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Gewinn- und Verlustrechnung, Gesamtkostenverfahren


Inhaltsübersicht
I. Die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren (GKV)
II. Grundlagen der Prüfung der Gewinn- und Verlustrechnung
III. Ausweisprüfung der Gewinn- und Verlustrechnungspositionen
IV. Zusammenhang zwischen der Gewinn- und Verlustrechnungsprüfung und der Bilanzprüfung
V. Besonderheiten der Gewinn- und Verlustrechnung nach US-GAAP und IFRS/IAS

I. Die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren (GKV)


Die Gewinn- und Verlustrechnung bildet zusammen mit der Bilanz den JA (§ 242 III HGB), der bei Kapitalgesellschaften und bei Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 264a HGB um den Anhang erweitert wird (§ 264 I Satz 1 HGB). Der JA der Kapitalgesellschaften und der Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 264a HGB hat nach § 264 II Satz 1 HGB unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- und Finanzlage sowie der Ertragslage zu vermitteln. Das hauptsächliche Informationsinstrument im Hinblick auf die Ertragslage ist die GuV. In der GuV werden sämtliche Aufwendungen und Erträge eines Geschäftsjahrs (Vollständigkeitsgebot, § 246 I Satz 1 HGB), das die Dauer von zwölf Monaten nicht überschreiten darf (§ 240 II Satz 2 HGB), erfasst. Im Gegensatz zur Bilanz, die eine Zeitpunktrechnung ist, handelt es sich bei der GuV daher um eine Zeitraumrechnung. Die GuV der Kapitalgesellschaften und der Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 264a HGB ist in Staffelform (§ 275 I Satz 1 HGB) aufzustellen. Merkmal der Staffelform ist die Bildung von Teilsalden in Bezug auf sachlich zusammengehörende und gesondert ausgewiesene Erträge und Aufwendungen (vgl. Abb. 1), sodass der Gesamterfolg in Teilerfolge (Grundsatz der Erfolgsspaltung) aufgespalten wird.
Gewinn- und Verlustrechnung, Gesamtkostenverfahren
Abb. 1: Struktur der GuV als Staffelrechnung
Nach dem Gliederungsschema (§ 275 II HGB) brauchen Betriebsergebnis und Finanzergebnis nicht als Zwischensalden ausgewiesen werden. Hinsichtlich der Erfassung und Darstellung der einzelnen Erträge und Aufwendungen gilt grundsätzlich die unsaldierte Erfassung der einzelnen Erträge und einzelnen Aufwendungen (Bruttoprinzip, § 246 II HGB).
Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 264a HGB haben nach § 275 HGB das Wahlrecht, die GuV entweder nach dem GKV oder nach dem Umsatzkostenverfahren (UKV) aufzustellen. Beide Verfahren führen zum gleichen Jahresüberschuss oder -fehlbetrag als Unternehmungsergebnis und unterscheiden sich im Wesentlichen in Bezug auf die Darstellung des Betriebsergebnisses und hier des Betriebsergebnisses i.e.S. (vgl. Abb. 2). Die in beiden Verfahren von ihren Bezeichnungen her identischen Posten (wie sonstige betriebliche Aufwendungen) können sich inhaltlich unterscheiden. Für die Ermittlung des Betriebsergebnisses (i.e.S.) kann als Basis der Rechnung entweder – wie beim GKV – die Produktionsmenge (Produktionserfolgsrechnung) oder – wie beim UKV – die Absatzmenge (Absatzerfolgsrechnung) des Geschäftsjahres genommen werden.
Gewinn- und Verlustrechnung, Gesamtkostenverfahren
Abb. 2: Struktur des Betriebsergebnisses
Die betrieblichen Aufwendungen (i.e.S.) sind nach dem GKV artmäßig gegliedert in der GuV zu erfassen (vgl. Abb. 3).
Gewinn- und Verlustrechnung, Gesamtkostenverfahren
Abb. 3: Struktur des Betriebsergebnisses (i.e.S.) nach dem GKV
Eine Kapitalgesellschaft oder Personenhandelsgesellschaft i.S.d. § 264a HGB hat die in § 275 II HGB aufgeführten Positionen im Einzelnen in ihrer GuV nach dem GKV auszuweisen, wobei für kleine und mittelgroße Gesellschaften gem. § 276 HGB Erleichterungen vorgesehen sind, und dabei im Zeitablauf das Prinzip der Gliederungsstetigkeit einzuhalten.
Darüber hinaus können unabhängig vom GKV oder UKV weitere im Gliederungsschema des § 275 II und III HGB nicht aufgeführte Positionen in Frage kommen wie Erträge und Aufwendungen aus Gewinngemeinschaften, Gewinnabführungsverträgen sowie aus Verlustübernahmen (§ 277 III HGB), spezielle Steuerposition bei Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 264a HGB (§ 264c III Satz 2 HGB) oder Gewinnverwendungsrechnung gem. § 158 I AktG.

II. Grundlagen der Prüfung der Gewinn- und Verlustrechnung


Mittelgroße und große Kapitalgesellschaften sowie Personenhandelsgesellschaften i.S.d. § 264a HGB haben ihren JA gesetzlich prüfen (§ 316 I HGB) zu lassen. Als Teil des JA ist dann auch die GuV uneingeschränkt zu prüfen. Weitere Prüfungen der GuV können auf Grund freiwilliger oder vertraglicher Prüfungen vorkommen.
Die Festlegung der Prüfungsobjekte als kleinste Einheiten innerhalb des fixierten Prüfungsgegenstandes ist abhängig davon, ob es sich um eine Einzelfallprüfung oder um eine Systemprüfung handelt. Bei der Prüfung der Umsatzerlöse wird im Regelfall nicht der einzelne Umsatzvorgang im Vordergrund stehen, sondern die Frage, von welcher Qualität das für diesen Bereich geltende Interne Kontrollsystem ist, das gewährleisten soll, dass jede erbrachte Absatzleistung überhaupt und in zutreffender Höhe berechnet sowie periodengerecht buchhalterisch erfasst wird. Von den Ergebnissen der Systemprüfung hängt es dann ab, in welchem Ausmaß Einzelfallprüfungen vorzunehmen sind. In Bezug auf solche Einzelfallprüfungen muss festgelegt werden, ob diese auf der Basis einer Teilerhebung, die i.d.R. bei der GuV-Prüfung ausreichend für ein zuverlässiges Prüfungsurteil sein dürfte, oder auf der Basis einer Vollerhebung stattfinden sollen, sodass alle betreffenden Prüfungsobjekte einer lückenlosen Pr unterzogen werden müssen. Hinsichtlich der bei den einzelnen Prüfungsobjekten vorgenommenen Prüfungshandlungen kann zwischen formeller und materieller Pr unterschieden werden. Die formelle Pr bezieht sich auf die Pr der ordnungsgemäßen Erfassung und der rechnerisch richtigen Verarbeitung der Prüfungsobjekte (z.B. ist eine Ausgangsrechnung erfasst und sind ihre Informationen rechnerisch richtig mit unter der GuV-Position Umsatzerlöse verarbeitet?), während die materielle Pr auf den Nachweis und die Feststellung der inhaltlichen Richtigkeit der Prüfungsobjekte hinzielt (z.B. lag dieser Rechnung tatsächlich ein Verkaufsvorgang zugrunde, der inhaltlich hinsichtlich seiner Mengen- und seiner Wertkomponente richtig dargestellt ist?). Auch wenn die GuV-Prüfung im Rahmen der Jahresabschlussprüfung vorrangig eine von externen Prüfern durchgeführte formelle Ordnungsmäßigkeitsprüfung ist, ist in der Prüfungspraxis bezogen auf einzelne Prüfungsobjekte eine strikte Trennung weder sinnvoll noch möglich. Formelle und materielle Prüfungen ergänzen einander vielmehr. Prüfungen der GuV-Positionen können im Hinblick auf den Prüfungsablauf als progressive (vom Beleg ausgehend) oder als retrograde Pr (von der GuV-Position ausgehend) gestaltet sein.
Die Bilanz als Zeitpunktrechnung und die GuV als Zeitraumrechnung sind auf Grund des Systems der doppelten Buchführung und des damit gegebenen Zwangs, bei jeder Ertrags- und Aufwandsbuchung eine wertgleiche Buchung auf einem Bestandskonto vorzunehmen, rechnungstechnisch verknüpft. Aus dieser Verknüpfung ergibt sich, dass die Pr der GuV-Positionen im engen Zusammenhang mit der Pr von Bilanzpositionen zu sehen ist. Die Ausgaben für eine Maschine z.B. werden im Jahr ihrer Anschaffung in der Bilanz aktiviert. In der GuV erscheinen sie als Abschreibungsaufwand nur insoweit, als sie auf das Geschäftsjahr auf Grund der Wertminderung oder in Ausnutzung bilanzpolitischer Handlungsspielräume zu verrechnen sind. Wie hoch der Abschreibungsaufwand in der GuV angesetzt wird, ist mithin abhängig von der Höhe des Bilanzansatzes der Maschine in der Bilanz zum Abschlussstichtag. Wegen dieser Verbindung von Bilanz und GuV können die Ergebnisse von Prüfungen von Bilanzpositionen auch der Pr von damit unmittelbar zusammenhängenden GuV-Positionen zugrunde gelegt werden, sodass die GuV-Prüfung insofern eine indirekte Pr ist. Eine eigenständige GuV-Prüfung kommt nur bei solchen GuV-Positionen vor, bei denen sich insbesondere wegen der Heterogenität der darunter erfassten Ertrags- und Aufwandspositionen eine indirekte Pr im Zusammenhang mit Bilanzpositionen nicht als zweckmäßig erweist oder bei denen wegen der Vielzahl von Prüfungshandlungen, die im Zusammenhang mit einer GuV-Position vorzunehmen sind, eine direkte Pr geboten erscheint. Ersteres ist bei den außerordentlichen, aperiodischen sowie sonstigen betrieblichen Erträgen und Aufwendungen gegeben, für letzteres ist der Personalaufwand ein Beispiel.
Die Pr der Jahresabschlusspositionen kann generell in eine Ausweisprüfung (einschließlich Nachweisprüfung) und in eine Bewertungsprüfung untergliedert werden. Im Rahmen der GuV-Prüfung steht die Ausweisprüfung im Mittelpunkt, da Bewertungsfragen im allgemeinen bereits bei der Bilanzprüfung durchgeführt wurden. Bei der Ausweisprüfung empfiehlt es sich, zugleich zu prüfen, ob bestimmte mit der GuV zusammenhängende Angaben gemacht wurden wie z.B. die gesonderte Angabe der außerplanmäßigen Abschreibungen (§ 277 III Satz 1 HGB), Erläuterung der ao. und periodenfremden Aufwendungen und Erträge (§ 277 IV HGB), Angaben darüber, wie die Ertragsteuern das ordentliche und das ao. Ergebnis belasten (§ 285 Nr. 6 HGB), Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen und geographischen Märkten (§ 285 Nr. 4 HGB), Angaben zu steuerrechtlichen Beeinflussungen (§§ 285 Nr. 5, 281 II Satz 1, 280 III HGB).

III. Ausweisprüfung der Gewinn- und Verlustrechnungspositionen


Die Ausweisprüfung erstreckt sich auf die Erfüllung von drei Postulaten: das Postulat des sachgemäßen Ausweises, das Postulat des vollständigen Ausweises und das Postulat des periodengerechten Ausweises.

1. Prüfung des sachgemäßen Ausweises der Aufwendungen und Erträge


Das Postulat des sachgemäßen Ausweises der Aufwendungen und Erträge soll eine exakte und sachlich gerechtfertigte Zuordnung der einzelnen Geschäftsvorfälle auf die Aufwands- und Ertragspositionen der GuV gewährleisten. Beurteilungsmaßstäbe des sachgemäßen Ausweises sind bei der Pr des GKV das gesetzlich dafür vorgeschriebene Mindestgliederungsschema (§ 275 II HGB) sowie die gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich einzelner GuV-Positionen (wie Umsatzerlöse, Bestandsänderungen, außerplanmäßige Abschreibungen, Steuern; §§ 277, 278 HGB). Die Pr erstreckt sich auf die Einhaltung dieses Gliederungsschemas (und seiner gesetzlich vorgesehenen Ergänzungen, z.B. Erträge und Aufwendungen aus Verlustübernahmen) sowie die Einhaltung der inhaltlichen Abgrenzung einzelner GuV-Positionen. Bei vorgenommenen Abweichungen geht es um die Frage, ob diese Abweichungen gesetzlich sanktioniert werden können, weil der Inhalt nicht von einem vorgeschriebenen Posten gedeckt wird (z.B. bei einer weitergehenden Gliederung; § 265 V HGB), weil durch sie Klarheit und Übersichtlichkeit des JA wegen der Besonderheiten bei der Kapitalgesellschaft gefördert werden (z.B. bei einer Zusammenfassung; § 265 VII HGB) oder weil weder im Berichtsjahr noch im vorangegangenen Geschäftsjahr ein Ausweis erforderlich war (z.B. bei einem Leerposten; § 265 VIII HGB). Die Pr des sachgemäßen Ausweises erstreckt sich auch auf die Einhaltung des Gebots der Gliederungsstetigkeit, sodass im Zeitablauf gleich benannte GuV-Positionen auch in gleicher Weise sachlich abgegrenzt sind.
Zur Pr des sachgemäßen Ausweises ist eine Pr des Herleitungsweges der betreffenden GuV-Position erforderlich: Geschäftsvorfall – Kontierung – Verbuchung – Überleitung des Kontos in eine GuV-Position. Der für den sachgemäßen Ausweis kritische Vorgang ist dabei die Überleitung eines Kontoinhalts in eine GuV-Position (Kontenzuordnung). Da die gleiche Überleitung für alle auf einem Konto verbuchten Geschäftsvorfälle gilt, hat diese Pr generell am Kontenplan und der genauen Definition des Inhalts des jeweiligen Kontos anzusetzen.
Ob ein sachgemäßer Ausweis in Bezug auf einzelne Geschäftsvorfälle vorliegt, ist in Zweifelsfällen an Hand der Buchungstexte und/oder der zugrunde liegenden Belege zu prüfen. Insbes. bei „ Sammelpositionen “ wie den sonstigen betrieblichen Erträgen und Aufwendungen (§ 275 II Nr.4 und 8) und den außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen (§ 275 II Nr.15 und 16) ist eine eingehende Überprüfung des sachgemäßen Ausweises erforderlich. Häufig werden in diese „ Sammelpositionen “ Posten aufgenommen, weil Zweifel an ihrer Zuordnung zu anderen GuV-Positionen bestehen. Es ist daher zu prüfen, ob diese Posten nicht anderen GuV-Positionen zugeordnet werden müssen.

2. Prüfung des vollständigen Ausweises der Aufwendungen und Erträge


Mit dem Postulat des vollständigen Ausweises der Aufwendungen und Erträge soll eine einheitliche Mindestanforderung der Aussagefähigkeit für alle Bilanzadressaten gewährleistet werden. Die Pr des vollständigen Ausweises soll sicherstellen, dass alle Geschäftsvorfälle, die zu Aufwand und Ertrag in der Periode geführt haben, erfasst sind, dass also weder Vorgänge hinzugefügt noch weggelassen worden sind. Zur Pr der Vollständigkeit können generell sachliche oder zeitliche Interdependenzen zwischen Bilanz- und/oder GuV-Positionen genutzt werden. So bestehen z.B. sachliche Interdependenzen zwischen den hergestellten Einheiten und dem Materialverbrauch sowie zeitliche Interdependenzen bei regelmäßig wiederkehrenden Buchungen (z.B. bei Mieten, Pachten, Strom, Zinsen). Aber auch unabhängig von der zu prüfenden GuV-Position ermittelte Soll-Aufwendungen oder Soll-Erträge (z.B. Berechnung der Soll-Zinserträge/Soll-Zinsaufwendungen bei Darlehensforderungen/-verbindlichkeiten, die vereinbarungsgemäß hätten anfallen müssen, Verprobung der Umsatzerlöse mit Hilfe der Warenstatistik oder der Angaben der Umsatzsteuererklärung oder -voranmeldungen) können zur Pr der Vollständigkeit herangezogen werden. Die Pr des vollständigen Ausweises stellt sich mithin als Nachweisprüfung dar, mit der ein Urteil darüber erreicht werden soll, ob einerseits alle ausgewiesenen Erträge und Aufwendungen realiter vorgekommen sind und ob andererseits alle realiter vorgekommenen Erträge und Aufwendungen auch ausgewiesen sind.

3. Prüfung des periodengerechten Ausweises der Aufwendungen und Erträge


Das Postulat des periodengerechten Ausweises korrespondiert mit dem Postulat des sachgemäßen Ausweises. Da die GuV immer für einen bestimmten Zeitraum (i.d.R. ein Jahr) aufgestellt wird, die Totalperiode eines Unternehmens aber i.A. über diesen Zeitraum hinausgeht, ist eine periodengerechte Erfassung der Aufwendungen und Erträge erforderlich. Aperiodische Aufwendungen und Erträge können bei allen Positionen der GuV entstehen. Daher ist bei der GuV-Prüfung auf die richtige zeitliche Einordnung von Erträgen und Aufwendungen, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Einnahme und Ausgabe, zu achten, und zwar sowohl bei denjenigen GuV-Positionen, die im Rahmen der Bilanzprüfung überprüft werden, als auch bei denjenigen, bei denen eine explizite GuV-Prüfung durchgeführt wird. Beurteilungsmaßstäbe bei der Pr des periodengerechten Ausweises sind das Realisations- und Imparitätsprinzip.

4. Bewertungsprüfung der Gewinn- und Verlustrechnungspositionen


Probleme, die bei einer Pr der Bewertung einzelner GuV-Posten entstehen können, werden i.A. bereits im Rahmen der Bilanzprüfung zu lösen sein. Auf Grund der Bewertung von Aktiv- und Passivposten in der Bilanz ergibt sich auch die Bewertung der mit den Bilanzposten zusammenhängenden Aufwands- und Ertragsposten, sodass die Bewertungsprüfung der Bilanzpositionen auch eine Bewertungsprüfung von GuV-Positionen beinhaltet.

IV. Zusammenhang zwischen der Gewinn- und Verlustrechnungsprüfung und der Bilanzprüfung


Die in der GuV aufgeführten Aufwands- und Ertragspositionen werden aufgrund der engen Verbindung zur Bilanz zum größten Teil bei der Bilanzprüfung miterfasst und beurteilt. Zudem werden durch Vorarbeiten bei der Bilanzprüfung einzelne GuV-Positionen schon einer Pr zugänglich gemacht. Die Pr der GuV-Positionen ist daher überwiegend eine indirekte Pr, da die Ergebnisse der einzelnen Prüffelder aus der Bilanzprüfung der GuV-Prüfung zugrunde gelegt werden. Auf Grund dieses sachlichen Zusammenhangs beider Prüfungen, aber auch auf Grund von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen des Prüfers und des zu prüfenden Unternehmens ergibt sich, dass eine strikte Trennung zwischen GuV-Prüfung und Bilanzprüfung weder sinnvoll noch möglich ist. In Abb. 4 wird der Zusammenhang zwischen der Pr der GuV-Posten und der Bilanzposten verdeutlicht.
Gewinn- und Verlustrechnung, Gesamtkostenverfahren
Abb. 4: Übersicht des Zusammenhangs zwischen der GuV-Prüfung und der Bilanzprüfung

V. Besonderheiten der Gewinn- und Verlustrechnung nach US-GAAP und IFRS/IAS


Im Gegensatz zur Rechnungslegung nach dem HGB sind weder die IAS- noch die US-GAAP-Rechnungslegung gesetzlich verbindliche Rechnungslegungsvorschriften. Obwohl ihre theoretische Fundierung zu wünschen übrig lässt, gewinnt ihr tatsächlicher Geltungs- und Anwendungsbereich nicht zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments vom 19. Juli 2002 stetig an Bedeutung (Schildbach, 1998a; Wüstemann, 1999). Die bilanzpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten sind anders, aber kaum geringer als nach HGB und GoB.
Die IFRS/IAS (IAS 1 revised 2003) lassen das Umsatzkostenverfahren (cost of sales method) und das Gesamtkostenverfahren (nature of expense method) als GuV (income statement) zu (IAS 1.88), die US-GAAP nur das Umsatzkostenverfahren, sodass auf die US-GAAP nachfolgend nicht mehr hingewiesen wird. Nach den IFRS/IAS bestehen keine Formvorgaben für die GuV, aber es werden mindestens anzugebende Posten verlangt. Die GuV kann nach IAS in Konto-, in Staffel- oder in sonstiger Form aufgestellt werden. Die Mindestangaben (IAS 1.81) betreffen:

1.

Umsatzerlöse (revenue);

2.

Finanzierungsaufwendungen (finance costs);

3.

Gewinn- und Verlustanteile an assoziierten Unternehmen und Joint Ventures, die nach der Equity-Methode bilanziert werden (share of profits and losses of associates and joint ventures accounted for using the equity method);

4.

Steueraufwendungen (tax expense);

5.

einen gesonderten Betrag, welcher der Summe aus dem Nachsteuerergebnis des aufgegebenen Geschäftsbereichs und dem Ergebnis nach Steuern entspricht, das bei der Bewertung mit dem beizulegenden Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten oder der Veräußerung der Vermögenswerte oder Veräußerungsgruppe(n), die den aufgegebenen Geschäftsbereich darstellen, erfasst wurde;

6.

Gewinn oder Verlust (profit or loss).


Als Ergebniszuordnung sind die den Minderheitsanteilen zuzurechnenden Gewinne und Verluste und die den Anteilseignern des Mutterunternehmens zuzurechnenden Gewinne und Verluste darzustellen. Bei Unternehmen mit börsennotierten Wertpapieren besteht die Besonderheit, dass im Rahmen der GuV der Gewinn je Aktie (earnings per share) angegeben werden muss. In bestimmten Fällen (etwa bei Fehlern aus einer früheren Periode IFRS/IAS 8.42 ff.) ist es nach IAS möglich, Korrekturen ohne Berührung der GuV durch Anpassung der Eröffnungsbilanzwerte und damit unter Durchbrechung des Bilanzenzusammenhangs durchzuführen. Auch besteht die Besonderheit, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit der Eigenkapitalaufnahme (z.B. Kosten eines Börsengangs) direkt, also ohne Berührung der GuV, vom Eigenkapital zu kürzen sind (IAS 32.37).
Literatur:
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Coenenberg, A. G. : Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. A., Stuttgart 2005
Glade, A. : Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, 2. A., Herne u.a. 1995
Gmelin, H. J./Weber, E. : Neue Prüfungsaufgaben des Abschlußprüfers aufgrund der Erweiterung seiner Berichterstattungs- und Testatspflichten durch das HGB?, in: BFuP 1988, S. 301 – 329
Heinhold, M. : Der Jahresabschluß, 4. A., München u.a. 1996
Hofbauer, M. A./Albrecht, W./Grewe, W. : Bonner Handbuch der Rechnungslegung, 17. Aktualisierung, Bonn 2000
Küting, K./Weber, C.-P. : Handbuch der Rechnungslegung, Bd. Ia, 4. A., Stuttgart 1995
Lachnit, L. : Externe Erfolgsanalyse auf der Grundlage der GuV nach dem Gesamtkostenverfahren, in: BFuP 1987, S. 33 – 53
Leffson, U. : Wirtschaftsprüfung, 4. A., Wiesbaden 1988
Lück, W. : Prüfung der Rechnungslegung, München u.a. 1999
Oebel, C. : Zuordnungsfragen in der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren, in: WPg 1988, S. 125 – 128
Otto, B. : Posteninhalte und Ausweisprobleme in der GuV nach § 275 HGB, in: BB 1988, S. 1703 – 1716
Schildbach, T. : Der handelsrechtliche Jahresabschluß, 5. A., Herne u.a. 1997
Schildbach, T. : Harmonisierung der Rechnungslegung – ein Phantom, in: BFuP 1998a, S. 1 – 22
Schildbach, T. : Rechnungslegung nach US-GAAP – ein Fortschritt für Deutschland?, in: ZfbF, Sonderheft 40, 1998b, S. 55 – 81
Selchert, F. W. : Jahresabschlußprüfung der Kapitalgesellschaften, 2. A., Wiesbaden 1996
Wüstemann, J. : Generally Accepted Accounting Principles, Zur Bedeutung und Systembildung der Rechnungslegungsregeln der USA, Berlin 1999

 

 


 

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