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Anreizsysteme


Inhaltsübersicht
I. Begriffsverständnis und Ziele von Anreizsystemen
II. Ausgangsproblem und Annahmen für die Entwicklung von Anreizsystemen
III. Zielgruppenorientierte Anreizgestaltung
IV. Bestandteile von Anreizsystemen
V. Grundfragen der Anreizgestaltung
VI. Einfluss gesetzlicher und kultureller Rahmenbedingung auf Anreizsysteme
VII. Fazit: Nachvollziehbarkeit und Transparenz als Grundanforderungen an Anreizsysteme

I. Begriffsverständnis und Ziele von Anreizsystemen


Anreize und Anreizsysteme werden in der Literatur aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Der Grund hierfür liegt in unterschiedlichen, teilweise komplementären Theorieansätzen, wie bspw. psychologischen, verhaltenswissenschaftlichen und neueren personalökonomischen. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass in der Literatur eine Vielzahl von Begriffsdefinitionen zu Anreizsystemen zu finden ist (vgl. z.B. Kossbiel,  1994, S. 75 ff.; Grewe,  2000, S. 9 ff. und die dort jeweils angegebene Literatur). Aus der ökonomischen Perspektive sind Anreize situationsbedingte handlungsbestimmende Vorteilserwartungen und somit nichts anderes als die Gründe, die die Akteure für ihr Verhalten haben (vgl. Homann, /Suchanek,  2000, S. 61). Anreizsysteme können als Summe aller bewusst gestalteten Bedingungen für Mitarbeiter betrachtet werden, die vom Unternehmen gewünschte Verhaltensweisen honorieren (durch positive Anreize, Belohnungen), unerwünschte Verhaltensweisen dagegen durch geeignete Instrumente (negative Anreize, Sanktionen) bestrafen (vgl. Kossbiel,  1994, S. 77; Wolff, /Lazear,  2001, S. 11). Dabei ist zu beachten, dass erst dann von einem Anreizsystem gesprochen werden kann, wenn die Gewährung von Anreizkomponenten an ein entsprechendes Bezugsobjekt (Bemessungsgrundlage bzw. Basisvariable) gekoppelt ist (vgl. Kossbiel,  1994, S. 78). Bekanntestes Beispiel für ein ergebnisabhängiges Anreizsystem ist wohl der Akkordlohn. Hier ist der Lohn an die produzierte Stückzahl gekoppelt, die als Leistungsindikator gilt. Moderne Anreizsysteme sind jedoch häufig erheblich komplexer. Sie kombinieren oft fixe und variable Entlohnungskomponenten, wobei der variable Anteil an mehrere Bezugsvariablen gekoppelt werden kann. Ein Beispiel für eine Entlohnungsformel wäre: Gesamtentgelt = Fixanteil A + 10% des Niederlassungsumsatzes + 2% des Unternehmensgewinns. Die Anreizintensität des Systems wird durch das Verhältnis zwischen fixem und variablem Anteil gesteuert. Besteht das Gesamtentgelt im Wesentlichen aus dem Fixanteil und ist der variable Anteil, bspw. ein Bonus zum Jahresende, lediglich ein kleines „ Zubrot “ , so spricht man von schwacher Anreizintensität. Macht der variable Teil dagegen fast das gesamte Entgelt aus, so spricht man von starker Anreizintensität.
Das Ziel der Gestaltung von Anreizsystemen besteht darin, durch eine zielgruppengerechte Gewährung von Anreizkomponenten die Mitarbeiter zu einer Steigerung ihrer Leistungen zu motivieren. Effizient gestaltete Leistungsanreize erhöhen die Produktivität der Mitarbeiter und üben einen positiven Einfluss auf den Gewinn des Unternehmens aus (Anreizeffekt). Zugleich lösen sie eine Selbst-Selektion unter (potenziellen) Bewerbern für eine entsprechend ausgeschriebene Stelle aus: Bewerber, die sich für leistungsfähig und leistungsbereit halten, werden von stark leistungsabhängigen Entgeltsystemen angezogen, und weniger leistungsfähige und/oder -bereite Kandidaten werden tendenziell auf eine Bewerbung verzichten (Selektionseffekt). Darüber hinaus können Anreizsysteme auch genutzt werden, um die Bindung von Mitarbeitern an das Unternehmen zu optimieren: Leistungsstarke sollen dem Unternehmen erhalten bleiben, leistungsschwache dagegen das Unternehmen verlassen. Im Schnitt steigt die Mitarbeiterproduktivität durch die Kombination von Anreiz- und Selektionseffekten, die erfolgsabhängige Entgelte auslösen.

II. Ausgangsproblem und Annahmen für die Entwicklung von Anreizsystemen


Im Rahmen der die Diskussion um Anreizsysteme dominierenden Perspektive der Prinzipal-Agenten-Theorie (vgl. Jost,  2001) wird davon ausgegangen, dass zwei Parteien existieren, die unterschiedliche Informationsstände besitzen und unterschiedliche Ziele verfolgen. Der Prinzipal, z.B. ein Arbeitgeber, delegiert eine Aufgabe an einen Agenten, z.B. einen Mitarbeiter, da ihm selbst Zeit, Fähigkeiten oder Informationen dafür fehlen.

1. Koordinations- und Motivationsproblem


In der ökonomischen Betrachtung von Organisationen treten mit der Übertragung von Aufgaben zwei Arten von Problemen auf, Koordinations- und Motivationsprobleme (vgl. Milgrom, /Roberts,  1992, S. 25 ff.; Wolff,  1995; Picot, /Dietl, /Franck,  1999, S. 5 ff.; Wolff, /Lazear,  2001, S. 48 ff.). Zum einen müssen dem Akteur die entsprechenden Rechte an Inputressourcen eingeräumt werden, die zur Lösung der gestellten Aufgabe notwendig sind. M.a.W.: Der Akteur muss in der Lage sein, das gestellte Problem auch wirklich lösen zu können. Diesen Aspekt spiegelt das Koordinationsproblem wider. Zusätzlich ist es jedoch erforderlich, dem Akteur einen entsprechenden persönlichen Nutzen aus der Ausführung der übertragenen Aufgabe in Aussicht zu stellen, die seine Anstrengungen kompensiert. Ihm müssen also Rechte am Output bzw. Produktionsergebnis zugeteilt werden, die seine Bemühungen entlohnen. Diese Facette der Aufgabendelegation beschreibt der Motivationsaspekt. M.a.W.: Der Akteur muss den Leistungseinsatz auch wollen; er muss attraktiv für ihn sein. Hier liegt der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen, denn erst das Motivationsproblem macht den Einsatz von Anreizsystemen erforderlich.

2. Individuelle Nutzenmaximierung, Opportunismus und Rationalität


Es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass die Akteure Einkommensziele verfolgen, um ihren persönlichen Nutzen zu maximieren. Unter Nutzen werden nicht ausschließlich monetäre Vorteile verstanden, aber grundsätzlich ist jede Art von individuellem Vorteil durch eine endliche Menge Geld kompensierbar ( „ hedonische Präferenzen “ ). Die Zahlungsbereitschaft ist Ausdruck der Wertschätzung von Nutzenträgern, ermöglicht somit einen Vergleich von monetären und nicht monetären Kompensationsbestandteilen und lässt Rückschlüsse auf ihre motivationale Wirkung zu.
Der Arbeitseinsatz verursacht bei Akteuren Kosten (Arbeitsleid). Sie werden versuchen, mit möglichst geringem Anstrengungsniveau eine möglichst hohe Gesamtkompensation zu erzielen. Dabei werden sie Trade-offs bezüglich des Einsatzes ihrer Zeit und Arbeitskraft vornehmen. Zwischen den zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen werden sie die netto vorteilhafteste wählen (individuelle Nutzenmaximierung). Dies hat vielfältige Folgen für die Gestaltung von Entlohnungssystemen (vgl. hierzu Wolff, /Lazear,  2001). Der Prinzipal wird versuchen, das Verhalten (Anstrengungsniveau) des Agenten durch Restriktionen und Anreize (betriebliche Anweisungen und Entgeltregeln) zu steuern, indem er unerwünschte Handlungsalternativen \'verteuert\' und erwünschte \'verbilligt\'. Das Ziel solcher Restriktion stellt also nicht die Unterdrückung sondern die Kanalisierung individueller Nutzenbestrebungen dar, so dass dadurch zugleich der Unternehmensgewinn steigt (vgl. Wolff, /Lazear,  2001, S. 11).
Es ist jedoch davon auszugehen, dass manche Akteure bei der Verfolgung ihres Nutzens auch bereit sind, Regeln zu brechen und sogar andere zu schädigen (Opportunismus). Deshalb muss der Bruch wünschenswerter Regeln glaubwürdig sanktioniert bzw. ihre Einhaltung belohnt werden. Ein Akteur wird sich willentlich nicht so verhalten, dass er sich selbst schadet (Rationalität). Durch die begrenzte Informationsaufnahme- und -verarbeitungskapazität des Menschen ist jedoch keine Hyperrationalität zu erwarten, was in der Annahme von bounded rationality zum Ausdruck kommt.
Zur Motivation der Akteure gibt es zwei Möglichkeiten, was sich mit der individuellen Nutzenfunktion begründen lässt. Einerseits besitzt eine angemessene Entlohnung motivierende Wirkung (extrinsische Motivation), da nutzenstiftende Dinge entsprechend der individuellen Präferenzstruktur dafür gekauft werden können. Andererseits kann aber auch die übertragene Aufgabe selbst eine motivierende Wirkung entfalten (intrinsische Motivation). Die Tätigkeit selbst ist hier Gegenstand der individuellen Nutzenfunktion. Im Vergleich zu extrinsisch motivierten Mitarbeitern werden intrinsisch motivierte ceteris paribus eine geringere Entlohnung fordern, da ihnen die Arbeit selbst Spaß macht, d.h. Nutzen stiftet.

3. Entscheidungssituationen und individuelles Vorteilskalkül


Entsprechend der Annahme, dass jede Handlungsalternative einen bestimmten Nutzen und bestimmte Kosten für den Akteur generiert, ist dieser theoretisch in der Lage, Handlungsoptionen an Hand der jeweils erwarteten Nettonutzen zu vergleichen. Er wird die Handlungsalternative wählen, die den höchsten erwarteten Nettonutzen verspricht. Diesen Entscheidungsprozess kann das Unternehmen antizipieren und Handlungsoptionen zur Angleichung der Ziele von Mitarbeiter und Unternehmen schaffen, indem es die Verfolgung des Unternehmensziels (z.B. durch Überstunden) relativ attraktiv macht, d.h. (marginal) attraktiver als die Alternativen des Mitarbeiters (z.B. Freizeit). Anreizsysteme sollen bewirken, dass die vom Unternehmen gewünschte Handlung des Agenten für diesen mindestens ebenso attraktiv ist wie seine nächstbeste Handlungsalternative (Reservationsnutzen des Mitarbeiters). Weniger anzubieten, würde den Akteur nicht zur gewünschten Handlung motivieren. Mehr zu zahlen, wäre ineffizient oder vielleicht sogar teurer als die nächstbeste Alternative des Arbeitgebers, dieselbe Leistung zu beziehen (Outside Option des Arbeitgebers z.B. Fremdbezug der Leistung, Ablehnung des Auftrags). Dies ist die Grundlogik der Funktionsweise von betrieblichen Anreizsystemen.

III. Zielgruppenorientierte Anreizgestaltung


Da die Menschen in den Unternehmen nur mit geringer Wahrscheinlichkeit alle über dieselben Eigenschaften und Zielvorstellungen verfügen, ist in der Praxis eine empirische Abschätzung der Kosten- und Nutzenfunktionen der Betroffenen wichtig, um Anreizsysteme hinreichend zielgruppengenau gestalten zu können. Aus Kostengründen können die Kosten- und Nutzenfunktionen aller Akteure nicht grundsätzlich im Einzelnen erfasst werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, je nach Bedarf mehr oder weniger tief differenzierende Cluster von Mitarbeitern zu bilden, auf die Anreizsysteme zielgruppenorientiert und dadurch ressourcenschonend zugeschnitten werden können. Aufgabenträger im Unternehmen werden dann nicht nur nach der Art ihrer Aufgaben, sondern ausdrücklich auch nach persönlichen Eigenschaften und Vorstellungen über ihre Arbeit, eben nach, \'Typen\', unterschieden.
Aus den unterschiedlichen Eigenschaften und Präferenzen der Mitarbeitertypen kann der Schluss gezogen werden, dass nicht jede Anreizkomponente gleichermaßen für jeden Mitarbeiter geeignet ist. Bspw. ist ein Mitarbeiter an einem Dienstauto interessiert; ein anderer hat evtl. lieber einen monetären Gehaltszuschlag. Möglicherweise ist die Finanzierung eines Dienstfahrzeugs für den Arbeitgeber monetär preiswerter als die private Unterhaltung desselben Fahrzeugs für den Mitarbeiter (z.B. durch Economies of Scale bei Beschaffung, Wartung, Versicherung, Steuerersparnis). Insofern ist hier also eine Wertschöpfung möglich. Dennoch kann es sein, dass ein Mitarbeiter einfach kein Auto will, weil er ihm subjektiv keinen Wert zumisst. Solange die Kosten für den Arbeitgeber gleich sind, wird ihm egal sein, welche Kompensationsform der Mitarbeiter wählt. In der Praxis findet diese Überlegung bspw. im Rahmen von Cafeteria-Systemen Anwendung. Im Rahmen von Cafeteria-Systemen gibt das Unternehmen dem Mitarbeiter ein bestimmtes Kostenbudget vor, innerhalb dessen er selbst seine Entlohnungskomponenten aus dem zur Auswahl gestellten Menü zusammenstellen kann.
Bei der Auswahl zwischen alternativen Anreizinstrumenten bzw. Entlohnungskomponenten müssen die Kosten- und Nutzenfunktionen des Unternehmens und der Mitarbeiter beachtet werden, damit die gewünschte Wirkung auch tatsächlich und effizient realisiert werden kann. Dies ist im „ Anreizportfolio “ veranschaulicht (Abb. 1). Die Sterne repräsentieren jeweils mögliche Ausprägungen einer Anreizkomponente auf zwei Dimensionen, die den jeweiligen Nutzen bzw. die Kosten für beide Parteien ordinal angeben.


Abb. 1: Anreizportfolio (vgl. Wolff, /Lazear,  2001, S. 228, in Anlehnung an Gaßner,  1999, S. 77)
Die für das Unternehmen und für die Mitarbeiter attraktivsten Anreizkomponenten befinden sich im Feld (I). Hier zu verortende Kompensationselemente kosten den Arbeitgeber nichts, bringen ihm sogar unmittelbar Vorteile und bringen zugleich auch dem Mitarbeiter Nutzen. Leider sind diese Anreizelemente relativ selten. Die meisten Anreizelemente finden sich im Quadrant II. Hier wären die meisten monetären Anreizelemente zu verorten, aber auch nicht monetäre: Lobende Worte für einen Mitarbeiter kosten den Arbeitgeber etwas Zeit und Aufmerksamkeit, stiften einem Mitarbeiter, der auf Anerkennung Wert legt, aber einen überproportionalen Nutzen. Dieser Anreiz ist also relativ günstig. Der – sehr teure – Picasso in der Kantine bspw. ist dagegen nur dann ein wirksames Kompensationselement, wenn der entsprechende Mitarbeiter ein Picasso-Fan ist. Gefällt er ihm nicht, so wird der Picasso zum \'Rohrkrepierer\' (Quadrant III). Findet ihn der Unternehmer so schön, dass er ihn selbst dann noch aufhängt, wenn der Mitarbeiter ihn als Beleidigung für seine Augen empfindet, so wird er zum „ One-Sided-Fun “ ohne positive Anreizwirkung für den Mitarbeiter (Quadrant IV). Hier wäre auch die Dinnereinladung eines unbeliebten Chefs an seine charmante Sekretärin zu verorten. Analog ist auch ein Dienstwagen nur bei entsprechender Wertschätzung durch den Mitarbeiter ein geeignetes Anreizinstrument.
Es wird deutlich, dass die Auswahl geeigneter Anreizelemente Informationen über subjektive Eigenschaften und Präferenzen des Agenten voraussetzt. Bspw. sind – entgegen mitunter vertretenen populären Auffassungen – Lob von Vorgesetzten und mehr Verantwortung im Job keineswegs universell einzusetzende „ Motivationsfaktoren “ . Es kann durchaus Arbeitnehmer geben, denen verbales Lob egal oder denen Verantwortung unangenehm ist. Wird hier nicht die individuelle Präferenzstruktur des jeweiligen Mitarbeiters berücksichtigt, so können gut gemeinte, aber falsch ausgewählte Maßnahmen geradezu kontraproduktiv und demotivierend wirken. Zumindest können sie angesichts wirkungsvollerer Alternativen zu denselben Kosten für den Unternehmer suboptimal sein.

IV. Bestandteile von Anreizsystemen


Ausgehend von der Definition eines Anreizes als situationsbedingte, handlungsbestimmende Vorteilserwartung lassen sich vielfältige Formen und konkrete Ausprägungen von Anreizelementen ableiten. Eine systematisierende Übersicht über mögliche Formen von Entlohnungskomponenten bietet Abb. 2.
Anreizsysteme
Abb. 2: Formen von Entlohnungskomponenten
Es lassen sich zunächst immaterielle und materielle Anreize unterscheiden. Die immateriellen wiederum lassen sich in direkte und indirekte einteilen. Direkten Nutzen stiften, die entsprechenden Präferenzen der Akteure vorausgesetzt, bspw. die Zusammenarbeit mit sympathischen Kollegen und Vorgesetzten sowie Lob bzw. Anerkennung. Indirekten Nutzen stiften Statussymbole wie eine Formalprokura auf der Visitenkarte oder eine zwar möglicherweise extrem unkomfortable, aber repräsentative Dienstvilla. Diese sind nicht zwangsläufig mit unmittelbaren monetären Vorteilen verbunden, verbessern aber in manchen Kreisen soziales Ansehen und Status des Mitarbeiters. Diese soziale Statusverbesserung stiftet dann den eigentlichen Nutzen beim Betroffenen. Materielle Entlohnungskomponenten können in erwartete und unerwartete unterteilt werden. Bei der Verteilung unerwarteter Belohnungen ist systematisch die einzelfallbezogene Kreativität der Unternehmer gefordert, da diese Art der Belohnung eben nicht ex ante spezifiziert werden kann. Hier behält sich der Arbeitgeber – gewissermaßen residual – die Möglichkeit der besonderen Anerkennung für nicht vorhersehbare Glanzleistungen vor. Der in Abb. 2 exemplarisch genannte Erfinderbonus gehört also nur dann in diese Kategorie, wenn er nicht systematisch, z.B. durch ein betriebliches Vorschlagswesen oder das Patentrecht, begründet ist. Denn ist er durch Regeln geplant, so erhält man ihn nicht mehr unerwartet.
Im Mittelpunkt der Gestaltung von Anreizsystemen stehen die ex ante plan- und gestaltbaren Entlohnungs- bzw. Anreizkomponenten, das formale und somit verhandelbare Kompensationspaket. Innerhalb materieller Kompensationspakete sind ergebnis- und inputabhängige Komponenten zu unterscheiden. Inputabhängige Entlohnungskomponenten sind bspw. feste Monatsgehälter oder Tagessätze. Solche Entgeltformen werden häufig auch als fixe Entlohnung bezeichnet. Ergebnisabhängige Entlohnungskomponenten gelten dagegen als variabel, weil sie über bestimmte Indikatoren direkt mit den – möglicherweise schwankenden – Leistungen des Akteurs verknüpft sind. Sie können in qualitätsabhängige und erfüllungsabhängige unterteilt werden. Bei ersteren steigt die Belohnung mit einem ex ante bestimmten Qualitätsindikator, bspw. der Gewinnmarge, der Kundenzufriedenheit oder dem Aktienkurs des betreffenden Unternehmens. Bei erfüllungsabhängigen Entlohnungsformen wird die in Aussicht gestellte Belohnung – bspw. ein Bonus – bei Erreichen eines ex ante definierten Zielwertes fällig, z.B. im Rahmen eines Management-by-Objectives-Systems. Abb. 2 deutet weiterhin an, dass neben dem formalen Kompensationspaket auch die betriebliche Karrierepolitik, z.B. in Form von Beförderungen, zur Motivation von Mitarbeitern eingesetzt wird (vgl. Kräkel,  1997). Beförderungen sind in der Regel mit einer Einkommensverbesserung verbunden. Sie haben einen Effekt auf das Lebensarbeitseinkommen des betreffenden Mitarbeiters. Insofern weisen sie eine materiellen Entlohnungskomponente auf. Der monetäre Gegenwert kann berechnet werden, indem das durch die Beförderung zusätzlich zu erwartende Lebenseinkommen geschätzt und zu einem realistischen Zinssatz abdiskontiert wird.
Eine viel diskutierte Möglichkeit, Mitarbeiter ergebnisabhängig zu motivieren, besteht darin, sie an der Wertsteigerung \'ihres\' Unternehmens teilhaben zu lassen. Beteiligungsmodelle können vielfältige Formen annehmen, die hier nicht im Einzelnen diskutiert werden können (Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer; Wolff, /Lazear,  2001, S. 232 ff.).
Aus unternehmerischer Sicht besteht der Charme von Mitarbeiterbeteiligungen in der verstärkten Motivation von Mitarbeitern, die zugleich Miteigentümer sind. Von ihnen wird erwartet, dass sie sich in höherem Maße dem Erfolg des Unternehmens verpflichtet fühlen als Mitarbeiter ohne Kapitalbeteiligung. Neben der betriebswirtschaftlichen weisen Mitarbeiterbeteiligungsmodelle auch eine politische Dimension auf: Sie könnten potenziellen politischen Spannungen wegen zunehmender Einkommensdifferenzierung innerhalb der Bevölkerung vorbeugen, weil es von vielen als sozial gerechter empfunden würde, wenn ein größerer Teil der Bevölkerung an Unternehmensgewinnen partizipieren könnte.

V. Grundfragen der Anreizgestaltung


Unabhängig davon, welche der möglichen variablen Anreizformen gewählt werden soll, gibt es einige Grundfragen zu ergebnisabhängigen Vergütungen, die im Folgenden beantworten werden sollen.

1. Fixe oder variable Entlohnung?


Besonderes Interesse gilt zur Zeit den Möglichkeiten der Gestaltung ergebnisabhängiger Entlohnungssysteme. Häufig wird sowohl von Unternehmensseite als auch von leistungsstarken Mitarbeitern gefordert, die Entlohnung solle sich stärker nach dem individuellen Wertschöpfungsbeitrag der Mitarbeiter richten. Dabei wird mitunter übersehen, dass auch inputabhängige Entgeltformen letztlich leistungsabhängig sind. Schließlich sind sie insofern variabel, als dass bspw. der Zeiteinsatz bei einer Tagessatz- oder Stundenlohnvereinbarung variiert werden kann. Bei vielen Tätigkeiten ist die investierte Arbeitszeit durchaus ein Indikator für die erbrachte Leistung. Außerdem gibt es i.d.R. einen Schwellenwert für die Mindestleistung des Mitarbeiters: Bei (nachhaltigem) Unterschreiten dieses Mindestwertes wird ein Mitarbeiter seine Stelle verlieren. Inputabhängige oder \'fixe\' Entlohnungsformen sind also nicht völlig leistungsunabhängig. Aus Unternehmenssicht spricht für ergebnisabhängige und in diesem Sinne variable Entlohnungsformen die bessere Motivationswirkung bei zugleich unternehmenserfolgsabhängigeren Lohnkosten. Schließlich gibt es in schlechteren Jahren auch ohne Reduzierung der Mitarbeiterzahl eine gewisse Entlastung, in guten Jahren dagegen kann sich das Unternehmen höhere Lohnkosten leisten. Unter welchen Bedingungen sollten variable Entlohnungsformen implementiert werden? Eine entscheidende Bedingung ist die Existenz und kostengünstige Messbarkeit geeigneter Basisvariablen.
Variable Entlohnungsformen können nur dann effizient implementiert werden, wenn es eine geeignete Outputkennzahl gibt, an die die Entlohnung gekoppelt werden kann. Eine Variable ist geeignet, wenn

-

sie zu vertretbaren Kosten messbar ist,

-

sie dem betreffenden Akteur hinreichend eindeutig zugeordnet werden kann und nicht zu stark von exogenen Einflüssen abhängt und

-

durch dessen Leistung hinreichend stark beeinflusst werden kann.


Mit Hilfe dieser Kriterien können grundsätzlich nicht geeignete von geeigneten Basisvariablen für Entlohnungskomponenten unterschieden werden. Bspw. zeigt sich, dass umstrittene und von einzelnen Akteuren oder der Geschäftsleitung willkürlich manipulierbare Kennzahlen grundsätzlich wenig geeignet sind. Basisvariablen müssen unumstritten feststellbar sein. Dies ist z.B. beim Bilanzgewinn häufig nicht der Fall, da dieser buchhalterisch gestaltet werden kann. Auch zeigt sich, dass der (nicht manipulierte) Aktienkurs eines Unternehmens sich eigentlich nur für Topmanager als Leistungsindikator eignet. Denn nur diese können den Gesamtwert der Unternehmung durch ihre Entscheidungen in nennenswertem Maße beeinflussen. Ein \'einfacher\' Mitarbeiter, bspw. am Fließband eines DaimlerChrysler-Werkes, kann dies nicht in signifikantem Maße. In diesem Fall hat eine Aktienbeteiligung oder ein Optionsmodell eine geringere Anreizwirkung. Aber auch diese kann eine Beteiligung im Einzelfall als lohnend erscheinen lassen, zumindest psychologisch – je nach Präferenzen der betroffenen Mitarbeiter.
Ist eine geeignete Variable als Leistungsindikator identifiziert, so muss entschieden werden, wie sie gemessen werden soll. Eine Grobeinteilung nach Datenbasis und Bewertungsverfahren bietet sich an, um erste Anhaltspunkte zur Lösung des Messproblems zu gewinnen. Diese ist in Abb. 3 dargestellt.
Anreizsysteme
Abb. 3: Leistungsbemessungsgrundlagen und Bewertungsmodi
Outputbasierte Kenngrößen sind bspw. der Umsatz oder die Dividende eines Unternehmens. Sie können objektiv in dem Sinne ermittelt werden, dass es benennbare und allgemein anerkannte Ermittlungsregeln sowie nachprüfbare quantitative Berechnungsgrundlagen gibt. Die Kundenzufriedenheit dagegen kann in diesem Sinne nicht objektiv ermittelt werden. Die Datenbasis besteht hier vielmehr in den durch Befragungen gesammelten subjektiven Einzeleindrücken einer möglichst repräsentativen Kundengruppe. Durch die Aggregation vieler subjektiver Eindrücke zu einer mehr oder weniger repräsentativen Kenngröße erfolgt eine Quasi-Objektivierung. Abb. 4 bietet weitere Beispiele für outputbasierte Kenngrößen, die als Basis für die Bestimmung von Entlohnungskomponenten dienen können.
Anreizsysteme
Abb. 4: Bezugsgrößen bei ergebnisabhängiger Entlohnung
Sind outputbasierte Variablen nicht zu vertretbaren Kosten zu ermitteln, so bieten sich inputbasierte Kenngrößen an, wie bspw. die investierte Arbeitszeit (vgl. Abb. 3). Diese quantitative Kenngröße ist \'objektiv\' messbar. Nicht objektiv messbar ist dagegen die Qualifikation als qualitative Kenngröße. Jedoch gelten Ausbildungszertifikate und Berufserfahrung als aussagekräftige Qualifikationsindikatoren. Dennoch stellen auch diese lediglich einen Objektivierungsversuch einer grundsätzlich nur subjektiv zu ermittelnden Kenngröße dar.

2. Individualentlohnung oder Teamentlohnung?


Kann eine ansonsten geeignete, weil gut messbare Variable nicht eindeutig einem einzelnen Mitarbeiter zugeordnet werden, so können Teamentlohnungsformen effizient sein. Statt eines einzelnen ist dann ein Team der \'Akteur\'. Diesem kollektiven Akteur können ebenso wie einzelnen Mitarbeitern Leistungskennzahlen zugeordnet werden, an die Entlohnungskomponenten, bspw. Prämien, gekoppelt werden. Zu beachten ist bei Teamentlohnungssystemen, dass es gelingen muss, Trittbrettfahren zu unterbinden. Das gelingt grundsätzlich eher, wenn die Teams nicht zu groß und nicht zu heterogen sind. In übersichtlichen Produktionsteams ebenso wie in sich selbst organisierenden Kundenberaterteams funktioniert die Selbst- oder auch soziale Kontrolle gut genug, um eine leistungsgerechte Arbeits- und Prämienaufteilung zu ermöglichen. Unter diesen Bedingungen kann eine Teamentlohnung Vorteile aufweisen, nicht zuletzt den, dass sie die Kooperation unter den Mitarbeitern fördert.

3. Risikoaversion des Mitarbeiters als Gestaltungsgrenze für Anreizsysteme


Das wirtschaftliche Ergebnis des Unternehmens aber auch der Output des einzelnen Mitarbeiters kann von vielen Faktoren abhängen und Schwankungen unterliegen. Einerseits kann ein Output-Rückgang durch eine nachlassende Anstrengung des Mitarbeiters herbeigeführt worden sein. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass externe Einflussfaktoren das Arbeitsergebnis verringert haben. Es stellt sich die Frage: War der Mitarbeiter selbst für die Schwankung verantwortlich oder waren es andere Faktoren, die jenseits seiner Kontrolle lagen? Bspw. könnten Konjunkturschwankungen das Ergebnis negativ beeinflussen. Aber ebenso sind auch Ergebnisverbesserungen denkbar, ohne dass der Arbeitnehmer ein höheres Anstrengungsniveau erbracht hat.
Durch eine ergebnisorientierte Entlohnung des Mitarbeiters, bspw. einen Stücklohn, ist dessen Einkommen dem Risiko von Schwankungen ausgesetzt. Was passiert, wenn z.B. am Markt ein Nachfragerückgang eintritt? In der Regel bestehen für Mitarbeiter im Vergleich zum Unternehmen beschränkte Möglichkeiten, dieses Risiko zu streuen – er ist risikoaverser als das Unternehmen (vgl. z.B. Laux,  1990). Folglich liegt der Schluss nahe, dass das Unternehmen exogene Risiken, d.h. das genuine Unternehmerrisiko, tragen sollte. Übernimmt das Unternehmen das Risiko, so ist ein Abschlag vom Erwartungswert des Entgelts als Prämie dafür denkbar, was eine kalkulatorische Reduzierung des monetären Stücklohns des Mitarbeiters im Tausch für das schwankungsfreie Entgelt zur Folge hat. Da ihm die Einkommenssicherheit diese Prämie jedoch wert ist, wird er den Tausch nicht als Nutzeneinbuße beurteilen.
Das nicht schwankende, aber um die Prämie reduzierte Entgelt führt ceteris paribus zu einer geringeren Anreizwirkung, was weniger Anstrengung des Mitarbeiters induziert. Ein ideales Anreizsystem würde deshalb lediglich exogene Risiken vom Mitarbeiter fernhalten, endogene Leistungsrisiken jedoch bei ihm belassen. Dies würden bspw. eine Bereinigung der Output-Indikatoren um allgemeine Konjunkturdaten oder relative Bewertungsschemata (Leistungsturniere) leisten, wobei Letztere jedoch die Kooperation zwischen den Mitarbeitern negativ beeinträchtigen können (vgl. Lazear, /Rosen,  1981).

VI. Einfluss gesetzlicher und kultureller Rahmenbedingung auf Anreizsysteme


Die Berücksichtigung von Rahmenbedingungen ist bei der Gestaltung von Anreizsystemen von großer Bedeutung. Im grafisch veranschaulichten Drei-Ebenen-Modell (Abb. 5; vgl. Williamson,  1996, S. 326) sind Einflussfaktoren dargestellt, die auf die Entscheidungen der Unternehmensleitung (Corporate Governance) wirken, d.h. auch auf die Gestaltung und Implementierung von Anreizsystemen.
Anreizsysteme
Abb. 5: Ebenen von Einflussfaktoren der Unternehmensführung
Individuelle Eigenschaften der Mitarbeiter, die die individuellen Ziele und Fähigkeiten umfassen, werden in ökonomischen Untersuchungen als gegeben angesehen und nicht hinterfragt oder verändert. Sie beeinflussen allerdings maßgeblich die Entscheidungen des Arbeitgebers bzgl. des Einsatzes und der Entlohnung der Mitarbeiter (vgl. Abb. 1) und sollten deshalb bekannt sein. Das Unternehmen beeinflusst durch das Anreizsystem das Verhalten der Mitarbeiter im Sinne des Unternehmensziels, nicht aber deren Eigenschaften. Die gestrichelten Pfeile in Abb. 5 deuten allerdings an, dass theoretisch auch eine Beeinflussung der Präferenzen von Akteuren (Umerziehung) denkbar wäre. Dies ist nicht unmittelbare Zielrichtung und methodische Wirkungsweise von Anreizsystemen. Jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass Anreizsysteme – ebenso wie Gesetze – auch eine pädagogische Wirkung entfalten. Im Zeitablauf kann es zu einer Internalisierung der entsprechenden Normen kommen.
Ebenso wie die individuellen Eigenschaften der Mitarbeiter beeinflussen auch institutionelle Rahmenbedingungen den Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers. Institutionelle Rahmenbedingungen beinhalten neben impliziten, kulturellen Normen auch explizite, vor Gericht einklagbare Bestimmungen, die den Gestaltungsspielraum für Anreizsysteme beeinflussen können (vgl. Wolff,  1999, S. 202 ff.). Eine Zusammenstellung exemplarischer arbeitsrechtlicher Regelungen bietet Abb. 6.
Anreizsysteme
Abb. 6: Hierarchie arbeitsrechtlicher Regelungen in Deutschland (Quelle: Wolff,  1999, S. 207)
Manche Bestandteile von Anreizsystemen werden im Bereich individueller und kollektivrechtlicher Regelungen auf der Unternehmensebene bestimmt. Eine outputorientierte Stück-Entlohnung für Mitarbeiter bspw. ist als Vereinbarung zwischen einzelnen Arbeitnehmern und dem Unternehmen denkbar. Gilt diese Entlohnungsform jedoch für einen größeren Personenkreis, so könnte darüber auch eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden. Diesen übergeordnet sind in Deutschland Tarifverträge, die bestimmte Zusammenhänge betriebsübergreifend regeln.
Eine tarifliche Regelung kann i.d.R. nicht durch eine betriebliche oder individualrechtliche Regelung gebrochen werden (es sei denn, es gibt Öffnungsklauseln oder der Arbeitgeber tritt aus dem Verband aus). So darf bspw. selbst bei Einverständnis des Mitarbeiters ein existierender tariflicher Mindestlohn nicht unterschritten werden.
Direkte Einschränkungen für die Gestaltungsfreiheit bei Vereinbarungen zwischen Mitarbeitern und dem Unternehmen, u.a. bei Cafeteria-Systemen, ergeben sich auch auf den dem Tarifvertrag übergeordneten, gesetzlichen Ebenen. Bspw. bieten relativ wenig deutsche Unternehmen ihren Mitarbeitern spezielle Krankenversicherungspläne an, weil in Deutschland – anders als bspw. in den U.S.A. – der Bedarf der meisten Mitarbeiter über gesetzlich vorgeschriebene, universelle Versicherungen bereits abgedeckt ist. Eine Krankenversicherungspolice kann somit in Deutschland kaum als Bindungsinstrument für ein bestimmtes Unternehmen eingesetzt werden. Ein weiteres Beispiel: Eine wöchentliche Regelarbeitszeit von 60 Stunden zu vereinbaren, wäre – selbst wenn Arbeitgeber und Mitarbeiter es wollten – in Deutschland illegal.
Nicht nur die geschriebenen, sondern auch die ungeschriebenen Gesetze eines Landes beeinflussen die Wirksamkeit und somit die Gestaltung von Anreizsystemen in Unternehmen, bspw. die vorherrschende Auffassung von Gerechtigkeit. Während z.B. in den U.S.A. stark leistungsabhängige Entgelte tendenziell als gerecht empfunden werden, ist in Deutschland auch die Idee einer gewissen „ Verteilungsgerechtigkeit “ nach sozialen Bedürfnissen, Alter und dergl. verbreitet. Derartige kulturelle Unterschiede haben maßgebliche Folgen für die Akzeptanz und damit auch für die Wirksamkeit von Anreizsystemen. Dies gilt es bei der Gestaltung und Anpassung von Anreizsystemen an unterschiedlichen Unternehmensstandorten zu berücksichtigen. Bedingt durch Unterschiede in den institutionellen, d.h. gesetzlichen und kulturellen Rahmenbedingungen werden effiziente Anreizsysteme, z.B. in Form von Entgeltformeln, aber auch Cafeteria-Angeboten, in Deutschland anders gestaltet sein als bspw. in den U.S.A.

VII. Fazit: Nachvollziehbarkeit und Transparenz als Grundanforderungen an Anreizsysteme


Anreizsysteme sind ein Instrument der Unternehmensleitung, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass ein Mitarbeiter in ihrem Sinne entscheidet und handelt. Der Grundgedanke besteht darin, das Entgelt des Mitarbeiters durch eine Entlohnungsformel an Indikatoren für den Beitrag des Mitarbeiters zum Gesamterfolg des Unternehmens zu koppeln. Dadurch sollen Konflikte zwischen den persönlichen Zielen des Mitarbeiters und den Unternehmenszielen überwunden werden. Denn nun ist die Verfolgung des Unternehmensziels auch für den Mitarbeiter persönlich attraktiver als seine Handlungsalternativen.
Wichtig ist, dass Anreizsysteme hinreichend einfach strukturiert und transparent sind. Das bedeutet: Die Erfolgsgrößen, an die Entlohnungselemente, z.B. Prämien, gekoppelt sind, müssen unzweifelhaft feststellbar sein, bestimmten Individuen bzw. Teams eindeutig zugeordnet und von diesen auch eindeutig beeinflusst werden können. Auch muss die Art der Berechnung auf der Basis dieser Kenngrößen regelgebunden und nachvollziehbar sein.
Die Entlohnungsformel muss explizit darstellbar und für den Mitarbeiter nachvollziehbar sein. Ansonsten wird sie nicht die gewünschte Anreizwirkung entfalten. Nur wenn die Betroffenen die Entlohnungsregeln sowie ihre Anwendung durchschauen und grundsätzlich akzeptieren, wird ein Entgeltsystem als leistungsgerecht empfunden werden und die gewünschte Anreizwirkung auslösen. Nur dann kann es auch effizient sein. Ein theoretisch exakt die Leistung eines Akteurs widerspiegelndes Kennzahlensystem in Kombination mit einer komplexen Entlohnungsformel kann sich als weniger anreizwirksam erweisen, als ein weniger präzises, aber verständliches System mit nur einer oder zwei Variablen in einer sehr schlichten Formel.
Literatur:
Backes-Gellner, U./Lazear, E. P./Wolff, B. : Personalökonomik. Fortgeschrittene Anwendungen für das Management, Stuttgart 2001
Gaßner, W. : Implementierung organisatorischer Veränderungen. Eine mitarbeiterorientierte Perspektive, Wiesbaden 1999
Grewe, A. : Implementierung neuer Anreizsysteme, München et al. 2000
Homann, K./Suchanek, A. : Ökonomik. Eine Einführung, Tübingen 2000
Jost, P. J. : Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart 2001
Kossbiel, H. : Überlegungen zur Effizienz betrieblicher Anreizsysteme, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 54, 1994, S. 75 – 93
Kräkel, M. : Ökonomische Analyse der betrieblichen Karrierepolitik, München et al. 1997
Laux, H. : Risiko, Anreiz und Kontrolle, Berlin 1990
Lazear, E. P./Rosen, S. : Rank-Order Tournaments as Optimum Labor Contracts, in: Journal of Political Economy, Jg. 89, 1981, S. 841 – 864
Milgrom, P./Roberts, J. : Economics, Organization, and Management, Cambridge 1992
Picot, A./Dietl, H./Franck, E. : Organisation. Eine ökonomische Perspektive, 2. A., Stuttgart 1999
Williamson, O. E. : The Mechanisms of Governance, Oxford et al. 1996
Wolff, B. : Organisation durch Verträge. Koordination und Motivation im Unternehmen, Wiesbaden 1995
Wolff, B. : Anreizkompatible Reorganisation von Unternehmen, Stuttgart 1999
Wolff, B./Lazear, E. P. : Einführung in die Personalökonomik, Stuttgart 2001

 

 


 

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