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Pensionsrückstellungen (Finanzwirtschaftliche Bedeutung)


Inhaltsübersicht
I. Grundlagen
II. Pensionsrückstellungen als Selbstversicherung
III. Pensionsrückstellungen im Bilanzrecht
IV. Finanzwirtschaftliche Wirkungen
V. Perspektiven

I. Grundlagen


1. Begriff


Pensionsrückstellungen sind das bilanztechnische Instrument zur Berücksichtigung von betrieblichen Pensionsverpflichtungen gegenüber versorgungsberechtigten Personen. Pensionsverpflichtungen entstehen, wenn Unternehmen ihren Arbeitnehmern oder anderen Personen die Zusage geben, ihnen bei Beendigung der Erwerbstätigkeit einmalige (Kapitalzusage) oder wiederkehrende Geld- oder Sachleistungen (Rentenzusage) zu gewähren. Die Pensionszusage kann sich auf die Versorgung des Begünstigten im Alter beschränken, schließt aber meist die Versorgung bei Invalidität und der Hinterbliebenen mit ein. Neben Festbetragszusagen sind vor allem für Führungskräfte dynamische, insbesondere (end)gehaltsabhängige Zusagen verbreitet.

2. Entstehungsursachen


Pensionsrückstellungen treten im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung auf. Hierbei stehen den Unternehmen verschiedene Durchführungswege offen:

-

Die unmittelbare Pensionszusage (Direktzusage) verpflichtet das Unternehmen unmittelbar, die späteren Versorgungsleistungen selbst zu erbringen.

-

Bei Einschaltung einer Unterstützungskasse entsteht die Leistungsverpflichtung bei der Unterstützungskasse, allerdings bleibt das Trägerunternehmen regelmäßig zur ausreichenden Dotierung verpflichtet.

-

Die Einschaltung einer externen Versicherungseinrichtung (Pensionsfonds, Pensionskasse, Lebensversicherung, gesetzliche Rentenversicherung) entbindet das Trägerunternehmen von der späteren Leistungspflicht; es obliegt ihm jedoch, laufend die versicherungstechnisch erforderlichen Prämien zuzuführen.


Pensionsrückstellungen entstehen vor allem bei Direktzusagen, können aber auch im Rahmen von mittelbaren Verpflichtungen bei Unterstützungskassen auftreten, wenn eine Unterdotierung besteht oder Regress beim Trägerunternehmen genommen wird. Nicht hinreichende Dotierungen von Versicherungsversorgungsträgern sind als Beitragsrückstände unter den Verbindlichkeiten auszuweisen.

3. Wirtschaftliche Bedeutung


Die große wirtschaftliche Bedeutung der betrieblichen Altersversorgung und insb. der Direktzusage ergibt sich aus dem hohen Verbreitungsgrad und der Höhe des angesammelten Deckungskapitals: Lt. Geschäftsbericht des Pensions-Sicherungs-Vereins 2004 waren Ende 2004 für ca. 8,5 Mio. Mitarbeiter ca. 243 Mrd. € – davon ca. 215 Mrd. € für Pensionsrückstellungen – angesammelt. Diese Größenordnungen verdeutlichen die große Bedeutung der betrieblichen Altersversorgung als Finanzierungsquelle für die Unternehmen und als wichtige zweite Säule der Altersversorgung für die Arbeitnehmer neben der gesetzlichen Alterssicherung und der privaten Eigenvorsorge.

II. Pensionsrückstellungen als Selbstversicherung


1. Schuldcharakter


Einem Unternehmen steht es grundsätzlich frei, eine Pensionszusage zu gewähren oder nicht (freiwillige Sozialleistung), wobei entsprechend internationaler Usancen (vgl. FAS 87 und IFRS 19) grundsätzlich leistungsorientierte ( „ defined benefit pension plan “ ) und beitragsorientierte Zusagen ( „ defined contribution pension plan “ ) unterschieden werden. Die Erteilung der Zusage begründet für das Unternehmen eine „ echte “ Schuld. Die besonderen Merkmale dieser Schuld (freiwillige Begründung, interne Bildung, lange Laufzeit, Abhängigkeit von biometrischen Wahrscheinlichkeiten der Pensionsberechtigten) machen Pensionsrückstellungen indes keineswegs „ eigenkapitalähnlich “ , vielmehr handelt es sich eindeutig um der Höhe nach ungewisse Schulden gegenüber Dritten, die bilanztechnisch als Rückstellungen auszuweisen sind.

2. Finanzierungsverfahren


Für die künftigen Pensionszahlungen kann ein Unternehmen in unterschiedlicher Weise Vorsorge treffen. Man unterscheidet Kapitaldeckungsverfahren, Anwartschaftsdeckungsverfahren und deckungsloses Zahlungsverfahren.
(a) Das Kapitaldeckungsverfahren stellt das für die künftigen Zahlungen benötigte Kapital bereits im Zusagezeitpunkt in vollem Umfang oder – bei Berücksichtigung von Zinsen – in Höhe des Barwerts bereit.
(b) Bei einem Anwartschaftsdeckungsverfahren werden die für die künftigen Zahlungen erforderlichen Finanzmittel während der Anwartschaftsphase angesammelt. Ist Gleichverteilung erwünscht, muss jede Periode einen gleich hohen Jahresbeitrag (Ansparprämie) zur Finanzierung des insgesamt erforderlichen Betrags aufbringen. Bei der Berechnung der Gleichverteilung sind die biometrischen Wahrscheinlichkeiten und ggf. anzusetzende Zinsen zu berücksichtigen.
Als technische Varianten der Anwartschaftsdeckung lassen sich das Gegenwartswertverfahren und das Teilwertverfahren unterscheiden:

-

Beim Gegenwartswertverfahren wird der erforderliche Kapitalstock unter Berücksichtigung von Zins und Zinseszins gleichmäßig in der Zeit von der Erteilung der Zusage bis zum Eintritt des Versorgungsfalls angesammelt. Erhöhungen von Zusagen führen konsequenterweise erst ab den jeweiligen Erhöhungszeitpunkten zu erhöhten jährlichen Ansparprämien.

-

Beim Teilwertverfahren ist die erforderliche Kapitalansammlung unabhängig vom Zeitpunkt der Zusage stets auf den Zeitraum ab Diensteintritt bis zum Eintritt des Versorgungsfalls zu verteilen. Rein technisch ist der Teilwert als Differenz zwischen dem Barwert der künftigen Versorgungsleistungen (Anwartschaftsbarwert) und dem Barwert der noch zu erbringenden, betragsmäßig gleichbleibenden Jahresbeträge (Barwert der fiktiven Jahresprämien) definiert (§ 6a Abs. 3 EStG). Die Erhöhung einer Zusage führt beim Teilwertverfahren wegen der Fiktion, dass der erhöhte Betrag gleichmäßig während des gesamten Zeitraums zwischen Diensteintritt und Eintritt des Versorgungsfalls aufgebracht wird, im Zusagezeitpunkt notwendigerweise zu einer Nachholung.


Gegenwartswertmethode und Teilwertmethode stimmen überein, wenn die Versorgungszusage bereits bei Diensteintritt gewährt wird und während der Anwartschaftszeit keine Zusageerhöhungen erfolgen. Liegt der Zusagezeitpunkt nach dem Diensteintritt oder werden später Erhöhungen der Zusage gewährt, so führt das Teilwertverfahren c.p. stets zu einem frühzeitigeren Ansparen des Deckungsstocks.
(c) Das deckungslose Zahlungsverfahren – auch als Umlageverfahren bezeichnet – verzichtet während der Anwartschaftszeit auf jegliche finanzielle Vorsorge, die Versorgungsleistungen sind ausschließlich aus dem laufenden Ertrag während der Leistungsphase zu erbringen.
Die Frage nach dem zweckadäquaten Ansparverfahren ist nur schwer zu beantworten. Sieht man, wie dies bei Entstehung der betrieblichen Altersversorgung der Fall war, den (freiwilligen) Fürsorgecharakter der Versorgungszusage im Vordergrund, so erscheint ein Kapitaldeckungsverfahren angemessen. Dominiert hingegen der Entgeltcharakter, wie dies vor allem im Interesse einer gleichmäßigen Aufwandsverteilung die Einschätzung der RFH-Rechtsprechung war, so legt dies die Gegenwartswertmethode nahe. Das derzeit anzuwendende Teilwertverfahren ist lediglich unter dem Aspekt einer frühzeitigeren Mittelansammlung begründbar. Das deckungslose Zahlungsverfahren, das bei der gesetzlichen Rentenversicherung Anwendung findet und bei dem der Verzicht auf jegliche finanzielle Vorsorge bisweilen mit dem Gedanken der Solidargemeinschaft und der (vorgeblichen) Existenz eines Generationenvertrags verbrämt wird, ist abzulehnen.

III. Pensionsrückstellungen im Bilanzrecht


1. Handelsbilanz

a) Passivierung


Trotz der Freiwilligkeit ihrer Zusage begründen Pensionsverpflichtungen eine „ echte “ betriebliche Schuld, für die nach allgemeinen Bilanzmaßstäben stets Bilanzierungspflicht besteht. Abweichend hiervon hat die Bilanzierungspraxis lange Zeit und bestätigt durch höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, v. 27.02.1961, BGHZ 34, S. 324) ein Passivierungswahlrecht angenommen. Unter erheblichen Bedenken wurde auch im Rahmen der Neufassung des AktG 1965 am Passivierungswahlrecht festgehalten. Dabei blieb es auch angesichts der zunehmenden Verdichtung der Ansprüche (z.B. Unverfallbarkeit, Auszehrungsverbot, Insolvenzsicherung) durch die BAG-Rechtsprechung zu Beginn der siebziger Jahre und durch das Betriebsrentengesetz 1974: Von der sachlich gebotenen Passivierungspflicht wurde abgesehen, um die wünschenswerte Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung nicht zu gefährden!
Noch im RegE 1983 zum BiRiLiG (BT-Drs. 10/317 v. 26.08.1983) war für Pensionsrückstellungen ein Passivierungswahlrecht vorgesehen. Erst die Diskussion um den Aufsehen erregenden AEG-Vergleichsfall im Jahr 1982 führte zu einem Sinneswandel und – verbunden mit einer großzügigen Übergangsregelung für bestehende Zusagen – zur gesetzlichen Verankerung der Passivierungspflicht. Nach geltendem Recht besteht für nach dem 31.12.1986 neu entstehende Pensionsansprüche (sog. Neuzusagen) eine Passivierungspflicht, während für vor dem 01.01.1987 erworbene Pensionsansprüche und deren spätere Erhöhungen (Altzusagen) das Passivierungswahlrecht beibehalten wurde (Art. 28 EGHGB).
Bei Wegfall der Pensionsverpflichtung sind die Pensionsrückstellungen aufzulösen; eine Auflösung von Pensionsrückstellungen bei fortbestehender Pensionszusage ist für Alt-und Neuzusagen unzulässig. Im Falle von Rentenzusagen hat die Auflösung nach versicherungsmathematischen Methoden zu erfolgen, die früher mögliche buchhalterische Auflösungsmethode ist unzulässig.

b) Bewertung


Rückstellungen sind nur in Höhe des Betrags anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist (§ 253 I HGB). Dabei muss in Deutschland auch bei dynamisierten Zusagen ein kurzsichtiges, allzu enges Stichtagsprinzip beachtet werden. Die allgemeine Bewertungsregel wird für Pensionsrückstellungen insoweit konkretisiert, als bei der Wertbemessung die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik zu berücksichtigen sind. Dies belässt – mit unmittelbarem Einfluss auf die Höhe der Rückstellungen – gewisse Freiheiten bei der Wahl des Ansparverfahrens, der Sterbetafel und des Kalkulationszinssatzes. Hinsichtlich des Rechnungszinses wird handelsrechtlich eine Untergrenze bei 3% und eine Obergrenze beim Marktzins angenommen. Teilweise findet sich auch die Auffassung, dass der steuerrechtliche Teilwert grundsätzlich als Mindestwert anzusehen ist. Wegen der meist angestrebten Übereinstimmung von Handels- und Steuerbilanz ( „ Einheitsbilanz “ ) dürfte überwiegend das steuerrechtlich zwingend vorgeschriebene Teilwertverfahren unter Anwendung der Richttafeln von Heubeck, bei einem Zinssatz von 6% zur Anwendung kommen. Die in 2005 neu erschienenen Richttafeln sind dabei erstmals als Generationentafeln konzipiert, in denen die Sterbewahrscheinlichkeiten zusätzlich nach Geburtsjahr differenziert werden.

2. Steuerbilanz

a) Passivierung


Im Bilanzsteuerrecht wurde mit Hinweis auf die kaufmännische Übung ein Passivierungswahlrecht angenommen (z.B. RFH, v. 03.07.1934, RStBl. S. 1121); dessen gesetzliche Verankerung erfolgte erstmals in § 6a EStG durch das Steuerneuordnungsgesetz 1954 (BGBl. I S. 373). Dabei wurden für die Rückstellungsbildung verschärfte steuerrechtliche Anforderungen vorgeschrieben: Betriebliche Veranlassung, rechtsverbindliche Zusage, Verzicht auf schädliche Widerrufsvorbehalte und Schriftform. Das steuerliche Passivierungswahlrecht besteht noch heute, infolge des Maßgeblichkeitsgrundsatzes wird es für Neuzusagen allerdings zur Passivierungspflicht.

b) Bewertung


Für die Bewertung von Pensionsrückstellungen wurde schon früh in Analogie zur Praxis der Lebensversicherungen die Notwendigkeit der Gleichverteilung und das Erfordernis betont, einen angemessenen Zinssatz zugrundezulegen (RFH, v. 18.11.1941, RStBl. 1942 S. 36). Dem trägt auch das gegenwärtig für die Bewertung in § 6a EStG vorgeschriebene besondere steuerrechtliche Teilwertverfahren Rechnung:

1.

Pensionsrückstellungen dürfen höchstens zum steuerrechtlichen Teilwert angesetzt werden.

2.

Die Teilwertberechnung hat den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik zu folgen.

3.

Für die Rückstellungsberechnung muss seit 1982 – wegen des damals gestiegenen Kapitalmarktzinsniveaus! – ein Mindestzinssatz von 6% – zuvor 5,5% – zugrunde gelegt werden; diese Begründung entbehrt zumal heute jeder Grundlage!

4.

Zur pauschalen Abgeltung der Fluktuation darf eine Rückstellung steuerrechtlich frühestens mit Vollendung des 30. Lebensjahres des Berechtigten gebildet werden.

5.

Die periodische Rückstellungszuführung wird auf die Differenz der Teilwerte aufeinanderfolgender Jahresabschlüsse begrenzt.

6.

Unterlassene Zuführungen unterliegen grundsätzlich dem Nachholverbot; entstandene Fehlbeträge dürfen erst bei Eintritt des Versorgungsfalls nachgeholt werden.


IV. Finanzwirtschaftliche Wirkungen


1. Fragestellungen


Die Wirkungen von Pensionszusagen und Pensionsrückstellungen können unter verschiedenen Aspekten beurteilt werden. Naturgemäß werden die Antworten je nach Fragestellung, gewähltem Referenz- und Prämissensystem unterschiedlich ausfallen. Von besonderem Interesse sind aus Sicht der Eigentümer die Finanzierungs- und Vermögenswirkungen einer Finanzierung durch Pensionsrückstellungen.

2. Finanzierungswirkungen


Finanzierungswirkungen ergeben sich allgemein aus dem Zufluss oder vermiedenen Abfluss liquider Mittel. Lässt man mögliche (Anreiz)Wirkungen einer betrieblichen Altersversorgung auf Erlöse und Kosten außer Betracht, ergeben sich positive Liquiditätswirkungen aus Pensionszusagen dann, wenn der zusätzliche Altersversorgungsaufwand zur Minderung gewinnabhängiger Auszahlungen führt und er selbst nicht sofort zahlungswirksam wird. Diese Bedingungen sind – allerdings nur, soweit Gewinne vorliegen (!) – bei der Bildung von Pensionsrückstellungen in besonderem Maße erfüllt:

1.

Die Verrechnung des Pensionsaufwands führt zu Gewinnminderungen und kürzt damit die Ausschüttungen an Eigentümer (und andere gewinnberechtigte Personen) sowie die Gewinnsteuerzahlungen an den Fiskus.

2.

Der verrechnete Aufwand wird bei Bildung von Pensionsrückstellungen nicht sofort, sondern erst bei der – vielfach erst nach Jahrzehnten – fälligen Pensionszahlung zahlungswirksam.


Die temporär im „ innerbetrieblichen Pensionsfonds “ zurückbehaltenen Mittel setzen sich gedanklich aus einem Eigentümeranteil, der sonst für Thesaurierung oder Ausschüttung zur Verfügung gestanden hätte, und dem vermiedenen Gewinnsteuerzahlungsanteil zusammen. Der innerbetriebliche Pensionsfonds kann als interne Fremdfinanzierung ohne besondere Zweckbindung für zusätzliche Investitionsvorhaben (Kapitalakkumulation) oder zur Rückzahlung von Fremd- oder Eigenkapital (Kapitalsubstitution) eingesetzt werden.
Die Finanzierungswirkungen einer Einzelzusage sind damit umso höher, je frühzeitiger und höher die erforderlichen Mittel angesammelt werden können und je später die Auszahlung vorzunehmen ist. Einfluss hat hier vor allem die Art der Zusage (z.B. Kapital- oder Rentenzusage, Festbetrags-, teil- oder voll-dynamische Zusage), das konkret angewandte bilanzielle Deckungsverfahren und die Höhe des Rechnungszinses.
Der Gesamtfinanzierungseffekt ergibt sich aus der Addition der Finanzierungseffekte der Einzelrückstellungen. Unter bestimmten Idealbedingungen kann sich nach einer Aufbauphase ein innerbetrieblicher Pensionsfonds ergeben, dessen Mittel auf Dauer revolvierend zur Verfügung stehen. In diesem als „ Beharrungszustand “ bezeichneten Stadium stimmen Zuführungen zum innerbetrieblichen Pensionsfonds und Auszahlungen aus dem Fonds betragsmäßig überein. Der Beharrungszustand ist grundsätzlich durch ein konstantes Verhältnis der Pensionszahlungen zur Höhe der Pensionsrückstellungen einerseits sowie von Pensionszahlungen und -rückstellungen zur Lohn- und Gehaltssumme andererseits gekennzeichnet. Veränderungen der Mitarbeiterzahl, der Altersstruktur der Belegschaft, der Art und Höhe der Pensionszusagen u.a. induzieren zwangsläufig Abweichungen von diesem idealen Beharrungszustand. Zu beachten ist insb., dass ein Abbau der Belegschaft oder eine Einschränkung des Versorgungswerks zwangsläufig zu einer Reduzierung des innerbetrieblichen Pensionsfonds führen muss.
Besondere Vorteile der Pensionsfinanzierung werden im Fehlen von Sicherheiten (aber: Insolvenzsicherungsbeiträge!) und in der Vermeidung externer Mitspracherechte gesehen. (Gesamtwirtschaftliche) Bedenken richten sich bisweilen gegen die interne Bildung des Pensionskapitals, das dadurch der Lenkung der Kapitalmärkte entzogen und damit eher fehlleitungsgefährdet sei.

3. Vermögenswirkungen

a) Festlegungen


Die Vermögenswirkungen von Pensionsrückstellungen können im Vergleich zu verschiedenen Referenzpunkten (z.B. keine Pensionszusage, Pensionszusage ohne Rückstellung oder Pensionszusage mit anderen Durchführungswegen) gemessen werden. Näher zu prüfen sind die gegenüber der Nichtgewährung einer Pensionszusage ( „ Nullalternative “ ) induzierten Vermögensänderungen. Dabei sind im Rahmen eines Überblicks notwendigerweise einige vereinfachende Festlegungen erforderlich:

-

Aussagen zu Vermögenswirkungen können anhand von Berechnungen mit Kollektivbeständen oder Einzelzusagen abgeleitet werden (Haueisen, P. 1983). Während für die Finanzplanung des Trägerunternehmens Kollektivbetrachtungen und Hochrechnungen unerlässlich sind, genügt für eine systematische Darstellung der Vermögenseffekte eine Einzelbetrachtung.

-

Die Vermögenswirkungen lassen sich aus der Eigentümerperspektive anhand verschiedener Kenngrößen beurteilen. Als Maßstab können die durch Einführung der Pensionszusage induzierten Veränderungen der Ausschüttungen im Betrachtungszeitraum oder des Eigenkapitalstands bei Beendigung der Pensionsverpflichtung herangezogen werden. Diese Zielgrößen sind auch in äquivalente Lohnverzichte ( „ Lohnäquivalente “ ) umrechenbar. Die genannten Kenngrößen sind unter den Bedingungen des vollkommenen Kapitalmarkts weitgehend äquivalent. Vorliegend wird die Zielgröße „ Eigenkapitalstand “ bei Beendigung der Pensionsverpflichtung zugrundegelegt, da sie ohne weitere Umrechnungen stets eindeutige Aussagen erlaubt. Der Eigenkapitalstand zum Ende des Betrachtungszeitraums ohne betriebliche Altersvorsorge wird als „ Null-Linie “ festgelegt.

-

Pensionskapital kann zur Erweiterung des Betriebsvermögens (Kapitalakkumulation) oder zum Ersatz von langfristigem Fremd- und Eigenkapital (Kapitalsubstitution) eingesetzt werden. Zur Eliminierung der Vermögenswirkungen aus einem erweiterten Investitionsprogramm wird von Kapitalsubstitution ausgegangen.

b) Wirkungen auf den Eigenkapitalstand


Aus durch Pensionsrückstellungen finanzierte betriebliche Pensionszusagen ergeben sich gegenüber dem Vergleichsfall „ Unternehmen ohne Pensionszusage “ erhebliche Auswirkungen auf den Eigenkapitalstand der Eigentümer: Denkbar sind eine Eigenkapitalbelastung, ein Ausgleich von Be- und Entlastung (sog. Eigenkapitaläquivalenz) und eine Eigenkapitalmehrung.
Zur Isolierung einzelner Einflussfaktoren ist es zweckmäßig, die Vermögenswirkungen im Nichtsteuerfall, in einem einfachen Gewinnsteuersystem und bei Geltung des aktuellen Steuerrechts (2006) für alternative Fremdkapitalkostensätze und alternative Rechnungszinssätze zu untersuchen. Unter den festgelegten Prämissen ergeben sich folgende Wirkungen:

1.

Im Nichtsteuerfall wird das Pensionskapital vollständig zu Lasten des Eigenkapitals gebildet. Der Rechnungszins mit seiner Festlegung des Anspar- und Auflösungsverlaufs des Pensionsfonds kann Einfluss auf die zeitliche Verteilung der Eigenkapitalbelastung nehmen, hat aber keine Auswirkung auf die Höhe der Eigenkapitalbelastung bei Beendigung der Pensionsverpflichtung. Die zugrunde gelegte Zielgröße „ Eigenkapitalstand bei Beendigung der Pensionsverpflichtung “ ist im Nichtsteuerfall letztlich unabhängig davon, ob eine Pensionsrückstellung gebildet wird oder nicht.

2.

Im einfachen Gewinnsteuersystem trägt auch der Fiskus durch die steuerliche Anerkennung der Ansparfinanzierung in der Anwartschaftsphase zum Aufbau des innerbetrieblichen Pensionsfonds bei. Der Verzicht des Fiskus auf Gewinnsteuerzahlungen stellt sich zunächst nur als vorläufige, zinslose Steuerstundung dar. Das Volumen dieses zinslosen Steuerkredits wird entscheidend vom Rechnungszins beeinflusst. Erst bei Leistung der Pensionszahlung wandelt sich die temporäre Steuerstundung in eine endgültige Steuerentlastung ( „ Steuerbasiseffekt “ ).
Wird der zinslose Steuerkredit zur Tilgung von Fremdkapital eingesetzt, mindert sich die relative Eigenkapitalbelastung durch die mit dem zinslosen Steuerkredit erzielbaren Nettozinserträge (Verringerung der Fremdkapitalzinsen nach Steuern) ( „ Nettozinseffekt “ ). Diese zusätzlichen Entlastungswirkungen können die Lasten der Pensionszusage erheblich reduzieren, bei langer Laufzeit, hohen Steuersätzen und hohem Fremdkapitalzins genau kompensieren (Eigenkapitaläquivalenz) oder gar überkompensieren (Eigenkapitalmehrung).

3.

Im derzeit geltenden Vielsteuersystem ergeben sich über die steuerlichen Nettozinseffekte weitere steuerliche Entlastungseffekte dadurch, dass Pensionskapital keine gewerbesteuerliche Dauerschuld darstellt und die Rechnungszinsen daher nicht (hälftig) der Gewerbeertragsteuer unterliegen.


Diese Überlegungen lassen sich rechnerisch an einem vereinfachten Grundmodell mit folgender Spezifikation belegen:
Gegeben ist die Zusage einer festen (nachschüssigen) Jahresrente von 1.000 € an einen Anwärter mit Alter 28 (t0) zum Pensionierungsalter 65 (t37) und Rentenzahlungen bis zum Alter 85 (t57). Die Teilwertberechnung erfolgt vereinfacht unter Vernachlässigung versicherungsmathematischer Ausscheideordnungen allein auf der Basis finanzmathematischer Berechnungen. Die angestrebten Aussagen über die Vermögenswirkungen von Pensionsrückstellungen (gemessen am Eigenkapitalstand in t57) werden davon nicht beeinträchtigt. Für die Berechnungen werden die steuerlichen Rahmenbedingungen, der Fremdkapitalzinssatz und der Rechnungszinssatz variiert. Wird die Gewerbesteuer einbezogen gilt einheitlich ein Hebesatz von 400% und eine Messzahl von 5%. Bei Personenunternehmen wird die pauschale Gewerbesteueranrechnung auf die Einkommensteuer berücksichtigt (§ 35 EStG), die Wirkungen des Gewerbesteuerfreibetrags und des Staffeltarifs werden vernachlässigt. Für die Einkommensteuer wird generell ein proportionaler Tarif unterstellt. Für Kapitalgesellschaften gilt das Halbeinkünfteverfahren, eine Ausschüttung erfolgt in t57. Die Eigenkapitalveränderung durch die betriebliche Altersvorsorge schlägt sich unmittelbar im Ausschüttungsvolumen nieder. Der Rechnungszins wird alternativ mit 6% (steuerlicher Rechnungszins nach § 6a EStG) oder 2,75% (Rechnungszins Lebensversicherungen 2005) festgelegt.
Unter Anwendung der Teilsteuerrechnung oder der Veranlagungssimulation ergeben sich die in Abb. 1 bis 4 wiedergegebenen Ergebnisse für die Veränderung der Zielgröße „ Eigenkapitalstand “ bei jeweils unterschiedlichen Berechnungsparametern. Zusätzlich wird jeweils der kritische Fremdkapitalzinssatz angegeben, bei dem Eigenkapitaläquivalenz (EK57 = 0) erreicht wird.
Pensionsrückstellungen (Finanzwirtschaftliche Bedeutung)
Abb. 1: Zielwerte von Kapital- und Rentenzusage bei alternativen Steuersituationen


Abb. 2: Entwicklung der Eigenkapitalstände bei PersU und alternativen Fremdkapitalzinssätzen, Rechnungszins 6 %, ESt 42 %, GewSt 16,7 %


Abb. 3: Entwicklung der Eigenkapitalstände bei PersU und alternativen Fremdkapitalzinssätzen, Rechnungszins 2,75 %, ESt 42 %, GewSt 16,7 %


Abb. 4: Entwicklung der Eigenkapitalstände bei PersU und alternativen ESt-Sätzen, FK-Zins 4,5 %, Rechnungszins 2,75 % und 6 %, GewSt 16,7 %

c) Modifikationen


Die am sehr vereinfachten Beispiel der Festzusage ermittelten Ergebnisse erklären sind von selbst. Sie sind in hohem Maße prämissensensibel. Die positiven Vermögenswirkungen erfahren erhebliche Einschränkungen bei

-

Veränderungen des Rechnungszinses, der aus Gründen der Gleichbehandlung dringend anzupassen ist,

-

Gewährung von teil- oder volldynamischen Zusagen mit hyperdynamischem Ansparverlauf,

-

Berücksichtigung der nachholenden Anpassungsverpflichtung gemäß § 16 BetrAVG für laufende Betriebsrenten,

-

Einbeziehung von laufenden Verwaltungskosten und Insolvenzsicherungsbeiträgen,

-

Ansatz kürzerer Laufzeiten infolge späterer Zusage oder früherem Eintritt des Versorgungsfalls,

-

Fehlen hinreichender Gewinne und substitutionsfähigen Fremdkapitals – ,

-

Veränderungen des Fremdkapitalzinsniveaus,

-

Veränderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen insbes. Änderungen des technischen Unternehmenssteuersystems und Senkungen der Steuersätze.


Verbesserungen der Vermögenswirkungen können sich einstellen, wenn die betriebliche Altersversorgung erfolgswirksame Motivationsimpulse freisetzt oder anstelle eines Barlohns (z.B. Gehaltsumwandlung) gewährt wird.

4. Pensionsrückstellungen als Steuervergünstigungen?


Zur Kontroverse über die sog. „ Steuervergünstigungen für Pensionsrückstellungen “ (vgl. Franke, G./Hax, H. 2004, S. 520 ff. und Schneider, D. 1992, S. 356 ff.), die sich im wesentlichen aus unterschiedlichen Fragestellungen und Referenzpunkten erklärt, ist festzustellen:

1.

Im Regelwerk der (Steuer)Bilanz ist zwingend vorgesehen, Pensionslasten als Schuldposten zu berücksichtigen. Deren Passivierung beim Unternehmen als Selbstversicherer stellt bei bilanzierenden Unternehmen und im Vergleich zu den ebenfalls bilanzierenden Versicherungsunternehmen keine „ Steuerbegünstigung “ dar.

2.

Die erfolgswirksamen zinslosen Umperiodisierungen von Zahlungen, die gerade das Wesen der Bilanz ausmachen (Nachverrechnung bei Aktivposten, Vorverrechnung bei Passivposten), führen gegenüber einer zahlungsorientierten (investitionstheoretischen) Betrachtung naturgemäß zu Abweichungen in dem Sinne, dass Nachverrechnungen von Auszahlungen Zinsnachteile und Vorverrechnungen Zinsvorteile auslösen.


Die aus der Aufwandsvorverrechnung bei Pensionsrückstellungen resultierende steuertechnisch bedingte Entlastung als „ Steuervergünstigung “ zu bezeichnen, ist eine sprachliche Fehlleistung, da die steuerliche Behandlung das Ergebnis des geltenden Regelsteuerrechts ist. Wollte man an der eigenwilligen Sprachschöpfung „ Steuervergünstigungen “ festhalten, wären ihnen die im geltenden Regelsteuerrecht sehr zahlreichen „ Steuerverböserungen “ gegenzurechnen, die sich aus allen Aktivierungsgeboten und den damit verbundenen Aufwandsnachverrechnungen und Ertragsvorverrechnungen ergeben, Abschreibungen etwa wären demnach als „ Steuerbenachteiligungen “ zu bezeichnen.

V. Perspektiven


Die deutsche betriebliche Altersversorgung nimmt insbes. mit ihrem als „ Selbstversicherung “ angelegten Durchführungsweg der Direktzusage, finanziert durch Pensionsrückstellungen, in Europa eine Sonderstellung ein. Über ihre Zukunft entscheiden die gesamtwirtschaftliche Erwünschtheit dieses Altersversorgungsinstruments, die Entwicklung der arbeits-, bilanz- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen, die künftige wirtschaftliche Lage der Unternehmen und nicht zuletzt europäische und internationale Entwicklungstrends in diesem Bereich.
Literatur:
ABA-Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V., : Handbuch der betrieblichen Altersversorgung, Stuttgart 1992
Ahrend, P./Förster, W./Rößler, N. : Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung mit arbeitsrechtlicher Grundlegung, 4. A., Köln 1985 ff
Drukarczyk, J. : Theorie und Politik der Finanzierung, 2. A., München 1993
Drukarczyk, J. : Finanzierung über Pensionsrückstellungen, in: Handbuch des Finanzmanagements, hrsg. v. Gebhardt, G./Gerke, W.//Steiner, M., München 1993, S. 229 – 260
Franke, G./Hax, H. : Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 5. A., Berlin u.a. 2004
Haueisen, P. : Unmittelbare Versorgungszusage und Direktversicherung als Gestaltungsformen der betrieblichen Altersversorgung, Frankfurt a.M. et al. 1983
Heubeck, K. : Richttafeln 2005 G. Textband und Programm Heurika 2, Köln 2005
IDW, : WP – Handbuch 2006, Band I, Düsseldorf 2006
KPMG Deutsche Treuhand-Gruppe, : Betriebliche Altersversorgung und Jahresabschluß, 2. A., Düsseldorf 1991
Schanz, T. : Risikobewältigung in der betrieblichen Altersversorgung mittelständischer Unternehmen, Frankfurt a.M. et al. 1992
Scheffler, W. : Betriebliche Altersversorgung, Wiesbaden 1990
Schneider, D. : Investition, Finanzierung und Besteuerung, 7. A., Wiesbaden 1992
Schwab, H. : Die betriebliche Altersversorgung -ein praktisches Modell für die Planung und Gestaltung, Hamburg 1988
Sigloch, J. : Neue Formen betrieblicher Altersversorgung, in: VersWissStud (25. Bd.), Baden-Baden 2004, S. 11 – 31
Sturm, N. : Die Entscheidung über die Einführung betrieblicher Altersrenten, Göttingen 1980
Swoboda, P. : Betriebliche Finanzierung, 3. A., Heidelberg et al. 1994

 

 


 

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