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Produktionsfaktoren


Inhaltsübersicht
I. Begriff
II. Klassifizierungskriterien
III. Systeme von Produktionsfaktoren
IV. Einzelne Produktionsfaktoren
V. Information und Umwelt als Produktionsfaktoren?

I. Begriff


Mit »Faktor« (von lat. facere i.S.v. machen, tun) wird eine Teilkomponente für den Ablauf von Vorgängen (Prozessen) in Systemen bezeichnet. Das gilt speziell für das System Produktion. Um die hier einwirkenden Faktoren näher zu charakterisieren, ist es erforderlich, den Begriffsumfang der Produktion festzulegen. Je nachdem, ob Produktion i.w.S. als Wertschöpfungsprozess generell oder i.e.S. als lediglich sachgutbezogener Fertigungsprozess gesehen wird, ist eine unterschiedliche Tiefengliederung der Produktionsfaktoren zu erarbeiten. In Abhängigkeit von der Breite der Ausdeutung lassen sich verschiedene Faktorsysteme entwerfen. Legt man eine sehr allg. Definition von Produktion als »jede letztlich auf Bezahlung ausgerichtete Tätigkeit der Herstellung von Gütern mithilfe anderer Güter« (Bohr, K. 1979) zugrunde, so lässt sich eine endliche Abfolge von Gütern, ausgehend von Rohstoffen bis zur endgültigen Entsorgung, beobachten. Produktion ist dann der Einsatz von Gütern in einen Transformationsprozess, an dessen Ende jeweils Güter höherer Wertschätzung stehen. Güter, die den Ablauf von Prozessen bestimmen, können daher sowohl einsatzseitig als auch ablauf- und ausbringungsseitig als Faktoren interpretiert werden. Man kann also Input-, Transformations- und Outputfaktoren unterscheiden (vgl. Abb. 1).
Produktionsfaktoren
Abb. 1: Faktorinterpretation
Im Rahmen der Produktionstheorie hat es sich jedoch als sinnvoll erwiesen, auf der Ausbringungsseite Produkte als Sachgüter oder (immaterielle) Dienstleistungen zu unterscheiden und auf der Einsatzseite die Einsatzgüter als Produktionsfaktoren i.e.S. oder auch Produktoren (Kosiol, E. 1966) zu bezeichnen. Produktionsfaktoren sind also die im Produktionsprozess eingesetzten Güter materieller oder immaterieller Art.

II. Klassifizierungskriterien


Um zu brauchbaren Aussagen über das Erkenntnisobjekt Produktion zu kommen, gibt es eine Reihe von Ansätzen zur Klassifizierung von Produktionsfaktoren. Je nach dem Ziel der Untersuchung haben sich unterschiedliche Unterscheidungskriterien herausgebildet, die teilweise in einer Baumstruktur Elemente eines Klassifikationsschemas geworden sind. Zwischen originären und derivativen Produktionsfaktoren unterscheidet die VWL, indem sie Boden und Arbeit als ursprüngliche Produktionsfaktoren und Kapital als produzierte Produktionsmittel (-faktoren) herausstellt. In der BWL wurde dieses Begriffspaar in zwei Varianten aufgegriffen. Gutenberg (Gutenberg, E. 1951) trennt innerhalb des von ihm so bezeichneten dispositiven Faktors (s. III.1) den originären Teil der eigentlichen Betriebs- und Geschäftsleitung vom derivativen, der Planung und Organisation umfasst. Kern (Kern, W. 1992) übernimmt die Zuordnung des derivativen Teils, bezeichnet als originäre Faktoren jedoch sowohl die Betriebs- und Geschäftsleitung als auch die Elementarfaktoren i.S.v. Gutenberg.
Ebenfalls der VWL entlehnt ist die Trennung zwischen freien und knappen Gütern. Bis in die jüngste Vergangenheit wurden Luft und Wasser als freie Güter betrachtet, was sich unter Umweltschutzgesichtspunkten zunehmend als Fehlinterpretation herausgestellt hat. In den Produktionsbereich übertragen unterscheidet man zwischen Nichtengpass- und  Engpassfaktoren. Letztere ergeben sich bei der Produktions- und Absatzprogrammplanung – mittels der LO – für die ausgelasteten Faktoren, während Erstere Leerkapazitäten (i.S. freier Güter) aufweisen. Die damit verbundene Konsequenz, dass Engpassfaktoren wertorientierte Preise besitzen, wohingegen Nichtengpassfaktoren einen Schattenpreis von null aufweisen, führt oft zu nicht unproblematischen Entscheidungsempfehlungen.
Die quantitative Analyse von Leistungserstellungsprozessen in der Produktionstheorie (speziell in der funktionalistischen Produktionstheorie) differenziert zwischen fixen (konstanten) und variablen Produktionsfaktoren. Dabei ist die Frage, ob ein Produktionsfaktor konstant ist, häufig davon abhängig, auf welchen Zeitraum sich die Dispositionen beziehen (quantitative Anpassung). Bei der operativen Planung wird man also i.d.R. von einer Konstanz der Betriebsmittel ausgehen können, während längerfristige Überlegungen auch dort eine Variierbarkeit zulassen.
Die variablen Faktoren unterscheidet man weiter nach sog. beliebig teilbaren und nicht beliebig teilbaren Faktoren (Bohr, K. 1979). Bei der Analyse von Produktionsfunktionen wird im Rahmen der funktionalistischen Produktionstheorie (Produktionsfunktion vom Typ A) i.A. beliebige Teilbarkeit unterstellt, da damit eine mathematische Vereinfachung der Analyse verbunden ist. Die nicht beliebige Teilbarkeit äußert sich zum einen in dem Aspekt der Ganzzahligkeit, d.h. dass Betriebsmittel nur in ganzen Einheiten (identisch oder auch nicht identisch) variiert werden können, und zeigt sich zum anderen darin, dass Produktionsfaktoren binäre Variablen darstellen, also entweder eingesetzt werden oder nicht.
Des Weiteren werden aus produktionstheoretischer Sicht substitutionale und limitationale Produktionsfaktoren voneinander abgegrenzt. Limitationale Produktionsfaktoren müssen innerhalb des Transformationsprozesses in fest vorgegebenen Mengenverhältnissen eingesetzt werden (wie z.B. die vier Räder und das Steuerrad beim Pkw). Es ist zwar möglich, unterschiedliche Mengenverhältnisse der Produktionsfaktoren auszuweisen, diese Variationen der Faktoreinsatzverhältnisse sind allerdings nur über Konvexkombinationen von Prozessen möglich (Ellinger, Th./Haupt, R. 1990). Substitutionale Faktoren sind solche Faktoren, die im Hinblick auf ein gewünschtes Produktionsergebnis gegeneinander ausgetauscht werden können. Ein bestimmter Output kann mit unterschiedlichen Faktormengenkombinationen erreicht werden.
Aus einer anderen Sichtweise lassen sich Verbrauchs- oder Repetierfaktoren sowie Nutzungs-, Bestands- oder Potenzialfaktoren voneinander abgrenzen (Heinen, E. 1970). Diese Kategorisierung der »Güter in verbrauchliche und nicht verbrauchliche, wohl besser ausdauernde« (Böhm-Bawerk, E. v. 1948, S. 52) Faktoren beruht auf der Überlegung, dass eine Gruppe von Einsatzfaktoren im Produktionsprozess untergeht und ersetzt werden muss (s. IV.3), wie bspw. Betriebsstoffe zum Betrieb von Anlagen oder Werkstoffe, die unmittelbar in Produkte Eingang finden. Demgegenüber geben die Bestands- oder Potenzialfaktoren nur Teile ihres Nutzungspotenzials ab (s. IV.2). Bedeutsam ist diese Differenzierung in Bezug auf den mengenmäßigen Zusammenhang zwischen Produktionsergebnis und Einsatzfaktoren.
Eine weitere in diesem Zusammenhang wichtige Unterscheidung trennt primäre und sekundäre Produktionsfaktoren (Bohr, K. 1979). Primäre Produktionsfaktoren finden von außen in das Produktionssystem Eingang, wohingegen sekundäre sog. Zwischenprodukte darstellen, die innerhalb des Betriebes erstellt und wieder eingesetzt werden. Diese Trennung hat eine nicht unerhebliche Bedeutung für die Entwicklung von Abweichungsanalysen in Kontrollkonzeptionen (Kloock, J./Dörner, E. 1988).
Die Abgrenzung zwischen materiellen und immateriellen Produktionsfaktoren ist relativ eindeutig, sofern es sich um Betriebsmittel und Werkstoffe auf der einen Seite und Nominalfaktoren wie Geld oder Informationen auf der anderen Seite handelt (Corsten, H. 1986). Die menschliche Arbeitskraft wird, insoweit sie objektbezogen ist, den materiellen, und insoweit sie dispositiv ausgerichtet ist, den immateriellen Produktionsfaktoren zugerechnet. Das führt unmittelbar zu der Separierung von sachlichen und personalen Produktionsfaktoren. Hierbei werden zuweilen die personalen in geistige und körperliche Tätigkeiten unterschieden und dann die körperlichen Tätigkeiten in gewisser Weise widersprüchlich den sachlichen Produktionsfaktoren zugeordnet.
Die Trennung von internen und externen Faktoren wurde ursprünglich von Maleri (Maleri, R. 1973) zur Herausarbeitung des Spezifikums der Dienstleistungsproduktion getroffen. Danach ist der externe Faktor der sachliche oder personale Einsatz, der vom Auftraggeber der Dienstleistung erbracht werden soll. In einem anderen Sinne belegen diese Termini bei Corsten (Corsten, H. 1986) und Kern (Kern, W. 1992), wer Verfügungs- (Eigentums-)Rechte und damit die Dispositionsfreiheit über den Einsatz von Produktionsfaktoren hat. Zu den externen Faktoren gehören dann nach Kern die Objektfaktoren i.S. beigestellter Faktoren, die entweder Personen oder Sachen sein können. Darüber hinaus werden darunter Zusatzfaktoren subsumiert wie etwa extern erbrachte Dienstleistungen als Faktoren, aber auch die Nutzung der Umwelt oder der Infrastruktur. Dabei wird hier jeweils angenommen, dass ein Mengengerüst zwischen Faktoreinsatz und Produktionsergebnis fehlt.
Im Zusammenhang mit der Diskussion der Umweltwirkung von Produktion wird neuerdings unterschieden zwischen sog. Haupt- und Nebenfaktoren (Dinkelbach, W./Rosenberg, O. 1994) sowie innerhalb der Nebenfaktoren nach erwünschten und nicht erwünschten Faktoreinsätzen. Da i.A. jeder Faktoreinsatz sowohl ökonomisch als auch ökologisch negative Auswirkungen (interne bzw. soziale Kosten) hat, wären dementsprechend erwünschte Faktoreinsätze jene, die etwa im Wege des Recycling oder Downcycling oder des Einsatzes von zu entsorgenden Stoffen Umweltbelastungen reduzieren. Das kann im Einzelfall jedoch in Zielkonkurrenz zu ökonomischen Zielsetzungen stehen.

III. Systeme von Produktionsfaktoren


Nach Stegmüller (Stegmüller, W 1974; s.a. Bohr, K. 1979) hat ein Klassifikationssystem die Adäquatheitsbedingungen der Vollständigkeit und der Exklusion (Eindeutigkeit) zu erfüllen. Das bedeutet, dass ein nach u.U. unterschiedlichen Zielkriterien aufgestelltes System von Produktionsfaktoren alle potenziellen Einsatzgüter so umfassen muss, dass sie nicht verschiedenen Klassen des Systems angehören. Kern/Fallaschinski (Kern, W./Fallaschinski, K. 1978) fügen das Prinzip der Echtheit hinzu, demzufolge eine Klassifikation zumindest in zwei nicht leeren Unterklassen bestehen muss. Diesen Anforderungen müssen die in der BWL entworfenen Produktionsfaktorsysteme genügen.

1. Traditionelle Produktionsfaktorsysteme


Ausgangspunkt der Diskussion um Produktionsfaktorsysteme bilden vwl. Erklärungsansätze zur Entstehung und Verteilung des Volkseinkommens. Produktionsfaktoren in aggregierter Form sind dabei Boden, Arbeit und Kapital mit den entsprechenden Entlohnungsformen der Rente, des Lohns und des Zinses. Im Zuge geschichtlicher und methodologischer Veränderungen wurde den drei genannten Produktionsfaktoren unterschiedliche Bedeutung zugemessen, weitere Produktionsfaktoren, wie etwa Technologie und Organisation (Marshall, A. 1905; Bohr, K. 1979), hinzugefügt und der Boden im Hinblick auf seine nachlassende Bedeutung aus dem Faktorsystem weitgehend eliminiert.
Die aggregierten Produktionsfaktoren der VWL waren jedoch nicht geeignet, Produktionsprozesse bwl. hinreichend zu erklären, obwohl es im Grundsatz um die Beantwortung der gleichen Fragestellung geht: Einerseits interessiert das Zustandekommen eines bestimmten Produktionsergebnisses, d.h. welche Einsatzgüter (Faktoren) in welcher Form zu kombinieren sind, um ein gewünschtes Produktionsergebnis zu erzielen, und andererseits wird untersucht, wie ein realisiertes Ergebnis auf den Einsatz unterschiedlicher Einsatzgüter zurückzuführen ist (bikausale Rechnung). Ältere bwl., sehr kasuistische Ansätze stammen von F. Nicklisch, M.R. Lehmann, M. Lohmann und K. Mellerowicz (Kern, W./Fallaschinski, K. 1978). Die erste systematische Darstellung bwl. Produktionsfaktoren stammt von Gutenberg (Gutenberg, E. 1951), bezogen allerdings auf die industrielle Fertigung. Die Herausarbeitung eines solchen Systems von Produktionsfaktoren war Voraussetzung für die von ihm als Kombinationsprozess beschriebene industrielle Produktion. Die von Gutenberg entwickelte Systematik ist in gewissen Abwandlungen Grundlage sämtlicher bis heute entwickelter Varianten von Produktionsfaktorsystemen der BWL (vgl. Abb. 2).
Produktionsfaktoren
Abb. 2: Faktorgliederung nach Gutenberg (Ellinger, Th./Haupt, R. 1990, S. 10)
Gutenberg (Gutenberg, E. 1983) unterscheidet zwischen Elementarfaktoren und dispositiven Faktoren. Elementarfaktoren sind jene Faktoren, die unmittelbar mit der Leistungserstellung verbunden sind und als unabhängige Variablen Eingang in die Produktionsfunktion finden. Die dispositiven Faktoren gliedert er in die sog. originären und derivativen Produktionsfaktoren, wobei originär die eigentliche unternehmerische Führungs- und Leitungstätigkeit darstellt. Davon abgeleitet und insoweit entscheidungsvorbereitende und -umsetzend nach sachrationalen Kriterien werden die derivativen Produktionsfaktoren Planung und Organisation beschrieben. Elementarfaktoren sind nach Gutenberg die objektbezogene Arbeit und die sachlichen Faktoren Betriebsmittel (als Bestandsfaktoren und Betriebsstoffe) und die Werkstoffe, die Eingang in die Produkte finden. Trotz der allg. akzeptierten guten Systematik blieb das System von Gutenberg nicht unwidersprochen.
Die Trennung der menschlichen Arbeit in dispositive und objektbezogene bietet sowohl logische Abgrenzungsprobleme als auch in sozialpolitisch-humaner Sicht Ansatzpunkte für eine ideologisch ausgerichtete Kritik (u.a. Reichwald, R. 1977). Die Zusammenfassung von Betriebsmitteln i.e.S. und Betriebsstoffen war nur zur Analyse von Faktorverbräuchen bei unterschiedlicher Intensität im Rahmen der Produktionsfunktion vom Typ B sinnvoll. Die von Heinen (Heinen, E. 1970) vorgenommene Trennung in Potenzial- und Verbrauchsfaktoren ist dagegen klarer auf die Lösung des Problems der Vorkombination von Potenzialfaktoren (Kern, W. 1992) und die Disposition im Rahmen von Beschaffungs-, Lagerungs- und Einsatzbesonderheiten von Verbrauchsfaktoren ausgerichtet. Darüber hinaus wurde dem System eine mangelnde Vollständigkeit und Überschneidungsfreiheit vorgeworfen. Probleme einer mangelnden Vollständigkeit ergeben sich durch die zunehmende Bedeutung gewisser Faktorkategorien in neuerer Zeit (Energie u.a.).

2. Erweiterungen industrieller Produktionsfaktorsysteme


Nachdem Heinen (Heinen, E. 1965) im Wesentlichen das Gutenbergsche Konzept übernommen und durch die Abgrenzung von Potenzial- und Repetierfaktoren etwas revidiert hatte, erweiterte Kilger (Kilger, W. 1975) diese Darstellung um einen vierten Elementarfaktor: die fremdbezogenen Dienstleistungen als Faktoren (s.a. Kern, W./Fallaschinski, K. 1978). In letzterer Systematik fällt außerdem die Trennung in variable, ausbringungsabhängig disponierbare, auflagenfixe und fixe Produktionsfaktoren auf. Die angegebene Trennung übernehmen Busse von Colbe/Laßmann (Busse von Colbe, W./Laßmann, G. 1991), wobei sie Potenzialfaktoren mit und ohne Abgabe von Werkverrichtungen und bei den Verbrauchsfaktoren Werkstoffe und Betriebsstoffe unterscheiden. Wesentlicher im Konzept von Busse von Colbe/Lassmann ist aber die Herausarbeitung von Zusatzfaktoren, denen i.d.R. keine produktbezogenen Mengengrößen zugrunde liegen. Als solche werden der Staat, Verbände, Banken, Versicherungen u.a. herausgestellt. Diese Überlegungen gehen jedoch mehr in Richtung einer Kostentheorie und sind weniger Grundlagen der Produktionstheorie.
Wittmann (Wittmann, W. 1982) übernimmt ebenfalls die angesprochene Trennung, bezeichnet allerdings die Verbrauchsfaktoren als Materialfaktoren und erweitert die Gruppe der Potenzialfaktoren um Wissen, Recht und allg. Humanfaktoren. Besondere Bedeutung hat das Wissen als Produktionsfaktor Information gewonnen (Wittmann, W. 1979). Kern/Fallaschinski (Kern, W./Fallaschinski, K. 1978) fassen die Repetier-(Material-)faktoren in der Weise neu, dass sie von sog. Objekt-(Bearbeitungs-)faktoren branchenabhängiger Art sprechen. Diese Objektfaktoren sind Verarbeitungsstoffe (etwa Verbrauchsmaterial) und zum anderen Bearbeitungsobjekte in Form von Sachgütern, Personen oder Kenntnissen sowie Durchlaufobjekte i.S.v. Regiefaktoren. Den fremdbezogenen Diensten rechnen Kern/Fallaschinski ferner die Umweltbeanspruchung hinzu. Um zu einem möglichst allg. gültigen Faktorsystem zu kommen, greifen sie außerdem einige brachenabhängige Entwicklungen (s. III.3) auf. Hoitsch (Hoitsch, H.-J. 1985) räumt unter dem Eindruck der Energiekrise der 1970er-Jahre im Rahmen der Repetierfaktoren vor allem dem Faktor Energie besondere Bedeutung ein. Während die o.g. Erweiterungen sich ausschließlich auf die Elementarfaktoren bezogen, fügte Wöhe (Wöhe, G 1973) den beiden derivativen dispositiven Faktoren als dritten die Kontrolle hinzu. Wenn man das System des dispositiven Faktors so akzeptiert, müsste es heute um den Faktor Controlling ergänzt werden.

3. Branchenindividuelle Ergänzungen


Deppe (Deppe, H.-D. 1969) ergänzt das Faktorsystem von Gutenberg für Kreditinstitute um den liquiditätsmäßig finanziellen Bereich durch die Einführung der Zahlungsmittelnutzung. Auch Farny (Farny, D. 1969) fasst Geld als Produktionsfaktor auf und führt folgende Systematik für Versicherungsbetriebe ein: Sicherheitsmittel, Rückversicherung, Kapitalnutzung. Diederich (Diederich, H. 1966) und Bendixen (Bendixen, P. 1966) interpretieren für Verkehrsbetriebe individuelle Verkehrswege und -stationen als Betriebsmittel und die Transportobjekte als Werkstoffe. Für Handelsbetriebe führte Buddeberg (Buddeberg, H. 1959) sehr früh die sog. Regiefaktoren (Handelswaren) ein. Bei der Übertragung des Produktionsfaktorsystems auf Krankenhausbetriebe unterscheiden sich die Konzepte vor allem darin, ob der Patient als externer Humanfaktor betrachtet wird (Eichhorn, S. 1975; Seelos, H.-J. 1993) oder nicht (Buchholz, W. 1983). Weitere Besonderheiten von Systematiken in unterschiedlichen Branchen finden sich in der Übersicht bei Corsten (Corsten, H. 1986).
Dort wird auch ein Ansatz von Kern, alle Aspekte einer Klassifikation in einer Baumstruktur abzubilden, wiedergegeben. Dabei wird deutlich, dass das Bemühen um Vollständigkeit zu Schwierigkeiten bei der Erfüllung des Prinzips der Exklusion führt und damit einer allumfassenden Klassifikation Grenzen gesetzt sind. So scheint der Vorschlag von Corsten (Corsten, H. 1986) sinnvoll, einen modularen Aufbau branchenbezogener Produktionsfaktorsysteme zu verwenden.

IV. Einzelne Produktionsfaktoren


1. Menschliche Arbeit


I.S. der Produktionstheorie ist der Mensch ein Potenzialfaktor mit der angeborenen und erworbenen Fähigkeit, körperliche und geistige Arbeit zu leisten. Die erwarteten oder erbrachten Arbeitsleistungen sind i.d.R. sowohl die Basis für deren Abgeltung als auch der Produktionskosten i.S. finanzieller Leistungsäquivalente. Die Trennung der Arbeit in geistige und körperliche Anteile hat lange Tradition, wobei i.d.R. davon auszugehen ist, dass jede Tätigkeit sowohl geistige als auch körperliche Bestandteile enthält und nur jeweils die Gewichtung unterschiedlich ist. Die Trennung im System von Gutenberg in sog. objektbezogene und dispositive menschliche Arbeitsleistungen hat häufig zu der o.g. Fehlinterpretation geführt, dass objektbezogene Arbeit (»geistlose«) körperliche Arbeit in der Produktion und dispositive Arbeit »geistvolle« Tätigkeit in der Verwaltung seien.

2. Betriebsmittel


Betriebsmittel ist der Sammelbegriff für eine Reihe sehr heterogener Güter. So unterliegen etwa Grundstücke weder einem Wertverzehr noch einem Wertverlust, sondern haben im Gegenteil eher einen Wertzuwachs. Gebäude weisen i.d.R. keinen Verzehr, sondern einen Wertverlust auf. Aggregate, Einrichtungen, Maschinen und Werkzeuge unterliegen einem Wertverzehr, der im Wege des Umsatzprozesses zu tragen ist. Betriebsmittel i.e.S. sind in der Konzeption von Gutenberg durch die sog. z-Konstante und die Möglichkeiten zur Wahl unterschiedlicher Leistungsgrade bestimmt. Zu einer detaillierteren Darstellung einzelner Betriebsmittel vgl. Bloech (Bloech, J. 1993).

3. Werkstoffe und Betriebsstoffe


Traditionellerweise sind nach Gutenberg Betriebsstoffe jene Stoffe, die etwa als Energie oder Schmiermittel zum Unterhalt und Betrieb der Betriebsmittel dienen. Dagegen bilden Werkstoffe als Roh- oder Hilfsstoffe wesentliche oder unwesentliche Bestandteile des Produktes und gehen insoweit im Produkt unter. Sollen Umweltprobleme berücksichtigt werden, so sind Werk- und Betriebsstoffe zu differenzieren in nicht regenerierbare und regenerierbare Stoffe. Regenerierbar sind i.d.R. die natürlichen Werkstoffe, während bei den nicht regenerierbaren die Gruppe der echten Verbrauchsfaktoren, die dem klassischen Beispiel einer Durchlaufwirtschaft folgend anschließend entsorgt werden müssen, von den recyclebaren Faktoren (Kreislaufüberlegungen) zu trennen ist.

V. Information und Umwelt als Produktionsfaktoren?


Informationen sind nach Wittmann (Wittmann, W. 1979) zweckorientiertes Wissen und als solches Produktionsfaktor. Auch Kern (Kern, W. 1992) plädiert für eine eigenständige Faktorkategorie. Sehr differenziert betrachtet Bode (Bode, J. 1993; Bode, J./Zelewski, S. 1992) Informationen als Faktor- und Produktkategorie (s.a. Seibt, D. 1993). Informationen stellen Potenziale dar, die erst mit ihrem Einsatz in mehr oder weniger intelligenten Maschinen oder im Rahmen der menschlichen Arbeitsleistung wirksam werden. Wissen ist sicher insoweit ein Potenzialfaktor, als er im Wege von Rechten und Patenten dem Betrieb zur Verfügung steht und von außen erworben worden ist. In den Produktionsprozess eingebracht werden die Informationen jedoch durch die Kenntnisse des Menschen bei der Bewältigung der ihm gestellten Aufgaben unter Verwendung von Betriebsmitteln mit unterschiedlicher Ausgestaltung mit Hard- und Software. Das zeigt sich besonders deutlich bei den modernen Konzeption von PPS, CAD und CAE, CAM, CAQ, CIM u.Ä.
Die zunehmende Beachtung von Umweltproblemen sowohl in der öffentlichen als auch der wissenschaftlichen Diskussion hat zwangsläufig ihren Niederschlag in Konzepten der Produktionsfaktoren gefunden. Dabei bleibt die Berücksichtigung der Umwelt im System der Produktionsfaktoren aber unklar, wenn z.B. Schreyögg (Schreyögg, G. 1993, Sp. 4238) formuliert: »Zum einen stellen die natürlichen Ressourcen Inputfaktoren für den betrieblichen Leistungsprozess dar und sind deshalb in ihrer Entwicklung von großer Bedeutung (Wasserqualität, Klimaveränderungen usw.).« Wasser und Luft sind sicher Inputfaktoren für manche Produktionen (etwa Brauereien), ebenso wie Bestandteile der Erde (z.B. Kohle, Erdöl, Erze) Inputfaktoren sind. Allerdings kann das Wasser als Einsatzfaktor unterschiedliche Qualität aufweisen, ebenso wie auch Eisenerze. Belastungen der Umwelt verändern demnach die qualitativen Voraussetzungen der Produktion, nicht aber das System der Produktionsfaktoren i.e.S. Eine Besonderheit stellt die Umwelt allerdings in der Weise dar, als sie ein Aufnahmemedium für unerwünschte Nebenwirkungen von Produktionsprozessen selbst und bei der Entsorgung der Produkte darstellt. Das würde jedoch die Betrachtung von Produktionsfaktoren als Inputfaktoren sprengen. Konsequenterweise kommt Steven (Steven, M. 1991, S. 521) daher zum Ergebnis, dass »natürliche Ressourcen ? in sämtlichen Produktionsfaktoren implizit enthalten« sind.
Insoweit wirkt die natürliche Umwelt und auch die geschädigte natürliche Umwelt mittelbar durchaus auf die Produktionen und damit auch die Produktionsfaktoren ein. Das geschieht z.B. über Änderungen der Knappheitsrelationen, ausgedrückt in Preisen im ökonomischen Umfeld, durch Gesetze und Verordnungen im staatlich-rechtlichen Umfeld, durch Innovationen im technologischen Umfeld und durch soziale Sanktionen im soziokulturellen Umfeld. Diese mittelbaren Wirkungen beziehen sich jedoch nicht nur auf die Einsatzfaktoren, sondern auf das Produktionssystem als Ganzes.
Literatur:
Bendixen, P. : Die Leistungserstellung der Güterverkehrsbetriebe, Hamburg 1966
Bloech, J. : Produktionsfaktoren, in: HWB, hrsg. v. Wittmann, W./Kern, W./Köhler, R. et al., 5. A., Stuttgart 1993, Sp. 3405 – 3415
Bode, J. : Betriebliche Produktion von Informationen, Wiesbaden 1993
Bode, J./Zelewski, S. : Die Produktion von Dienstleistungen, in: BFuP, 1992, S. 594 – 607
Böhm-Bawerk, E. v. : Gesammelte Schriften, hrsg. v. Weiß, F. X., Frankfurt a.M. 1948
Bohr, K. : Produktinosfaktorsysteme, in: HWProd, hrsg. v. Kern, W., Stuttgart 1979, Sp. 1481 – 1493
Buchholz, W. : Krankenhäuser im Wettbewerb, Berlin 1983
Buddeberg, H. : Betriebslehre des Binnenhandels, Wiesbaden 1959
Busse von Colbe, W./Laßmann, G. : Betriebswirtschaftstheorie, Bd. 1, 5. A., Berlin et al. 1991
Corsten, H. : Produktionsfaktorsysteme, in: wisu, 1986, S. 173 – 179
Corsten, H. : Produktionswirtschaft, München et al. 1990
Deppe, H.-D. : Bankbetriebliches Wachstum, Stuttgart 1969
Diederich, H. : Zur Theorie des Verkehrsbetriebes, in: ZfB, H. 1. Erg.H./1966, S. 37 – 52
Dinkelbach, W./Rosenberg, O. : Erfolgs- und umweltorientierte Produktionstheorie, Berlin et al. 1994
Dyckhoff, H. : Betriebliche Produktion, Berlin et al. 1992
Eichhorn, S. : Krankenhausbetriebslehre, Bd. 1, 3. A., Stuttgart et al. 1975
Ellinger, Th./Haupt, R. : Produktions- und Kostentheorie, 2. A., Stuttgart 1990
Farny, D. : Grundfragen einer theoretischen Versicherungsbetriebslehre, in: Wirtschaft und Recht der Versicherung, hrsg. v. Farny, D., Karlsruhe 1969, S. 27 – 72
Gutenberg, E. : Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 1 (Berlin 1951), 24. A., Berlin 1983
Heinen, E. : Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, 3. A., Wiesbaden 1970
Hoitsch, H.-J. : Produktionswirtschaft, München 1985
Kern, W. : Der Betrieb als Faktorkombination, in: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, hrsg. v. Jacob, H., 5. A., Wiesbaden 1988, S. 117 – 208
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Wittmann, W. : Wissen in der Produktion, in: HWProd, hrsg. v. Kern, W., Stuttgart 1979, Sp. 1900 – 1910
Wittmann, W. : Betriebswirtschaftslehre, Bd. 1, Tübingen 1982
Wöhe, G. : Die Steuerung des Unternehmens, 2. A., München 1973

 

 


 

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