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Berichtswesen


Inhaltsübersicht
I. Gegenstand des betrieblichen Berichtswesens
II. Berichtszwecke
III. Berichtsarten
IV. Gestaltung des betrieblichen Berichtssystems
V. Zukünftige Entwicklungslinien

I. Gegenstand des betrieblichen Berichtswesens


1. Klassische Abgrenzungen


Die rechtzeitige Verfügbarkeit von aussagekräftigen Informationen gehört zu den zentralen Erfolgsfaktoren unternehmerischer Tätigkeit. Das betriebliche Berichtswesen leistet dazu einen maßgeblichen Beitrag.
Bei der näheren Abgrenzung des Objektbereichs des Berichtswesens stößt man auf enge und weite Auslegungen. Nach der weitesten Auslegung wird das betriebliche Berichtswesen mit dem betrieblichen Informationswesen gleichgesetzt (vgl. Blohm, H.  1974, S. 13; Blohm, H.  1982, S. 866). Die Mehrheit der Autoren grenzt jedoch den Gegenstand weiter ein. Dabei dominiert eine sehr eng gefasste Gegenstandsdefinition, die das betriebliche Berichtswesen lediglich als Instrument zur Informationsübermittlung interpretiert (vgl. Horváth, P.  1998, S. 589; Reichmann, T.  1997, S. 560; Weber, J.  1999, S. 179). Diese enge Definition ist jedoch angesichts der Kritik am betrieblichen Berichtswesen in Frage zu stellen. Schwachstellen wie „ mangelnde Empfängerorientierung “ , „ Informationsarmut im -überfluss “ , „ unzureichende Datenaktualität “ , „ Dateninkonsistenzen “ (vgl. Benz, C. et al.1999, S. 197; Franke, R./Gotta, A./Böckmann, D. 2000, S. 583; Haberstock, P.  2000, S. 109 – 111; Koch, R.  1994, S. 71 – 99; Mertens, P.  1994, S. 35 f.; Rosenhagen, K.  1994, S. 274) sind die Folge zu enger Auslegung des Berichtswesens.

2. Neuere Abgrenzung


Die neuere Abgrenzung des Objektbereichs setzt an den Phasen des Informationsprozesses an. Das sind „ Datenbeschaffung und -verwaltung “ , „ Informationserzeugung “ , „ Informationsübermittlung “ und „ Informationsnutzung “ . Die Abbildung 1 zeigt die Zusammenhänge zwischen den Phasen in Form der Prozesskette  Informationsversorgung und die Möglichkeiten einer Zuordnung des Berichtswesens. Zweckmäßig erscheint es, das Berichtswesen inhaltlich neben der Informationsübermittlung um die Phase der Informationserzeugung zu erweitern. Das wird aus der Beschreibung der einzelnen Phasen deutlich.
Berichtswesen
Abb. 1: Alternative Einordnung des betrieblichen Berichtswesens in die Prozesskette Informationsversorgung

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Datenbeschaffung und -verwaltung


Auf der Grundlage von Informationsbedarfsanalysen sowie dem Feedback aus der Nutzung der Berichte werden Unternehmensdaten (interne Daten) und Umweltdaten (externe Daten) gewonnen, gespeichert und verwaltet. Dabei wird zu einem Großteil auf vorhandene Daten in technischen Erfassungs- und Steuerungssystemen sowie in betriebswirtschaftlichen Administrations-, Dispositions- und Verwaltungssystemen (= Vorsysteme) zugegriffen. Zu den technischen Erfassungs- und Steuerungssystemen gehören die Systeme des Computer Integrated Manufacturing (CIM) mit Computer Aided Design (CAD), Computer Aided Planning (CAP), Computer Aided Manufacturing (CAM) und Computer Aided Quality Assurance (CAQ), (vgl. Reichmann, T.  1997, S. 579 – 581; Scheer, A.-W.  1990, S. 21 ff.). Als betriebswirtschaftliche Systeme stehen die Finanzbuchhaltung, die Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung, Lagerverwaltungssysteme sowie Auftragsverwaltungs- und -steuerungssysteme zur Verfügung. Gespeichert werden die Daten in relationalen Datenbanken.

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Informationserzeugung


Aus den gespeicherten Daten werden führungsrelevante Informationen erzeugt. Methoden- und Modellbanken unterstützen diesen Produktionsprozess. Dabei greifen die Informationsempfänger zunehmend selbst direkt auf die Datenbanken zu (= benutzeraktive Berichte). Würde – wie bei der engen Gegenstandsdefinition des Berichtswesens – die Informationserzeugung ausgegrenzt, dann wäre keine Basis für benutzeraktive Berichtssysteme gegeben.

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Informationsübermittlung


Die von Spezialisten (Informationsgeneratoren bzw. -sender) produzierten Informationen sind an die Informationsempfänger weiterzuleiten. Das beinhaltet Entscheidungen über die Bündelung von Informationen zu Berichten für definierte Empfängergruppen, die Formen der Informationsaufbereitung und die Übermittlungsmedien. Zwar liegt das Wissen über die Gliederung in Berichtsarten bereits der Phase „ Informationserzeugung “ zugrunde, jedoch ergeben sich aus der Informationserzeugung heraus Anregungen für eine Weiterentwicklung der Berichterstattung. Sie finden Eingang in die Phase „ Informationsübermittlung “ . Alternative Aufbereitungsformen sind Texte, Tabellen und Graphiken. Übermittlungsmedien umfassen die mündliche, schriftliche und computerbasierte Weiterleitung.

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Informationsnutzung


In der Phase „ Informationsnutzung “ zeigt sich, in welchem Maße das Berichtswesen zur Informationsversorgung der Unternehmensführung beiträgt und die Berichtszwecke erfüllt. Zugleich werden Erkenntnisse für eine Weiterentwicklung der Berichterstattung gewonnen. Sie fließen in jede der vorgelagerten Phasen ein.
Da im Unternehmen auch Informationen genutzt werden, die nicht dem Berichtswesen, sondern anderen Quellen entstammen, kann durch den Vergleich mit alternativen Informationssystemen der Nutzen des betrieblichen Berichtswesens ermittelt werden. Insofern steht das betriebliche Berichtswesen in komplementärer und konkurrierender Beziehung zu anderen Informationsquellen. Aus diesem Grund wird die Phase „ Informationsnutzung “ nicht explizit in die Gegenstandsdefinition des Berichtswesens einbezogen. Der Nutzungsaspekt bleibt jedoch durch das Prozesskettenmodell berücksichtigt.
Im Ergebnis wird folgende Definition vorgeschlagen (vgl. zu der erweiterten Sichtweise Haller, A./Park, P.  1994, S. 499 ff.; Pejic, P.  1997, S. 62 ff.; Struckmeier, H.  1997, S. 58):
Das betriebliche Berichtswesen beinhaltet die Erzeugung und die Übermittlung von aussagekräftigen Informationen in Gestalt formalisierter Berichte für Führungskräfte und unternehmensexterne Empfänger mit dem Ziel, unternehmensbezogene Entscheidungsprozesse maßgeblich zu unterstützen und die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachhaltig zu stärken.

II. Berichtszwecke


In der Literatur hat sich eine einheitliche Meinung über die wichtigsten Berichtszwecke durchgesetzt. Folgende drei werden unterschieden (vgl. u.a. Horváth, P.  1998, S. 590; Koch, R.  1994, S. 60; Küpper, H.-U.  1997, S. 148):

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Dokumentation von Ereignissen


Sie bezieht sich auf Ereignisse im Unternehmen als auch in der Unternehmensumwelt. Unternehmen unterliegen gesetzlichen Dokumentationspflichten gemäß Handels-, Aktien-, Steuer-, Umweltrecht u.a.m. Dazu gehören die Rechnungslegungsvorschriften in Form des Jahresabschlussberichts mit Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und betrieblicher Umweltberichterstattung für externe Adressaten. Über die gesetzliche Verpflichtung hinaus trägt eine freiwillige Dokumentation von Ereignissen positiv zur Qualität betrieblicher Entscheidungen bei. Beispielsweise können Zeitreihenanalysen durchgeführt und für prognostische Zwecke herangezogen werden.

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Auslösung von Aktivitäten


Die Planberichterstattung bewirkt bei negativer Abweichung im Ist gegenüber dem Plan-/Sollwert Aktivitäten zur Aufholung oder Planrevision. Informationen über das Verhalten der Konkurrenzunternehmen sind häufig Auslöser für die Einleitung struktureller Veränderungen im Unternehmen (z.B. die Forcierung von Aktivitäten zur Kooperationsbildung und Internationalisierung). Insofern wird ein Teil der betrieblichen Entscheidungen durch Berichtsinformationen erst angestoßen.

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Vorbereitung und Kontrolle von Entscheidungen


Das Berichtswesen begleitet den gesamten betrieblichen Entscheidungsprozess von der Entscheidungsfindung über die Entscheidungsdurchsetzung bis hin zur Entscheidungskontrolle. In der Praxis gibt es diesbezüglich Defizite. Das ist z.B. bei der Berichterstattung zu Forschungs- und Entwicklungsprojekten der Fall. Diese greift in der Praxis oft zu kurz, indem sie mit der Einführung neuer Produkte in die Produktion abschließt und sich nicht über den ganzen Zeitraum der Produktionsbeibehaltung erstreckt. Damit gehen positive Effekte aus Kontrollinformationen für die zukünftige Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungseffizienz im Unternehmen verloren.
Um die Berichtszwecke zu erfüllen, enthält das Berichtswesen außer monetären Kennzahlen zunehmend nicht-finanzielle Kennzahlen und qualitative, verbale Informationen (Performance Evaluation, Performancemaße, erfolgsorientierte, Performancemaße, risikoorientierte, Kennzahlen und Kennzahlensysteme; vgl. Gleich, R.  1997, S. 114 ff.; Weber, J.  1999, S. 179).

III. Berichtsarten


Die Berichtsarten ergeben sich aus der Kombination der Berichtsmerkmale und Merkmalsausprägungen, wobei sich die Berichtsmerkmale von den Merkmalen des Informationsbedarfs ableiten (vgl. Koch, R.  1994, S. 58 f.; Küpper, H.-U.  1997, S. 253 – 156). Zu den wesentlichen Berichtsmerkmalen werden gezählt: Berichtszweck (Dokumentation, Planung, Kontrolle ?), Berichtsgegenstand (Gesamtkonzern, Tochtergesellschaften, Geschäftseinheiten, Funktionalbereiche ?), Informationsart (Istwert, Vorgabewert, Prognosewert ?), Erscheinungsweise (regelmäßig, unregelmäßig; überjährig, unterjährig ?), auslösendes Ereignis (Zeitablauf, Toleranzwertüberschreitung, individueller Bedarf ?), Informationsträger (Schriftstück, Diskette, Bildschirm ?) und Verdichtungsgrad (Ursprungswerte, Kennzahlen ?), (vgl. Küpper, H.-U.  1997, S. 149; Horváth, P.  1998, S. 590). Durch Kombination der Berichtsmerkmale kann in eine nicht mehr überschaubare Zahl von einzelnen Berichtsarten gegliedert werden. Eine solche „ theoretische Gliederung “ hat aber keinen praktischen Nutzen. Stattdessen hat sich eine Unterscheidung nach den Merkmalen „ Erscheinungsweise “ und „ auslösendes Ereignis “ durchgesetzt (vgl. u.a. Horváth, P.  1998, S. 591; Küpper, H.-U.  1997, S. 149 f.; Reichmann, T.  1997, S. 12; Struckmeier, H.  1997, S. 58 f.):

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Standardberichte


Sie stellen den Kerninhalt des klassischen Berichtswesens dar. Auf der Basis des ermittelten Standard-Informationsbedarfs werden die Berichte mit standardisiertem Inhalt, in gleichbleibender Form, zu festgelegten Zeiten an relativ viele Empfänger regelmäßig übermittelt. Die Empfänger wählen die für sie zutreffenden Informationen aus. Typische Beispiele sind die monatlichen Kostenstellenberichte sowie der Bilanzbericht. Kurzfristig entstehenden Informationsbedarf sowie den Bedarf nach individuellen Informationen können Standardberichte nicht decken.

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Abweichungsberichte


Diese Berichte werden ausgelöst, wenn im Prozess der Plandurchführung die vorher vereinbarten Toleranzwerte für Abweichungen vom Plan im Ist überschritten werden. Sie beruhen auf dem Prinzip „ management by exception “ (Exception Reporting). Lediglich bei wesentlichen Abweichungen vom normalen Verlauf werden Informationen an Empfänger weitergegeben. Dem entsprechend sind Berichtsinhalt und -zeitpunkt auf den konkreten Abweichungsfall beschränkt. Zum Beispiel hat ein Spartenleiter den Vorstand nur bei einer über den Toleranzbereich hinausgehenden Abweichung der Umsatz- und Kostenentwicklung zu informieren. Die Abweichungen können negativer als auch positiver Natur sein.

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Bedarfsberichte


Ausgelöst werden diese Berichte durch die kurzfristig und sporadisch auftretenden individuellen Informationsbedarfe der Empfänger. Die jeweiligen Berichte sind konsequent empfängerorientiert, da sie keine Information enthalten, die über den individuellen Informationsbedarf hinausgeht. Ein Beispiel bildet der kurzfristig und zusätzlich auftretende individuelle Bedarf eines Produktionsleiters über die Auslastung der Fertigungskapazitäten in den Tochtergesellschaften für eine eventuelle Produktionsverlagerung zur Abdeckung von Bedarfsspitzen.
Mit der Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik werden Bedarfsberichte zukünftig an Bedeutung gewinnen und Standardberichte teilweise ersetzen. Die technischen Möglichkeiten versetzen Informationsempfänger immer mehr in die Lage, individuell benötigte Informationen durch direkten Zugriff auf zentrale Datenbanken und Auswertungsmodule selbst zu erzeugen. Damit ändert sich die klassische „ Sender-Empfänger-Beziehung “ . Der Empfänger wächst zunehmend in eine aktive Rolle hinein. Bezogen auf diese aktive Rolle des Informationsempfängers ist eine weitere Einteilung des Berichtswesens allgemein verbreitet (vgl. u.a. Haberstock, P.  2000, S. 108 f.; Horváth, P.  1998, S. 596; Küpper, H.-U.  1997, S. 150 – 152; Mertens, P.  1994, S. 36 f.; Mertens, P./Griese, J.  1993, S. 1 – 7; Szyperski, N.  1975, S. 1907 f.). Danach werden die Berichte oder Berichtssysteme unterschieden in:

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Generatoraktive Berichtssysteme


Generatoren sind die klassischen Gestalter von Berichten (= Informationssender). Sie bestimmen Berichtsinhalt, -form und -zeitpunkt. Die Berichte sichern eine konstante, umfassende, systematische Informationsbereitstellung und schaffen so den Führungskräften in den unterschiedlichen Bereichen einen einheitlichen Informationsstand. Standardberichte und Abweichungsberichte gehören hierzu.

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Benutzeraktive Berichtssysteme


Die Informationsempfänger lösen als Nutzer die Informationserzeugung und -übermittlung selbst aus. Bedarfsberichte sind hier einzuordnen. Die Kunst des betrieblichen Berichtswesens besteht darin, die Infrastruktur zu schaffen, damit die individuellen Bedarfe in kürzester Zeit zu minimalen Kosten befriedigt werden.

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Dialogsysteme


Sie stellen eine Kombination aus generator- und benutzeraktiven Systemen dar, wobei das Schwergewicht auf der Eigenschaft benutzeraktiv liegt. Die moderne Dialogführung erfolgt EDV-gestützt via Bildschirm (Lotsensysteme). Der Benutzer wird mittels Dialog mit dem Generator, der beratende Hilfestellung bietet, durch den gesamten Prozess der Informationserzeugung und -aufbereitung geführt. Die Kommunikation zwischen Generator und Benutzer erfolgt zumeist in Form eines Mensch-Computer-Dialoges. Je nach Niveaustufe kann der Dialogführung ein Expertensystem hinterlegt werden. Die Dialogsysteme beginnen bei einfachen Abfragesystemen mit Standardabfragen und gehen bis hin zu komplizierten Informationserzeugungsprozessen, unter Nutzung komplexer Datenbanken und anspruchsvoller Prognose- und Entscheidungsmodelle (vgl. Haberstock, P.  2000, S. 18; Mertens, P.  1994, S. 44 ff.).

IV. Gestaltung des betrieblichen Berichtssystems


1. Struktureller Aufbau des Berichtssystems


Unter dem Berichtssystem versteht man „ die auf den betrieblichen Informationsbedarf ausgerichtete, geordnete Struktur aller Berichte “ (Horváth, P.  1998, S. 592). Das Berichtssystem stellt den Output des Berichtswesens dar. Die Gestaltung des Berichtswesens bildet eine wichtige Koordinationsaufgabe des Controllings.
Die zentralen Gestaltungsziele des Berichtssystems sind:

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die Deckung eines angemessenen Anteils am betrieblichen Informationsbedarf


Obgleich das Berichtswesen und somit das Berichtssystem den betrieblichen Informationsbedarf nicht vollständig decken kann, sollte es einen hohen, angemessenen Bedarfsdeckungsgrad anstreben. Praxisuntersuchungen über die anteilige Bedarfsdeckung durch das Berichtssystem und andere Informationsdienste (z.B. Internet-Informationsdienste; Internet und Intranet) liegen nicht vor. Hier besteht ein Forschungsbedarf, aus dessen Befriedigung wichtige Ergebnisse für die Weiterentwicklung des Berichtswesens zu gewinnen sind.

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die Nutzenmaximierung des Berichtssystems


Während bei dem ersten Ziel die Beziehung zwischen dem Berichtswesen und anderen Informationsdiensten im Mittelpunkt steht, konzentriert sich das zweite Ziel ausschließlich auf das Berichtssystem und dessen Nutzungsgrad durch die Informationsempfänger. Er hängt vom Informationsversorgungsservice und den Verhaltenseigenschaften der Empfänger ab.

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die Minimierung der Informationskosten


Die Gestaltungsaktivitäten sollten sich vorzugsweise an definierten Dimensionen orientieren, um ein systematisches Vorgehen zu ermöglichen. Hierzu liegen bisher keine verallgemeinerbaren Ergebnisse vor. In Verarbeitung einzelner Ansatzpunkte können folgende Gestaltungsdimensionen vorgeschlagen werden:

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Spezialisierung.


Von der Spezialisierung des Berichtssystems hängt die Anzahl der Berichtsarten ab. Der Arbeitsteilungsgrad im Unternehmen bildet eine wesentliche Einflussgröße auf den Spezialisierungsgrad des Berichtssystems: Je höher die Arbeitsteilung, desto spezialisierter ist das Berichtssystem und umgekehrt. Mit der Zunahme der Spezialisierung nimmt die Übersichtlichkeit des Berichtssystems ab. Deshalb ist der Informationsbedarf einzelner Empfänger sinnvoll zu homogenen Empfängergruppen zu bündeln, wie z.B. für die Führungsspitze in Gestalt von Executive Information Systems (vgl. Benz, C./Buchner, H./Burgath, H.-J. 1999, S. 203 f.; Wagner, H.-P./Vogel, C.  1994, S. 228 ff.).

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Ordnungsprinzipien


Das Berichtssystem kann nach einem oder mehreren Ordnungsprinzipien aufgebaut sein. Bei der Planberichterstattung bestimmt das Planungssystem das Ordnungsprinzip (vgl. Hahn, D.  1996, S. 79, 877; Pötsch, H.-D.  1989, S. 10 ff.). Berichtet wird über die Plandurchführung gemäß der Leitungspyramide von unten nach oben an die nächst übergeordnete Leitungsstelle. Dem Planungssystem liegt die Organisations- und Leitungsstruktur des Unternehmens zugrunde. Sie bildet das grundlegende Ordnungsprinzip für die Berichtshierarchien bzw. Berichtsbäume (vgl. Reichmann, T.  1997, S. 557 f.; Reichmann, T./Fröhling, O.  1994, S. 68 – 71 und die Beispiele der Berichtshierarchie nach Profitcentern und Regionen bei Struckmeier, H.  1997, S. 64 f.). Auf das grundlegende Ordnungsprinzip können weitere Prinzipien wie das der Balanced Scorecard ansetzen (vgl. Kaplan, R.S./Norton, D.P.  1997, S. 7 ff.; Kaplan, R.S./Norton, D.P.  1992, S. 71 ff.; Zimmermann, G./Jöhnk, T.   2000, S. 603).

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Integration


Der Aussagewert der einzelnen Berichte wird erhöht, wenn die Berichte sachlogisch untereinander verknüpft sind und Informationen aus anderen Berichten aufgreifen sowie weiterverarbeiten. Dazu sind Datenintegrität unerlässlich und Informationsredundanzen zwischen den Berichten gewünscht. Das trägt zur Konsistenz der Berichte bei.

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Flexibilität


Die wachsende Bedeutung der Flexibilität des Berichtssystems führte zur Formulierung des „ konzeptionellen Grundsatzes der Flexibilität “ (vgl. Reichmann, T.  1997, S. 561). Für den Strukturaufbau des Berichtssystems bedeutet dieser erstens die Sicherung optimaler Proportionen zwischen Standard- und Bedarfsberichten sowie zwischen generatoraktiven, benutzeraktiven und Dialog-Systemen. Zweitens betrifft er die Anpassungsfähigkeit des Berichtssystems an Unternehmenszukäufe und -verkäufe sowie an Veränderungen der Organisation (vgl. Benz, C./Buchner, H./Burgath, H.-J. 1999, S. 197 ff.; Klinken, M./Paulußen, H./Woitalla, T. 1999, S. 456; Wagner, H.-P./Vogel, C.  1994, S. 230).

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Aktiviertheitsgrad der Informationsempfänger


Die Rolle der Informationsempfänger beeinflusst maßgeblich die Struktur des Berichtssystems. In Abhängigkeit von den Informationsbedarfen und Persönlichkeitsmerkmalen der Informationsempfänger sind spezifische Aktiviertheitsgrade zu vereinbaren.
Die sich an den Gestaltungsdimensionen orientierenden Aktivitäten des Aufbaus und der Weiterentwicklung des Berichtssystems sollten zu einer Aktivitätenkette bzw. Wertkette verknüpft werden. Dieser Idee liegt die Wertkettentheorie von Porter zugrunde (Wertkette, vgl. Porter, M.E.  1999, S. 66). Danach ist das Berichtswesen und Berichtssystem als ein Wertsystem aufzufassen und zu gestalten (vgl. Punkt 5).

2. Gestaltungsregeln für Berichte


Der Informationsnutzen des Berichtssystems hängt von der Nutzung seiner Einzelberichte ab. Zu deren positiven Beeinflussung tragen empfängerorientierte Gestaltungsregeln bei. Diesbezügliche Ausführungen in der Literatur legen zumeist das Übertragungsmodell von Koch zugrunde (vgl. Koch, R.  1994, S. 99; Wirth, T.  2000, S. 80). Darin wird der Weg der Information vom Sender zum Empfänger abgebildet. Anhand dieses Modells können die wesentlichen Einflussgrößen auf die tatsächliche Nutzung der Information systematisch ermittelt werden (vgl. Abb. 2). Aus dem Wissen über die Einflussgrößen heraus werden die Gestaltungsregeln abgeleitet.
Berichtswesen
Abb. 2: Konzeptioneller Bezugsrahmen zur Untersuchung von Verhaltenswirkungen der Gestaltung des Berichtswesens (entn. aus Küpper,  1997, S. 160, vgl. Koch,  1994, S. 109)
Im Modell bilden die Berichtsmerkmale beeinflussbare, unabhängige Variablen. Sie wirken ein auf die Phasen der Informationsübermittlung bis hin zur Informationsnutzung. Das Verhalten der Empfänger in den einzelnen Phasen wird als von der Gestaltung der Berichtsmerkmale abhängige Variable angesehen. Neben den Berichtsmerkmalen beeinflussen noch die Persönlichkeitsmerkmale des Empfängers den Weg und die Nutzung der Information. Sie sind bei der Gestaltung der Berichte mit zu berücksichtigen und fließen in die Gestaltungsregeln ein. Gegliedert werden die zu empfehlenden Gestaltungsregeln für Berichte nach den Phasen des Informationsübertragungsprozesses (vgl. Benz, C./Buchner, H./Burgath, H.-J. 1999, S. 199; Klinken, M./Paulußen, H./Woitalla, T. 1999, S. 460; Küpper, H.-U.  1997, S. 159 – 165 und Koch, R.  1994, S. 98 ff.; vgl. Hahn, D.  1996, S. 1192; Haller, A./Park, P.  1994, S. 503 ff.; Horváth, P.  1998, S. 599 – 602; Seraphim, R.-P./Herbst, T.  1995, S. 22 ff.; Wirth, T.  2000, S. 79 ff).
Die Wahrnehmung der Informationen durch den Empfänger (= perzeptive Aufnahmefähigkeit) hängt von der Anzahl der Berichtsinformationen, dem Verdichtungsgrad und der Übersichtlichkeit der Berichte ab. Daraus folgen Gestaltungsregeln 1 bis 3:

1.

Die Berichte sind auf die für den Empfänger relevante Informationsmenge zu begrenzen.

2.

Berichte müssen Küpper, übersichtlich sein. Koch, Übersichtsinformationen am Anfang des Berichtes schärfen den Blick für anschließende Detailinformationen. Wichtige und außergewöhnliche Sachverhalte sind hervorzuheben.

3.

Die unterschiedlichen Berichte sollten einem formal einheitlichen Berichtsaufbau folgen.
Das Verstehen der Informationen durch den Empfänger wird maßgeblich durch die Eindeutigkeit der Informationen und verwendeten Begriffe, die Redundanz der Informationen, die Darstellungsform und das Übermittlungsmedium determiniert. Als weitere Gestaltungsregeln 4 bis 7 sind zu empfehlen:

4.

Begriffe und Kennzahlen sind in den verschiedenen Berichten einheitlich zu verwenden. Dem betrieblichen Berichtswesen sollte ein definierter Begriffs- und Kennzahlenkatalog zugrunde gelegt werden, der über einen längeren Zeitraum beibehalten wird.

5.

Wichtige Informationen im Bericht sind bewusst redundant zu halten, z.B. durch eine mehrfache Nennung in unterschiedlichen Zusammenhängen oder eine ergänzende graphische Veranschaulichung.

6.

Graphische Darstellungen sind besonders leicht und schnell aufnehmbar und deshalb gegenüber Tabellen zu bevorzugen.

7.

Werden komplexe Informationen in Schriftform weitergereicht, hat das den Vorteil, dass der Empfänger so das Tempo der Informationsaufnahme und des Verstehens entsprechend seiner individuellen Aufnahmefähigkeit selbst steuern kann. Werden dagegen viele Rückfragen erwartet, dann empfiehlt sich die Form der mündlichen Weitergabe. Bei besonders wichtigen Informationen ist die mündliche Übermittlung im persönlichen Gespräch der schriftlichen Form vorzuziehen. Nach verallgemeinerbaren Untersuchungen ist die Übermittlung im persönlichen Gespräch grundsätzlich wirksamer als die Schriftform.
Die Akzeptanz der Informationen hängt neben der Beurteilung der Zweckorientierung von den Persönlichkeitsmerkmalen des Empfängers und Senders ab sowie von der Partizipation des Empfängers an der Berichterstellung. Als Gestaltungsregeln 8 und 9 können formuliert werden:

8.

Die Sender/Verfasser von Berichten müssen sich durch Glaubwürdigkeit auszeichnen.

9.

Partizipation der Empfänger an der Berichterstellung steigert die Berichtsakzeptanz.
Auf die Nutzung der Information nehmen der Prozessverlauf der Informationsübermittlung, die fachlichen Kompetenzen sowie die Einstellung und Motivation des Informationsempfängers Einfluss – Gestaltungsregel 10:

10.

Die Anwendung der Berichtsinformationen ist in „ Sender-Empfänger-Meetings “ zu trainieren.


V. Zukünftige Entwicklungslinien


Folgende Entwicklungslinien zeichnen sich ab:

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Gestaltung des Berichtswesens als ein Wertsystem zur Erzielung Erzielung von Wettbewerbsvorteilen. Die Vorteilsquellen durch das betriebliche Berichtswesen liegen erstens in der Ausführung der Einzelaktivitäten, zweitens in den Verzahnungen der Aktivitäten des Wertsystems „ Berichtswesen “ und drittens in der Streubreite der Wertaktivitäten.

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Weiterentwicklung des Berichtswesens für ein Wissensmanagement (vgl. Welge, M.K./Holtbrügge, D.  2000, S. 762 ff.).

-

Stärkere Außenorientierung sowie Zukunftsorientierung des Berichtswesens als Antwort auf die hohe und wachsende Komplexität und Dynamik der Unternehmensumwelt (vom operativen zum strategischen Berichtswesen).

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Weiterentwicklung des Berichtswesens für kooperative Unternehmensnetzwerke.

-

Umsetzung des Performance-Measurement-Konzepts im Berichtswesen.

-

Anwendung der Logistik für das Berichtswesen (vgl. Göpfert, I.  2005, S. 22). Die Umsetzung logistischer Erkenntnisse erschließt ungenutzte Potenziale in Richtung effektiver und effizienter Informationsflüsse.


Literatur:
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