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Instandhaltung


Inhaltsübersicht
I. Betriebswirtschaftliche Einordnung der Instandhaltung
II. Instandhaltungsplanung
III. Instandhaltung in der internen Unternehmensrechnung
IV. Instandhaltung in der externen Unternehmensrechnung

I. Betriebswirtschaftliche Einordnung der Instandhaltung


Traditionell werden Fragen der Instandhaltung dem Bereich der Produktionswirtschaft zugeordnet, wo sie im Rahmen der Anlagenwirtschaft untersucht werden. In letzter Zeit wird die Instandhaltung jedoch zunehmend als eine prinzipiell alle betrieblichen Bereiche tangierende Querschnittsfunktion unter dem Stichwort Total Productive Maintenance (TPM) diskutiert. Spezielle Probleme der Instandhaltung von Versorgungseinrichtungen sind Gegenstand des Facility Managements, dem aktuell in der Immobilienwirtschaft großes Interesse entgegengebracht wird.
Die Abgrenzung des Instandhaltungsbegriffes erfolgt in der Literatur nicht einheitlich. Von besonderer Bedeutung ist jedoch die Definition nach DIN 31051, da diese auch dem Instandhaltungsbegriff des § 249 HGB zugrunde liegt (vgl. Mayer-Wegelin, E.  1995, § 249, Rz. 75). Die dort angesprochenen Maßnahmen werden als Wartung (Maßnahmen zur Bewahrung des Sollzustandes incl. Erstellung von Wartungsplänen), Instandsetzung (Maßnahmen zur Wiederherstellung des Sollzustandes) sowie Inspektion (Maßnahmen zur Beurteilung des Istzustandes incl. Erstellung von Inspektionsplänen) bezeichnet. Instandsetzung setzt damit das Vorhandensein einer Störung der Funktionserfüllung voraus, während Inspektion und Wartung störungsunabhängig durchgeführt und daher auch als vorbeugende Instandhaltung bezeichnet werden. Der vorbeugende Austausch von Teilen wird häufig „ vorbeugende Instandsetzung “ genannt, obwohl es sich terminologisch eigentlich um eine „ Wartung “ handelt. Andererseits werden die Bezeichnungen „ Wartung “ und „ Inspektion “ häufig synonym verwendet.
Gliedert man die Ausfälle nach dem Lebenszyklus, so können typischerweise drei Bereiche unterschieden werden: Frühausfälle mit einer im Zeitablauf abnehmenden Ausfallrate, Zufallsausfälle mit einer zeitunabhängigen Ausfallrate sowie Altersausfälle mit einer im Zeitablauf zunehmenden Ausfallrate ( „ Badewannenkurve “ ).

II. Instandhaltungsplanung


Die industrielle Instandhaltungsplanung ist Gegenstand der strategisch-taktischen Produktions-Faktorplanung, wenngleich diese Zuordnung nicht zwingend ist (vgl. Hoitsch, H.-J.  1993, S. 101). Sie weist enge Beziehungen insbesondere zur Layoutplanung und zur Kapazitätsplanung, aber auch zur Programmplanung auf.
Hier ist zunächst zwischen Eigen- und Fremdinstandhaltung zu entscheiden. Bei dieser Entscheidung ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Heranziehung von vollen Instandhaltungskosten als auch die von proportionalen Instandhaltungskosten zu Fehlentscheidungen führen kann. Es muss vielmehr berücksichtigt werden, welche Kosten durch Instandhaltungsprozesse entstehen und in welchem Zeitraum fixe Bestandteile der Instandhaltungs-Prozesskosten abgebaut werden können.
Bei Eigeninstandhaltung ist insbesondere zwischen einer Strategie der vorbeugenden Instandhaltung und der (reaktiven) Instandsetzung zu entscheiden. Für die vorbeugende Instandhaltung sind optimale Instandhaltungszeitpunkte bzw. Instandhaltungsintervalle zu bestimmen. Die hierfür eingesetzten Verfahren können zur Festlegung von Instandhaltungsmaßnahmen aufgrund objektspezifischer Zeitintervalle (TBM, Time-Based Maintenance) oder auf Basis von Verschleißinformationen (CBM, Condition-Based Maintenance) führen. Für Spezialfälle wurde darüber hinaus eine Vielzahl von OR-Modellen entwickelt (für einen Überblick siehe z.B. die Sonderausgabe des European Journal of Operational Research 99, 1997).
Die Bereitstellung geeigneter Methoden der Instandhaltungsplanung sowie die Informationsversorgung dieser Methoden können als Aufgabe eines Instandhaltungscontrollings angesehen werden (zum Instandhaltungscontrolling siehe z.B. Männel, W.  1999).

III. Instandhaltung in der internen Unternehmensrechnung


Aufgabe der internen Unternehmensrechnung ist es, im Rahmen einer dem Informationsbedarf der Instandhaltungsplanung entsprechenden Informationsversorgung, die jeweils entscheidungsrelevanten Informationen zur Verfügung zu stellen. Als technische Informationen sind Ausfall- und Reparaturzeitverteilungen von besonderer Bedeutung.

1. Instandhaltungsinvestitionen


Instandhaltungsmaßnahmen dienen der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft und sind daher grundsätzlich als Investitionen zu betrachten. Die Instandhaltungsplanung müsste aus diesem Grund simultan mit der Investitionsplanung für maschinelle Anlagen erfolgen. Zumeist werden allerdings im Rahmen der Investitionsplanung für maschinelle Anlagen lediglich vorläufige Instandhaltungspläne berücksichtigt. Nach der Investitionsentscheidung erfolgt dann die Instandhaltungsplanung unter der Prämisse konstanter Kapazitäten mithilfe von Kostenüberlegungen.

2. Instandhaltungskosten


Instandhaltungskosten zählen zu den Betriebsmittelkosten. Sie stellen Gemeinkosten dar und sind von daher in den jeweiligen Kostenstellen zu planen und zu kontrollieren. Je nach Ausgestaltung der Kostenrechnung kann eine Zurechnung von Instandhaltungskosten auf Kostenträgereinheiten nach dem Verursachungsprinzip (beschäftigungsvariable Kostenbestandteile, Grenzplankostenrechnung), dem Beanspruchungsprinzip (leistungsmengeninduzierte Kostenbestandteile, Prozesskostenrechnung) oder dem Durchschnittsprinzip (volle Kosten) erfolgen (zu den Zurechnungsprinzipien vgl. Hoitsch, H.-J./Lingnau, V.  1999, S. 44 ff.). Bei der Interpretation von leistungsmengeninduzierten Instandhaltungskosten ist zu berücksichtigen, dass diese auch beschäftigungsfixe Nutzkosten enthalten, die bei einem Rückgang der Beschäftigung zu (beschäftigungsfixen) Leerkosten werden, sodass sich in dieser Hinsicht zwar die Zusammensetzung der Periodenkosten, nicht jedoch ihre absolute Höhe ändert.
Instandhaltungskosten setzen sich aus den primären Kostenarten Reparaturmaterial und Ersatzteile sowie Fremdinstandhaltungskosten und aus der sekundären Kostenart innerbetriebliche Instandhaltungskosten zusammen.

a) Planung von Instandhaltungskosten


Die Planung der Instandhaltungskosten setzt fundierte technische Kenntnisse und Erfahrungen voraus. Diese Kosten hängen von den technologischen Eigenschaften, dem Alter der Betriebsmittel, den Prozessbedingungen (z.B. Intensität), der Wartung und Pflege sowie von der Behandlung der Betriebsmittel durch die Arbeitskräfte ab.
Bei der Planung der Instandhaltungskosten muss auf technische Unterlagen der Instandhaltungsplanung zurückgegriffen werden. Häufig werden dort so genannte Plan-Relativziffern ermittelt, die den Instandhaltungszeit- und -materialbedarf pro Maschinenstunde (variable Kosten) und zusätzlich pro Periode (fixe Kosten) wiedergeben. Mit deren Hilfe lassen sich sowohl primäre Kosten für Fremd-Instandhaltung als auch sekundäre Kosten für Eigen-Instandhaltung ermitteln. Der planmäßige Reparaturmaterialbedarf wird mit entsprechenden Planpreisen aus der Planpreisliste bewertet und ergibt die Reparaturmaterialkosten (Ersatzteilkosten), die meist als eigene (Betriebsstoff-)Kostenart geplant werden (vgl. Hoitsch, H.-J./Lingnau, V.  1999, S. 144).
Bei der Kostenauflösung in variable und fixe Instandhaltungskosten werden die auf Zeitverschleiß zurückzuführenden Kosten den fixen Kosten zugeordnet, während die durch Gebrauchsverschleiß entstehenden Instandhaltungskosten den proportionalen Kosten zugeordnet werden. Treten Zeit- und Gebrauchsverschleiß gemeinsam auf, was in den meisten Fällen zu beobachten ist, so müssen die anteiligen Wirkungen geschätzt werden. Als Näherungsverfahren bietet es sich hier an, zunächst die gesamten Instandhaltungskosten bei Planbeschäftigung zu planen und anschließend die (hypothetischen) Instandhaltungskosten bei reinem Zeitverschleiß zu schätzen. Hierbei muss auch berücksichtigt werden, dass bei reinem Zeitverschleiß die Verfügbarkeitsdauer des Betriebsmittels typischerweise länger ist als die Nutzungsdauer bei Planbeschäftigung. Diese (hypothetischen) Kosten bei reinem Zeitverschleiß können dann den Fixkosten zugeordnet werden; die Differenz zu den gesamten Instandhaltungskosten wird den proportionalen Kosten zugeordnet. Bei der Interpretation der beschäftigungsproportionalen Instandhaltungskosten ist zu berücksichtigen, dass diese nicht auf einen gleichmäßigen Faktorverbrauch zurückzuführen sind, sondern stochastischen Einflussgrößen unterliegen, sodass sich die auf Gebrauchsverschleiß beruhenden Instandhaltungskosten zwar nicht kurzfristig, wohl aber über einen längeren Zeitraum betrachtet proportional zu den Bezugsgrößen der jeweiligen Kostenstellen verhalten (vgl. Kilger, W.  1993, S. 420).
Um eine planmäßige Kostenauflösung auch der sekundären Instandhaltungskosten durchführen zu können, muss die innerbetriebliche Leistungsverrechnung auf Grenzkostenbasis erfolgen, d.h. die Bewertung der innerbetrieblichen Leistungsströme erfolgt mit dem proportionalen Verrechnungssatz der liefernden Kostenstelle.

b) Erfassung von Ist-Instandhaltungskosten


In der Kostenkontrolle werden grundsätzlich die vollen Istkosten mit den vollen Sollkosten verglichen. Deshalb ist eine Auflösung der Ist-Instandhaltungskosten in beschäftigungsfixe und -variable Anteile nicht erforderlich. Erfolgen periodenübergreifende Instandhaltungsmaßnahmen, so müssen die Ist-Instandhaltungskosten in einer Sonderrechnung zeitlich abgegrenzt werden.
Die Ist-Instandhaltungskosten für kleinere Maßnahmen werden zumeist direkt den verursachenden Kostenstellen zugerechnet. Für größere Instandhaltungsmaßnahmen werden sämtliche Instandhaltungskosten im Rahmen einer Werksauftragsabrechnung erfasst. In einem Werksauftrag (WA) mit eigener WA-Nummer werden alle angefallenen Istkosten für Reparaturmaterial, Fremd-Instandhaltung und innerbetriebliche Leistungen der eigenen Hilfsbetriebe gesammelt. Nach Abschluss eines Werksauftrages werden dessen Kosten entweder unmittelbar oder mit zeitlich abgegrenzten Beträgen den empfangenden Kostenstellen als Ist-Instandhaltungskosten zugerechnet, sofern es sich nicht um aktivierungspflichtige innerbetriebliche Leistungen (z.B. Großreparaturen) handelt. Die Istherstellkosten aktivierungspflichtiger innerbetrieblicher Leistungen werden nach handels- bzw. steuerrechtlich notwendigen Korrekturen als Herstellungskosten in die Anlagenbuchhaltung bzw. Bilanz übernommen.

c) Ermittlung und Analyse von Kostenabweichungen


Die Kontrolle der Instandhaltungskosten erfolgt kostenstellenweise auf Basis von Planpreisen, d.h. eine ggf. existierende Preisabweichung wird abgespalten (zur Problematik dieser Vorgehensweise vgl. Glaser, H.  1999). Man erhält so „ Referenz-Istkosten “ .
Zur Ermittlung und Analyse von Kostenabweichungen werden die vollen Sollkosten von den vollen Referenz-Istkosten subtrahiert, um so die Restabweichung der Instandhaltungskosten für jede Kostenstelle zu erhalten. Neben der echten Verbrauchsabweichung, die auf die Kosteneinflussgröße „ innerbetriebliche Unwirtschaftlichkeit “ zurückzuführen ist, enthält die Restabweichung auch Spezialabweichungen aufgrund außerplanmäßiger Prozessbedingungen, wenn nicht alle schwankenden Prozessbedingungen mithilfe von direkten Bezugsgrößen gemessen wurden (vgl. Hoitsch, H.-J./Lingnau, V.  1999, S. 242 ff.).

IV. Instandhaltung in der externen Unternehmensrechnung


1. Durchgeführte Instandhaltungsmaßnahmen


Bei während des Geschäftsjahres durchgeführten Instandhaltungsmaßnahmen muss überprüft werden, ob durch diese eine bloße Vermögenserhaltung (Erhaltungsaufwand) oder aber eine Vermögensmehrung (Herstellungsaufwand) stattgefunden hat (vgl. R 157 EStR). Wartung – auch wenn diese durch den Austausch von Teilen zu einer Modernisierung führt – und Inspektion führen daher grundsätzlich zu Erhaltungsaufwand.
Führen Arbeiten dagegen zu einer nicht nur geringfügigen Verlängerung der Nutzungsdauer, zu einer wesentlichen Verbesserung oder zu einer (auch nur geringfügigen) Erweiterung des Vermögensgegenstandes, müssen die hierfür angefallenen Kosten aktiviert und über die (restliche) Nutzungsdauer abgeschrieben werden (nachträgliche Herstellungskosten gem. § 255 II Satz 1 HGB). In Abweichung von DIN 31051 wird steuerrechtlich hier von „ Instandsetzung “ gesprochen.
Stehen Baumaßnahmen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb eines Gebäudes, so ist steuerrechtlich zu prüfen, ob es sich um zu aktivierenden „ anschaffungsnahen Herstellungsaufwand “ handelt.
Nach IFRS/IAS und US-GAAP ist ausschlaggebend, ob durch die den Ausgaben zugrunde liegenden Maßnahmen eine Erhöhung des Nutzungspotenzials wahrscheinlich ist. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich um Aufwand der Periode, anderenfalls muss eine Aktivierung erfolgen. Die Behandlung der Ausgaben (Aktivierung oder Aufwand) nach US-GAAP ist jedoch nicht immer eindeutig (vgl. Coenenberg, A.G.  2000, S. 106 f.).
Instandhaltung
Abb. 1: Instandhaltung in der externen Unternehmensrechnung (GJ = Geschäftsjahr)

2. Zukünftige Instandhaltungsmaßnahmen


Für Instandhaltungsmaßnahmen, die in zukünftigen Geschäftsjahren durchgeführt werden sollen, kommt nach deutschem Recht die Bildung einer „ Rückstellung ohne Verpflichtung gegenüber Dritten “ (Aufwandsrückstellung) in Betracht, um eine periodengerechte Abgrenzung des Instandhaltungsaufwandes (dynamische Bilanztheorie) zu erreichen. Da es hier an einer Verpflichtung gegenüber Dritten fehlt, dürfen Aufwandsrückstellungen weder nach IFRS/IAS noch nach US-GAAP gebildet werden. Nach § 249 HGB können die folgenden drei Fälle unterschieden werden.

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Wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr fällige Instandhaltungsmaßnahmen unterlassen und sollen diese innerhalb der ersten drei Monate des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden, besteht eine handelsrechtliche Passivierungspflicht (§ 249 I Satz 2 Ziff. 1 HGB). Voraussetzung ist, dass objektive Merkmale für eine Unterlassung von Aufwendungen ( z.B. Instandhaltungspläne) vorliegen (vgl. Mayer-Wegelin, E.  1995, § 249, Rz. 76). Weiterhin muss die Unterlassung im abgelaufenen Geschäftsjahr erfolgt sein, und die Instandhaltungsmaßnahmen müssen innerhalb der ersten drei Monate des folgenden Geschäftsjahres weitgehend abgeschlossen sein. Die handelsrechtliche Passivierungspflicht gilt aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips auch für die Steuerbilanz.

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Ist die Nachholung von Instandhaltungsmaßnahmen im folgenden Geschäftsjahr erst für das zweite, dritte oder vierte Quartal geplant, so besteht ein handelsrechtliches Passivierungswahlrecht (§ 249 I Satz 3 HGB). Da eine Spezifizierung des Unterlassungszeitraums hier nicht erfolgt, ist unstrittig, dass auch für weiter zurückliegende unterlassene Aufwendungen, sofern die unter a) beschriebenen objektiven Merkmale vorliegen, eine Rückstellung gebildet werden kann. Die Maßnahmen müssen innerhalb von vier bis zwölf Monaten weitgehend abgeschlossen werden. Aufgrund des handelsrechtlichen Wahlrechts gilt hier ein steuerliches Passivierungsverbot.

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§ 249 II HGB lässt Rückstellungen auch für „ ihrer Eigenart nach genau umschriebene “ Aufwendungen zu. Zu diesen zählen u.a. Instandhaltungsmaßnahmen, die zwar erst für zukünftige Geschäftsjahre geplant sind, aber dem abgelaufenen oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnen sind (Vergangenheitsbezug). Die Zuordnung hat dabei nach Kriterien zu erfolgen, die dem Zweck der Norm, aperiodisch anfallenden zukünftigen Aufwand zu egalisieren, entsprechen (vgl. ADS, H.  1998, § 249, Rz. 205 ff.). Unzweifelhaft ist dies der Fall, wenn die entsprechenden Ausgaben wirtschaftlich gesehen den Erträgen des abgelaufenen Geschäftsjahres zuzurechnen sind. Aber auch eine gleichmäßige Verteilung über die Nutzungsdauer oder eine zeitanteilige Verteilung werden überwiegend als zulässig erachtet. Weiterhin müssen die Aufwendungen „ wahrscheinlich oder sicher “ sein, was dann gegeben ist, „ wenn sich ihnen der Kaufmann bei Fortführung seines Geschäftsbetriebes ... nicht entziehen kann. “ (ADS, H.  1998, § 249, Rz. 213 ff.). Da auch hier lediglich ein handelsrechtliches Passivierungswahlrecht besteht, gilt wiederum ein steuerliches Passivierungsverbot.


Folgende Fälle sind in § 249 HGB nicht explizit geregelt und daher Gegenstand einer z.T. kontrovers geführten Diskussion.

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Strittig ist, ob die Passivierungspflicht nur für Instandhaltungsmaßnahmen gilt, die erstmalig im Geschäftsjahr unterlassen wurden, oder auch für solche, die (erstmalig) in weiter zurückliegenden Geschäftsjahren unterlassen wurden. Sowohl der Wortlaut als auch die Tatsache, dass die Einschränkung „ im Geschäftsjahr “ in § 249 I Satz 3 nicht vorkommt, sprechen dafür, dass bereits früher unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen nicht zu einer Passivierungspflicht führen (vgl. Mayer-Wegelin, E.  1995, § 249, Rz. 78). In diesem Fall käme dann nur ein Passivierungswahlrecht gem. § 249 II HGB in Frage. Geht man darüber hinaus davon aus, dass § 249 I die Bildung von unterlassenen Rückstellungen abschließend regelt, so kommt auch ein Wahlrecht nach § 249 II nicht in Betracht, vielmehr würde dann das Rückstellungsverbot gem. § 249 III HGB greifen. Auf der anderen Seite kann argumentiert werden, dass eine in t1 unterlassene Instandhaltungsmaßnahme, die erst in t3 nachgeholt wird, auch in t2 unterlassen wurde (fortdauernde Unterlassung, vgl. ADS, H.  1998, § 249, Rz. 177), sodass auch dieser Fall den Bestimmungen des § 249 I Satz 2 Ziff. 1 HGB entspricht, da hier nicht explizit die erstmalige Unterlassung im Geschäftsjahr gefordert wird.

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Unter der Annahme, dass die Bildung von Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen in § 249 I abschließend geregelt ist, würde ein Rückstellungsverbot gem. § 249 III für unterlassene Aufwendungen bestehen, die später als innerhalb von zwölf Monaten nachgeholt werden. Folgt man dagegen der Überlegung, dass eine unterschiedliche Behandlung von Instandhaltungsmaßnahmen, die für ein späteres Geschäftsjahr geplant sind, und von solchen, die auf ein späteres Geschäftsjahr verschoben sind, sachlich nicht gerechtfertigt ist, besteht ein Passivierungswahlrecht gem. § 249 II (vgl. Mayer-Wegelin, E.  1995, § 249, Rz. 251).

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Liegen konkrete Verträge vor, in denen Preise und Termine für Instandhaltungsmaßnahmen festgeschrieben sind, könnte nach dem Wortlaut des § 249 II HGB keine Rückstellung gebildet werden. Die bei den Verbindlichkeitsrückstellungen notwendige Präzisierung als „ ungewisse Verbindlichkeit “ wurde hier offenbar einfach übernommen, ohne dass es dafür eine sachliche Notwendigkeit gibt. Legt man das mit der Zulassung von Aufwandsrückstellungen verfolgte Ziel einer Aufwandsegalisierung zugrunde, so ist die bestehende Regelungslücke dahingehend auszulegen, dass Rückstellungen auch für geplante Instandhaltungsmaßnahmen zulässig sind, wenn Höhe und Zeitpunkt des Eintritts feststehen (vgl. ADS, H.  1998, § 249, Rz. 216).


Zusammenfassend sind die Formulierungen in § 249 HGB als unsystematisch zu bezeichnen (siehe auch Abb. 1). Insbesondere das Verhältnis von § 249 I Satz 3 und § 249 II ist unklar, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass die Anpassung bzw. Streichung von § 249 I Satz 3 vergessen wurde, nachdem das ursprünglich nur für Großreparaturen vorgesehene Wahlrecht in § 249 II auch auf Instandhaltungsmaßnahmen ausgedehnt wurde (vgl. Siegel, T.  1987, S. 311).
Rückstellungen sind gem. § 253 I Satz 2 HGB mit dem Betrag anzusetzen, der „ nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. “ Während der Ansatz eines dermaßen ermittelten Wertes bei Rückstellungen nach § 249 I Satz 2 zwingend ist, stellt er in den Fällen eines Passivierungswahlrechts lediglich die Bewertungsobergrenze dar (vgl. Kessler, H.  1995, § 249, Rz. 261). Unter Beachtung des Prinzips der Willkürfreiheit können derartige Instandhaltungsrückstellungen daher mit jedem beliebigen Wert zwischen Null und der Obergrenze bewertet werden.
Literatur:
ADS, : Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar. Teilbd. 6, Stuttgart, 6. A., 1998
Coenenberg, Adolf G. : Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, Landsberg am Lech, 17. A., 2000
Glaser, Horst : Zur Relativität von Kostenabweichungen, in: BFuP, Jg. 51, 1999, S. 21 – 32
Hoitsch, Hans-Jörg : Produktionswirtschaft, München, 2. A., 1993
Hoitsch, Hans-Jörg/Lingnau, Volker : Kosten- und Erlösrechnung – Eine controllingorientierte Einführung, Berlin et al., 3. A., 1999
Kessler, Harald : Teilkommentierung zu § 249, in: Handbuch der Rechnungslegung: Kommentar zur Bilanzierung und Prüfung. Bd. 1a, hrsg. v. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter, Stuttgart, 4. A., 1995
Kilger, Wolfgang : Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, Wiesbaden, 10. A., 1993
Männel, Wolfgang : Instandhaltungscontrolling – KRP Sonderheft 1/99, Wiesbaden 1999
Männel, Wolfgang : Operational Research Models in Maintenance – European Journal of Operational Research, Jg. 99, H. 3/1997
Mayer-Wegelin, Eberhard : Teilkommentar zu § 249, in: Handbuch der Rechnungslegung: Kommentar zur Bilanzierung und Prüfung. Bd. 1a, hrsg. v. Küting, Karlheinz/Weber, Claus-Peter, Stuttgart, 4. A., 1995
Siegel, Theodor : Rückstellungen für ihrer Eigenart nach genau umschriebene Aufwendungen, in: BFuP, Jg. 39, H. 4/1987, S. 301 – 321

 

 


 

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