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Aussenhandelsfinanzierung


1. Charakterisierung Aussenhandelsfinanzierung ist der Oberbegriff für die internationalen Zahlungs-, Sicherungs- und Finanzierungsinstrumente einschliesslich der korrespondierenden (Zahlungs-)Bedingungen in internationalen Kaufverträgen. Unterbegriffe, die Teilbereiche der Aussenhandelsfinanzierung erfassen, sind Exportfinanzierung, Importfinanzierung und  Auslandsfinanzierung. Die Aussenhandelsfinanzierung ist geprägt von den Erkeinnnissen der betrieblichen Aussenwirtschaft (Aussenhandel), der internationalen betrieblichen Finanzwirtschaft (Finanzierung) sowie des internationalen Kaufrechts.
2. Risikoanalyse als Grundlage der Vereinbarung von Zahlungs- und Sicherungsbedingungen Die Beteiligten an Aussenhandelsgeschäften, insbesondere die Exporteure, haben vor Festlegung der Zahlungs- und Sicherungsbedingungen im Kaufvertrag die besonderen Risiken des Auslandsgeschäftes zu erheben:
(1) Das wirtschaftliche Risiko kommt in der Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz), dem Zahlungsverzug und der Zahlungsunwilligkeit (Delkredererisiko) des Importeurs zum Ausdruck, aber auch in der Gefahr der Nichterfüllung der Lieferverpflichtung durch den Exporteur.
(2) Das   Garantendelkredererisiko umfasst die Gefahr, dass ein Garant (z.B. eine Bank, eine Versicherungsgesellschaft usw.) nicht willens oder nicht in der Lage ist, das zur Absicherung des Aussenhandelsgeschäftes übernommene  Aval (z.B. als   Bankgarantie,  Kautionsversicherung,  Dokurnentenakkreditiv) zu erfüllen.
(3) Das  politische Risiko (Länderrisiko) betrifft sowohl die Ware als auch die Forderung. Die Ware ist der Beschlagnahme, der Beschädigung, der Vernichtung infolge staatlicher Massnahmen und Einwirkungen ausgesetzt. Bei Forderungen drückt sich das politische Risiko in Zahlungsverboten,  Moratorien,   Konvertierungsbeschränkungen bzvv. -verboten sowie in  Transferbeschränkungen bzw. -verboten aus.
(4) Das  Wechselkursrisiko konkretisiert sich flir den Exporteur in der Abwertung der fakturierten Fremdwährung gegenüber seiner Landeswährmig bzw. für den Importeur in der Aufwertung jener Fremdwährung, in der er Zahlung zu leisten hat. Das Ergebnis der Risikoanalyse bestimmt die im Kaufvertrag zu vereinbarenden Zahlungs- und Sicherungsbedingungen bzw. den Einsatz von Sicherungsinstrumenten, sofern der Exporteur bzw. der Importeur die verbleibenden Risiken eines Aussenhandelsgeschäftes nicht selbst zu tragen bereit ist.
3. Nichtdokumentäre (Reine) Zahlungsinstrumente und -bedingungen Internationale Zahlungsinstrumente, die nicht in direkter Verbindung mit Exportdokumenten stehen, werden als „nichtdokumentär” bzw. als „rein” bezeichnet („Clean Payment”-Instrumente). Hierzu zählen  Auslandsüberweisungen,  Auslandsschecks und - obwohl zugleich Zahlungs-, Finanzierungs-und Sicherungsinstrumente - auch Auslandswechsel (Wechsel). Zahlungsbedingungen, die zur Anwendung dieser Instrumente führen, sind
(1) Vorauszahlung des Importeurs, häufig gegen Stellung einer   Anzahlungsgarantie der Bank des Exporteurs;
(2) Anzahlung des Importeurs in Verbindung mit Zwischenzahlungen (Abschlagszahlungen) entsprechend dem Produktions- bzw. Leistungsfortschritt gegen entsprechende Nachweise („Progress Payment”-Bedingung);
(3) Zahlung bei Lieferung;
(4) Zahlung nach Lieferung, d.h. mit Zahlungsziel des Exporteurs an den Importeur (Liefervertragskredit); eventuell gegen Wechselakzept des Importeurs (Wechsel). Zur Abwicklung des internationalen Zahlungsverkehrs siehe  SWIFT,  TARGET und   AZI7- Überweisungssystem.
4. Dokumentäre Zahlungs- und Sicherungsinstrumente sowie -bedingungen Internationale Zahlungs- und Sicherungsinstrumente, die die Vorlage von Exportdokumenten voraussetzen, sind Dokumenteninkassi und Dokumentenakkreditive. Sie sind Zahlungs-/Sicherungsinstrument und Zahlungsbedingung zugleich. - Dokumenteninkassi (Documentary Collections) umfassen eine Zug-um-Zug-Abwicklung: Der Exporteur übergibt die Exportdokumente seiner Bank mit der Weisung, dem Importeur diese Dokumente nur auszuhändigen, wenn dieser zuvor eine Gegenleistung erbringt. Die Art der Gegenleistung des Im-porteurs bestimmt die Form der Dokumenteninkassi:
(1) „Dokumente gegen (sofortige) Zahlung”,
(2) „Dokumente gegen Wechselakzept” (mit   Nachsichtfrist; siehe auch   Wechsel) und
(3) „Dokumente gegen unwiderruflichen Zahlungsauftrag” (mit späterer Fälligkeit). - Dokumentenakkreditive (Documentary Credits) umfassen bei Aussenhandelsgeschäften ein Zahlungsversprechen (eine Zahlungsgarantie) der Importeurbank zu Gunsten des Exporteurs, das diese Bank im Auftrag des Importeurs abgibt. Um Zahlung aus dem Akkreditiv zu erhalten, muss der akkreditivbegünstigte Exporteur die im Akkreditiv vorgeschriebenen Exportdokumente bei der Bank (sog. Zahlstelle) einreichen und damit den Vollzug des Exportgeschäfts beweisen. Die Formen der Akicreditive nach Zahlungsmodalitäten sind:
(1)  Sichtzahlungsakkreditiv (Sichtakkreditiv), mit sofortiger Zahlung an den Exporteur;
(2)   Akkreditiv mit hinausgeschobener Zahlung (Deferred-Payment-Akkreditiv), das in Form einer   Nachsichtfrist die Zahlung auf einen späteren Zeitpunkt verlagert;
(3)  Akzeptakkreditiv, bei dem der Exporteur ein (später zur Zahlung fälliges)  Bankakzept erhält sowie
(4) eine grosse Zahl von Sonderformen, wie z.B.  Commercial Letter of Credit,  Negoziierbares Akkreditiv (siehe auch  Negoziierung),  Standby Letter of Credit,  Packing Credit,  Revolvierendes Akkreditiv (Revolving Credit),   Übertragbares Akkreditiv,   Gegenakkreditiv (Back-to-Back-Akkreditiv). Akkreditive können widerruflich oder unwiderruflich (Regelfall) eröffnet werden. Ein unbestätigtes Akkreditiv verbrieft lediglich das Zahlungsversprechen der Importeurbank. Dagegen umfasst ein bestätigtes Akkreditiv zusätzlich die Zahlungsgarantie einer weiteren Bank.
5. Kurzfristige internationale Finanzierungsinstrumente   Kontokorrentkredite dienen sowohl der Finanzierung von Inlands- als auch von Auslandsgeschäften. Kontokorrentkredite gewähren die Banken in Euro und in den gängigen Fremdwährungen. Die Aufnahme von Fremdwährungskrediten ermöglicht die Finanzierung von Aussenhandelsgeschäften und deren Wechselkurssicherung.   Geldmarktkredite (Eurogeldmarktkredite) können von Wirtschaftsunternehmen bei den international ausgerichteten Banken in Euro und in den gängigen Fremdwährungen zu kurz- bis mittelfristigen Laufzeiten aufgenommen werden. Sie dienen der Finanzierung und - in Fremdwährung aufgenommen zugleich der Wechselkurssicherung. Zinsbasis für Geldmarktkredite ist  EURIBOR bzw.  EONIA oder   LIBOR.   Wechseldiskontkredite der Geschäftsbanken ermöglichen die Finanzierung der in Wechselform gekleideten Zahlungsziele der Exporteure an die Importeure und — bei Fremdwährungswechseln — die Überwälzung des Wechselkursrisikos auf die diskontierende Bank.  Negoziierungskredite (Negoziationskredite) gewähren die Banken auf Grundlage von  Exportdokumenten oder (selten) von   Ziehungsermächtigungen oder in Verbindung mit  Dokumenteninkassi bzw.  Dokumentenakkreditiven als Vorschuss für ein Aussenhandelsgeschäft. Exportfactoring ist laufende Verkauf von kurzfristigen Exportforderungen an einen Factor.  Factoring erfüllt nicht nur eine Finanzierungsfunktion, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Delkrederefunktion (Übernahme des Zahlungsausfallrisikos) sowie diverse Dienstleistungsfunktionen (Bonitätsprüfung der Importeure, Forderungsinkasso usw.).
6. Mittel- und langfristige internationale Finanzierungs- und Sicherungsinstrumente Zur Finanzierung von Exportgeschäften mit mittel- und langfristigen Zahlungszielen, wie sie bei Investitionsgüterexporten, im Anlagenbau sowie bei Projektgeschäften vorkommen, stehen den Exporteuren spezielle Finanzierungsinstrumente zur Verfügung, die meistens zugleich Sicherungsinstrumente sind.   Gebundene Finanzkredite, die an ein bestimmtes Exportgeschäft gebunden sind, werden von den Banken als  Lieferantenkredit (Bankkredit an den Exporteur), als  Bestellerkredit (Bankkredit an den ausländischen Importeur) sowie als  Bank-zu-Bank-Kredit (Bankkredit an eine ausländische Bank) gewährt. Die Auszahlung von Bestellerkrediten und von Bank-zu-Bank-Krediten erfolgt i.d.R. an den Exporteur, der i.A. aus der Haftung weitgehend entlassen ist. Gebundene Finanzkredite stellen die Geschäftsbanken, die  AKA Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbH sowie die  KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Verftigung. Forfaitierung ist der Verkauf von mittel- bis langfristigen Exportforderungen an Banken. In der Regel übernimmt die forfaitierende Bank alle mit der angekauften Exportforderung verbundenen Risiken, und zwar auch das   politischen Risiko.   Exportleasing (Internationales Leasing, Cross-Border-Leasing,   Leasing) ist die grenzüberschreitende Vermietung von langlebigen Gebrauchs- und Investitionsgütern durch den Hersteller oder durch Leasinggesellschaften als Leasinggeber.
7. Sicherungsinstrumente Zur Absicherung der Risiken des Aussenhandels stehen den Exporteuren und Importeuren auch Instrumente zur Verfügung, die nicht (direkt) mit der Finanzierung eines Aussenhandelsgeschäfts verbunden sind, und die deswegen als „reine” Sicherungsinstrumente bezeichnet werden:  Warenkreditversicherungen als Ausfuhrkreditversicherungen decken das Forderungsausfallrisiko des Exporteurs bei Zahlungsunfähigkeit des Importeurs. Politische Risiken werden durch Ausfuhrkreditversicherungen i.d.R. nicht übernommen.  Exportkreditgarantien des Bundes (sog. Hermes-Deckungen) dienen der Absicherung deutscher Exportgeschäfte mittels spezieller Instrumente sowohl gegen  politische Risiken als auch i.A. gegen  Delkredererisiken.  Bankgarantien haben insbesondere die Exporteure zur Sicherheit von Importeuren zu stellen, z.B. als   Bietungsgarantie (Angebotsgarantie),  Liefergarantie,  Vertragserfüllungsgarantie,  Gewährleistungsgarantie,  Anzahlungsgarantie. Neben den Banken stellen auch Versicherungsgesellschaften Garantien im Rahmen von   Kautionsversicherungen aus. Zur Absicherung des  Wechselkursrisikos von Aussenhandelsgeschäften stehen vielfältige Sicherungsinstrumente zur Verftigung, die zum Teil in Finanzierungsinstrumente einbezogen sind. „Reine” Sicherungsinstrumente sind z.B.  Devisenkassageschäfte,  Devisentermingeschäfte und  Devisenoptionsgeschäfte. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe   Aussenhandel,   Coporate Finance,   Factoring,  Finanzinnovationen,   Kreditfinanzierung, kurzfristige,   Kreditfinanzierung, langfristige,   Kreditsicherheiten,   Optionen,  Swaps,  WährungsmanagementZinsmanagement.

Literatur: Breuer, W.: Unternehmerisches Währungsmanagement, 2. Auflage, Wiesbaden 2000, Übungsbuch Wiesbaden 1999; Dortschy, J.W., Jung, K.H., Köller, R.: Auslandsgeschäfte — Banktechnik und Finanzierung, 2. Auflage, Stuttgart 1997; Eilenberger, G.: Betriebliche Finanzwirtschaft, 7. Auflage, München und Wien 2003. Internetadressen: (Geschäftsbanken; alle Zahlungs-, Finanzierungs- und Sicherungsinstrumente) http://www.deutsche-bank.de, http://www.hypovereinsban1c.de, http://www.ubs.com, http://www.ba-ca.com; (Spezialbanken; langfristige Finanzierungen) http://www.akabank.de, http://www.kfw.de; (Organisationen; Zahlungsverkehr) http://www.zahlungsverkehrsfragen.de/swift, http://www. bundesbank.de/zahlungsverkehr; (Verbände, Organisationen) http://www.icc-deutschland.de, http:// www.iccwbo.org, http://www.factoring.de, http://www.bdl-leasing-verband.de; (Exportkreditgarantien, Warenkreditversicherungen) http://www.ausfuhrgewaehrleistungen.de, http://www.oekb.co.at, http:// www.swiss-erg.com, http://www.hermes.de; (internationaler Geldmarkt, internationale Zinssätze) http://www.bba.org.uk/public/libor, http://www.leitzinsen.com/zinsen/libors, http://www.euribor.org/ html/content/euribor, http://www.euribor.org,/html/content/eonia, http://www.ubs.com/quotes... .

 

 


 

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