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Marketing-Kosten


Inhaltsübersicht
I. Begriff der Marketing-Kosten
II. Abgrenzung der Marketing-Kosten
III. Besonderheiten der Marketing-Kosten
IV. Abbildung der Marketing-Kosten in der Kostenrechnung

I. Begriff der Marketing-Kosten


Ausgehend von der früher weitgehend üblichen Gleichsetzung der Begriffe Vertrieb, Absatz und Marketing werden Marketing-Kosten synonym auch als Absatz- oder Vertriebskosten bezeichnet. Unter Marketing-Kosten versteht man jene Kosten, die in der betriebswirtschaftlichen Grundfunktion Absatz und ihren Teilfunktionen entstehen, sowie den Güterverbrauch, der im Zuge der üblichen innerbetrieblichen Leistungsverrechnung auf die Grundfunktion Absatz verrechnet wird (Weigand, C. 1989). Diese Definition hat nicht nur für den Sachgüterbetrieb Gültigkeit, sondern ist im Prinzip auch auf Dienstleistungs- und Handelsbetriebe übertragbar.
In der Betriebswirtschaftslehre existiert eine Reihe unterschiedlicher Kostenbegriffe. Wegen seiner Offenheit hinsichtlich der Wertkomponente und der daraus resultierenden Eignung für entscheidungsorientierte Kostenrechnungssysteme soll im Folgenden der auf Schmalenbach zurückgehende wertmäßige Kostenbegriff zugrunde gelegt werden. Danach stellen Kosten bewerteten, leistungsbedingten Güterverbrauch dar.

II. Abgrenzung der Marketing-Kosten


Die obige Definition der Marketing-Kosten enthält implizit zwei aufeinander aufbauende Abgrenzungsprobleme. Zuerst ist zu klären wie man das Marketing und seine Kosten von anderen Unternehmensbereichen abgrenzt. Dabei schafft ein Rückgriff auf den Begriffsinhalt des Marketing wenig Klarheit. Vielmehr empfiehlt sich eine Orientierung an den betriebswirtschaftlichen Grundfunktionen Beschaffung, Produktion und Absatz. Die Grundfunktion Absatz lässt sich in eine Reihe konkreter Leistungsvorgänge, sog. Teilfunktionen des Absatzes, zerlegen. Schäfer unterscheidet folgende Teilfunktionen: Absatzvorbereitung, Absatzanbahnung, Vorratshaltung für den Verkauf, Verkaufsabschluss, Absatzdurchführung, finanzielle Durchführung des Absatzes und Erhaltung der Absatzbeziehungen (Schäfer, E. 1981). Mithilfe dieser Teilfunktionen sind inhaltlich die Grundfunktion Absatz und die damit verbundenen Kosten, die Marketing-Kosten, näher bestimmt.
Ausgehend von dieser Abgrenzung besteht ein zweites Abgrenzungsproblem in der Frage, wie die auf Entscheidungen anderer Unternehmensbereiche zurückzuführenden Kosten in dem Unternehmensbereich behandelt werden sollen, in dem sich die Kosten letztlich niederschlagen. Die Befürworter einer Zurechnung der Marketing-Kosten nach der Verursachung argumentieren, dass die »wahren« Marketing-Kosten höher liegen als die Marketing-Kosten, die bei einer Zurechnung nach ihrem Entstehungsbereich ermittelt werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von »heimlichen Marketing-Kosten«, deren Höhe auf 3 – 7% vom Umsatz beziffert wird (Rütschi, K. A. 1979). Nach dieser Auffassung werden all jene Kosten als Marketing-Kosten interpretiert, die durch Marketing-Entscheidungen verursacht werden, unabhängig davon, in welchem Funktionalbereich sie entstehen. Die obige Definition folgt aus zwei Gründen dem Grundsatz der Abgrenzung der Marketing-Kosten nach der Kostenentstehung. Erstens erweist sich die Anwendung des Identitätsprinzips im Zusammenhang mit der Kostenzurechnung auf Kostenstellen und Unternehmensbereiche aus theoretischer Sicht als problematisch, da die Bildung einer Kostenstelle und der Kosten auslösende Einsatz der Kostenstelle in der Realität nicht auf eine identische Entscheidung zurückgeführt werden können (Mrosek, D. 1983). Demnach lassen sich Kostenstellenkosten oder die Kosten der Grundfunktion Absatz nicht als nach dem Identitätsprinzip zurechenbare Kosten interpretieren, sondern allenfalls als direkt am Ort der Kostenentstehung erfasste Kosten. Zweitens bestehen auch praktische Einwände gegen eine Kostenzurechnung auf Funktionalbereiche gemäß der Verursachung bzw. dem Identitätsprinzip Die Folge einer so vorgenommenen Abgrenzung der Marketing-Kosten wären zahlreiche Kostenumschichtungen zwischen den Funktionalbereichen, die häufig schwer vorzunehmen sind, da im Einzelfall zum einen oft nicht feststellbar ist, welcher Funktionalbereich die Kosten verursacht hat, zum anderen die Höhe der zuzurechnenden Kosten schwer bestimmbar ist. Zudem würden solche Kostenumschichtungen zu einem Transparenzverlust des Rechnungsstoffes und einhergehend damit zu einer erschwerten bereichsbezogenen Wirtschaftlichkeitskontrolle führen.

III. Besonderheiten der Marketing-Kosten


Die Planung, Steuerung und Kontrolle der Marketing-Kosten gestaltet sich im Vergleich zu den Fertigungskosten ungleich schwieriger. Dies liegt zum einen daran, dass im Marketing der Produktionsfaktor menschliche Arbeit dominiert, wobei geistige und dispositive Arbeiten mit innovativem Grundmuster einen erheblichen Anteil ausmachen. Dadurch wird die Leistungsmessung erheblich erschwert. Zum anderen bestimmt letztlich der Absatzmarkt als eine exogene und vom Unternehmen weitgehend unbeeinflussbare Variable Art und Umfang der Marketing-Aktivitäten.
Weiterhin verursacht die gleiche Produktart in der Regel unterschiedlich hohe Marketing-Kosten, da sich die Abnehmer hinsichtlich verschiedener, die Höhe der Marketing-Kosten beeinflussender Merkmale unterscheiden, so z.B. hinsichtlich ihrer räumlichen Entfernung oder der Bestell- und Zahlungsgewohnheiten.
Schließlich lässt sich ein Teil der Marketing-Kosten nicht verursachungsgerecht auf die Produkte zurechnen. Die Ursachen liegen einerseits im oftmals fehlenden Bezug mancher Marketing-Leistungen zu den Endprodukten, andererseits in der häufig anzutreffenden Verbundenheit von Marketing-Leistungen. Ersteres äußert sich in Leistungen, die dem Unternehmen insgesamt zugute kommen, wie Public Relations-Maßnahmen oder Firmenwerbung, Letzteres in Leistungen, die für mehrere Produkte gemeinsam erbracht werden, so etwa die Bearbeitung eines Auftrages, der verschiedene Produkte umfasst, oder die Auslieferung gemischter Warensendungen.

IV. Abbildung der Marketing-Kosten in der Kostenrechnung


1. Rechnungszwecke einer führungsorientierten Marketing- Kostenrechnung


Um eine differenzierte Erfassung und Verteilung der Marketing-Kosten zu gewährleisten, sollten die Marketing-Kosten in einer gesonderten Funktionskostenrechnung abgebildet werden. Eine Marketing-Kostenrechnung muss jedoch in die anderen Rechenkreise des internen Rechnungswesens integriert werden. Zum einen bedarf sie zwingend der Ergänzung um Daten der Erlösrechnung, um die Marketing-Kostenrechnung zu einer Marketing-Ergebnisrechnung fortführen zu können. Zum anderen sind die Kosten der Beschaffung, der Produktion und der Verwaltung mit jenen des Marketing in Verbindung zu bringen.
Eine gesonderte Marketing-Kostenrechnung muss so aufgebaut sein, dass sie vom Marketing-Management und vom Marketing-Controlling als Führungs- und Informationsversorgungsinstrument eingesetzt werden kann. In jüngerer Zeit spricht man in diesem Zusammenhang auch von der Schnittstellenaufgabe des Marketing-Accounting, das die Versorgung des Marketing-Managements mit entscheidungsrelevanten Daten des Rechnungswesens zum Gegenstand hat (Köhler, R. 1992).
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss eine Marketing-Kostenrechnung im Wesentlichen drei Rechnungszwecke erfüllen (Weigand, C. 1992). Erster Rechnungszweck ist die differenzierte Abbildung des Marketing in Kostengrößen. Sie bezieht sich sowohl auf den vergangenen, bereits realisierten als auch auf den zukünftigen Marketing-Prozess und seine Ergebnisse und hat sich an den beiden anderen Rechnungszwecken auszurichten.
Der zweite Rechnungszweck, die Planung und Steuerung des Marketing, umfasst die Unterstützung des Marketing-Managements bei seinen Planungs- und Steuerungsaufgaben durch die Bereitstellung von Kosteninformationen, auf deren Basis Entscheidungen über die zukünftige Gestaltung des Marketing-Prozesses getroffen werden können. Voraussetzung für die Erfüllung dieses Rechnungszweckes ist, dass für die im Zuge der Marketing-Planung und -Steuerung auftretenden Entscheidungsprobleme die jeweils relevanten Kosten zur Verfügung stehen. Eine Marketing-Kostenrechnung, die entscheidungsrelevante Kosteninformationen bereitstellen soll, muss als Plankostenrechnung auf Teilkostenbasis aufgebaut sein. Eine Teilkostenrechnung hat eine verursachungsgerechte Zurechnung der Kosten auf die Kalkulationsobjekte zu gewährleisten. Dies geschieht unter Rückgriff auf das von Riebel entwickelte Identitätsprinzip, das in den Entscheidungen die eigentlichen Ursachen der Kostenentstehung sieht, sowie das damit zusammenhängende Rechnen mit relativen Einzelkosten (Riebel, P. 1967).
Der dritte Rechnungszweck, die Kontrolle des Marketing, besteht in einer permanenten und systematischen Überprüfung und Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Marketing-Prozesses und seiner Ergebnisse mithilfe einer Gegenüberstellung von Istkosten und Plankosten.

2. Absatzrelevante Kalkulationsobjekte


Die im Planungs- und Steuerungsprozess auftretenden Entscheidungssituationen determinieren im Wesentlichen die Analyse- und Auswertungsbedürfnisse des Marketing (Weigand, C. 1993). Um dies befriedigen zu können, muss eine Marketing-Kostenrechnung zusätzlich spezielle Kalkulationsobjekte für das Marketing vorsehen, die über die in traditionellen Kostenrechnungssystemen üblichen Dimensionen Kostenstelle und Produkte hinausgehen. Da die taktisch-operative Marketing-Planung in erster Linie das absatzpolitische Aktivitätsniveau festlegt, muss eine Marketing-Kostenrechnung auch für die absatzpolitischen Instrumente sowie für konkrete Marketing-Projekte und -Maßnahmen Kosteninformationen zur Verfügung stellen. Das Marketing-Management benötigt weiterhin Kosteninformationen über die bestehenden Produkt-Markt-Beziehungen des Unternehmens. Diese lassen sich im Wesentlichen mithilfe der Absatzsegmente in Marketing-Kosten und -Ergebnisrechnungen abbilden. Abb. 1 zeigt absatzrelevante Kalkulationsobjekte, für die Marketing-Kosten erfasst und geplant werden müssen, um Marketing-Kosteninformationen für typische, regelmäßig auftretende Entscheidungen im Marketing bereitstellen zu können.
Marketing-Kosten
Abb. 1: Überblick über absatzrelevante Kalkulationsobjekte

3. Bildung und Systematisierung von Marketing-Kostenarten


Die im Marketing anfallenden Kostenarten lassen sich danach unterscheiden, ob sie ausschließlich dort vorkommen oder aber prinzipiell auch in anderen Funktionalbereichen vorzufinden sind. Im ersten Fall handelt es sich um spezifische Marketing-Kostenarten, im zweiten Fall um unspezifische Marketing-Kostenarten (Weigand, C. 1989).
Als typische spezifische  Marketing-Kostenarten sind die Sondereinzelkosten des Vertriebs anzusehen, die sich in der Regel für den einzelnen Kostenträger erfassen lassen. Den Sondereinzelkosten des Vertriebs werden in der Literatur und in der Kalkulationspraxis Verpackungsmaterialkosten, absatzbezogene Lizenzen, Provisionen für frei Handelsvertreter und Reisende, Verkaufsprämien, Transportversicherungen und Ausgangsfrachten subsumiert. Weiterhin werden als Sondereinzelkosten die Zölle und die Exportkreditversicherung genannt, die jedoch nur einen Teil der im Exportgeschäft auftretenden, als Exportsondereinzelkosten bezeichneten Kostenarten repräsentieren. Neben den Sondereinzelkosten des Vertriebs existieren noch weitere spezifische Marketing-Kostenarten, insbesondere im Bereich der Kommunikationspolitik und der Marktforschung. So lassen sich Kosten für fremdbezogene Werbe-, Verkaufsförderungs-, Public Relations- und Marktforschungsleistungen unterscheiden.
Im Marketing existieren noch weitere primäre Kostenarten, die jedoch auch in anderen Unternehmensbereichen vorzufinden sind. Daher fällt nur ein Teil ihrer Gesamtsumme im Marketing an. Sie werden als unspezifische Marketing-Kostenarten bezeichnet.
Die von einem Unternehmen unterschiedenen Kostenarten werden in einem Kostenartenplan in systematischer Form festgehalten. Um eine differenzierte Abbildung der Marketing-Kostenarten zu gewährleisten, können zum einen innerhalb des gesamtunternehmensbezogenen Kostenartenplans verstärkt marketingspezifische Differenzierungen vorgesehen werden, zum anderen ist auch der Aufbau separater Kostenartenpläne für das Marketing denkbar (Weigand, C. 1989).

4. Kostenstellenrechnung im Marketing


Die Gliederung der Marketing-Kostenstellen erfolgt zunächst nach funktionalen Gesichtspunkten. Man erhält so Kostenstellen wie Marketing-Leitung, Werbung, Verkaufsinnendienst, Verkaufsbüros, Auftragsbearbeitung und -abwicklung, Fertigwarenlager und Versand. Ergänzend dazu sind im Marketing absatzmarktorientierte Gliederungskriterien relevant, für die die Absatzsegmente Produkte, Kunden und Absatzgebiete herangezogen werden. Ziel dieser ergänzenden Untergliederung ist es, aus einer Funktionskostenstelle mehrere parallele Kostenstellen gleicher Funktion zu bilden, die sich dadurch unterscheiden, dass ihre annährend identischen Tätigkeiten auf unterschiedliche Ausschnitte des Absatzmarktes ausgerichtet sind (Weigand, C. 1989). So sind beispielsweise regionale Verkaufsbüros für bestimmte Absatzgebiete zuständig, oder die Auftragsbearbeitung wird differenziert nach einzelnen Kundengruppen durchgeführt. Schließlich ist im Zuge der Kostenstellenbildung darauf zu achten, dass die Marketing-Kostenstellen als selbstständige Verantwortungsbereiche eingerichtet sind, wobei gleichzeitig die Beeinflussbarkeit der Kosten durch den Verantwortlichen zu berücksichtigen ist. Im Rahmen der Planung werden zunächst Budgets für die einzelnen Marketing-Kostenstellen festgelegt, die sich aus den verschiedenen Marketing-Plänen ableiten. Rückblickend ist dann eine Wirtschaftlichkeitskontrolle anhand kostenstellenbezogener Soll-Ist-Vergleiche möglich.
In den verschiedenen Marketing-Kostenstellen bestehen Zusammenhänge unterschiedlicher Art zwischen Marketing-Kosten, Kostenstellenleistung und Absatzvolumen, die sich mittels der Kostenkategorien variable und fixe Marketing-Kosten abbilden lassen. Die Kostenstellenkosten müssen in variable und fixe Bestandteile gespalten werden. Die Kostenspaltung beruht auf der Bestimmung von Marketing-Leistungen bzw. Bezugsgrößen für die einzelnen Marketing-Kostenstellen. Liegen der Kostenspaltung repetitive Marketing-Leistungen zugrunde, erhält man variable Marketing-Kosten, die mit hinreichender Genauigkeit den tatsächlichen Kostenverläufen entsprechen. Je nachdem, ob sich die variablen Marketing-Kosten nur in Abhängigkeit von der Kostenstellenleistung oder zudem in Abhängigkeit vom Absatzvolumen verändern, kann ein Teil der variablen Kosten über Verrechnungssätze auf Kostenträger weiterverrechnet werden. Da die auf diese Weise verrechneten Kosten den kleineren Teil der Marketing-Kosten ausmachen, stellt die Zurechnung derjenigen Marketing-Kosten, die nicht über Verrechnungssätze weiterverrechnet werden, einen zentralen Punkt dar. Sie werden den  absatzrelevanten Kalkulationsobjekten auf zweierlei Weise zugeordnet (Weigand, C. 1989). Zum einen werden die fixen Kosten ganzer Marketing-Kostenstellen dem Identitätsprinzip entsprechend denjenigen Kalkulationsobjekten als Einzelkosten zugerechnet, für die eine Marketing-Kostenstelle ausschließlich tätig ist. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist, dass die Marketing-Kostenstellen nicht nur nach funktionalen Kriterien, sondern ergänzend auch nach den oben erwähnten absatzmarktorientierten Kriterien gegliedert und entsprechend gekennzeichnet sind. Zum anderen setzt in der Kostenstelle Marktforschung und in den kommunikationspolitischen Kostenstellen die vieldimensionale Kennzeichnung mit Klassifikationsobjekten an den einzelnen Kostendaten an, weil dort in erster Linie projekt- und aktionsbezogene Vertriebsleistungen erbracht werden. Diese zweigleisige Vorgehensweise erleichtert die DV-technische Verarbeitung der vieldimensionalen Zurechnungsmöglichkeiten der Marketing-Kosten, da in der Grundrechnung für die meisten Kostenbeträge nur die Verdichtungsrichtungen Kostenart und Marketing-Kostenstelle erforderlich sind und die vieldimensionale Kennzeichnung erst an den Marketing-Kostenstellen ansetzt. Nur für ein gemessen an den gesamten Marketing-Kosten geringes Datenvolumen müssen bereits die einzelnen Kostenbeträge vieldimensional kontiert werden. Aufbauend auf der Verrechnungssatzbildung und der differenzierten Abbildung der Fixkosten im Rahmen der Kostenstellenrechnung können nun Auswertungsrechnungen für weitere absatzrelevante Kalkulationsobjekte durchgeführt werden.

5. Zurechnung der Marketing-Kosten auf Kostenträger und weitere absatzrelevante Kalkulationsobjekte


Im Vergleich zur Produktion sind weniger Kosten den Produkten direkt zurechenbar. Allerdings lassen sich die in den Marketing-Kostenstellen erfassten variablen Kosten über Verrechnungssätze teilweise den Kundenaufträgen zurechnen. Daher wird in der Marketing-Kostenrechnung der Kostenträgerbegriff erweitert, und neben den absatzbestimmten Produkten werden auch die Kundenaufträge als Kostenträger interpretiert. Die Zurechnung der variablen Marketing-Kosten auf Kostenträger erfolgt auf zweierlei Weise. Ein Teil der Vertriebskosten wird direkt von der Kostenartenrechnung auf die Kostenträger weiterverrechnet. Es handelt sich hierbei in erster Linie um die Sondereinzelkosten des Vertriebs. Der andere Teil wird zunächst in die Marketing-Kostenstellen übernommen und von dort aus über Verrechnungssätze den Kostenträgern zugerechnet. Um eine dem Identitätsprinzip entsprechende Zurechnung der fixen Marketing-Kosten als Einzelkosten auf Produkte (pro Periode) zu erreichen, bedarf es im Wesentlichen zweier Schritte. Erstens ist eine Hierarchisierung des Produktprogramms vorzunehmen. Zweitens sind die fixen Marketing-Kosten den einzelnen Segmenten dieser Produkthierarchie zuzurechnen. Wie bereits beschrieben, erfolgt dies zum einen durch Zurechnung der fixen Kosten ganzer Kostenstellen, zum anderen durch die Zurechnung einzelner Kostendaten.
Um für weitere wichtige und häufig zu treffende Marketing-Entscheidungen relevante Kosteninformationen zur Verfügung zu haben, sind als weitere Kalkulationsobjekte die Kunden, Absatzgebiete und Absatzwege vorzusehen. Die variablen und fixen Marketing-Kosten sind analog der im Zusammenhang mit den Kostenträgern beschriebenen Vorgehensweise den Kunden, Absatzgebieten und Absatzwegen verursachungsgerecht zuzurechnen. Zu diesem Zweck müssen die Kalkulationsobjekte in eine hierarchische Struktur gebracht werden. Die bisher beschriebenen Zurechnungshierarchien sind in ihrer Struktur eindimensional, d.h. sie stimmen nur hinsichtlich eines Merkmals überein. Nimmt man zusätzlich zur Zurechnung der Marketing-Kosten eine entsprechende Zurechnung der Erlöse vor, erhält man eindimensionale Deckungsbeitragsrechnungen nach Kostenträgern, Kunden Absatzgebieten und Absatzwegen, wie sie auch die Absatzsegmentrechnung kennt.
Eindimensionale Zurechnungshierarchien und darauf aufbauende eindimensionale Deckungsbeitragsrechnungen geben erste Hinweise auf die Erfolgsbeiträge dieser Absatzsegmente. Da aber diese Rechnungen unabhängig voneinander parallel erstellt werden, weisen sie im Wesentlichen zwei Schwächen auf (Weigand, C. 1989). Erstens ist für jedes Absatzsegment nur eine isolierte Erfolgsplanung, -steuerung und -kontrolle möglich. Zweitens können die Ergebnisse der getrennt durchgeführten eindimensionalen Deckungsbeitragsrechnungen zueinander im Widerspruch stehen. Deshalb bedarf es einer mehrdimensionalen Betrachtung, bei der die verschiedenen Segmentierungen nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern gleichzeitig nach mehreren Dimensionen vorgenommen werden. Dazu sind mehrdimensionale Marketing-Hierarchien einzurichten, die letztlich durch »Ineinanderschieben« mehrerer eindimensionaler Hierarchien entstehen. Die darauf aufbauenden mehrdimensionalen Deckungsbeitragsrechnungen weisen die Ergebnisse eines bestimmten Abatzsegmentes differenziert nach den anderen Dimensionen aus (Röhrenbacher, H. 1985; Weigand, C. 1989). So erhält man z.B. Deckungsbeiträge, die eine Produktgruppe innerhalb einzelner Kundengruppen erzielt. In der Regel ist es ausreichend, sich bei dem Aufbau mehrdimensionaler Marketing-Hierarchien auf die drei Dimensionen Produkte, Kunden und Absatzgebiete zu beschränken, wobei man jene Anordnungsmöglichkeiten der Hierarchien wählt, mit denen die meisten der absehbaren und regelmäßig auftretenden Analysebedürfnisse befriedigt werden können. Mehrdimensionale Deckungsbeitragsrechnungen stellen das differenzierteste Instrument einer entscheidungsorientierten  Marketing-Kostenrechnung dar. Sie sind als Ergänzung eindimensionaler Ergebnisrechnungen unabdingbar, weil sie eine Aufdeckung von Verlustquellen ermöglichen, die im Zuge eindimensionaler Rechnungen verborgen bleiben.
Literatur:
Dunne, P. M./Wolk, H. J. : Marketing Cost Analysis: A Modularized Contribution Approach, in: JM, No. 3/1977, S. 83 – 94
Fischer, K.-P. : Industrielle Vertriebskostenrechnung, Stuttgart 1963
Geist, M. : Selektive Absatzpolitik auf der Grundlage der Absatzsegmentrechnung, 2. A., Stuttgart 1974
Heckert, J. B./Miner, R. B. : Distribution Costs, 2. A., New York 1953
Horváth, P./Stark, H. : Controlling für das Marketingmanagement, in: Marketing-ZFP, 1982, S. 183 – 194
Köhler, R. : Marketing-Controlling, in: DBW, 1982, S. 197 – 215
Köhler, R. : Kosteninformationen für Marketing-Entscheidungen (Marketing-Accounting), in: Handbuch Kostenrechnung, hrsg. v. Männel, W., Wiesbaden 1992, S. 837 – 857
Köhler, R. : Absatzsegmentrechnung, in: HWR, hrsg. v. Chmielewicz, K./Schweitzer, M., 3. A., Stuttgart 1993a, Sp.7 – 16
Köhler, R. : Bedeutung des Marketing-Accounting für die 90er Jahre, in: Marketing, Loseblattsammlung, Teil F, Abschn. 2.1, hrsg. v. Fischer, G., Landsberg a.L. 1993b, S. 1 – 26
Mrosek, D. : Zurechnungsprobleme in einer entscheidungsorientierten Kostenrechnung, München 1983
Riebel, P. : Die Deckungsbeitragsrechnung als Instrument der Absatzanalyse, in: Absatzwirtschaft, hrsg. v. Hessenmüller, B./Schnaufer, E., Baden-Baden 1964, S. 595 – 627
Riebel, P. : Kurzfristige unternehmerische Entscheidungen im Erzeugnisbereich auf Grundlage des Rechnens mit relativen Einzelkosten und Deckungsbeiträgen, in: Neue Betriebswirtschaft, H. 8/1967, S. 1 – 23
Röhrenbacher, H. : Die Kosten- und Leistungsrechnung im Handelsbetrieb, Berlin 1985
Rütschi, K. A. : Das Management der heimischen Marketingkosten, in: DU, 1979, S. 181 – 200
Schäfer, E. : Absatzwirtschaft, 3. A., Stuttgart 1981
Weigand, C. : Entscheidungsorientierte Vertriebskostenrechnung, Wiesbaden 1989
Weigand, C. : Vertriebskostenrechnung, in: Handbuch Kostenrechnung, hrsg. v. Männel, W., Wiesbaden 1992, S. 820 – 836
Weigand, C. : Mehrdimensionale Vertriebsergebnisrechnungen als Instrument des Marketing-Controlling, in: Kostenrechnungspraxis, Sonderheft 1, 1993, hrsg. v. Becker, W./Warnick, B., S. 55 – 62

 

 


 

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