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Wertkette


Inhaltsübersicht
I. Einführung
II. Die Konzeptionen von Wertkette und Geschäftssystem
III. Entwicklung und Darstellung der Wertkette
IV. Verbindungslinien zu anderen Konzepten

I. Einführung


Ausgehend vom Problemfeld der Ressourcenanalyse (von A. T. Kearny, A.T./) wurde Anfang der 1980er-Jahre damit begonnen, das Konzept der Wertschöpfungsketten sowie die Analyse des Geschäftssystems nach McKinsey, (vgl. Timmermann, A.  1982, S. 4 ff.) zu entwickeln. Als Vorläufer der Wertkette gilt die Ressourcenanalyse, die im engen Konnex mit den so genannten Wertschöpfungsketten und der Analyse des Geschäftssystems steht. Die Wertschöpfungskette, eingesetzt als methodisches Instrument der strategischen Ressourcenanalyse, stellt dar, welche Ressourcen zur Entwicklung, Erzeugung und Vermarktung eines Produktes beansprucht werden. So geht man davon aus, dass die Grundgedanken dieser Konzeption bereits etliche Jahre in Beraterkreisen diskutiert wurden (Vgl. Buaron, R.  1981, S. 24 ff.) bevor Michael Porter das Konzept der „ value chain “ (Wertkette) umfassend in seinem Buch „ Competitive Advantage “ dargelegt hat. Porter stellt das Konzept der Wertkette über die Rolle der Ressourcen-Analyse hinausgehend als ein integratives Rahmenwerk im strategischen Management dar (Porter, M.E.  1986).

II. Die Konzeptionen von Wertkette und Geschäftssystem


Die Analyse des Geschäftssystems trachtet die Aktivitäten nicht nur auf die Kostenseite zu beschränken, sondern diese auch auf den Bereich der Leistungen mitauszudehnen. Diese umfasst somit die grobstrukturierte Abfolge der Schritte, mit denen ein Unternehmen in einem Geschäftsbereich seine Güter und Dienstleistungen produziert und an den Kunden bringt. Die Grundüberlegung, eine Aufsplittung der betrieblichen Leistungserstellung zu betreiben, ist ein altes Anliegen der Betriebswirtschaftslehre. So wurde meist zwischen Funktionsbereichen, Entscheidungstypen oder Abrechnungseinheiten unterschieden, diese Aufgliederung jedoch zum Gegenstand strategischer Prozesse bzw. Entscheidungen zu machen, ist relativ neu (vgl. Kogut, B.  1985, S. 15 f.).

1. Die Zusammenführung von Geschäftssystem und Wertkette


Neben einer produktbezogenen Bestandsaufnahme der Ressourcen eines Unternehmens sollen die Bedeutung der einzelnen Ressourcen auch für den jeweiligen Wertschöpfungsprozess identifiziert werden. Gerade der Vergleich der Wertschöpfungsketten der einzelnen Wettbewerber lässt erkennen, dass oft (vermeintlich idente) Konkurrenten eine völlig unterschiedliche Kostenstruktur aufweisen, die auf einen unterschiedlichen Ressourceneinsatz zurückzuführen ist. Die Erstellung der Wertschöpfungskette sowie die Erfassung der einzelnen Daten ist eine relativ aufwändige Angelegenheit, zumal bereits im eigenen Bereich die Ermittlung von stimmigen Vollkosten bzw. eine exakte Berechnung der Vorleistungen auf Schwierigkeiten stößt. Weiters muss festgehalten werden, dass der Versuch einer ausschließlich kostenorientierten Betrachtung zu einer verzerrten Perspektive führen würde, da letztlich das Preis-Leistungs-Verhältnis (der Produktnutzen) für den Abnehmer entscheidend ist (vgl. Kreilkamp, E.  1987, S. 191f). In jeder Stufe hat ein Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten, das jeweilige Segment des Geschäftssystems zu gestalten, wobei diese oft voneinander abhängen. Um nachhaltige Wettbewerbsvorteile eruieren zu können, stellte McKinsey in einer bereits 1980 erschienenen Staff-Publikation (Vgl. Bales, C. et al. 1981) zum Geschäftssystem folgende Fragen:

-

Wie vollführen wir diese Funktion jetzt?

-

Wie arbeiten die Wettbewerber?

-

Welche Aspekte sind bei ihnen besser gelöst, welche bei uns?

-

Könnte dieser Bereich auch ganz anders bearbeitet werden?

-

Wie würden diese Möglichkeiten unsere Wettbewerbsposition beeinflussen?

-

Wenn wir einen Bereich verändern, wie wird das übrige Geschäftssystem betroffen?


Demnach ist das Geschäftssystem ein kompetentes Instrumentarium, um die jeweilige Wettbewerbsstruktur analysieren zu können bzw. Wettbewerbsvorteile zu verstehen, die letztlich nur im höheren Wert für den Kunden oder in den Kostenvorteilen liegen können.
Wertkette
Abb. 1: Geschäftssystem-Analyse auf der Basis von Wertschöpfungsketten (Kreilkamp, E.  1987, S. 197)
Durch die in Abb. 1 dargestellte Zusammenführung von Wertschöpfungsketten und Geschäftssystem kann sowohl eine strukturierte Auswirkung auf Kosten und Leistungen veranschaulicht werden, als auch eine Einbeziehung der Mitbewerber erfolgen. In diesem Modell wird – basierend auf dem Endverbraucherpreis – der Anteil jeder Stufe des Geschäftssystems (Vgl. Buaron, C.  1981, S. 33 f.) an der Gesamtwertschöpfung dargestellt und somit auch deren Bedeutung im Wettbewerb. Ressourcenseitig kann somit so vorgegangen werden, dass in erster Linie jene Kostenkomponenten untersucht werden, die den größten Anteil an der Gesamtwertschöpfung haben, wobei dies meist im Vergleich mit der Branchenstruktur erfolgt. Leistungsseitig sollte für jede Wertschöpfungsstufe deren Bedeutung für die gesamte Produktleistung ermittelt werden, da nicht jede Wertschöpfungsstufe gleichwertig zu behandeln ist. Um die Leistungen in Teilbereiche zerlegen zu können, ist es notwendig, die Bedürfnisse der Kunden (auch deren subjektive Präferenzen) näher zu kennen. Weiters ist zu beachten, dass Leistungen nur dann im Wettbewerb sinnvoll sind, wenn diese durch den Kunden auch realisiert werden.

2. Die Porter\'sche Wertkette als geschlossene Konzeption


Die von Porter „ value-chain “ (vgl. Porter, M.E.  1986, S. 63 ff.) benannte Wertschöpfungskette bzw. Wertkette wird über das Konzept des Geschäftssystems hinausgehend als ein zentrales Gestaltungsinstrument zur „ Erlangung und Aufrechterhaltung von Wettbewerbsvorteilen “ gesehen, da nach Porter die Wettbewerbsvorteile aus dem Wert, den ein Unternehmen für seine Kunden schaffen kann, resultieren (Wert gilt hier als jener Betrag, den ein Abnehmer zu zahlen bereit ist). Die Wertkette ist somit eine weiterentwickelte Konzeption mit Wurzeln in den oben genannten Ansätzen, jedoch stellt der Porter\'sche Ansatz den Wert für den Kunden in seiner weitest gefassten Auslegung in den Mittelpunkt. Er gliedert die Aktivitäten und Prozesse der unternehmerischen Leistungserstellung in jene relevanten Wertaktivitäten, die Quellen für Kosten und Differenzierungsvorteile im Wettbewerb bedeuten können. Die Wertkette ist nach Porter, / ein breiter Strom von Tätigkeiten, die in ein Wertsystem eingebettet sind. Demnach haben Lieferanten Wertketten, welche die für die Wertkette des Unternehmens gekauften Inputs (Werte) generieren. Diese Darstellungsform, Branchen, Märkte bzw. auch Aktivitäten einer einzelnen Unternehmung in einzelnen Wertketten darzustellen bzw. von diesen Wertketten wieder Subketten herunterzubrechen, ermöglicht es, die Zusammenhänge der einzelnen Wertaktivitäten in einer operablen, aber dennoch den Gesamtzusammenhang im Auge behaltenden Form aufzubereiten. Wertaktivitäten sind nach Porter, M.E. physisch und technologisch unterscheidbare Aktivitäten, die jene Bausteine bilden, aus denen das Unternehmen für seine Kunden wertvolle Produkte generiert. Die Gewinnspanne ist der Unterschied zwischen Gesamtwert und der Summe der Inputs. Die Integration von Aktivitäten spielt eine Schlüsselrolle, da diese Verflechtungen Auswirkungen auf die eigene Wertkette haben.
Wertkette
Abb. 2: Die generische Wertkette von Porter
(Porter, M.E.  1986, S. 62)
In der generischen Wertkette nach Porter, M.E. (vgl. Abb. 2) existieren zwei Typen von Wertaktivitäten: „ Primäre Aktivitäten “ , in dieser Abbildung im unteren Teil dargestellt (Glieder der Kette), diese beziehen sich auf die unmittelbare Versorgung des Marktes mit Produkten und Dienstleistungen wie z.B. Eingangslogistik bzw. Materialwirtschaft, physische Operationen der Herstellung eines Produktes, Marketing bzw. Vertrieb, Distribution bzw. Ausgangslogistik und Kundendienst bzw. Service.
Die zweite Kategorie von Aktivitäten sind die so genannten „ unterstützenden Aktivitäten “ , die für die Versorgung des Unternehmens mit zur Produktion notwendigen Gütern, Technologien, Humanressourcen und der Unternehmensinfrastruktur Sorge tragen. Die in der Abbildung gestrichelt dargestellten Linien sollen verdeutlichen, dass sich die unterstützenden Aktivitäten der Beschaffung, Technologieentwicklung und Personalwirtschaft sowohl auf einzelne primäre Aktivitäten als auch auf die gesamte Wertschöpfungskette beziehen können. Die Unternehmensinfrastruktur hat grundsätzlich keine Verbindung zu den primären Aktivitäten, sondern sollte die gesamte Kette unterstützen. Wertaktivitäten sind demnach die einzelnen Bausteine von Wettbewerbsvorteilen, zumal ein Vergleich der eigenen Wertkette mit jenen der Konkurrenten einzelne Wettbewerbsvorteile klar verdeutlicht. Deshalb fordert Porter auch die Analyse der Wertkette statt der Wertschöpfung (vgl. Sommerlatte, T.  1987, S. 158 f.) als den richtigen Weg, um Wettbewerbsvorteile aufzuspüren.

III. Entwicklung und Darstellung der Wertkette


Bei der Ermittlung der Wertaktivitäten soll eine Trennung in technologisch und strategisch unterscheidbare Aktivitäten erfolgen, wobei Wertaktivitäten und Kostengliederung in den seltensten Fällen übereinstimmen. Diese Kategorien können je nach Bedarf weiter vertieft bzw. fast gänzlich vernachlässigt werden. Die unterstützenden Aktivitäten werden nach obiger Abbildung in vier Kategorien unterteilt, wobei jede dieser Kategorien wieder analog in eine Reihe einzelner Wertaktivitäten zerlegbar ist, die unter Umständen branchenspezifisch zu behandeln sind. Grundsätzlich ließen sich die Wertketten im Extremfall bis auf den einzelnen Arbeitsschritt aufsplitten. Dieses Ansinnen dürfte jedoch nicht zweckdienlich sein, da jeweils situativ entschieden werden muss, inwieweit diese Aufgliederung vorangetrieben werden sollte.
Eine systematische Analyse der Wertkette auf Differenzierungs- bzw. auf Kostenvorteilspotenziale (vgl. Porter, M.E.  1986, S. 26 ff.) lässt maßgebliche Quellen für weiterführende Strategien zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen erkennen. Die Aufspaltung in Richtung der Aktivitäten könnte beispielsweise auch differenzierter in Richtung Nutzen erfolgen.
Für die Strategie der Kostenführerschaft rückt die Kostenanalyse innerhalb der einzelnen Wertaktivitäten in den Mittelpunkt, d.h. es geht hier darum, im Vergleich zu den Konkurrenten relativ bessere Kostenpositionen zu erlangen. Die Differenzierungsstrategie fokussiert primär einzelne Leistungsmerkmale, um sich dadurch von den Wettbewerbern unterscheiden zu können. Eine Trennlinie dieser Positionen, kann nur schwer gezogen werden, zumal häufig innerhalb einer Branche unterschiedliche Strategien anzutreffen sind. Die Ermittlung der Kostenvorteile beinhaltet drei Fragestellungen (Vgl. Bales, C. et al. 1981, S. 12 f.):

-

Wie ist es um den gegenwärtigen Kostenvor- oder -nachteil im Vergleich zu den Mitbewerbern bestellt?

-

Welche potenziellen Kostenvor- und -nachteile existieren im Vergleich zu den Mitbewerbern?

-

Wenn die Unternehmung einen Kostenvorteil hat, wie lange kann er aufrechterhalten werden?


Das Geschäftssystem beinhaltet alle Hauptprozesse und Stellgrößen, die mit dem Produkt bzw. der Leistung in Zusammenhang stehen. Die Kostenanalyse läuft in folgenden Schritten ab (vgl. Porter, M.E.  1986, S. 96 ff.):

-

Stufenweise werden die Inputs bzw. die Kosten in den einzelnen Stationen des Produktes erhoben.

-

Aufzeigen von Optionen, die einzelnen Stufen des Geschäftssystems auszugestalten.

-

Bewertung der Wirkung jeder einzelnen Option auf den gesamten Kundennutzen.

-

Reihung der jeweils möglichen Kostenpositionen im Geschäftssystem.

-

Vergleich verschiedener Geschäftssystem-Alternativen mit gegenwärtigen und potenziellen Mitbewerbern.


Für die Grundstrategie der Differenzierung stehen Einzigartigkeit bzw. Unverwechselbarkeit im Zentrum der Betrachtung. Hiefür werden von Porter folgende Schritte genannt (vgl. Porter, M.E.  1986, S. 165 ff.):

-

Ermitteln etwaiger idealer Käufer.

-

Ermitteln der Abnehmerwertkette und mögliche Einflussgrößen des Unternehmens.

-

Festlegen einer Rangfolge der Kaufkriterien des Abnehmers.

-

Bestehende und potenzielle Quellen der Einmaligkeit in der Wertkette eines Unternehmens verwerten.

-

Die Kosten vorhandener und potenzieller Differenzierungsquellen ermitteln.

-

Die Zusammenstellung von Wertaktivitäten wählen, welche – an den Differenzierungsquellen gemessen – die für die Abnehmer wertvollste Differenzierung schafft.


Da das Porter\'sche Instrumentarium ein in sich abgestimmter und logisch geschlossener Ansatz ist, kann der Wertkettenansatz zu weit umfangreicheren Problemfeldern als lediglich zur Diagnose von Wettbewerbsvorteilen herangezogen werden. So kann beispielsweise die Wertkette auch für die Gestaltung der Organisationsstruktur eine wichtige Rolle spielen. Im Rahmen der Organisationsstruktur werden die einzelnen Wertaktivitäten in organisatorische Einheiten wie z.B. Fertigung oder Marketing subsumiert, jedoch muss diese Einteilung vorsichtig erfolgen, da einerseits aus ablauforganisatorischer Sicht oder aus der Perspektive des Rechnungswesens, andererseits aus Wettbewerbs- bzw. strategischen Überlegungen vielfach andere Kriterien maßgeblich sind. Porter, M.E. schlägt vor, dass ein Unternehmen die Strukturierung seiner Einheiten besser auf die Quellen seiner Wettbewerbsvorteile abstimmen könnte, wenn die Organisationsstruktur an der Wertkette abgestimmt werden würde. In weiterer Folge soll die Operationalisierung der Wertschöpfungsstufen angesprochen werden.
Wertkette
Abb. 3: Die Bewertung der Wertschöpfungsstufen (Esser, W.-M./Ringelstetter, M.  1991, S. 523)
In Abb. 3 wird ein qualitatives oder ein quantitatives Vorgehen zur Bewertung der Stufen als Möglichkeit aufgezeigt. Entsprechend ist ein quantitativer Ansatz auf den relativen Anteil der einzelnen Wertaktivitäten am gesamten Ressourcenbedarf respektive an den Kosten des Unternehmens ausgelegt. Um diese Daten in entsprechender Form aus dem Rechnungswesen gewinnen zu können, ist ein erheblicher Aufwand erforderlich. In jenen Fällen, in denen eine strategisch orientierte Strukturierung des betrieblichen Leistungsprozesses in Wertaktivitäten nicht ausreichend in Abstimmung mit der Organisationsstruktur und dem Rechnungswesens erfolgt, klettert der Aufwand für eine richtige Datenaufbereitung in problematische Höhen (Esser, W.-M./Ringelstetter, M.  1991, S. 515 ff.). Im Zeitalter relationaler Datenbanken sollte das Design moderner Management-Informationssysteme auf dieses Spektrum der Informationsaufbereitung jedoch nicht verzichten (Hergert, M./Morris, D.  1989, S. 175 ff.).
Bei einer qualitativen Ausrichtung kann die Wertkette weitgehend konkretisiert werden, indem Angaben dazu gemacht werden, worin im Detail die Schwerpunkte bei den einzelnen Wertschöpfungsstufen bestehen bzw. welche Wertaktivitäten im Unternehmen besondere Priorität genießen. Demzufolge ist es natürlich auch notwendig, einen differenzierten analytischen Raster bei der Definition der Wertschöpfungskette anzulegen. Dies bedingt im Regelfall ein methodisch aufwendiges Vorgehen, um die einzelnen Wertaktivitäten den jeweiligen Wertschöpfungsstufen zuzuordnen, d.h. die Analyse kann nicht mehr auf der Ebene von Workshops durchgeführt werden, sondern benötigt eine beispielsweise weitgehende Tiefenanalyse in kleineren Expertenteams. Die Wertschöpfungskette ist auch bei der Formulierung neuer Strategien ein umfassend anwendbarer Denkraster, da diese Konzeption sensibel für den jeweiligen Informationsbedarf ist und gleichzeitig methodisch mit anderen Konzepten der Strategieformulierung kombiniert werden kann.

IV. Verbindungslinien zu anderen Konzepten


Der Prozess der strategischen Neugestaltung unterliegt sehr oft dem Fehler, dass zu viele Wertschöpfungsstufen gleichzeitig durch das Management verbessert werden wollen, jedoch die Ressourcen nicht ausreichend vorhanden sind. Zur Verdeutlichung dieser Problematik wird häufig die Erstellung einer „ strategischen Bewegungsbilanz “ empfohlen, die darauf abzielt, in einer relativen Sichtweise die einzelnen Wertschöpfungsstufen hinsichtlich der Veränderungen in Bezug auf eine 100%ige Ressourcenausstattung zu betrachten.
Das Kernanliegen der Wertschöpfungskette ist letztlich der Erfolg bei den Abnehmern, d.h. es muss eine Abstimmung der eigenen Wertschöpfungskette mit den Kaufkriterien der Abnehmer angestrebt werden. Eine Strukturierung durch eine „ Kaufkriterien-Wertschöpfungsketten-Matrix “ (vgl. Esser, W.-M./Ringelstetter, M.  1991, S. 529) wird diesbezüglich sehr oft als ergänzender Denkraster benützt.
Die Sichtweise, ein Unternehmen im Wettbewerb als ein Gebilde oder eine Struktur von strategischen Geschäftseinheiten bzw Wertschöpfungsstufen darzustellen, wirft in mancher Hinsicht Probleme auf, da der Wettbewerb meist nicht durch Prozesse, sondern aufgrund von Fähigkeiten entschieden wird. Deshalb wurde Ende der 1980er-Jahre mit den so genannten „ Kernfähigkeiten “ (vgl. Hamel, G./Prahalad, C.K.  1994) ein Ansatz entwickelt, der in vielen Bereichen die Wertkette sinnvoll zu ergänzen vermag. Da Kernfähigkeiten aus einer gewachsenen Unternehmensstruktur herausgefiltert und erst in weiterer Folge durch den strategischen Managementprozess gesteuert werden, erscheint ein Methoden-Mix mit der Wertkette als nahezu angezeigt. Somit können Kernfähigkeiten eine integrierende Wirkung übernehmen und bei der Auffindung neuer Geschäftsfelder und Produkte wesentlich mitwirken. Weiters werden durch dieses geänderte Paradigma der strategischen Ausrichtung die Funktionalstrategien stärker in den Vordergrund gestellt (vgl. Reiß, M./Beck, C.  1995, S. 34 ff.). Die Wertkette zieht eine Verbindungslinie zwischen geschäftsfeldbezogenen und funktionalen Strategien, indem wie oben beschrieben ein prozessualer Raster angelegt wird (vgl. Gutschelhofer, A.  1996, S. 372 ff.). Eine rein auf die Kernfähigkeiten und im Wesentlichen auf die Unternehmensstrategie bezogene Strategiegestaltung kommt nur schwer ohne Bindeglied zu den Geschäftsfeldstrategien aus.
Besonderes Augenmerk im modernen Kostenmanagement gilt der Strukturierung der Prozessketten, zumal in diesem Bereich in der Literatur häufig ein starkes Anlehnen an der traditionellen Struktur der Kostenrechnung festzustellen ist. Weiters soll aufgezeigt werden, dass die vertretenen Konzepte der strategischen Kostenrechnung nur in geringem Umfang eine Verbindung zu Instrumenten der strategischen Planung herstellen und dies obwohl mit der Wertkette ein geeignetes Instrumentarium zur Verfügung steht (vgl. Kaplan, R.D./Cooper, R.S.  1997, S. 157 f.).
Die Verbindungslinie von strategischen Anwendungsgebieten und operativen Problemfeldern haben die Konzepte der Unternehmensplanung nur schwer lösen können, da im Regelfall eine Divergenz zwischen der Struktur der strategischen Geschäftseinheiten und der Struktur der operativen Abrechnungseinheiten wie z.B. der Kostenstellen besteht. Die strategisch ausgerichtete Prozesskostenrechnung erhebt den Anspruch, im Sinne einer strategischen Kostenrechnung, zu strategischen Fragestellungen beitragen zu können. Dies kann aber nur durch eine Abstimmung der für die Prozesskostenrechnung relevanten Prozessketten und in weiterer Folge der Kostentreiber mit der strategisch bedeutsamen Wertkette erreicht werden, indem die Wertkette den dominanten Strukturrahmen für die Gestaltung der Prozesskostenrechnung abgibt. Somit wird die Struktur bereits von der strategischen Perspektive ausgehend an den Funktionen, die den wettbewerbsentscheidenden Wertschöpfungsstufen Rechnung zu tragen haben, vorgegeben, an die in weiterer Folge die Prozesse anknüpfen. Darüber hinaus kann die Wertkette entsprechende qualitative Elemente miteinbeziehen, da durch dieses Instrumentarium ebenso mögliche Differenzierungspotenziale diagnostiziert und daraus im Sinne einer Opportunitätskostenrechnung auch Entscheidungen für ein strategisches Kostenmanagement generiert werden können.
Literatur:
Bales, Carter : Competitive Cost Analysis, in: McKinsey Staff Paper, Jg. 1981, H. 1/1981, Bd. 1, S. 1 – 22
Buaron, Roberto : New-Game-Strategies, in: McKinsey Quaterly, H. 1, 1981, S. 24 – 40
Esser, Werner-Michael/Ringelstetter, Max : Die Rolle der Wertschöpfungskette in der strategischen Planung, in: Beiträge zum Management strategischer Programme, hrsg. v. Kirsch, Werner, München 1991, S. 511 – 538
Gutschelhofer, Alfred : Die Ausrichtung der Funktionalstrategie-Personal an der Koevolution von Wertkette und Kernfähigkeiten, in: Zeitschrift für Personalforschung, Jg. 10, 1996, Bd. 4, S. 372 – 383
Hamel, Gerry/Prahalad, C.K. : Competing for the Future, Boston 1994
Hammer, Michael : Prozessorientierung, in: Das Grosse Handbuch der strategischen Konzepte, hrsg. v. Simon, Herman, Frankfurt et al., 2000, S. 321 – 336
Hergert, Michael/Morris, Deigan : Accounting Data For Value Chain Analysis, in: Strategic Management Journal, Jg. 10, H. 2/1989, S. 175 – 188
Heuskel, Dieter : Wettbewerb jenseits von Industriegrenzen, Frankfurt, 1999
Kaplan, Robert/Cooper, Robin : Cost & Effect, Harvard 1997
Kogut, Bruce : Designing Global Strategies: Comparative and Competitive Value-Added Chains, in: Sloan Management Review, Jg. 1985, H. 2/1985, Bd. 1, S. 15 – 27
Kreilkamp, Edgar : Strategisches Management und Marketing, Berlin 1987
Porter, Michael : Wettbewerbsvorteil, Frankfurt 1986
Reiß, Michael/Beck, Carsten : Kernkompetenzen in virtuellen Netzwerken, in: Unternehmensführung im Wandel, hrsg v. Corsten, Hans/Will, Thomas, Stuttgart 1995, S. 33 – 61
Sommerlatte, Tom : Management des geordneten Wandels, Wiesbaden 1987
Timmermann, Armin : An Haupterfolgsfaktoren orientierte Geschäftsfeldstrategien, AGPLAN-Handbuch zur Unternehmensplanung, Berlin 1982, Kennzahl 4835

 

 


 

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