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Operations research

In der Wirtschaftssoziologie: (engl.) Operationsforschung




siehe unter Unternehmungsforschung siehe unter Systemforschung.
1. Begriff und Zielsetzung: Operations Research (OR) wurde im Zweiten Weltkrieg in England und in den USA als Hilfsmittel für strategische Entscheidungen entwickelt und nach Kriegsende zunächst in den USA und später dann auch in Europa in Wirtschaft und Wissenschaft angewandt. Typische Merkmale des OR sind: -     Modellanalytische (Modell) Vorgehensweise, d.h. das zu entwickelnde     Systemmodell enthält nur die grundsätzliche Struktur und die quantifizierten Daten     des realen Problems. -     Einsatz systematischer, meist mathematischer Methoden und Algorithmen    ( Algorithmus) zur Analyse der Handlungsalternativen und zur Lösung des modellierten  Problems. -     Unterbreitung eines hinsichtlich einer vorgegebenen Zielsetzung optimalen Entscheidungsvorschlages für das reale Problem. Deshalb findet man häufig folgende Definition: OR ist eine interdisziplinäre Wissenschaft, welche die Entwicklung von Modellen, die Anwendung vorwiegend mathematischer Planungsmethoden und die EDV-mäßige Implementierung von speziellen Algorithmen zur Analyse und Optimierung komplexer Problemstrukturen zum Gegenstand hat. Während OR in den USA und Großbritannien vorwiegend unter "Management Science" subsumiert wird und im Rahmen des "Business Administration"-Studiums gelehrt wird, ist OR in der Wissenschaftssystematik des Deutschen Hochschulverbandes als eigenständiges Teilgebiet der "Systemforschung und -technik" geführt und gehört zu den Studienfächern der Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaftler, der Informatiker und Mathematiker. Für den Begriff "Operations Research" sind eine Reihe von deutschen Übersetzungen vorgeschlagen worden, wie z.B. Unternehmungsforschung, Ablaufforschung, Planungsforschung, Verfahrensforschung, Optimalplanung. Da jedoch keine dieser Bezeichnungen eine hinreichende breite Anerkennung fand, hat man nach einer gewissen Experimentierphase die Übersetzungsversuche aufgegeben.
2. Geschichtliche Entwicklung: Um 1940 wurden in der englischen Armee Wissenschaftler verschiedener Disziplinen (Mathematiker, Physiker, Ingenieure, Biologen) in "Operational Research Groups" zur systematischen Erforschung und Vorbereitung militär-strategischer Maßnahmen zusammengefaßt; es ging dabei z.B. um die Untersuchung der Einsatzmöglichkeiten der Radartechnik und die Ermittlung optimaler Strategien auf der Basis mathematischer Analysen im Bereich der U-Boot-Abwehr, der Zusammenstellung von Geleitzügen und Bombergeschwader. Die Erfolge der OR-Gruppen im militärischen Bereich führten dazu, daß sich nach Kriegsende zunächst amerikanische Wirtschaftler mit OR befaßten, um auch im zivilen Bereich ökonomische Auswahlprobleme, die herkömmlich der Geschäftserfahrung und dem Fingerspitzengefühl des Entscheidenden vorbehalten waren, dem rationalen Kalkül der OR-Methoden zu unterwerfen; insbesondere Großfirmen gründeten eigene OR-Abteilungen, die meist einem Vorstandsmitglied zugeordnet wurden. Bald interessierten sich auch deutsche Wirtschaftsverbände und Wissenschaftler für OR mit dem Ziel, dieses neue Gebiet an Hochschulen und Universitäten zu verankern, Institute und Lehrstühle zu schaffen, Ausbildungsprogramme zu installieren, die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet vorwärts zu treiben und durch internationale Kontakte, Tagungen und Seminare allmählich Anschluß an den internationalen Standard zu gewinnen. Hier sind besonders zwei Strömungen festzustellen; eine Gruppe vorwiegend mathematisch-wissenschaftlicher Hochschullehrer konzentrierte sich auf die Entwicklung verfeinerter Modelle und leistungsfähiger Lösungsmethoden, während für die vorwiegend betriebswirtschaftlich-technisch orientierten Praktiker die Anwendung bekannter Verfahren auf die Lösung von realen Problemen im Vordergrund stand. OR ist heute als Lehrgebiet an allen deutschen Hochschulen und Universitäten vertreten. Seit 1975 besteht an der RWTH Aachen ein viersemestriger Aufbaustudiengang in OR mit dem Abschluß "Magister in Operations Research (MOR)" in Analogie zum angelsächsischen "Master of OR". An der Weiterentwicklung und Verbreitung von OR-Verfahren haben spezielle wissenschaftliche Vereinigungen wesentlichen Anteil; hier sind insbesondere zu nennen -     Operational Research Club (seit 1948 in England), der 1954 umbenannt wurde in   Operational Research Society (ORS). -     Operations Research Society of America (ORSA) seit 1952. -     Société Française de Recherche Opérationelle (SOFRO) seit 1956. -     Deutsche Gesellschaft für Operations Research (DGOR), in der sich 1971 die beiden folgenden deutschen Vereinigungen zusammengeschlossen haben: a)       Arbeitskreis Operations Research (AKOR) seit 1956, deren Mitglieder vorwiegend OR-interessierte Praktiker waren und      b)       Deutsche Gesellschaft für Unternehmensforschung (DGU), seit 1961, deren   Mitglieder vorwiegend aus dem Hochschulbereich kamen. -     International Federation of Operations Research Societies (IFORS), seit 1957, der die meisten nationalen Gesellschaften angehören. Die Zeitschriften der deutschen Gesellschaften sind: -     Unternehmensforschung (Hrsg. DGU) Deutschland, 1956-1971 -     Ablauf- und Planungsforschung (Hrsg. AKOR) 1959-1971 -     Zeitschrift für Operations Research (Hrsg. DGOR) 1971-1980 -     OR-Spektrum (Hrsg. DGOR) seit 1980
3. Methoden und Anwendungsgebiete: Hinsichtlich des modellanalytischen Ansatzes und des verwendeten Instrumentariums werden folgende Methoden, Techniken und Theorien unterschieden: Mathematische Optimierung (lineare, nichtlineare, diskrete, kombinatorische, dynamische Optimierung), Simulationstechnik, Graphentheorie und Netzwerktechnik, Datenanalyse und Prognosetechnik (Prognose), Warteschlangen - und Bedienungstheorie,Entscheidungs- und Spieltheorie . Hinsichtlich der Qualität der erzielten Lösungen lassen sich die Verfahren in folgende Gruppen unterteilen: -     Analytische Verfahren: Die Lösung wird durch einen formelmäßigen Ausdruck oder  einen endlichen Rechenprozeß gewonnen, der mathematisch zur exakten Lösung führt. -     Näherungs-Verfahren: Kann die exakte Lösung nur durch ein unendliches   Iterationsverfahren gewonnen werden, so muß dieser Prozeß nach endlich vielen   Schritten abgebrochen werden und man erhält daher nur eine Näherungslösung. -     Heuristische Verfahren (heuristikein = zur lösung geeignet): Bei komplizierten  Modellen, bei denen analytische oder Näherungs-Verfahren versagen, können   heuristische Algorithmen weiterhelfen; sie sind dadurch gekennzeichnet, daß man mit   Hilfe von Plausibilitätsbetrachtungen Teilmengen von möglichen Lösungen ausschließt,   d.h. nicht weiter verfolgt. Man erhält auf diese Weise nur Suboptima, von denen man   nicht sagen kann, wie weit sie vom absoluten Optimum entfernt liegen. -     Simulations-Verfahren: Falls die bisher angeführten Verfahren versagen, so verwendet man die Simulation, d.h. man nimmt Versuche am Modell vor. Es wird  dabei eine große Anzahl von Realisierungen des modellierten Zusammenhanges  erzeugt und aus den Ergebnissen auf die Verteilung und ihre Parameter   geschlossen. Seit Jahren wird OR in folgenden Branchen eingesetzt: Industrie, Handel, Banken , Versicherungen, Verkehr, Gesundheitswesen, Verteidigung und öffentliche Verwaltung. Der Einsatz in der Produktionswirtschaft erstreckt sich insbesondere auf Planungsaufgaben in den Bereichen: Beschaffung, Lagerhaltung, Logistik , Instandhaltung, Personaleinsatz, Produktionssteuerung, Projektmanagement , Marketing und Finanzierung . Es geht hier in erster Linie um die Lösung von z.B. Standorts- (Standorttheorie), Anordnungs- und Transportproblemen, Programm- und Tourenplanungsproblemen, Mischungs-, Verschnitt- und Maschinenbelegungsproblemen, Reihenfolge-, Ersatz- und Investitionsproblemen (Investitionstheorie). Die Entwicklung von OR-Methoden und deren Einsatz zur Lösung praktischer Probleme wurde stark beeinflußt von dem explosionsartigen Fortschritt auf dem EDV-Sektor .Einmal konnten bereits manuell erprobte Verfahren deshalb mit Erfolg auf komplexe Probleme angewendet werden, weil der Einsatz von EDV-Anlagen Zeit und Kosten in vertretbaren Grenzen hielt. Zum anderen wurden spezielle, auf EDV-Anlagen zugeschnittene Algorithmen entwickelt, die auch dann noch brauchbare Lösungen liefern, wenn analytische Methoden oder manuelle Rechnungen versagen. Man kann zwar OR-Methoden ohne EDV-Kenntnisse verstehen, jedoch sind für den OR-Anwender Programmier-Erfahrungen unverzichtbar.

Literatur: W. Domschke/A. Drexl, Einführung in Operations Research. Heidelberg-Berlin 1990. T. Gal, Grundlagen des Operations Research (3 Bände). Heidelberg-Berlin 1987. F. S. Hillier/G. J. Lieberman, Operations Research - Einführung. München-Wien 1988. H. Müller-Merbach, Operations Research - Methoden und Modelle der Optimalplanung. München 1974. K. Neumann, Operations Research - Verfahren. 3 Bd. München 1975. W. Zimmermann, Operations Research - Quantitative Methoden zur Entscheidungsvorbereitung.
6. A., München  Wien 1992. H. J. Zimmermann, Methoden und Modelle des Operations Research, Braunschweig - Wiesbaden 1987.

 

 


 

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Operations Research (OR)