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Aktienrückkauf


Inhaltsübersicht
I. Begriffsbestimmung
II. Betriebswirtschaftliche Betrachtung
III. Rechtliche Aspekte
IV. Bilanzielle Aspekte
V. Steuerliche Aspekte
VI. Methoden für den Aktienrückkauf

I. Begriffsbestimmung


Der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft ist in Deutschland nur in besonderen Fällen (§71 AktG) zulässig. In diesem Beitrag wird der Aktienrückkauf im Hinblick auf eine Unternehmenswertsteigerung durch Verbesserung der Kapitalstruktur des Unternehmens behandelt. Andere Zielsetzungen wie „ Abwendung eines schweren, unmittelbar bevorstehenden Schadens von der Gesellschaft “ sind nicht Teil der Betrachtung.

II. Betriebswirtschaftliche Betrachtung


Der Aktienrückkauf ist ein Instrument zur Herstellung einer optimalen Kapitalstruktur des Unternehmens. Im Folgenden wird zunächst die Optimierung der Kapitalstruktur erläutert und abschließend die Umsetzungswege Aktienrückkauf und Sonderdividende verglichen.

1. Optimierung der Kapitalstruktur des Unternehmens


Das für das Unternehmen betriebsnotwendige Vermögen, das in Anlage- und Nettoumlaufvermögen auf der Aktivseite der Bilanz erscheint, wird durch Eigen- und Fremdkapital finanziert. Die Zielsetzung bei der Optimierung der Kapitalstruktur ist die Einstellung eines Verhältnisses zwischen Eigen- und Fremdkapital mit den niedrigsten durchschnittlichen Gesamtkapitalkosten:
Durchschnittliche gewichtete Kapitalkosten
Aktienrückkauf
Auf Basis dieses Zusammenhangs lassen sich für jedes Unternehmen die durchschnittlichen Kapitalkosten (auch „ WACC = Weighted Average Cost of Capital genannt) optimieren. Hierbei ist von besonderer Bedeutung, dass die erwarteten Renditen sowohl der Eigenkapitalgeber, als auch der Fremdkapitalgeber mit zunehmendem Verschuldungsgrad wachsen und die Eigenkapitalgeber ein höheres Renditeniveau fordern als die Fremdkapitalgeber. Diese Annahmen basieren auf der These, dass die erwartete Rendite eine Funktion des Risikos darstellt. Ein höherer Verschuldungsgrad stellt ein höheres Risiko dar und führt daher zu höheren Renditeforderungen der Kapitalgeber. Die höhere EK-Renditeforderung im Vergleich zu FK-Rendite resultiert aus dem Zusammenhang:
Aktienrückkauf
Die zusätzliche Berücksichtigung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen vergrößert den Abstand EK-Kosten zu FK-Kosten noch weiter.


Abb. 1: Verlauf der Kapitalkosten in Abhängigkeit vom Verschuldungsgrad (Perridon, L./Steiner, M. 1997)
Aus Abb. 1 geht hervor, dass es einen Bereich des optimalen Verschuldungsniveaus gibt, in dem die durchschnittlichen Kapitalkosten nahe an ihrem Minimum liegen. Die Senkung der rechnerischen Kapitalkosten durch Erhöhung des Verschuldungsgrads schlägt sich in einer Erhöhung der Kennzahl „ Ergebnis pro Aktie (EPS) “ nieder. Dieser Effekt ist um so größer, je niedriger das Zinsniveau im Kapitalmarkt ist und je niedriger die Aktien des Unternehmens bewertet sind, gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Hieraus ergibt sich allerdings nicht zwangsläufig eine höhere Aktienperformance (Rappaport, A. 1994).

2. Grenzen der Optimierung


In der Praxis sind bei der Anwendung des oben beschriebenen Modells zur Kapitalkostenoptimierung einige Probleme zu beachten:
– Ermittlungsgenauigkeit: Die Renditeaufschläge für Kredit- und Marktrisiken und somit die Renditeerwartungen insbesondere der Eigenkapitalgeber sind Ermittlungsproblemen und erheblichen Schwankungen unterworfen. Diese Schwierigkeiten lassen einen differenzierten Umgang mit rechnerischen Optimierungen ratsam erscheinen.
Transaktionskosten: Veränderungen der Kapitalstruktur (wie z.B. Aktienrückkauf, Kapitalerhöhungen) sind mit Kosten verbunden. Auch bei der Entscheidung zum Aktienrückkauf ist daher zu überprüfen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer entgegengesetzten Korrektur z.B. aufgrund einer Akquisition ist.

3. Aktienrückkauf im Vergleich zu Sonder-Dividendenausschüttung


Eine Verschiebung der Kapitalstruktur hin zu größerem Fremdkapitalanteil läßt sich neben dem Aktienrückkauf auch mit einer Sonder-Dividendenausschüttung kurzfristig realisieren. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Kursgewinnen und Dividendenerträgen im In- und Ausland sowie den unterschiedlichen individuellen Steuersätzen der Aktionäre läßt sich ein allgemein gültiges Urteil für eine Publikumsgesellschaft nicht treffen. Jedoch spricht die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre im Falle des Aktienrückkaufs (im Vergleich zur Sonderausschüttung) bzgl. Vereinnahmung von Erträgen eher für den Rückkauf.

III. Rechtliche Aspekte


Bis zur Verabschiedung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.04.1998 (BGBl. 1998 I S. 786) war der Erwerb eigener Aktien nur zu den in § 71 Abs. 1 Nr. 1 bis 7. AktG abschließend aufgezählten Zwecken zulässig. Durch die im Rahmen von KonTraG neu eingefügte Ziffer 8 in Absatz 1 des § 71 AktG ist die Möglichkeit geschaffen worden, den Vorstand durch Beschluß der Hauptversammlung zum Erwerb eigener Aktien auch ohne Bindung an einen bestimmten Zweck zu ermächtigen.
Dieser Hauptversammlungsbeschluß muß folgende Punkte regeln:

-

Geltungsdauer (maximal 18 Monate),

-

Festlegung des niedrigsten und höchsten Gegenwertes, zu dem Aktien erworben werden können (Angaben auch relativ zum künftigen Aktienkurs zulässig) und

-

Festlegung des Anteils am Grundkapital, bis zu dem ein Rückkauf erfolgen darf (max. 10%).


Außerdem sind noch folgende Regelungen zu beachten:

-

Nach § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG ist der Erwerb eigener Aktien nur dann zulässig, wenn die Gesellschaft über ausreichende freie Rücklagen verfügt.

-

Bei einem Aktienrückkauf ist der in § 53a AktG normierte Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre zu beachten.

-

Der Rückkauf darf nicht zum Zweck des Handels in eigenen Aktien erfolgen (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 AktG).


Die Gesellschaft kann die erworbenen Aktien (bei Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung der Hauptversammlung) ohne erneuten Beschluß der Hauptversammlung einziehen. Deckt der Beschluß der Hauptversammlung auch eine Veräußerung der erworbenen Aktien, ist auch hierbei der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a AktG) zu beachten. Sollen die Aktien beispielsweise im Rahmen eines Aktienoptionsprogramms bestimmten Personen überlassen werden, bedarf dies einer gesonderten Regelung im Ermächtigungsbeschluß der Hauptversammlung.

IV. Bilanzielle Aspekte


Bei der bilanziellen Behandlung des Erwerbs eigener Aktien sind zwei Fälle zu unterscheiden (BStBl. 1998 I S. 1509 – 1510): Die Aktivierung der erworbenen eigenen Aktien und das Absetzen vom Eigenkapital (keine Aktivierung):
1) Bei Aktivierung der erworbenen eigenen Aktien erfolgt eine Verbuchung im Umlaufvermögen zu den Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB. Als Gegenposten auf der Passivseite wird eine Rücklage für eigene Aktien nach § 272 Abs. 4 HGB gebildet. Der Wertansatz im Umlaufvermögen ist bei einem Kursrückgang zum Bilanzstichtag nach dem strengen Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 3 HGB) abzuschreiben. Im Falle einer Veräußerung der aktivierten eigenen Aktien gehen positive oder negative Differenzen zwischen Buchwert und Verkaufspreis in das Periodenergebnis ein.
2) Eigene Aktien, die zum Zwecke der Einziehung erworben wurden (Absetzen vom Eigenkapital (keine Aktivierung)), werden mit ihrem (gegebenenfalls rechnerischen) Nennwert vom Bilanzposten „ gezeichnetes Kapital “ abgesetzt. Die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Nennwert wird mit anderen Gewinnrücklagen verrechnet. Eventuelle mit dem Erwerb verbundene Kosten wie Bankprovisionen stellen betrieblichen Aufwand der Periode dar. Diese Vorgehensweise ist auch dann anzuwenden, wenn die Einziehung eines weiteren Hauptversammlungsbeschlusses bedarf. Bei Einziehung ist die Kapitalrücklage um den Nennbetrag der eingezogenen Aktien durch Umbuchung aus der Gewinnrücklage zu erhöhen.

V. Steuerliche Aspekte


Wie bei der Bilanzierung müssen auch bei der steuerlichen Behandlung des Aktienrückkaufs die beiden Fälle unterschieden werden (BStBl.1998 I S. 1510 – 1511):
1) Erworbene eigene Aktien, die nach handelsbilanziellen Grundsätzen zu aktivieren sind, stellen für den verkaufenden Aktionär ein Veräußerungsgeschäft dar, das nach allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung unterliegen kann (u.a. aus §§ 13 bis 18, 23 EStG oder § 21 UmwStG). Aus Sicht der Gesellschaft handelt es sich um ein Anschaffungsgeschäft. Die Aktien sind nach der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz auch in der Steuerbilanz mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG). Bei Zahlung eines überhöhten Kaufpreises kann eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anzunehmen sein. Ein überhöhter Preis wird nicht angenommen, wenn die Anteile von der Gesellschaft über die Börse oder im Tenderverfahren erworben werden. „ Veräußerungsgewinne aus der Weiterveräußerung eigener Aktien, die nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu aktivieren sind, unterliegen bei der Aktiengesellschaft der Besteuerung “ (BStBl.I S. 1511). Dieses gilt grundsätzlich auch für Veräußerungsverluste, bzw. Aufwand aus einer Teilwertabschreibung.
2) Erworbene eigene Aktien, die nach handelsbilanziellen Grundsätzen nicht zu aktivieren sind, stellen beim Aktionär ebenfalls ein Veräußerungsgeschäft dar, das nach allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung unterliegt (u.a. § 13 bis 18, 23 EStG oder § 21 UmwStG). Für die Gesellschaft stellt der Erwerb eigener Aktien ein Anschaffungsgeschäft dar, wobei eine Aktivierung wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) auch in der Steuerbilanz unterbleibt. Durch den Erwerb von eigenen Aktien verringert sich das steuerliche Betriebsvermögen der Gesellschaft. „ Diese Vermögensminderung beruht auf einem Rechtsvorgang, der gesellschaftsrechtlich veranlaßt ist und sich nicht auf den steuerlichen Gewinn der AG auswirken darf “ (BStBl. I S. 1511).
Der den Nennwert der Aktien übersteigende Kaufpreis wird im Anrechnungsverfahren zu Lasten von EK 04 gebucht, auch wenn EK 04 dadurch negativ wird (Wiese, G.T. 1999). (Zur Behandlung im Halbeinkünfteverfahren ausführlich s. Dötsch/Jost/Pung/Witt 1992, KStG § 8 Abs. 3 n. F. Rz. 1551 ff.).

VI. Methoden für den Aktienrückkauf


Beim Aktienrückkauf sind viele Gestaltungsformen möglich, die Modifikationen der drei Grundarten darstellen:

-

Rückkauf über die Börse,

-

Tender-Offer und

-

Optionen.


Der Rückkauf über die Börse ist die flexibelste und kostengünstigste Methode, die auch – zumindest in Deutschland – am häufigsten angewandt wird.
Der Tender-Offer ermöglicht eine schnelle Umsetzung auch größerer Rückkaufsbeträge, geht aber mit relativ hohen Kosten und Aufschlägen gegenüber Börsenkursen einher, was die angestrebten Vorteile aus der Optimierung der Finanzstruktur mindert. Praktiziert werden Tender-Offer in der Regel als „ Festpreisofferte “ oder „ Dutch-auction “ . Bei der letzteren Variante werden diejenigen Verkaufsangebote angenommen, die unter einem zum Schluß des Verfahrens festgesetzten Preislimit liegen. Die Ausführung erfolgt dann für alle akzeptierten Offerten zum einheitlichen Höchstpreis.
Der Einsatz von Optionen im Rahmen des Aktienrückkaufs stellt ein Instrument dar, bei dem eine Rechtsprechung zu rechtlich und steuerlich offenen Punkten z. Zt. noch nicht existiert. So bestehen u.a. Unsicherheiten bezüglich möglicher Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes beim „ Over-the-counter “ -Verkauf von Put-Optionen, bzw. Kauf von Call-Optionen. Die Ausgabe von Put-Optionen an alle Aktionäre (sogenannte Transferable-Put-Rights/TPR) wird neben dem relativ hohen Aufwand auch durch steuerliche Unsicherheiten hinsichtlich der Behandlung als steuerpflichtige Einnahmen belastet.
Literatur:
Brealey, R.A./Myers, A.C. : Principles of Corporate Finance, Intern. Edition 1991
Bundesministerium der Finanzen, : Bundessteuerblatt 1998, Teil I, Seiten 1509 – 1511
Christians, F.W. : Finanzierungshandbuch, Wiesbaden 1989
Deutsches Aktieninstitut e.V., : Der Erwerb Eigener Aktien in Deutschland, Frankfurt 1999
Dötsch, E./Jost, W./Pung, A./Witt, G. (Hrsg.) : Die Körperschaftssteuer: Kommentar zum Körperschaftssteuergesetz, Umwandlungsgesetz, Stuttgart ab 1992 (Stand 2006)
Perridon, L./Steiner, M. : Finanzwirtschaft der Unternehmung, München 1997
Rappaport, A. : Shareholder Value, Stuttgart 1994
Süchting, J. : Finanzmanagement-Theorie und Politik der Unternehmensfinanzierung, Wiesbaden 1995
Wiese, G.T. : Die steuerliche Behandlung des Aktienrückkaufs im Lichte des BMF-Schreibens, in: DStR 5/1999, S.187 – 189

 

 


 

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