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Marktversagen und Organisationsversagen


Inhaltsübersicht
I. Einleitung
II. Märkte und Marktversagen
III. Organisationen und Organisationsversagen

I. Einleitung


Die moderne Wirtschaftsentwicklung kann seit geraumer Zeit als ein Prozess der Arbeitsteilung und der Spezialisierung verstanden werden. Einzelne Teilnehmer am Wirtschaftsprozess (einzelne Akteure) stellen nicht mehr alle Güter selbst her, die sie zum Leben benötigen. Sie beschränken sich auf einige wenige Tätigkeiten, die verbunden mit den Tätigkeiten von anderen Akteuren zu Produkten führen. Die Produkte werden auf Märkten angeboten. Andere Akteure fragen diese Produkte nach. Es kommt zu einem Tauschprozess. Die Entscheidungen der Akteure über Angebot und Nachfrage von Produkten und Dienstleistungen (oder Gütern) müssen aber aufeinander abgestimmt, sie müssen koordiniert werden.
Die Koordination von Entscheidungen über Angebot und Nachfrage kann über unterschiedliche Mechanismen erreicht werden. Der Markt ist heutzutage sicherlich der prominenteste dieser Mechanismen. Pläne werden immer noch in einer ganzen Reihe von Staaten zur gesamtgesellschaftlichen Steuerung verwendet. Denkbar wäre auch der Einsatz von Verhandlungen, Auktionen und kollektiven Entscheidungen. Blickt man in der Geschichte etwas weiter zurück oder schaut man in heutiger Zeit etwas genauer hin, so kann man sehen, dass auch Sitten, Gebräuche, Traditionen und andere normative Systeme zur Koordination von Entscheidungen eingesetzt worden sind bzw. werden. Diese Koordinationsmechanismen können einzeln eingesetzt, aber auch kombiniert werden. Durch die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten entsteht eine unübersichtliche Vielzahl von möglichen Gestaltungsalternativen. Analysierbar sind diese Mischformen aber kaum. Das gilt vor allem dann, wenn man präzise Aussagen über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Mechanismen gewinnen will. Als Ausweg bleibt die Analyse einzelner Mechanismen und die Analyse der Beziehungen zwischen wenigen Mechanismen. Diesem Ausweg folgend werden anschließend zunächst einige Ergebnisse der Analyse von Märkten als Koordinationsmechanismus und dann einige Aussagen über das Verhältnis zwischen Märkten und Organisationen dargestellt und kommentiert.
Begriffe wie Markt- und Organisationsversagen (oder auch äquivalent Markt- und Organisationsfehler) klingen dramatisch. Missverständnisse liegen nahe. Gemeint ist aber ein ganz banaler Tatbestand. Von Versagen spricht man bei Koordinationsmechanismen, wenn diese unter bestimmten Bedingungen wünschenswerte Eigenschaften nicht aufweisen und deshalb ihre wesentlichen Funktionen nicht erfüllen können. Ohne Bezug zu diesen normativen Referenzkriterien kann man nicht von Versagen reden.

II. Märkte und Marktversagen


Märkte müssen in marktwirtschaftlich verfassten Wirtschaftssystemen als der primäre Koordinationsmechanismus verstanden werden. Sie sind in der Geschichte der ökonomischen Theorie ausgiebig untersucht worden (Schauenberg, Bernd 1993). Schon die Klassiker haben sich mit dieser Frage beschäftigt. Ihre Vermutung war, dass es bei rationaler Interessenwahrung der Akteure und bei Vertragsfreiheit über Tauschprozesse zu einem Tauschgleichgewicht kommen müsse, das von allen beteiligten Akteuren als vorteilhaft bewertet wird. Hinweise darauf, dass das nicht immer der Fall sein muss, gab es zwar. Ihnen wurde aber nicht näher nachgegangen. Mit der Neoklassik begann die Formalisierung der ökonomischen Theorie. Die Entscheidungsprobleme von Anbietern und Nachfragern wurden als Optimierungsprobleme formuliert. Aus der Lösung dieser Optimierungsprobleme konnten Angebots- und Nachfrageverhalten der Akteure ebenso wie Gleichgewichtsbedingungen abgeleitet werden. Gleichgewichte können effizient im Sinne des Pareto-Kriteriums sein: Die Position von keinem Akteur kann verbessert werden, ohne dass man mindestens einen anderen Akteur schlechter stellt. Diese Analysen machten schnell deutlich, dass die wesentlichen Eigenschaften von Märkten von einer ganzen Reihe von Annahmen abhängen, die empirisch durchaus gefährdet sein können. Die Diskussion um Marktversagen begann (Bator, Francis M. 1958). Existenz und Effizienz von Marktgleichgewichten wurden dann vor allem im Rahmen der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie (AGT) untersucht (Debreu, Gerard 1959; Arrow, Kenneth J./Hahn, Frank H. 1971). Diese Untersuchungen führten zu einer Neubelebung der Diskussion um Marktversagen (Arrow, Kenneth J. 1963; Arrow, Kenneth J. 1969). Einen letzten und entscheidenden Beitrag leisteten dann die Analysen der Eigenschaften von Märkten bei asymmetrisch verteilten Informationen (Stiglitz, Joseph E. 2002). Als Konsequenz der Ergebnisse dieser Diskussion wurde Marktversagen der Ausgangspunkt neuerer ökonomischer Analysen (Schauenberg, Bernd/Schmidt, Reinhard H. 1983; Schauenberg, Bernd 1998).
Die Leistungsfähigkeit von Märkten als Mechanismen zur Koordination individueller Entscheidungen war (und ist) umstritten. Die AGT will klären, ob und unter welchen Bedingungen Existenz und Effizienz von Gleichgewichten möglich sind. Aber sie will noch mehr: „ In attempting to answer the question \'Could it be true?\', we learn a good deal about why it might not be true “ (Arrow, Kenneth J./Hahn, Frank H. 1971, S. vii). Die AGT will also auch eine Theorie des Marktversagens sein. Hier werden nur einige wenige Bausteine der AGT skizziert.
Die AGT muss alle denkbaren Tauschprozesse in einer Ökonomie abbilden. Deshalb steht sie unter einem starken Vereinfachungsdruck. Sie betrachtet nur zwei Gruppen von Akteuren – Unternehmen und Haushalte. Unternehmen kaufen Güter (Produktionsfaktoren), um andere Güter (Produkte) herzustellen. Die Beziehung zwischen Faktoren und Produkten wird über Technologiemengen (oder über Produktionsfunktionen) abgebildet. Ziel der Unternehmen ist es, Gewinne zu maximieren. Haushalte bieten ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt an, können aber auch über Anteile an Unternehmen und über ein Anfangsvermögen verfügen. Sie erwerben bei gegebenen Budgetbeschränkungen nutzenstiftende Güter von den Unternehmen. Ihr Ziel ist es, ihren Nutzen zu maximieren. Gleichgewichte ergeben sich dann, wenn es ein positives Preissystem so gibt, dass die Unternehmen ein Gewinnmaximum und die Haushalte ein Nutzenmaximum realisieren und außerdem das gesamte Angebot mit der gesamten Nachfrage übereinstimmt. Marktmodelle lassen sich auch bei Unsicherheit formulieren. Dazu müssen die Akteure Erwartungen über die möglichen Zustände der Welt bilden und es muss die Möglichkeit geben, Verträge auf diese Zustände zu bedingen.
Existenz und Effizienz von Gleichgewichten hängen notwendigerweise von allen Annahmen ab, die zur Formulierung der AGT nötig sind. Daraus folgt, dass es außerordentlich schwierig ist, einen eindeutigen Begriff von Marktversagen zu formulieren. Vollkommen können Märkte nämlich nur auf eine Weise, unvollkommen können sie auf höchst unterschiedliche Weise sein (Schauenberg, Bernd 1998, S. 26 – 27). Einen Ausweg hat Arrow vorgeschlagen (Arrow, Kenneth J. 1969). Er konzentriert sich auf zwei Bedingungen, die für mehrere Ergebnisse der AGT wesentlich sind. Die erste dieser Bedingungen ist die Konvexitätsbedingung. Sie fordert u.a. die Abwesenheit von steigenden Skalenerträgen, abnehmende Grenznutzen bei den Haushalten sowie Risikoaversion bei allen Akteuren. Diese Bedingung ist immer verletzt, wenn Unternehmen Größenvorteile realisieren können. Dann fallen die Stückkosten. Bei positiven Preisen führt das dann dazu, dass die Stückgewinne bei einer Ausweitung der Produktion immer steigen. Wenn aber das Gewinnmaximum im Unendlichen liegt, können die Unternehmen allein auf der Basis von Preisinformationen nicht mehr planen. Der Marktmechanismus hat somit eine seiner wichtigsten Eigenschaften verloren. Die zweite Bedingung ist die Universalitätsbedingung. Sie fordert, dass alle von den Unternehmen eingesetzten Produktionsfaktoren und alle nutzenstiftenden Konsumgüter der Haushalte auf Märkten beschafft werden müssen. Diese Bedingung wird vor allem dann verletzt, wenn externe Effekte vorliegen. Negative externe Effekte führen etwa dazu, dass unentgeltlich nutzbare Produktionsfaktoren zu sehr genutzt werden, positive externe Effekte dazu, dass gesamtgesellschaftlich sinnvolle Aktivitäten zu gering ausfallen. In diesen Fällen kann man also bezogen auf die normativen Kriterien der AGT von Marktversagen sprechen. Weitere Probleme ergeben sich dann, wenn man bei Unsicherheit daran denkt, dass Zustände nicht genau beschrieben oder nicht unterschieden werden können oder wenn asymmetrische Informationsverteilungen dazu führen, dass die Akteure für sie vorteilhafte Verträge nicht erreichen können (Milgrom, Paul/Roberts, John 1992, S. 19 – 53; Kräkel, Matthias 1999, S. 5 – 58). Einen anderen Zugang zur Analyse von Funktionsschwächen des Marktes erreicht man, wenn man fragt, ob die Markttheorie wesentliche Determinanten von Tauschprozessen nicht abbildet. Dann kommt man zur Analyse von Transaktionskosten (Coase, Ronald H. 1937). Transaktionskosten kann man als Kosten der Nutzung eines Koordinationsmechanismus verstehen. Wenn sie für bestimmte Transaktionen zu hoch sind, tritt ein Effekt ein, der mit den zuletzt erwähnten Effekten vergleichbar ist. Transaktionen, die für Akteure vorteilhaft sind, kommen nicht zustande.
Konvexitätsprobleme, Universalitätsprobleme, Unsicherheitseffekte und Transaktionskosten können dazu führen, dass der Markt als Koordinationsmechanismus Funktionsschwächen hat und Marktversagen eintritt. Wenn dies der Fall ist, hat das Konsequenzen. Andere Koordinationsmechanismen können eingesetzt werden. Dann aber ist zu bedenken, dass diese Koordinationsmechanismen vermutlich auch Funktionsschwächen haben. Die Konsequenzen dieses Tatbestands sind nicht einfach zu bewerten. Dies kann vor allem am Beispiel von Organisationen (insb. von privaten Unternehmen) gezeigt werden.

III. Organisationen und Organisationsversagen


Die Unternehmen der AGT haben mit realen Unternehmen wenig zu tun. Sie sind allein durch ihre Kenntnisse über die Transformation von Produktionsfaktoren zu Produkten charakterisiert. Ansonsten haben sie ein vergleichsweise einfaches Optimierungsproblem zu lösen. Organisationsprobleme fallen dabei kaum an. In einer Welt mit Marktversagen ändert sich das. Unternehmen werden dann weitreichendere Funktionen übernehmen. Sie können u.a. Skalen- und Breitenvorteile realisieren, wachsen, fusionieren und damit eine beachtliche interne Komplexität erreichen. Organisationsprobleme fallen in solchen Unternehmen in großer Zahl an. Unternehmen werden unter solchen Bedingungen „ als eine auf Dauer angelegte kooperative Veranstaltung von Individuen mit nicht notwendigerweise identischen Interessen zur Sicherung von höchst prekären möglichen Vorteilen gemeinsamen und koordinierten Verhaltens “ (Schauenberg, Bernd/Schmidt, Reinhard H. 1983, S. 249) verstanden. Diese Definition verweist auf zwei Organisationsprobleme – auf Koordinationsprobleme und auf Kooperationsprobleme. Bei der Lösung beider Probleme kann es zu Organisationsversagen (oder Organisationsfehlern) kommen. Die anderen Bestandteile der Definition werden nachfolgend nicht problematisiert (Schauenberg, Bernd 1998).
Koordinationsprobleme ergeben sich dadurch, dass die Handlungen von vielen Menschen im Hinblick auf sachliche, räumliche und zeitliche Dimensionen hin abgestimmt werden müssen. Dadurch entstehen Koordinationsspiele (Föhr, Silvia 1997, S. 128 – 176). In einem einfachen Koordinationsspiel können die Spieler A und B jeweils zwei Handlungen wählen, also a1 und a2 bzw. b1 und b2. Gelingt die Koordination, sei das Ergebnis für beide Eins, gelingt sie nicht, sei es für beide Null. Die Spielmatrix ist dann:
Marktversagen und Organisationsversagen
Abb. 1: Erstes Koordinationsspiel
Die Koordinationsprobleme werden in diesem einfachen Spiel sofort deutlich. Es gibt mit den Strategiekombinationen (a1, b1) und (a2, b2) zwei Koordinationsgleichgewichte. Gelingt die Koordination nicht und tritt entweder (a1, b2) oder (a2, b1) ein, dann liegt ein Koordinationsfehler erster Art vor. Eine ebenso einfache Variante weist auf ein weiteres Problem hin:
Marktversagen und Organisationsversagen
Abb. 2: Zweites Koordinationsspiel
Auch in diesem Spiel gibt es zwei Gleichgewichte. Diese unterscheiden sich aber im Hinblick auf die Ergebnisse. Wird die Strategiekombination (a1, b1) realisiert, dann erreicht man zwar ein Koordinationsgleichgewicht. Dessen Ergebnisse werden aber durch die Ergebnisse der Strategiekombination (a2, b2) dominiert. Es liegt ein Koordinationsfehler zweiter Art vor. Diese Überlegungen machen deutlich, dass es schon bei recht einfachen Koordinationsproblemen zu Komplikationen kommen kann.
Kooperationsprobleme kann man am Beispiel des Gefangenendilemmas erläutern. Mit K wird die Strategie des Kooperierens, mit D die Strategie des Defektierens (nicht Kooperieren) für beide Spieler bezeichnet. Die Spielmatrix ist:
Marktversagen und Organisationsversagen
Abb. 3: Gefangenendilemma mit y > x > w > z
Wenn dieses Spiel einmal gespielt wird, dann werden beide Spieler die wegen y > x und w > z dominierende Strategie D wählen und deshalb das Ergebnis (w, w) realisieren. Es kommt zwingend zu einem Kooperationsversagen. Für reale Unternehmen aber kann man annehmen, dass es zu wiederholten Interaktionen kommt. Die Ergebnisse der Theorie wiederholter Spiele können genutzt werden. Kooperation ist dann grundsätzlich möglich. Kooperationsversagen kann verhindert werden. Man wird allerdings eine Reihe von Bedingungen beachten müssen (Lohmann, Christopher 2000, S. 73 – 339). Zu den wichtigeren Bedingungen zählen:

-

Kein Spieler darf die letzte Runde kennen.

-

Die Spieler müssen geduldig sein, d.h. ihre Zeitpräferenzen dürfen nicht zu groß sein.

-

Die Defektionsgewinne dürfen nicht größer sein als die noch erreichbaren Kooperationsrenten.

-

Die Spieler müssen ihr Verhalten vom Verhalten der Mitspieler abhängig machen. Sie dürfen nur bedingt kooperieren.

-

Wenn es mehrere Kooperationslösungen gibt, müssen sich die Spieler auf eine Lösung einigen. Sie müssen ein einfaches Koordinationsproblem lösen.


Diese (und weitere hier nicht erwähnte) Bedingungen wirken scharf und einschneidend. Das aber scheint, wie die organisationsökonomischen Analysen der letzten Jahre ergeben haben, nicht der Fall zu sein (Lohmann, Christopher 2000). Wenn die Bedingungen erfüllt sind, werden Kooperationsrenten realisiert. Wenn sie verfehlt werden, treten Kooperationsfehler als eine zweite Möglichkeit von Organisationsversagen auf.
Koordinations- und Kooperationsprobleme ergeben sich aus den Funktionen von Unternehmen als Koordinationsmechanismen. Koordinations- und Kooperationsfehler verweisen darauf, dass auch die Organisation von Unternehmen nicht frei von Komplikationen sein kann. Der Rückgriff auf ökonomische und auf spieltheoretische Argumente hat den Vorteil, dass man analog zum Begriff des Marktversagens präzise Begriffe von Organisationsversagen formulieren kann, aber auch den Nachteil, dass er zu einem engen Fehlerbegriff führt. Organisationsversagen kann auf eine Reihe von weiteren Ursachen zurückgeführt werden. Es kann etwa daran liegen, dass die verantwortlichen Entscheider Entscheidungsfehler begehen, dass die organisatorischen Entscheidungsprozesse defekt sind, dass es zu technischen Störungen kommt oder dass Regulierungsauflagen verletzt werden. Eine solche Liste von möglichen Varianten von Organisationsversagen ist nicht uninteressant. Sie hat aber einen entscheidenden Nachteil. Sie führt nicht zu einer erkennbaren Systematik. Das liegt daran, dass Organisationen bei Marktfehlern sehr vielfältige Funktionen übernehmen können und deshalb auch auf sehr unterschiedliche Weisen scheitern können.
Einen denkbaren Ausweg bieten empirische Befunde der Krisenforschung. In dieser Literatur werden Krisen, wie etwa Managementfehler, Unfälle und Katastrophen, untersucht. Ein wichtiger Befund ist, dass Krisen fast immer eine lange Inkubationsperiode haben (Turner, Barry A. 1976). Informationen, die auf mögliche Probleme schließen lassen, werden nicht wahrgenommen oder nicht verarbeitet. Hier könnte man von einem weiteren Fall von Organisationsversagen sprechen, weil Informationen, die in einer Organisation verfügbar sind, nicht verarbeitet werden. Das aber ist nicht unproblematisch. Aus der entscheidungstheoretischen Diskussion um den Wert von Informationen weiß man nämlich, dass es durchaus rational sein kann, zusätzliche Informationen nicht zu erwerben und/oder nicht zu verarbeiten (Schauenberg, Bernd 1998, S. 35 – 36).
Organisationsversagen ist bei Unsicherheit offenbar nur schwer zu präzisieren. Das kann an einer einfachen Überlegung erläutert werden. Man betrachte eine Organisation, die bei Unsicherheit in zwei Zuständen sein kann. Im Zustand 1, der mit der Wahrscheinlichkeit p1 eintritt, sei die Organisation funktionsfähig. Im Zustand 2, der mit der Gegenwahrscheinlichkeit p2 = 1 – p1 eintritt, habe sie einen Fehler. Wenn die Organisation ihre Zuverlässigkeit erhöhen will, wird sie versuchen, die Wahrscheinlichkeit p1 zu erhöhen. Unter realistischen Bedingungen wird man oft nicht davon ausgehen können, dass die Fehlerwahrscheinlichkeit Null werden kann. Dann aber kann es bei einer sehr sorgfältigen Organisation passieren, dass ein Unfall eintritt, aus dem nicht auf Organisationsversagen geschlossen werden kann. Hilfreich wäre, wenn es in solchen Situationen exogene Kriterien für das Vorliegen eines Fehlers geben würde. Die aber sind aus der ökonomischen Literatur kaum zu gewinnen.
Literatur:
Arrow, Kenneth J. : The organization of economic activity: Issues pertinent to the choice of market versus nonmarket allocation, in: The analysis and evaluation of public expenditures: The PBB system. 91st Congress, 1st Session, Vol. 1, hrsg. v. Joint Economic Committee, Washington 1969, S. 47 – 64
Arrow, Kenneth J. : Uncertainty and the welfare economics of medical care, in: AER, Jg. 53, 1963, S. 941 – 973
Arrow, Kenneth J./Hahn, Frank H. : General competitive analysis, San Francisco 1971
Bator, Francis M. : The anatomy of market failure, in: QJE, Jg. 72, 1958, S. 351 – 379
Coase, Ronald H. : The nature of the firm, in: Economica, Jg. 4, 1937, S. 386 – 405
Debreu, Gerard : Theory of value, New Haven – London 1959
Föhr, Silvia : Organisation und Gleichgewicht: Möglichkeiten und Grenzen einer strukturalistisch fundierten Organisationstheorie, Wiesbaden 1997
Kräkel, Matthias : Organisation und Management, Tübingen 1999
Lohmann, Christopher : Organisation dauerhafter Kooperation, München – Mering 2000
Milgrom, Paul/Roberts, John : Economics, organization and management, Englewood Cliffs, NJ 1992
Schauenberg, Bernd : Gegenstand und Methoden der Betriebswirtschaftslehre, in: Vahlens Kompendium der Betriebswirtschaftslehre, Band 1, hrsg. v. Bitz, Michael et al., 4. A., München 1998, S. 1 – 56
Schauenberg, Bernd : Theorien der Unternehmung, in: HWB, hrsg. v. Wittmann, Waldemar et al., 5. A., Stuttgart 1993, Sp. 4168 – 4182
Schauenberg, Bernd/Schmidt, Reinhard H. : Vorarbeiten zu einer Theorie der Unternehmung als Institution, in: Rekonstruktion der Betriebswirtschaftslehre als ökonomische Theorie, hrsg. v. Kappler, Ekkehard, Spardorf 1983, S. 247 – 276
Stiglitz, Joseph E. : Information and the change in the paradigm in economics, in: AER, Jg. 92, 2002, S. 460 – 501
Turner, Barry A. : The organizational and interorganizational development of disasters, in: ASQ, Jg. 21, 1976, S. 378 – 397

 

 


 

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