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Personalpolitisches Instrumentarium


Inhaltsübersicht
I. Grundlagen
II. Personalpolitische Entscheidungstechniken
III. Personalpolitiken

I. Grundlagen


Das personalpolitische Instrumentarium ist die Summe aller Maßnahmenbündel und Techniken, welche die Träger der Personalpolitik zur Erreichung der beiden Grundziele Leistungs- und Herrschaftssicherung einsetzen können (Conrad,  1991, S. 426 ff.). Diese Leitlinien, Maximen und Handlungsgrundsätze sind dadurch charakterisiert, dass die Entscheidungssituation schlecht strukturiert ist, unterschiedliche Werte und Interessen abgestimmt werden müssen und die Entscheidungsergebnisse nur schwer korrigierbar sind und langfristige Wirkungen entfalten (Festing, /Groening, /Weber,  1998, S. 410 f.). Im Folgenden werden zwei Gruppen von personalpolitischen Instrumenten unterschieden: (a) Techniken zur Unterstützung der Entscheidungsfindung und (b) Personalpolitiken (Maßnahmenbündel) als Ergebnisse des personalpolitischen Entscheidungsprozesses.

II. Personalpolitische Entscheidungstechniken


1. Personal-Portfolio (PPF)


Ursprünglich wurde die Portfolioanalyse in der Finanzwirtschaft entwickelt, um ein Wertpapier-Portefeuille in Bezug auf Rendite- und Risikoerwartungen optimal zusammenzusetzen. Dieser Grundgedanke wurde in der Unternehmensführung aufgegriffen, statt Wertpapiere werden dort Produkte oder strategische Geschäftseinheiten analysiert. Betrachtet man die Humanressourcen als Vermögenswerte eines Unternehmens, so lässt sich der Portfolio-Gedanke auf den Personalbereich übertragen (Odiorne,  1984, S. 3 ff.; vgl. Abb. 1).
Personalpolitisches Instrumentarium
Abb. 1: Personal-Portfolio (Odiorne,  1984, S. 66)
Mit PPF werden unterschiedliche Ziele verfolgt, wie z.B. Identifikation von Stärken und Schwächen der Mitarbeiterstruktur oder Hilfestellung bei der Entwicklung von Personalstrategien. Planungseinheiten im PPF können strategische Geschäftseinheiten, Abteilungen, betriebliche Funktionen, Mitarbeitergruppen, Führungskräfte oder personalpolitische Instrumente sein. Als Dimensionen der PPF-Matrix kommen z.B. tatsächliche Leistung/Potenzial, strategische Bedeutung/Personal-Qualität der Geschäftsbereiche oder Motivation/Qualifikation in Betracht.
Im Prozeß der PPF-Analyse müssen zunächst Analyseeinheit und Dimensionen ausgewählt werden. Dann wird der aktuelle Zustand in einem Ist-Portfolio dargestellt. Danach wird auf Basis der Anforderungen der Unternehmensstrategie an den Personalbereich ein Zielportfolio erstellt. Schließlich werden Personalstrategien zur Erreichung des Sollzustands entwickelt. Dabei kann man sich an Normstrategien orientieren. So sollen Spitzenkräfte (Stars) gehegt und gepflegt werden (z.B. durch formal und informal engen Kontakt mit den höheren Führungskräften), die soliden Leistungsträger (Arbeitspferde) sollen soviel Qualifizierung erhalten, dass sie ihr Leistungsniveau halten, ohne unerwünschte Erwartungen auf weitere Karriereschritte auszubilden, Leistungsschwache sollen je nach Potenzial und Leistungsbereitschaft entweder besonders gefördert oder abgebaut werden (Jacobs, /Thiess, /Söhnholz,  1987).

2. Benchmarking (BM)


Die allgemeinste Definition bezeichnet BM als einen systematischen Vergleich mit einer Vorgabe (wie ein Werkstück mit einer auf der Werkbank angebrachten Markierung). Vergleichsobjekte können Produkte, Praktiken, Prozesse u.ä. sein. Diese können sowohl intern oder bei anderen Unternehmen innerhalb oder außerhalb der eigenen Branche gefunden werden (Schmeisser, /Paul,  1999, S. 256 ff.).
Personal-BM kann zumindest vier Zwecken dienen. Es ermöglicht eine Überprüfung der eigenen Personalpraktiken (z.B. El?ik, /Entzmann,  1999). Es regt dazu an, die eigene Vorgangsweise in Frage zu stellen und von anderen zu lernen. Es wird eine Argumentationsgrundlage für Veränderungen und die dafür erforderlichen Ressourcenzuteilung geschaffen, denn wenn erfolgreiche Praktiken auch im eigenen Unternehmen eingesetzt werden sollen, sind die Bereitschaft zum Wandel und die Verfügbarkeit der nötigen Ressourcen erforderlich. Schließlich kann BM der Personalabteilung dabei helfen, eine Orientierung für die weitere Personalarbeit zu finden und Prioritäten zu setzen. Im Personal-BM werden auf der Ebene des Gesamtunternehmens globale Produktivitätsmaße wie Umsatz, Gewinn, Fehlzeiten, Ausschuss etc. pro Mitarbeiter erhoben. Auf der Ebene der Personalfunktion werden Personalpraktiken wie z.B. Rekrutierung oder Vergütung betrachtet. Auf der Ebene der Personalfachleute stehen deren Qualifikationen auf dem Prüfstand (Glanz, /Dailey,  1992, S. 9 ff.).

3. Balanced Scorecard (BSC)


Die BSC dient der Darstellung strategischer Zielsetzungen und unterstützt die Strategieumsetzung durch die Ableitung konkreter operativer Maßnahmen. Die Ziele sollen ausgewogen in dem Sinn sein, dass neben den traditionell dominanten finanzwirtschaftlichen Zielen auch andere wichtige Perspektiven systematisch berücksichtigt werden. Neben der zentralen Stellung der Unternehmensvision und -strategie sieht die BSC vier Perspektiven vor, bei denen jeweils strategische Ziele, operative Messgrößen, Sollwerte und Maßnahmen zu formulieren sind (Kaplan, /Norton,  1996, S. 9): die finanzielle Perspektive ( „ Um finanziell erfolgreich zu sein: Wie sollten wir gegenüber unseren Aktionären auftreten? “ ), die interne Prozessperspektive ( „ Um unsere Aktionäre und Kunden zufrieden zu stellen: In welchen Geschäftsprozessen müssen wir herausragend sein? “ ), die Lern- und Entwicklungsperspektive ( „ Um unsere Vision zu verwirklichen: Wie werden wir unsere Fähigkeit zu Wandel und Verbesserung aufrechterhalten? “ ) und die Kundenperspektive ( „ Um unsere Vision zu verwirklichen: Wie sollten wir gegenüber unseren Kunden auftreten? “ ).
Aus personalpolitischer Sicht kann die BSC auf zwei Arten eingesetzt werden (Wunderer, /Jaritz,  1999, S. 343 ff.). Auf Unternehmensebene leistet die Personalfunktion einen Beitrag zur Identifizierung von Größen in den einzelnen Zielfeldern, insbesondere in der Lern- und Entwicklungsperspektive und demonstriert so ihren Beitrag zum finanziellen Unternehmenserfolg. Personalfachleute können das BSC-Projektteam mit personalbezogenen Informationen versorgen, oder sie können als Mitglied des BSC-Teams an der BSC-Erstellung direkt mitwirken und ggf. auch eine Moderationsfunktion übernehmen (Ackermann,  2000, S. 41 f.). Auf der Ebene der Personalfunktion wird eine eigenständige HR-BSC entwickelt, um die Humanressourcen strategisch managen zu können.
In der BSC von Kaplan, /Norton, wird das Personalmanagement nur wenig berücksichtigt, dies schlägt sich auch in einem Mangel an geeigneten Kennzahlen und Maßgrößen nieder. Becker/Huselid/Ulrich (Becker, /Huselid, /Ulrich,  2001, S. 66, 71) schlagen einen Katalog von 52 Effizienzmaßen für das Personalmanagement ohne direkten strategischen Bezug (wie z.B. Kosten pro Trainingsstunde oder Zeit zur Beseitigung von Vakanzen) und weitere 52 Maßgrößen für sog. HR Performance Drivers vor, denen direkte Unterstützung bei der Strategieumsetzung zugeschrieben wird (z.B. das Ausmaß, in dem die benötigten Mitarbeiterkompetenzen bei Rekrutierung, Einsatz und Beurteilung berücksichtigt werden), wobei die Zuordnungen nicht immer schlüssig sind.

4. Verhandlungen


Ein wichtiger Träger der betrieblichen Personalpolitik ist der Betriebsrat, der sich zunehmend „ mit eigenen Konzepten in den Prozess der Personalpolitik einmischt und so zu einem wichtigeren Faktor in der Strategieentwicklung und -implementation wird “ (Wächter,  1992, S. 336). Daher ist es zweckmäßig, auch über die mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten hinaus den Konsens mit der Belegschaftsvertretung in personalpolitischen Fragen durch Verhandlungen zu suchen (Macharzina,  1992, Sp. 1788).
Ob und wie solche Verhandlungen geführt werden, hängt nicht zuletzt von der Beziehung zwischen Management und Betriebsrat ab: Im Co-Management ergreifen sowohl Management als auch Betriebsrat Initiativen, bringen Verständnis für die Perspektive des Verhandlungspartners auf und streben gemeinsam nach pragmatischen, bisweilen auch unkonventionellen Lösungen. Im Expertenmodell wird die Verhandlung (Lohn)Experten übertragen, die mit starker Methodenorientierung elaborierte, aber in der Tendenz konservative Konzepte ausarbeiten. Im Zwei-Parteien-Modell herrscht eine klare Rollenteilung: das (Personal)Management entwickelt und präsentiert Vorschläge, die von der Arbeitnehmerseite geprüft und ggf. abgelehnt werden, ohne jedoch Verbesserungsvorschläge zu machen (Eckardstein, von,  1997).
Den Verhandlungspartnern stehen fünf Grundverhandlungsstile zur Verfügung. Vermeiden bedeutet ein Umgehen eines Konfliktpunktes oder das Nichtweiterverfolgen einer Lösung. Bei Durchsetzen ( „ take it or leave it “ ) wird Zwang ausgeübt, Forderungen werden hartnäckig erhoben und als „ nicht verhandelbar “ bezeichnet, Zugeständnisse sind selten oder peripher. Anpassen heißt, sich den Interessen des Verhandlungspartners zu fügen. Kompromissfindung birgt zwar die Gefahr der beiderseitigen Unzufriedenheit, ist aber dann angebracht, wenn die Partner voneinander abhängig sind und ein Scheitern der Verhandlungen zu einer noch unbefriedigenderen Situation für beide Seiten führen würde. Zusammenarbeit ist ein problemlösender Stil, der auf die Herstellung einer Win-Win-Situation abzielt (Hill,  1995, Sp. 2141 ff.).
Empfehlungen für sachlich und beziehungsmäßig erfolgreiches Verhandeln beziehen sich u.a. darauf, Sach- und Beziehungsfragen nicht zu vermischen, Menschen und Probleme zu trennen, sich auf Interessen und nicht auf Verhandlungspositionen zu konzentrieren, Optionen zum beiderseitigen Vorteil zu entwickeln und möglichst objektive Bewertungskriterien anzuwenden (Fisher, /Ury, /Patton,  1995, S. 37 ff.).

III. Personalpolitiken


Personalpolitische Entscheider sind nie auf eine einzige Alternative festgelegt, sondern haben immer die (Qual der) Wahl. Dieser Entscheidungsspielraum bleibt auch nach noch so genauer Analyse bestehen und muss durch werthaltige Entscheidungen gefüllt werden. Daher sind die Gestaltungsoptionen in den einzelnen Politikfeldern, ebenso wie die verschiedenen Beschäftigungssysteme (oder andere personalpolitische Muster), Möglichkeiten und keine alternativenlosen Sachzwänge.

1. Optionen in den einzelnen Politikfeldern


Die Teilbereiche der Personalpolitik werden unterschiedlich abgegrenzt und benannt, die Kataloge weisen inhaltlich jedoch große Überschneidungen auf (Beer, et al. 1985; Eckardstein, von, /Schnellinger,  1978; Schuler, /Jackson,  1987). Auf dieser Basis werden im folgenden fünf personalpolitische Entscheidungsfelder unterschieden und (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) jeweils die zentralen Optionen genannt, die den Trägern der Personalpolitik zur Verfügung stehen.
In der Politik der Arbeitsbeziehungen geht es nicht nur um die Beziehung zum Betriebsrat, sondern in einem weiteren Sinn um die Frage, wie die Beziehung zwischen Organisation und Mitarbeitern grundsätzlich gestaltet werden soll: Wie viel Partizipationsmöglichkeiten sollen den Mitarbeitern eingeräumt werden? In welchen Bereichen? Wie stark soll diese Einbindung erfolgen? Worüber und wie sollen die Mitarbeiter informiert werden? Soll eher autoritär oder kooperativ geführt werden? Wie soll das Verhältnis zum Betriebsrat aussehen, antagonistisch, kooperativ oder ignorant (Kotthoff,  1981)? Soll Beschäftigungssicherheit versprochen werden, der gesamten Belegschaft, oder soll es ein Stamm- und ein Randsegment geben? Wie sieht das zugrundeliegende Menschenbild aus, wie viel Vertrauen wird als möglich, wie viel Kontrolle als notwendig angesehen (Eckardstein, von, /Greife,  1988, S. 26)? Wie wichtig ist Chancengleichheit (Riedl,  1998)?
Mit der Politik der Arbeitsorganisation werden grundlegende Merkmale von Arbeitsinhalt und -bedingungen festgelegt: Soll die Stellenbildung nach dem Objekt- oder dem Verrichtungsprinzip erfolgen? Wie spezialisiert sollen die Aufgaben an den einzelnen Arbeitsplätzen sein (enge vs. weite Aufgabenzuschnitte)? Wie groß ist der zugestandene Handlungsspielraum? Welche Art der Fertigungstechnologie soll eingesetzt werden? Wie wichtig werden angenehme Arbeitsbedingungen (Temperatur, Licht, Lärm, Geräumigkeit) betrachtet? Soll Arbeitszeit flexibilisiert werden, in welcher Form?
Mit der Personalbeschaffungspolitik werden die Grundlagen für die Art und Weise geschaffen, wie Personal rekrutiert, d.h. angeworben und ausgewählt wird: Welche Beschaffungskanäle sollen verwendet werden? Wie selektiv sollen Anforderungsprofile spezifiziert werden? Wie rigoros sollen die Auswahlverfahren (Assessment Center; Personalauswahl) sein? Wer ist in die Auswahlentscheidung eingebunden, wer trifft die endgültige Entscheidung? An welchen Einstiegspforten werden externe Bewerber bevorzugt aufgenommen (untere Ebene vs. Quereinsteiger)? Ist der Einstieg prinzipiell für alle möglich, oder gibt es Zugangsbeschränkungen (z.B. durch informelle Netzwerke)?
Die Personalentwicklungspolitik bezieht sich auf Weiterbildung und Karrieremöglichkeiten: sollen enge, spezielle Fähigkeiten oder breite (Meta)Qualifikationen vermittelt werden? Wer sind die Adressaten systematischer Qualifizierungsangebote (alle oder vornehmlich einzelne Gruppen wie z.B. Führungsnachwuchskräfte)? Wer stellt den Bildungs- und Entwicklungsbedarf fest (der Vorgesetze, der Mitarbeiter selbst, Personalfachleute)? Gibt es im Unternehmen vorgezeichnete Laufbahnen i.S.v. Positionsabfolgen, die zu durchlaufen sind? Wie durchlässig sind die Laufbahnen? Soll es ein oder mehrere, parallele Laufbahnsysteme geben? Sollen Laufbahnen in einem Unternehmensbereich bleiben oder über mehrere Bereiche hinwegführen? Sind systematisch Auslandseinsätze vorgesehen, welchem Zweck dienen sie (zur ethnozentrischen Kontrolle und Steuerung von Niederlassungen, zur Vorbereitung auf eine Top-Management Position, zur Schulung und zum Aufbau eines sozialen Netzwerkes oder als Abstellgleis für fachlich und/oder politisch unerwünschte Mitarbeiter, bei denen eine formelle Trennung nicht opportun erscheint; vgl. Mayrhofer,  1996, S. 342 ff.)?
Mit Kompensationspolitik werden alle Grundsatzentscheidungen bezeichnet, die sich auf den materiellen Ausgleich der Arbeitsleistung der Mitarbeiter beziehen, wie Entlohnung, Erfolgsbeteiligung und betriebliche Sozialleistungen, betriebliche und Sozialeinrichtungen: Soll im, über oder unter dem Branchendurchschnitt gezahlt werden? Gibt es variable Entgeltbestandteile, in welchem Ausmaß, für alle oder nur für bestimmte Mitarbeitergruppen (z.B. Verkauf oder Führungskräfte)? Soll es nur Einzel- oder auch Gruppenentlohnung geben? Gibt es ein System der Erfolgsbeteiligung? Werden Sozialleistungen gewährt, in welchem Ausmaß und für wen? Werden die Sozialleistungen fix vergeben, oder bestehen für die Mitarbeiter Wahlmöglichkeiten im Rahmen eines Cafeteria-Systems?
Die Entscheidungen in den einzelnen Teilpolitiken können sinnvollerweise nicht unabhängig voneinander getroffen werden. So macht es z.B. wenig Sinn, teamorientierte Arbeitsstrukturen einzuführen und gleichzeitig Individualleistung zu be- und entlohnen. Deshalb werden im nächsten Abschnitt Kombinationen einzelner Personalteilpolitiken angesprochen.

2. Beschäftigungssysteme


Beschäftigungssysteme sind Bündel von Personalpolitiken die aufeinander abgestimmt eine einheitliche Stoßrichtung aufweisen (Wächter,  2002). Exemplarisch wird im Folgenden die Typologie von Hendry (Hendry,  2000) dargestellt, die sieben Beschäftigungssysteme umfasst.
Diese Systeme sind Kombinationen von personalpolitischen Entscheidungen in den Bereichen Rekrutierung, Arbeitsorganisation, Laufbahnen, Beförderungsregeln, Weiterbildungsmöglichkeiten, Beschäftigungssicherheit, Vergütung und Partizipation. Die Zielsetzung jedes Beschäftigungssystems besteht darin, die erforderlichen Qualifikationen möglichst kostengünstig zu sichern, d.h. „ Menschen mit den erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnissen solange zu bekommen, wie sie die Organisation benötigt, und sicherzustellen, dass ihre Kenntnisse und Fähigkeiten effektiv und vollständig eingesetzt und wenn nötig weiterentwickelt werden “ (Hendry,  2000, S. 43). Je nach Höhe der Qualifikationen (hoch oder gering) und Art der Kontrolle zur Absicherung ihrer Verfügbarkeit (Markt, Organisation, persönlich) können fünf Grundtypen und zwei Hybride unterschieden werden (vgl. Abb. 2).
Personalpolitisches Instrumentarium
Abb. 2: Beschäftigungssysteme (Hendry,  2000, S. 44; modifiziert)
Das Laufbahn-System (career system) entspricht dem Konzept des internen Arbeitsmarktes. Die Einstiegspositionen befinden sich an der Basis und sind für Absolventen gedacht. Es gibt klar vorgezeichnete Karrierepfade, Beförderung und Vergütung erfolgen nach dem Senioritätsprinzip. Beschäftigungssicherheit und Verweildauer in der Organisation sind hoch, die Fluktuation gering. Dies fördert die Entwicklung firmenspezifischer Qualifikationen der Mitarbeiter und mindert mit zunehmender Zugehörigkeit deren Wettbewerbsfähigkeit am externen Arbeitsmarkt. Die große Vertrautheit mit der Organisations-/Unternehmenskultur senkt den Bedarf an direkter Führung. Schriftlich fixierte Verfahren sollen den einzelnen schützen und Fairness gewährleisten. Nachteile des Laufbahnsystems (Veralterung von Qualifikationen, mangelnde Leistungsorientierung, Trägheit) haben zur Ausbildung des Performance Management-Systems geführt. Es ist durch eine Verschiebung in Richtung Markt charakterisiert und soll die Flexibilität erhöhen: Beschäftigungssicherheit wird vermindert, leistungsorientierte Bezahlung eingeführt, Qualifizierung zur Bringschuld der Mitarbeiter erklärt, von denen erwartet wird, dass sie ihre Attraktivität am externen Arbeitsmarkt (employability) erhalten, Quereinsteiger vermindern Karrierechancen.
Das Fabrik/Büro-System (industrial/clerical system) ist tayloristisch: hochspezialisierte Aufgabenzuschnitte, viele Verfahrensvorschriften und enge Überwachung, maschinengesteuertes Arbeitstempo, geringes Qualifikationsniveau, mengenabhängige Entlohnung und geringe Beschäftigungssicherheit führen zu antagonistischen Arbeitsbeziehungen. Die demotivierenden Effekte sinnentleerter, repetitiver Arbeit und das hohe Maß an Fremdsteuerung behindern eine Anpassung der Organisation an veränderte Bedingungen. Dies hat zur Entwicklung des Commitment-Systems geführt. Um das Engagement der Beschäftigten zu erlangen, werden die Arbeitstätigkeiten angereichert, Qualitätszirkel eingeführt, verstärkt Qualifizierungsmaßnahmen ergriffen, die Einbindung der Mitarbeiter durch Partizipationsangebote und Erfolgsbeteiligungssysteme erhöht und Statusbarrieren zwischen Arbeitern und Angestellten abgebaut. Diese Maßnahmen bedeuten eine Verlagerung in Richtung höhere Qualifikationen im Vergleich zum Fabrik/Bürosystem.
Im Markt-System (market system) versorgt die Institution Arbeitsmarkt die Organisation mit genau jener Menge und Qualität an Qualifikationen, die sie nach der jeweiligen Auftragslage benötigt. Personalleerkosten sollen so vermieden werden. Dies setzt ein entsprechendes Angebot am Arbeitsmarkt voraus, wie bei geringen oder nicht (mehr) gebrauchten Qualifikationen. Waren es früher Dockarbeiter, die jeden Morgen um Beschäftigung konkurrierten, sind die gegenwärtigen Beispiele alle Formen sog. prekärer Beschäftigungsverhältnisse (Teilzeitbeschäftigung, Werkverträge, Scheinselbstständigkeit). Die Entwicklung von der Produktions- zur Dienstleistungswirtschaft fördert das Markt-System und lässt seine Grenzen zum Fabrik/Büro-System zunehmend verschwimmen.
Das Professions-System (occupational system) wird von einem hochregulierten, externen Arbeitsmarkt kontrolliert. Professionen wie Juristen, Wirtschaftstreuhänder, Mediziner etc. sind in Kammern und Verbänden organisiert, die Zugangsbarrieren, Curricula, Honorarsätze und Akkreditierungen nach oftmals langer Ausbildungsdauer kontrollieren. In dieser Zeit sollen die Anwärter nicht nur ausgebildet, sondern im Hinblick auf Standesregeln sozialisiert werden. Daher ist bei ihnen nicht selten eine höhere Loyalität gegenüber der eigenen Profession als gegenüber ihrem aktuellen Arbeitgeber zu beobachten.
Das Familien-System (family/political system) fällt aus der Kategorisierung Markt vs. Hierarchie heraus und stellt eine „ vormoderne “ Form der Beschäftigung dar. Der typische Fall ist das Kleinunternehmen, in dem der Eigentümer seine Kontrolle direkt und persönlich ausübt und seine Mitarbeiter in paternalistischer Weise als „ Teil der Familie “ betrachtet und behandelt. Die Beschäftigungsdauer ist eher langfristig. Die Rekrutierung erfolgt über das soziale Netzwerk, formale Regelungen sind wegen der Überschaubarkeit und direkten Kommunikation selten. Handlungsspielraum und Aufgabenverteilung sind formal nicht strikt abgegrenzt. Das Qualifikationsniveau ist tendenziell niedrig. Bei Unternehmenswachstum tendiert das Familien-System in Richtung Fabrik/Büro-System, bei anspruchsvollerer Unternehmenstätigkeit (z.B. high-tech start-ups) in Richtung Professions- oder Laufbahn-System.
Literatur:
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Becker, B./Huselid, M./Ulrich, D. : The HR scorecard: linking people, strategy, and performance, Boston 2001
Beer, M. : Human Resource Management. A General Manager\'s Perspective, New York 1985
Conrad, P. : Human Resource Management – eine „ lohnende “ Entwicklungsperspektive?, in: Zeitschrift für Personalforschung, Jg. 5, H. 4/1991, S. 411 – 445
Eckardstein, D. von/Greife, W. : Die Qualifikation der Arbeitnehmer in neuen Entlohnungsmodellen, Frankfurt a.M. 1988
Eckardstein, D. von/Schnellinger, F. : Betriebliche Personalpolitik, 3. A., München 1978
El?ik, W./Entzmann, S. : Personalcontrolling für Mittelbetriebe. Ein EDV-gestütztes Instrument zur Erstdiagnose im Personalbereich (Projektbericht), Wien 1999
Festing, M./Groening, Y./Weber, W. : Die theoretische Erklärung der Personalpolitik aus der Perspektive des Harvard-Ansatzes, in: Personalpolitik. Wissenschaftliche Erklärung der Personalpraxis, hrsg. v. Martin, A./Nienhüser, W., München, Mering 1998, S. 407 – 431
Fisher, R./Ury, W./Patton, B. : Das Harvard-Konzept. Sachgerecht verhandeln – erfolgreich verhandeln, 13. A., Frankfurt/Main, New York 1995
Glanz, E./Dailey, L. : Benchmarking, in: Human Resource Management, Jg. 31, H. 1/2/1992, S. 9 – 20
Hendry, C. : Employment Systems for Comparing HRM Practices, in: Revue de Gestion des Ressources Humaines, Jg. 37, Octobre/2000, S. 38 – 56
Hill, E. : Verhandlungstechniken als Führungsinstrument, in: Handwörterbuch der Führung, hrsg. v. Kieser, A./Reber, G./Wunderer, R., 2. A., Stuttgart 1995, Sp. 2139 – 2147
Jacobs, S./Thiess, M./Söhnholz, D. : Human-Ressourcen-Portfolio, in: Die Unternehmung, Jg. 41, H. 3/1987, S. 205 – 218
Kaplan, R./Norton, D. : The Balanced Scorecard: Translating Strategy into Action, Boston 1996
Kotthoff, H. : Betriebsräte und betriebliche Herrschaft. Eine Typologie von Partizipationsmustern im Industriebetrieb, Frankfurt a.M. 1981
Macharzina, K. : Personalpolitik, in: Handwörterbuch des Personalwesens, hrsg. v. Gaugler, E./Weber, W., 2. A., Stuttgart 1992, Sp. 1780 – 1797
Mayrhofer, W. : Mobilität und Steuerung in international tätigen Unternehmen, Stuttgart 1996
Odiorne, G. : Strategic Management of Human Resources, San Francisco 1984
Riedl, G. : Personalcontrolling und Programme zur Chancengleichheit. Eine integrative Perspektive, in: Im Aufbruch – Betriebliche Frauenförderung in Österreich, hrsg. v. Bendl, R./Papouschek, U./Pastner, U., Frankfurt 1998, S. 89 – 101
Schmeisser, W./Paul, D. : Benchmarking in der Personalwirtschaft, in: Personalinformationssysteme und Personalcontrolling, hrsg. v. Schmeisser, W./Clermont, A./Protz, A., Neuwied 1999, S. 255 – 274
Schuler, R./Jackson, S. : Linking Competitive Strategies with Human Resource Management Practices, in: The Academy of Management Executive, Jg. 1, H. 3/1987, S. 207 – 219
Wächter, H. : Vom Personalwesen zum Strategic Human Resource Management, in: Managementforschung 2, hrsg. v. Staehle, W./Conrad, P., Berlin et al. 1992, S. 313 – 340
Wächter, H. : Vielfältige Beschäftigungsmuster – einfältige Personalwirtschaftslehre?, in: Zeitschrift für Personalforschung, Jg. 16, 2002
Wunderer, R./Jaritz, A. : Unternehmerisches Personalcontrolling, Neuwied 1999

 

 


 

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