigkeit am Markt gegeben ist.
In der Literatur sind eine Vielzahl von Methoden der Sanierungsfähigkeitsprüfung (vgl. den Überblick bei Huisgen, P.A.  1997, S. 186 ff.; Feldbauer-Durstmüller, 2002,, S. 445 ff. sowie Pfitzer, et al.2002, S. 325 ff.) entwickelt worden. Mit wenigen Ausnahmen (vgl. Kayser, G.  1983; Becker, R.  1986) lehnen sich die meisten Autoren an den Grundsätzen der Unternehmensbewertung an. Aufgrund der Komplexität einer Sanierungsfähigkeitsprüfung sind mehrere Fachgebiete an den Prüfungsarbeiten zu beteiligen. Insbes. werden Fachleute (Experten) auf den Gebieten der Betriebswirtschaftslehre, des Insolvenzrechts, des Arbeitsrechts, des Gesellschaftsrechts und des Steuerrechts benötigt. Der Mangel an Fachleuten auf diesen Gebieten sowie die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit haben zu dem Vorschlag geführt, die Sanierungsfähigkeitsprüfung durch Expertensysteme zu unterstützen (vgl. Brandstätter, J.  1993). Solche Expertensysteme können den menschlichen Experten nicht völlig ersetzen, aber von Routineaufgaben entlasten.

4. Sanierungswürdigkeit


Die Ergebnisse der Sanierungsfähigkeitsprüfung bilden die Informationsgrundlage der Sanierungswürdigkeitsprüfung. Bei der Beurteilung der Sanierungswürdigkeit tritt die persönliche Interessenlage der Sanierungsbeteiligten hinzu (vgl. Groß, P.J.  1988, S. 98 ff.). Wird die Sanierungsfähigkeit größtenteils aufgrund objektiv messbarer Fakten beurteilt, so wird die Sanierungswürdigkeit dominant von subjektiven, wenn auch teilweise ökonomisch berechenbaren, Überlegungen bestimmt. U.a. sind Fragen nach dem Unternehmensimage, noch wirksamen Wettbewerbsvorteilen aufgrund von vorhandenen Patenten oder Lizenzen und – als keinesfalls zu vernachlässigender Bereich – nach dem vorhandenen Klima zwischen den Sanierungsbeteiligten zu stellen (vgl. Schedlbauer, H.  1993, S. 221).
Sanierungswürdigkeit ist gegeben, wenn über die Sanierungsfähigkeit hinausgehende Anforderungen der Beteiligten erfüllt werden. Letztlich kann die Frage, ob ein Unternehmen sanierungswürdig ist, nur durch die jeweilig Betroffenen aufgrund ihrer subjektiven Risikoneigung beantwortet werden (vgl. Schmiedel, E.  1984, S. 761).

III. Gerichtliche Sanierungsformen


1. Deutschland


Auslöser der Reformbemühungen waren die steigende Anzahl von Insolvenzen, bei denen es aufgrund der Masselosigkeit zu keiner Verfahrenseröffnung kam, und die immer geringere Bedeutung des Vergleichs nach der Vergleichsordnung. Die zum 01.01.1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung (InsO) ersetzt neben der Konkursordnung von 1877 und der Vergleichsordnung von 1935 auch die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR geltende Gesamtvollstreckungsordnung von 1990.
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann gem. § 13 I Satz 2 InsO auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers erfolgen. Während dem Gläubiger der allgemeine Eröffnungsgrund Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) sowie der spezielle Eröffnungsgrund Überschuldung (§ 19 InsO) zur Antragstellung zur Verfügung steht, kann der Schuldner auch aufgrund des neu eingeführten Eröffnungsgrundes drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) eine Verfahrenseröffnung beantragen.
Nach der Verfahrenseröffnung erfolgt beim Berichtstermin (§ 156 InsO), d.h. in der ersten Gläubigerversammlung, die grundsätzliche Weichenstellung über das Verfahrensziel (§ 157 InsO). Prinzipiell können zwei Wege zur Verwertung und Verteilung des Schuldnervermögens eingeschlagen werden (vgl. Paulus, 2004, S. 1568 ff.):

-

Die Gläubigerversammlung kann die Zwangsverwertung und -verteilung nach den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften beschließen.

-

Alternativ dazu gibt es die Möglichkeit zur Erstellung eines Insolvenzplans (§§ 217 ff. InsO, vgl. Maus, K.H.  2003, S. 771 ff.). Die im Insolvenzplan darzulegenden grundsätzlichen Verwertungsalternativen bestehen in der Liquidation des ganzen Unternehmens oder von Unternehmensteilen, der übertragenden Sanierung oder der Sanierung des Unternehmensträgers.


Der Insolvenzplan (§ 219 InsO) setzt sich aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil zusammen. Sollen die Gläubiger aus den Erträgen des fortgeführten Unternehmens befriedigt werden, sind dem gestaltenden Teil Anlagen (§ 229 InsO) in Form von Planbilanzen, Plan-GuV und Finanzplänen beizulegen, um die Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätsentwicklung zu dokumentieren (vgl. Braun, E./Uhlenbruck, W.  1997, S. 528 ff.). Die Annahme eines vorgelegten Plans kann entweder durch Zustimmung jeder Gläubigergruppe gem. § 244 InsO und andererseits durch das so genannte Obstruktionsverbot nach § 245 InsO erfolgen (zu Erfahrungen mit dem neuen Insolvenzrecht vgl. Uhlenbruck, 2002, S. 1347 ff.).

2. Österreich


Zentrale Rechtsquellen sind die mit einer kaiserlichen Verordnung von 1914 eingeführte Konkursordnung, Ausgleichsordnung und Anfechtungsordnung, die zuletzt mit der Gerichtsgebühren- und Insolvenzrechts-Novelle (GIN) 2006 geändert wurden.
Als finanzwirtschaftliche Sanierungsinstrumente stehen in der Insolvenz das Ausgleichsverfahren, das nur über Schuldnerantrag eröffnet werden kann, und der Konkurs mit Beendigung durch Zwangsausgleich zur Verfügung (vgl. Stiegler, H.  1998, S. 390 ff.). Das Ziel des Ausgleichsverfahrens liegt in der Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners. Die Gläubiger tragen durch einen Teilverzicht auf ihre Forderungen zur Sanierung bei. Die gesetzliche Mindestquote (§ 3 öAO) beträgt für die Ausgleichsforderungen 40 % und ist innerhalb von zwei Jahren vom Tag der Annahme des Ausgleichsvorschlags zu befriedigen. Bei einem Zwangsausgleich ist den Konkursgläubigern innerhalb von höchstens zwei Jahren eine Mindestquote von 20% zu bezahlen (§ 141 öKO). Seit Anfang der 1990er-Jahre sind Ausgleichsverfahren (hauptsächlich wegen der Entkapitalisierung als Folge erschwerter Selbstfinanzierung) immer seltener geworden, während Zwangsausgleiche im gleichen Maße gestiegen sind.
Bis 1981 war das Konkursverfahren auf Liquidation, also auf Zerschlagung und Verwertung des insolventen Unternehmens gerichtet. Mit dem IRÄG 1982 wurde erstmals die Möglichkeit einer Unternehmensfortführung im Konkurs (vgl. Feldbauer-Durstmüller, B.  1993, S. 54 ff.) geschaffen, indem die Schließung des schuldnerischen Unternehmens an die Genehmigung des Konkursgerichts gebunden wurde. Das Konkursgericht durfte die Schließung nur dann anordnen oder bewilligen, wenn eine Erhöhung des Ausfalls für die Konkursgläubiger nicht vermeidbar war. Durch das IRÄG 1997 wurden die Regelungen zur Unternehmensfortführung im Konkurs wesentlich geändert; u.a. wurde eine zeitliche Befristung der Unternehmensfortführung im Konkurs auf grundsätzlich ein Jahr, erstreckbar um höchstens ein weiteres Jahr, normiert.
Die GIN 2006 strebt eine weitere Straffung der Verfahrensschritte an und soll die gesetzliche Grundlage für eine möglichst rasche Aufhebung des Konkursverfahrens bilden. Der Schwerpunkt der Änderungen betrifft den Zwangsausgleich, insbesondere eine Verkürzung des Verfahrensabschnitts zwischen Ausgleichsannahme und endgültiger Konkursaufhebung.
Empirische Untersuchungen zur Sanierungspraxis zeigen, dass die Unternehmensfortführung im Konkurs vor allem als Sanierungsinstrument bei Unternehmen mit einer Betriebsgröße bis zu 20 Mitarbeitern durchgeführt wird (vgl. Feldbauer-Durstmüller, B.  1993, S. 262 ff.). Bei größeren Unternehmen wird die Auffanggesellschaft (vgl. Chalupsky, E./Duursma-Kepplinger, 2002, S. 373 ff.) als Instrument der übertragenden Sanierung genützt.
Literatur:
Arbeitskreis, Externe und Interne Überwachung der Unternehmung der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., : Auswirkungen des KonTraG auf die Unternehmensüberwachung, in: DB, Beilage Nr. 11, Jg. 2000, H. 37, S. 1 – 11
Becker, Reimund : Die Sanierungsfähigkeit der Unternehmung, Bergisch Gladbach et al. 1986
Beckmann, Liesel/Pausenberger, Ehrenfried : Gründungen, Umwandlungen, Fusionen, Sanierungen, Wiesbaden et al. 1961
Brandstätter, Jörn : Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit notleidender Unternehmen. Grundlagen, Durchführung und Unterstützung durch Expertensysteme, München 1993
Braun, Eberhard/Uhlenbruck, Wilhelm : Unternehmensinsolvenz. Grundlagen, Gestaltungsmöglichkeiten, Sanierung mit der Insolvenzordnung, Düsseldorf 1997
Burger, Anton : Die Unternehmenskrise und die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit als Grundlage für Sanierungsmaßnahmen, Wien 1985
Chalupsky, Ernst/Duursma-Kepplinger, Henriette E. : Die Fortführung des Unternehmens über Nachfolgegesellschaften im Konkurs, in: Krisenmanagement – Sanierung – Insolvenz: Handbuch für Banken, Management, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater, hrsg. v. Durstmüller, Birgit/Schlager, Josef, 2. A., Wien 2002, S. 373 – 420
Drukarczyk, Jochen : Kontrolle des Schuldners, Auslösetatbestände für insolvenzrechtliche Lösungen und Covenants, in: Krisenmanagement – Sanierung – Insolvenz: Handbuch für Banken, Management, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer unter Unternehmensberater, hrsg. v. Feldbauer-Durstmüller, Birgit/Schlager, Josef, 2. A., Wien 2002, S. 421 – 443
Feldbauer-Durstmüller, Birgit : Sanierungsfähigkeitsprüfung, in: Krisenmanagement – Sanierung – Insolvenz: Handbuch für Banken, Management, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater, hrsg. v. Feldbauer-Durstmüller, Birgit/Schlager, Josef, 2. A., Wien 2002, S. 445 – 487
Feldbauer-Durstmüller, Birgit : Sanierung durch Unternehmensfortführung im Konkurs, in: JfB, H. 2/1993, S. 54 – 72
Feldbauer-Durstmüller, Birgit : Praktische Bedeutung der Unternehmensfortführung im Konkurs – Dargestellt am Bundesland Oberösterreich, in: Gläubigerschutz, Betriebswirtschaftslehre und Recht, hrsg. v. Seicht, Gerhard, Wien 1993, S. 257 – 270
Groß, Paul J. : Sanierung durch Fortführungsgesellschaften, 2. A., Köln 1988
Huisgen, Philip A. : Die Sanierungsprüfung im Rahmen der Unternehmenssanierung, in: Jahrbuch für Controlling und Rechnungswesen \'97, hrsg. v. Seicht, Gerhard, Wien 1997, S. 175 – 210
Kayser, Georg : Sanierung oder Auflösung, Frankfurt 1983
Krystek, Ulrich : Unternehmungskrisen. Beschreibung, Vermeidung und Bewältigung überlebenskritischer Prozesse in Unternehmungen, Wiesbaden 1987
Krystek, Ulrich/Müller-Stewens, Günter : Frühaufklärung für Unternehmen, Stuttgart 1993
Kudla, Ralph : Finanzierung in der Sanierung: Innovative Lösungen für Krisenunternehmen, Wiesbaden 2005
Maus, Karl Heinz : Der Insolvenzplan, in: Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, hrsg. v. Schmidt, Karsten/Uhlenbruck, Wilhelm, 3. A., Köln 2003, S. 771 – 782
Mitter, Christine : Distressed Investing und Unternehmenssanierung: Ein Vergleich zwischen den USA und Österreich unter besonderer Berücksichtigung der institutionellen Rahmenbedingungen, Wien 2006
Müller, Rainer : Krisenmanagement in der Unternehmung, 2. A., Frankfurt am Main 1986
Paulus, Christoph G. : Grundlagen des neuen Insolvenzrechts – Liquidations- und Planverfahren, in: DStR, G. 37/2004, S. 1568 – 1575
Pfitzer, Norbert : Sanierungsprüfung, in: Wirtschaftsprüfer-Handbuch 2002: Handbuch für Rechnungslegung, Prüfung und Beratung, Bd. II, hrsg. v. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V., 12. A., Düsseldorf 2002, S. 325 – 517
Schedlbauer, Hans : Sanierungsfähigkeitsprüfung – eine neue Herausforderung für die Beratungspraxis, in: DStR, H. 6/1993, S. 218 – 222
Schlager, Josef : Ausgestaltung eines zukunftsorientierten Rechnungswesens im Sinne der neuen Gesetzesvorschriften (§ 22 GmbHG), in: WT, H. 6/1998, S. 8 – 17
Schmiedel, Ekkehard : Die Prüfung der Sanierungswürdigkeit unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten, in: ZfB, Jg. 54, H. 7/8/1984, S. 761 – 772
Staehle, Wolfgang : Krisenmanagement, in: HWB, hrsg. v. Wittmann, Waldemar, 5. A., Stuttgart 1993, Sp. 2452 – 2466
Stiegler, Harald : Sanierungsmanagement. Controllingbeiträge zu Reorganisation und Sanierung marktwirtschaftlicher (= konkursfähiger) Unternehmungen, in: Jahrbuch für Rechnungswesen und Controlling \'98, hrsg. v. Seicht, Gerhard, Wien 1998, S. 385 – 404
Swoboda, Peter : Instrumente der Unternehmenssanierung aus betriebswirtschaftlicher Sicht, in: Rechtsprobleme der Unternehmenssanierung, hrsg. v. Ruppe, Hans Georg, Wien 1983, S. 3 – 25
Uhlenbruck, Wilhem : Erfahrungen mit dem neuen deutschen Insolvenzrecht, in: Krisenmanagement – Sanierung – Insolvenz: Handbuch für Banken, Management, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater, hrsg. v. Feldbauer-Durstmüller, Birgit/Schlager, Josef, 2. A., Wien 2002, S. 1347 – 1375
Wagenhofer, Alfred : Unternehmenssanierung, in: HWB, hrsg. v. Wittmann, Waldemar, Stuttgart, 5. A., 1993, Sp. 4380 – 4391
Wegmann, Jürgen : Die Sanierungsprüfung, Bergisch Gladbach et al. 1987

 

 


 

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