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Finanzintermediation


Inhaltsübersicht
I. Einführung
II. Begriff und Formen der Finanzintermediation
III. Transformationsleistungen der Finanzintermediäre
IV. Theorie der Finanzintermediation
V. Ausblick

I. Einführung


Finanzintermediation bezeichnet die direkte oder indirekte Beteiligung spezialisierter Akteure (Finanzintermediäre) im Prozeß der Finanzkapitalüberlassung zwischen Kapitalgebern und -nehmern. Betrachtet man bspw. den finanziellen Sektor in Deutschland, der sich nach der Bundesbankstatistik aus Banken, Bausparkassen, Versicherungen und Investmentfonds zusammensetzt, so wird die große Bedeutung dieser Finanzintermediäre für eine effiziente Allokation des Kapitals in einer offenen Volkswirtschaft deutlich.

II. Begriff und Formen der Finanzintermediation


Finanzintermediäre sind im Finanzsektor einer Ökonomie aktiv, in dem Kapitalanlage- und -aufnahmebedürfnisse der Wirtschaftssubjekte zum Ausgleich gebracht werden. Finanzintermediäre fungieren dabei entweder als direkter Kontraktpartner oder als Helfer im Kapitalaustauschprozess. Deshalb kann man in Finanzintermediäre mit und ohne Selbsteintritt differenzieren (Bank, M. 1998).
Finanzintermediäre mit Selbsteintritt fördern den Interessenausgleich zwischen Wirtschaftssubjekten mit temporären Zahlungsüberschüssen und -bedarf, indem sie Kapital in Form von Beteiligungen oder Darlehen zur Verfügung stellen (Aktivgeschäft) und sich selbst über das Angebot von Anlagemöglichkeiten (Passivgeschäft) am Kapitalmarkt refinanzieren. Hierbei handelt es sich um Geschäfte, die grundsätzlich bilanzwirksam sind. Beispiele für diese Kategorie sind insbesondere Kreditinstitute, die in erster Linie Darlehen vergeben und sich über Einlagen refinanzieren (Commercial Banking), aber auch Bausparkassen, Lebensversicherungsunternehmen, Leasing-Institute, Factoring-Institute, Kapitalbeteiligungsgesellschaften und Venture Capital-Gesellschaften sowie Wertpapierhandelsunternehmen, die Market Maker-Funktionen ausüben (Gerke, W./Bank, M. 1998).
Finanzintermediäre ohne Selbsteintritt üben hingegen eine unterstützende Funktion aus, indem sie Austauschprozesse zwischen Kapitalgebern und -nehmern erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen. Solche Finanzintermediäre erhalten für ihre Leistungen eine Provision. Als Anbieter von Kapitalvermittlungsleistungen sind u.a. Börsen sowie Finanz- und Wertpapiermakler zu nennen. Beratungsleistungen werden insbesondere von Investmentbanken angeboten. Kapitalanlageleistungen erbringen Kapitalanlagegesellschaften durch das Management von Investmentfonds.
Reine Informationsleistungen werden von spezialisierten Organisationen wie Rating-Agenturen oder Börsendiensten angeboten. Risikoübernahmeleistungen, die das Zustandekommen von Finanzierungsverträgen erleichtern, werden z.B. von Kreditversicherungen erbracht.
Zwischen Finanzintermediären mit und ohne Selbsteintritt läßt sich in der Praxis keine klare Trennung vornehmen. Bspw. bieten Universalbanken gleichzeitig Leistungen aus beiden Kategorien an. Ein Überblick über das Spektrum der Geschäftsfelder, die in Deutschland von Kreditinstituten besetzt werden können, findet sich in § 1 des Gesetzes über das Kreditwesen).

III. Transformationsleistungen der Finanzintermediäre


Zur Überbrückung von Unvollkommenheiten der Finanzmärkte bieten Finanzintermediäre verschiedene Arten von Transformationsleistungen an, die sich in Lösgrößen-, Fristen-, Risiko- und Informationstransformationsleistungen systematisieren lassen (Gerke, W. 1980). Transformation bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Finanzintermediäre mit Selbsteintritt finanzielle Ansprüche so umgestalten, dass sie den Präferenzen der Nachfrager besser entsprechen (Gurley, J. G./Shaw, E. S. 1960; Hellwig, M. 1991). Die Transformation der finanziellen Ansprüche kann sich auf Änderungen der versprochenen Cashflows im Hinblick auf Rendite/Risikoprofil, Stückelung oder Laufzeit beziehen.

1. Losgrößentransformation


Finanzintermediäre gleichen die unterschiedlichen Losgrößenwünsche von Kapitalanbietern und -nachfragern aus. In der Regel stehen einer Vielzahl von kleinen Investitionsbeträgen (z.B. Einlagen) große Kapitalanforderungen einzelner Kapitalnachfrager gegenüber. Aufgrund von Spezialisierungsvorteilen können Finanzintermediäre zu niedrigen Transaktionskosten durch ein Pooling der Kapitalangebots- und -nachfragewünsche die Präferenzen beider Marktseiten simultan befriedigen. Eventuell weiter bestehende Ungleichgewichte ( „ Spitzen “ ) können effizient über den Geldmarkt ausgeglichen werden.

2. Risikotransformation


Der Ausgleich divergierender Risikovorstellungen erfolgt durch Risikoselektion, Risikodiversifizierung, Risikoallokation und Haftung:
– Risikoselektion: Finanzintermediäre sind auf die Bewertung von Qualitätsrisiken spezialisiert und haben deshalb einen Vorteil gegenüber sonstigen Investoren bei der Beurteilung der Bonität der Kapitalnachfrager).
– Risikodiversifizierung: Durch die Mittelvergabe an zahlreiche Kapitalnehmer, deren Risiken nicht vollständig perfekt korrelierten sind, lässt sich das Ausfallrisiko des Finanzintermediärs in einem Ausmaß diversifizieren, das für andere Investoren aufgrund höherer Transaktionskosten nicht erreichbar wäre.
– Risikoallokation: Durch die unmittelbare Finanzierung oder die Übernahme von Bürgschaften und Garantien erhöhen Finanzintermediäre die Kreditwürdigkeit ihrer Schuldner und fördern die optimale Kapitalverwendung innerhalb einer Volkswirtschaft.
– Haftungsfunktion: Das haftende Eigenkapital der Finanzintermediäre sorgt für eine zusätzliche Risikominderung aus Sicht von Anspruchsinhabern (bspw. Einleger), da es wie ein Puffer gegen Vermögensverluste wirkt. Komplementäre Effekte der Risikominderung werden über Einlagensicherungssysteme und externe Risikobegrenzungsnormen der Aufsichtsinstitutionen und interne Risikolimite erzielt.

3. Fristentransformation


Finanzintermediäre gleichen die unterschiedlichen Laufzeitwünsche von Kapitalgebern und -nehmern aus. Banken nehmen bspw. kurzfristige Einlagen herein, die sie dann längerfristig zu einem höheren Zinssatz ausleihen. Aus diesen Fristeninkongruenzen können Liquiditäts- und Zinsänderungsrisiken resultieren, die durch aufsichtsrechtliche Vorschriften begrenzt werden.
Im Gegensatz dazu sind die Verbindlichkeiten von Lebensversicherungsunternehmen oder Pensionsfonds langfristiger Natur, während deren Mittelanlage (z.B. in Geldmarkttitel, Schuldverschreibungen, Aktien oder Immobilien) in der Regel eine kürzere Fristigkeit besitzt.

4. Informationstransformation


Finanzmarktteilnehmer haben ein Bedürfnis nach Verbesserung ihres gegebenen Informationsstandes, um eine möglichst optimale Entscheidung treffen zu können. Dieses Bedürfnis befriedigen Finanzintermediäre, in dem sie aufgrund ihrer Spezialisierungsvorteile kostengünstig Treffpunkte, zeitnahe Marktinformationen (z.B. Marktpreise) oder Qualitätsbeurteilungen anbieten.
Um Qualitätsunsicherheiten abzubauen, sammeln, bewerten und verarbeiten sie Informationen über Kapitalnachfrager, sodass für die Kapitalanbieter lediglich die Bonität und die Glaubwürdigkeit (Reputation) des Finanzintermediärs von Bedeutung bleibt. Staatliche Regulierung (Wertpapierhandelsgesetz; Kreditwesengesetz (KWG); Versicherungsaufsichtsgesetz, KAGG), gegenseitige Beobachtung der Finanzintermediäre im Rahmen des Wettbewerbs und Beobachtung des Verhaltens von Finanzintermediären in der Vergangenheit mit gleichzeitiger Projektion dieses Verhaltens in die Zukunft (Reputation) erleichtern es den Finanzmarktteilnehmern, die Qualität von Finanzintermediären abzuschätzen.

IV. Theorie der Finanzintermediation


In der neoklassischen Wirtschaftstheorie, die vom Idealbild des vollkommenen Kapitalmarktes ohne Friktionen ausgeht, findet das Kapital auf direktem Wege seine bestmögliche Verwendung (Arrow, K.J./Debreu, G. 1954; Modigliani, /Miller, 1958). Finanzintermediäre besitzen in dieser Welt keinerlei ökonomisch sinnvolle Funktion im Sinne eines positiven realwirtschaftlichen Wertbeitrags, da annahmegemäß alle Akteure über ein identisches Alternativenset und die gleichen Informationen verfügen. Die Rolle von Finanzintermediären und hier insbesondere Banken beschränkt sich auf die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und, quasi als Abfallprodukt, auf Portfoliomanagement-Leistungen gegen eine kompetitive Managementgebühr (Black, F. 1975; Fama, E.F. 1980). Lässt man allerdings Unvollkommenheiten des Kapitalmarktes zu, so ergeben sich mehrere plausible Ansätze, die das Auftreten von Finanzintermediären stringent erklären helfen. Die erste konsequente Einbeziehung von Finanzintermediären in finanzierungstheoretische Modelle erfolgte durch Gurley/Shaw (Gurley, J. G./Shaw, E. S. 1960). Zentrale Weiterentwicklungen wurden von Benston/Smith (Benston, G./Smith, C. W. 1976) durch Einbindung von transaktionskostentheoretischen Argumenten sowie Leland/Pyle (Leland, H. E./Pyle, D. H. 1977) und Campbell/Kracaw (Campbell, T.S./Kracaw, W.A. 1980) durch Einbeziehung von Qualitätsunsicherheiten und Informationsasymmetrien vorgenommen. Überblicksdarstellungen zur Theorie der Finanzintermediation und weiterführende Literatur finden sich bspw. bei Santomero (Santomero, A. 1984), Bhattacharya/Thakor (Bhattacharya, S./Thakor, A.V. 1993), Breuer (Breuer, W. 1993), Baltensperger (Baltensperger, E. 1996), Bank (Bank, M. 1998), Neuberger (Neuberger, D. 1998) oder Hartmann-Wendels (Hartmann-Wendels, 1998).
Die theoretischen Ansätze zur Erklärung von Finanzintermediären lassen sich in drei Kategorien aufteilen: Finanzintermediäre als Informationsproduzenten, Finanzintermediäre als Liquiditätsproduzenten und Finanzintermediäre als Partner für langfristige Finanzierungsbeziehungen.

1. Finanzintermediäre als Informationsproduzenten


Die Auflösung der Prämisse des vollkommenen Kapitalmarktes kann bspw. über die Aufhebung der Annahme einer homogenen Informationsverteilung zwischen den Kapitalmarktteilnehmern erfolgen. Als Konsequenz sind einige Marktteilnehmer systematisch besser informiert als andere. Die daraus resultierenden Informationsasymmetrien beziehen sich auf den unterschiedlichen Umfang der in Betracht gezogenen Entscheidungsalternativen einzelner Marktteilnehmer sowie deren Bewertung. Ansatzpunkt für die Erklärung von Finanzintermediären ist ihre höhere Produktivität bei der Reduzierung von Informationsasymmetrien.
Asymmetrisch verteilte Informationen können sich auf Situationen vor und nach Abschluss eines Vertrages beziehen (Gerke, W./Bank, M. 1998). Vor Abschluss eines Finanzkontrakts besteht für den Akteur mit dem Informationsnachteil – in der Regel der Kapitalgeber – ein Qualitätsrisiko. Da er die wahre Qualität nicht kennt (=Hidden information), wird sich seine Bewertung anhand der durchschnittlich verfügbaren Qualität bemessen. Aus Sicht von Kapitalnehmern mit hoher Qualität ist dies allerdings höchst unbefriedigend, da sie systematisch eine zu niedrige Bewertung erfahren. Die Auflösung der beschriebenen Pooling-Situation ist mit Kosten verbunden. Sind die Kosten höher als die potenzielle Erträge, so lohnt eine Auflösung der Pooling-Situation nicht. Einzige Reaktionsmöglichkeit der qualitativ besten Kapitalgeber in einer solchen Situation ist ein Ausscheiden aus dem Markt, wodurch sich allerdings das im Markt verbleibende durchschnittliche Qualitätsniveau reduziert. Dies kann zu einem kompletten Marktzusammenbruch durch adverse Selektion führen (Akerlof, G. A. 1970). Realwirtschaftlich werden als Konsequenz u.U. Investitionsprojekte mit einem eigentlich positiven Kapitalwert nicht durchgeführt, während umgekehrt Investitionsprojekte mit negativem Kapitalwert umgesetzt werden. Wohlfahrtsverluste sind die Folge. Die Aufhebung von Informationsasymmetrien bewirkt über eine bessere Kapitalallokation Effizienz- und Wohlfahrtsgewinne, die zwischen den Beteiligten – Kapitalgeber, Kapitalnehmer und Finanzintermediären – verteilt werden können.
Finanzintermediäre mit Selbsteintritt bieten als Kapitalnachfrager Finanzkontrakte mit signifikant niedrigerem Qualitätsrisiko an, während sie selbst als Kapitalgeber relativ besser in der Lage sind, Qualitätsunsicherheiten durch Informationssammlung und -auswertung zu reduzieren (Leland, H. E./Pyle, D. H. 1977; Campbell, T.S./Kracaw, W.A. 1980).
Finanzintermediäre ohne Selbsteintritt können ihre eigene Reputation dazu verwenden, Kapitalgebern eine hohe Qualität der Kapitalnehmer zu signalisieren (Chemmanur, /Fulgiheri, 1994). Ein Signal ist immer dann für Dritte glaubwürdig, wenn der potenzielle Verlust an Reputation oder kurzfristigen Erträgen die zukünftigen Ertragschancen des Finanzintermediärs hinreichend vermindert. Ramakrishnan/Thakor (Ramakrishnan, R.T.S./Thakor, A.V. 1984) zeigen, dass der Zusammenschluss von einzelnen Informationsproduzenten zu einem Finanzintermediär die Qualität der von ihnen veröffentlichten Informationen verbessern kann. Der Schlüssel zu diesem Ergebnis liegt in einem Nutzengewinn aus Verstetigung der Erträge pro Informationsproduzent durch Diversifikation und gegenseitiger Kontrolle. Allen (Allen, F. 1990) zeigt Bedingungen auf, unter der Handel mit Informationen durch Finanzintermediäre lebensfähig ist.
Bezieht sich die Informationsasymmetrie auf die Zeit nach Abschuss des Finanzkontraktes, so entsteht das Problem nicht beobachtbarer Handlungen (= Hidden action). Kapitalnehmer werden, dem Eigennutzprinzip folgend, versuchen, ihr eigenes Nettovermögen zu maximieren ohne dabei die Interessen ihrer Kontraktpartner hinreichend zu berücksichtigen (Moral Hazard). Hierzu gehört die Möglichkeit, dass Schuldner nach Vertragsabschluss über eine riskantere Investitionspolitik eine Vermögensumverteilung zu ihren Gunsten bewirken wollen (Asset Substitution) (Jensen, M.C./Meckling, W.H. 1976). Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Kapitalgebern einen zu geringen Erfolg der Investitionen vorzutäuschen (Townsend, R.M. 1979; Gale, D./Hellwig, M. 1985). Finanzintermediäre können in solchen Fällen mit der laufenden Überwachung des Kapitalnehmers (Delegated monitoring) (Diamond, D.W. 1984; von Thadden, L. 1995; Breuer, W. 1995) oder mit der ex post Verifizierung der vorgelegten Daten (Williamson, S.D. 1986) beauftragt werden, um eine korrekte Erfüllung des Finanzkontrakts zu gewährleisten. Aufgrund der überragenden Bedeutung des Modellansatzes von Diamond (Diamond, D.W. 1984) für die Theorie der Finanzintermediation, soll hierauf im Folgenden ausführlicher eingegangen werden.
Diamond (Diamond, D.W. 1984) analysiert das Problem, wie Kapitalgeber am kostengünstigsten sicherstellen können, dass sie in einer Situation in der sie selbst die realisierten Projekt-Cashflows der Kapitalnehmer (Unternehmer) nicht beobachten können, eine faire Rendite erwarten können. Das betrachtete Finanzierungsproblem ist so ausgestaltet, dass zur Deckung des Kapitalbedarfs eines einzelnen Unternehmers die Mittel von m > 1 Kapitalgebern benötigt werden. Im Modell sind alle Beteiligten risikoneutral eingestellt. Drei Lösungen werden in Betracht gezogen: Die erste Möglichkeit ist die Wahl eines anreizkompatiblen Finanzierungskontraktes. Hierbei handelt es sich um einen Kreditvertrag mit fester Rückzahlungshöhe (Nominalbetrag plus Zinsen). Unterschreitet die Zahlung des Unternehmers den versprochenen Betrag, so kommt es zum Konkurs. Der Kreditvertrag ist so ausgelegt, dass dem Schuldner nicht pekuniäre Strafkosten φi (z.B. Kosten der Stellensuche, Prestigeverlust) genau in Höhe des Ausfallbetrages entstehen. Folglich hat der Unternehmer keinen Anreiz, die realisierten Cashflows falsch darzustellen: er kann aus einer Falschdarstellung keinen zusätzlichen Ertrag erzielen. Die zweite Möglichkeit besteht im privaten Monitoring des Cashflows durch jeden Kapitalgeber, wobei Kosten in Höhe von K anfallen. Da der Kapitalbedarf pro Unternehmer nur von m > 1 Kapitalgebern aufgebracht werden kann, belaufen sich die Monitoringkosten pro Unternehmer auf mK. Schließlich besteht die dritte Möglichkeit darin, die Monitoringaktivität an einen Finanzintermediär zu delegieren, der n > 1 Unternehmer bedient und sich über nm Kapitalgeber refinanziert. Zwischen Intermediär und den Kapitalgebern wird ein Kreditvertrag mit nicht pekuniären Strafkosten geschlossen (siehe erste Möglichkeit). Der Vertrag stellt sicher, dass der Finanzintermediär selbst keinem Monitoring unterzogen werden muss. Die erwarteten nicht pekuniären Strafkosten sind hinreichend, um den Intermediär mit dem nötigen Anreiz auszustatten, das Monitoring der Kapitalnehmer tatsächlich durchzuführen. Unter der Prämisse, dass die Cashflows der n Kapitalnehmer unkorreliert sind, gehen die erwarteten nicht pekuniären Strafkosten φp des Intermediärs für n → ∞ gegen Null und damit auch die Kosten der Anreizsetzung. Die nicht pekuniären Strafkosten pro Unternehmer, von Diamond als Delegationskosten Dn = φp/n der Intermediation bezeichnet, sinken mit steigendem Diversifikationsgrad, d.h. steigendem n. Die Gesamtkosten des „ Delegated monitoring “ pro Unternehmer betragen K + Dn. Für n → ∞ verbleiben pro Unternehmer lediglich die direkten Monitoringkosten K. Diversifikation erweist sich als zentrales Prinzip zur Reduktion von Delegationskosten, obwohl annahmegemäß alle Beteiligten risikoneutral eingestellt sind. Mit steigendem Diversifikationsgrad sinkt die Variabilität des Cashflows, der den Kapitalgebern des Finanzintermediärs versprochen wird. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit für einen Ausfall mit steigendem n. Im Extremfall für n = ∞ verwandeln sich die Ansprüche der Kapitalgeber gegen den Finanzintermediär in risikolose Positionen. Von den drei Lösungen des Finanzierungsproblems ist die Intermediärslösung dann vorteilhaft, wenn folgende Beziehung gilt:
K + Dn < min[mK; φi]
Das Modell zeigt eindrucksvoll, dass Finanzintermediäre als „ Delegated monitors “ eine zentrale Rolle im Prozess der Kapitalüberlassung einnehmen können.

2. Finanzintermediäre als Liquiditätsproduzenten


Die Transformation illiquider Ansprüche in liquide Ansprüche durch Finanzintermediäre kann als eine Versicherung gegen Liquiditätsrisiken angesehen werden. Die Idee besteht darin, Wirtschaftssubjekte mit unsicherem Liquiditätsbedarf gegen Wertverluste zu hedgen. Das Risiko entsteht bspw. dann, wenn langlaufende realwirtschaftliche Investitionen kurzfristig nur unter Inkaufnahme von Wertverlusten liquidiert werden können. Die Transformationsleistung setzt allerdings Finanzintermediäre generell dem Risiko eines Bank-runs aus (Bryant, J. 1980; Diamond, D.W./Dybvig, P.H. 1983; Jacklin, C.J./Bhattacharya, S. 1988; Chari, V.V./Jagannathan, R. 1988).
Aufgrund seiner zentralen Stellung in der Literatur, wird im folgenden der Ansatz von Diamond/Dybvig (Diamond, D.W./Dybvig, P.H. 1983) kurz skizziert. Diamond/Dybvig konstruieren ein Drei-Zeitpunkt-Modell (T = 0,1,2), in dem ein nicht handelbarer Einlagenvertrag eine optimale Risikoteilung zwischen Konsumenten mit unsicheren Konsumpräferenzen erlaubt. Ein bestimmter, allgemein bekannter Anteil der Konsumenten will in T = 1 ( „ frühe “ Konsumenten), der Rest in T = 2 ( „ späte “ Konsumenten) konsumieren. Das Risiko besteht darin, dass alle Konsumenten ihren Typ erst in T =1 lernen, ihre Investitionsentscheidung aber bereits in T = 0 treffen müssen. Der Intermediär investiert als Lösung des Problems die ihm über Einlagen zugeflossenen Mittel entsprechend dem Anteil der „ frühen “ und „ späten “ Konsumenten in das langlaufende Investitionsprojekt und den Rest in eine kurzlaufende (niedriger verzinste) Anlage. Der Einlagenvertrag kann allerdings einen Bank-run bewirken, wenn der Anteil der jeweiligen Konsumenten als unsicher wahrgenommen wird oder tatsächlich unsicher ist. Der Grund liegt darin, dass ein Einleger, der eigentlich erst in T = 2 konsumieren will, bereits für T = 1 die Zahlungsunfähigkeit des Intermediärs befürchten muß. Deshalb wird er ggf. seinen Konsum vorziehen. Als Lösung schlagen Diamond/Dybvig die Aussetzung der Konvertibilität der Einlagenkontrakte und die Errichtung einer staatlichen Einlagensicherung vor.
Die Liquidität von Ansprüchen wird auch von Informationsasymmetrien negativ beeinflusst. Je stärker die Informationsasymmetrie, desto niedriger ist c.p. die Liquidität unsicherer Ansprüche und desto höher sind die Kosten eines kurzfristigen Liquiditätsbedarfs, da potenzielle uninformierte Käufer einen (signifikanten) Risikoabschlag verlangen. Gorton/Pennacchi (Gorton, G./Pennacchi, G.G. 1990) zeigen, dass Finanzintermediäre durch die Schaffung leicht bewertbarer Ansprüche ohne Qualitätsrisiken (bspw. Einlagen) uninformierte Investoren mit kurzfristigem Liquiditätsbedarf gegen die Ausbeutung durch informierte Investoren schützen können.

3. Finanzintermediäre als Partner für langfristige Finanzierungsbeziehungen


Ein weiterer Ansatz zur Erklärung von Finanzintermediären beschäftigt sich mit langfristigen Schuldner/Gläubiger-Beziehungen. Ausgangspunkt ist der incomplete contract approach (Hart, O.D. 1995) der von der Grundprämisse ausgeht, dass in Verträgen niemals alle zukünftigen Zustände Berücksichtigung finden bzw. explizit geregelt werden können (Mayer, C. 1988; Hellwig, M. 1991). Da langfristig bindende Verträge oftmals zwar gewollt aber nicht möglich sind, besteht auf den Finanzmärkten ein fundamentaler Konflikt zwischen commitment (Bindung) und competition (Wettbewerb). Ein hohes Wettbewerbsniveau verhindert langfristige Bindungen in direkten Finanzierungsbeziehungen und damit auch die Hebung nur langfristig zu realisierender Wohlfahrtsgewinne. Die potenzielle Rolle von Finanzintermediären liegt nun in ihrer Fähigkeit, langfristige Bindungen einzugehen, um so zusätzliche Wohlfahrtsgewinne möglich zu machen. Sharpe (Sharpe, S. 1990) entwickelt hierzu ein Modell, bei dem ein Intermediär der in t = 0 einen Kredit vergibt, im Zeitablauf private Informationen über seine Schuldner erwirbt und zum Refinanzierungszeitpunkt in t = 1 ein Informationsmonopole innehat. Es besteht eine Informationsasymmetrie hinsichtlich der wahren Schuldnerqualität. Der Intermediär hat einen Anreiz, sein Informationsmonopol über die Schuldnerqualität in t = 1 auszunutzen. Sharpe nimmt für t = 0 eine hohe Wettbewerbsintensität auf dem Kreditmarkt an, sich also viele Banken um eine Finanzierung bewerben. Als Ergebnis hat die letztlich finanzierende Bank, die den niedrigsten Kreditzins verlangt, als Gewinner des Preiswettbewerbs für die erste Periode mit Verlusten zu rechnen. Solche Verluste kann sie jedoch in t = 1 wegen ihres Informationsmonopols mehr als ausgleichen. Die angenommene hohe Wettbewerbsintensität in t = 0 hat zudem die negative Eigenschaft, dass zu viele qualitativ schlechte Unternehmen finanziert werden. Diese Ineffizienzen können nun nach Sharpe durch Reputation reduziert bzw. sogar eliminiert werden. Hierzu gibt in t = 0 der Intermediär das glaubwürdige Versprechen, in t = 1 keinen Monopolzins in Rechnung zu stellen. Im Gegenzug erhält der Intermediär in t = 0 einen höheren Zins. Obwohl das Versprechen nicht bindend ist, kann ein Intermediär durch das öffentlich beobachtbare Einhalten des Versprechens Reputation aufbauen. Bei Bruch des Versprechens würde der Intermediär sein angesammeltes Reputationskapital verlieren. Der Aufbau von Reputation durch einen Finanzintermediär kann also geeignet sein, langfristige Beziehungen glaubwürdig anzubieten und gesamtwirtschaftliche Ineffizienzen zu beseitigen. Bedingung ist allerdings, dass die zukünftigen laufenden Erträge aus der Aufrechterhaltung der Reputation höher ausfallen als die einmaligen Erträge aus dem Bruch des Versprechens, Besteht für qualitativ Schuldner die alternative Möglichkeit sich in t = 1 von schlechten Schuldner zu separieren und über direkte Finanzierungsbeziehungen Kapital zu beschaffen (bspw. am Anleihemarkt), kann das glaubwürdige Eingehen langfristiger Bindungen in t = 0 erschwert oder sogar unmöglich werden (Rajan, R.G. 1992; Diamond, D.W. 1991).

V. Ausblick


Die fortschreitende Entwicklung in der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie die Deregulierung der Finanzmärkte hat in den letzten Jahren die Intermediationswege im deutschen Finanzsektor nachhaltig verschoben. Verbesserter Anlegerschutz an den Kapitalmärkten und der zunehmende Wettbewerb um Kapital hat zur Bildung alternativer, kostengünstigerer Intermediationswege geführt. Insbesondere direkte Finanzierungsbeziehungen über den Kapitalmarkt substituieren in zunehmendem Maße indirekte, über Finanzintermediäre mit Selbsteintritt abgewickelte Finanzierungsprozesse (Disintermediation). Beispiele sind die sich in Deutschland entwickelnden Märkte für Unternehmensanleihen (Corporate Bonds), für Commercial Papers oder für Risikokapital. Auf diesen Märkten spielen allerdings ebenfalls Finanzintermediäre (ohne Selbsteintritt) wie Investmentbanken, Rating-Agenturen oder Venture Capitalisten eine maßgebliche Rolle.
Literatur:
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