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Kurzarbeit


Inhaltsübersicht
I. Begriff
II. Rechtliche Regelungen zum Kurzarbeitergeld
III. Ziele und Interessen bei der Einführung von Kurzarbeit
IV. Ausblick

I. Begriff


Kurzarbeit wird definiert als eine vorübergehende Kürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit (vgl. z.B. Schaub, /Schindele,  1993, S. 1). Aus der Sicht des Betriebes ist die Kurzarbeit eine Maßnahme der temporären Verringerung der Personalkapazität, welche die Personalkosten senkt, jedoch den Verlust von Humankapital vermeidet. Sie ist begrifflich abzugrenzen gegen sämtliche Formen der dauerhaften Verkürzung der Arbeitszeit auf einzel- oder tarifvertraglicher Grundlage sowie gegen solche Formen der vorübergehenden Kapazitätsanpassung wie Überstundenausgleich, Urlaubsverschiebung oder bezahlte Freistellung, die keine Kostenentlastung bewirken.
Der Tatbestand der Kurzarbeit ist nicht grundsätzlich an die Gewährung von Kurzarbeitergeld gebunden. Kurzarbeit liegt auch dann vor, wenn die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend und ohne Lohnausgleich verkürzt wird, ohne dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld vorliegen, weil beispielsweise nur ein geringer Teil der Belegschaft betroffen ist. Es handelt sich dann um eine personalwirtschaftliche Einzelmaßnahme im Wege einer einvernehmlichen Übereinkunft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder einer Änderungskündigung. Als kollektive Maßnahme von größerer Reichweite erlangt die Kurzarbeit jedoch insbesondere in der Verknüpfung mit dem Kurzarbeitergeld Bedeutung.

II. Rechtliche Regelungen zum Kurzarbeitergeld


1. Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld


Im Sinne der gesetzlichen Regelungen zum Kurzarbeitergeld nach den §§ 169 ff. des Sozialgesetzbuches, Drittes Buch (SGB III), erfährt der Begriff der Kurzarbeit einige wesentliche Einschränkungen.
Zu den Voraussetzungen einer förderbaren Kurzarbeit gehört insbesondere, dass ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt (§ 169 Ziff. 1 SGB III). Ein Arbeitsausfall wird als erheblich erachtet, wenn er 1. auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, 2. vorübergehend ist, 3. nicht vermeidbar ist und 4. im jeweiligen Kalendermonat mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent betroffen ist (§ 170 SGB III).
(1) Wirtschaftliche Gründe für die Einführung von Kurzarbeit sind in erster Linie in einer rückläufigen Geschäftsentwicklung durch Auftragsmangel bzw. Absatzrückgang zu sehen. Ebenso können auf der Beschaffungsseite Engpässe bei der Versorgung mit Material, Rohstoffen oder Energie zu Produktionsausfällen führen. Darüber hinaus erkennt das Gesetz wirtschaftliche Gründe für einen Arbeitsausfall an, wenn dieser durch betriebliche Strukturanpassungen ausgelöst wird, die durch die allgemeine Wirtschaftsentwicklung bedingt sind. Als unabwendbare Ereignisse kommen insbesondere in Betracht: Naturkatastrophen, behördliche Maßnahmen (z.B. Verkaufsverbote) oder außergewöhnliche Witterungsverhältnisse, nicht jedoch die üblichen saisonalen Witterungsschwankungen. Auch technische Störungen und Arbeitsunterbrechungen, die dem üblichen Betriebsrisiko des Arbeitgebers zuzurechnen sind, gelten nicht als unabwendbar, ebenso durch den Arbeitgeber schuldhaft herbeigeführte Arbeitsausfälle.
(2) Ein Arbeitsausfall kann als vorübergehend erachtet werden, wenn nach Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles damit zu rechnen ist, dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit für die überwiegende Mehrzahl der Kurzarbeiter eine Rückkehr zur Vollarbeit erfolgt (vgl. Barnhofer,  1995, S. 63 f.). Der zeitliche Bezugsrahmen dieser prognostischen Betrachtung beträgt im Allgemeinen sechs Monate, er kann aber aufgrund einer Rechtsverordnung auf bis zu 24 Monate erweitert werden. Kurzarbeitergeld kann folglich nicht bei bevorstehender Betriebsschließung oder Insolvenz bezogen werden.
(3) Ein Arbeitsausfall ist nicht vermeidbar, wenn der Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, den Arbeitsausfall zu vermeiden (§ 170 Abs. 4 Satz 1 SGB III) oder zu verringern. Maßnahmen dieser Art können u.a. sein: die Produktion auf Lager, der Abbau von Leiharbeit und Fremdaufträgen, u.U. auch die Rückführung von Überstunden bzw. Zeitguthaben und das Vorziehen von Urlaub bzw. Betriebsferien im Rahmen des arbeitsrechtlich Zulässigen.
(4) Kurzarbeitergeld wird nur gewährt, wenn mindestens ein Drittel der Belegschaft des Betriebes von dem Arbeitsausfall betroffen ist. Wann dieses Kriterium erfüllt ist, hängt nicht zuletzt davon ab, wie der Betrieb begrifflich abgegrenzt wird. Nach der Rechtsprechung des BAG ist als Betrieb die organisatorische Einheit anzusehen, innerhalb derer der Betriebsinhaber allein oder gemeinsam mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher und immaterieller Mittel einen oder mehrere arbeitstechnische Zwecke (z.B. Produktion oder Verkauf von bestimmten Gegenständen, Erbringung von Dienstleistungen) fortgesetzt verfolgt, die sich nicht mit der Befriedigung des Eigenbedarfs erschöpfen (BAG vom 18.01.1990, DB 1990, S. 500). Damit unterscheidet sich der Betriebsbegriff von dem des Unternehmens, der bezüglich des Kurzarbeitergeldes keine Rolle spielt. Große praktische Bedeutung kommt der in § 171 SGB III vorgenommenen Ausweitung des Betriebsbegriffes zu, mit der einzelne Betriebsabteilungen im Sinne der Vorschriften zum Kurzarbeitergeld dem Betrieb gleichgestellt werden. Schließlich ist es durchaus möglich und in der betrieblichen Praxis keine Seltenheit, dass nur einzelne Betriebsabteilungen von Arbeitsausfall betroffen sind, während in den übrigen Abteilungen normal gearbeitet wird. Kurzarbeitergeld kann in diesem Fall gezahlt werden, wenn die Drittelgrenze in der betroffenen Abteilung erreicht oder überschritten wird. In die Berechnung werden jedoch nur solche Mitarbeiter einbezogen, deren Entgeltausfall mehr als 10% ihres monatlichen Bruttoentgelts erreicht. Als Arbeitnehmer zählen auch erkrankte oder beurlaubte Mitarbeiter (vgl. Oppermann,  1995, S. 31 f.).
(5) Neben den genannten allgemeinen und betrieblichen Voraussetzungen der Kurzarbeit werden im Gesetz eine Reihe von persönlichen Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld ausführlich aufgelistet (§ 172 SGB III). Zwar ist der Arbeitnehmerbegriff in den Regelungen zum Kurzarbeitergeld nicht definiert, in Anlehnung an die allgemeine Begriffsbestimmung in § 25 Abs. 1 SGB III sind jedoch darunter alle Personen anzusehen, die gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Wichtig ist jedoch, dass das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag gelöst wurde, da ab diesem Zeitpunkt der Anspruch auf Kurzarbeitergeld erlischt. Eine in der Praxis kaum bekannte Besonderheit ist die Einbeziehung der Kurzarbeiter in die Arbeitsvermittlung der Arbeitsverwaltung in dem Bemühen, den Leistungsbezug zu beenden oder zu verkürzen. Hier ist häufig ein Interessenkonflikt unvermeidbar. Einerseits sollen nach der Zielsetzung des Kurzarbeitergeldes dem Betrieb die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten bleiben, andererseits kann durch eine Vermittlung in einen anderen Betrieb der Kräftemangel behoben und die Solidargemeinschaft entlastet werden. Hier sind im Einzelfall die gegensätzlichen Interessen gegeneinander abzuwägen.

2. Antrags- und Berechnungsverfahren für das Kurzarbeitergeld


(1) Das Antragsverfahren für die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist zweistufig. Zunächst schreibt das Gesetz vor (§ 173 SGB III), dass der Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb liegt, schriftlich anzuzeigen ist. Diese Anzeige ist eine Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld. Das Kurzarbeitergeld kann frühestens von dem Monat an geleistet werden, in dem die schriftliche Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Eine Stellungnahme der Betriebsvertretung ist der Anzeige beizufügen. Die Anzeige kann auch durch die Betriebsvertretung erstattet werden, nicht jedoch von den betroffenen Arbeitnehmern selbst. Materiell-rechtlich handelt es sich bei der Anzeige der Kurzarbeit um einen Antrag, über den die Arbeitsverwaltung unverzüglich zu entscheiden hat. Die Entscheidung der Arbeitsverwaltung ist ein Verwaltungsakt, der feststellt, ob die Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit vorliegen. Diese Entscheidung kann mit Rechtsbehelf angefochten werden.
(2) Um nach der Anzeige und Einführung der Kurzarbeit Leistungen für die kurzarbeitenden Arbeitnehmer zu erhalten, ist ein erneuter Antrag erforderlich (§ 323 Abs. 2 SGB III), mit dem der Betrieb die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzabeitergeld nachweist. Dieser Antrag ist schriftlich bei der Agentur für Arbeit zu stellen, in deren Bezirk die für den Betrieb zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt (§ 327 Abs. 3 SGB III). Wenn die Lohnabrechnung nicht in dem kurzarbeitenden Betrieb selbst erfolgt, kann für die Leistungsgewährung also eine andere Agentur für Arbeit zuständig sein, als diejenige, bei der die Kurzarbeit angezeigt wurde. Auch dem Antrag auf Gewährung des Kurzarbeitergeldes muss eine Stellungnahme der Betriebsvertretung beigefügt sein. Der Antrag kann auch, wie schon die Anzeige der Kurzarbeit, durch die Betriebsvertretung gestellt werden.
(3) Die Berechnung des Kurzarbeitergeldes erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wird das sog. Soll-Entgelt festgestellt, d.h. das Bruttoarbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer im Anspruchszeitraum ohne Arbeitsausfall erzielt hätte. Diesem Soll-Entgelt wird das Ist-Entgelt gegenüber gestellt. Das Ist-Entgelt ist das im jeweiligen Anspruchszeitraum tatsächlich erzielte beitragspflichtige Bruttoarbeitsentgelt. Beide Beträge werden nunmehr pauschaliert, indem die Bruttoarbeitsentgelte um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, vermindert werden. Man spricht vom pauschalierten monatlichen Nettoentgelt oder Bemessungsentgelt. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung legt jeweils für ein Kalenderjahr in einer \'Leistungsentgeltverordnung\' diese Bemessungsentgelte fest. Sie sind die Grundlage einer von der Arbeitsverwaltung den Betrieben zur Verfügung gestellten \'Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes\'. Nach dieser Tabelle, die nach den Lohnsteuerklassen in verschiedene Leistungsgruppen gestaffelt ist, wird sowohl für das Soll-Entgelt als auch für das Ist-Entgelt der jeweilige Leistungssatz festgestellt. Der Unterschiedsbetrag zwischen den aus der Tabelle abgelesenen rechnerischen Leistungssätzen für das Soll- und das Ist-Entgelt (Nettoentgeltdifferenz) stellt schließlich die Bemessungsgrundlage für das Kurzarbeitergeld dar (§ 179 SGB III). Das Kurzarbeitergeld beträgt – in Übereinstimmung mit den Leistungssätzen beim Arbeitslosengeld – für Arbeitnehmer, für die einkommensteuerrechtlich mindestens ein Kind zu berücksichtigen ist, 67% der Nettoentgeltdifferenz, für alle anderen Arbeitnehmer 60% dieses Betrages. Das Kurzarbeitergeld unterliegt der Beitragspflicht zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Diese Beiträge werden vollständig vom Arbeitgeber getragen, sodass die Einkommenseinbuße der Kurzarbeiter gering bleibt.
(4) Die Berechnung und die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes an die betroffenen Arbeitnehmer muss der Betrieb bzw. dessen Lohnabrechungsstelle selbst vornehmen. Er kann hierfür keine Kosten in Rechnung stellen. (§ 320 Abs. 1 Satz 2 SGB III) Dem Arbeitsamt sind während des Bezuges von Kurzarbeitergeld vom Arbeitgeber unaufgefordert monatlich Auskünfte über Betriebsart, Beschäftigtenzahl, Zahl der Kurzarbeiter, Ausfall der Arbeitszeit und bisherige Dauer, Unterbrechung oder Beendigung der Kurzarbeit zu erteilen (§ 320 Abs.4 SGB III).

3. Kurzarbeitergeld bei Arbeitskämpfen


Als Sachverwalter des Solidarvermögens, das gemeinsam von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgebracht wird, hat sich die Bundesagentur für Arbeit gegenüber den Tarifparteien neutral zu verhalten. Sie darf daher durch die Gewährung von Arbeitslosengeld (§ 146 SGB III) oder von Kurzarbeitergeld (§ 174 SGB III) nicht in Arbeitskämpfe eingreifen. Bei der unmittelbaren Beteiligung eines Betriebes am Arbeitskampf kann also Kurzarbeitergeld nicht gezahlt werden. Ist ein Arbeitsausfall hingegen nur die mittelbare Folge eines Arbeitskampfes, so kann die Gewährung von Kurzarbeitergeld in Betracht kommen, wenn die Erfordernisse des § 146 SGB III vorliegen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Arbeitskampf, der mittelbar – etwa durch ausbleibende Lieferungen – zu einem Arbeitsausfall geführt hat, um einen Tarifvertrag ausgetragen wird, der räumlich und fachlich von dem des betroffenen Betriebes abweicht. Zum Schutz der Arbeitnehmer geht der Gesetzgeber hier noch einen Schritt weiter. Stellt die Arbeitsagentur fest, dass der Arbeitsausfall entgegen der Behauptung des Arbeitgebers nicht die zwingende mittelbare Folge eines Arbeitskampfes war und die Weiterarbeit im Betrieb möglich oder wirtschaftlich vertretbar gewesen wäre, wird Kurzarbeitergeld trotz der nicht erfüllten Anspruchsvoraussetzungen \'gleichwohl\' gewährt (sog. Gleichwohlgewährung), wenn die Arbeitnehmer ihnen zustehendes Arbeitsentgelt nicht erhalten haben (§ 174 Abs. 3 SGB III).

III. Ziele und Interessen bei der Einführung von Kurzarbeit


(1) Eine erste gesetzliche Regelung zum Kurzarbeitergeld sah bereits das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) aus dem Jahre 1927 vor. Mit dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) von 1969 wurde das Kurzarbeitergeld in den Gesetzesabschnitt \'Leistungen zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen\' integriert, womit die grundlegende Zielsetzung des Kurzarbeitergeldes verdeutlicht wurde. Die Regelungen des AFG wurden ohne wesentliche Änderungen in das seit dem 01.01.1998 geltende SGB III übernommen. Durch alle rechtlichen Regelungen zieht sich als das grundlegende Motiv des Gesetzgebers für die Kurzarbeitergeldregelung die Aufrechterhaltung von Beschäftigungsverhältnissen und damit die Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Während jedoch zunächst vor allem der sozialpolitische Aspekt, nämlich der Schutz der Arbeitnehmer vor Arbeitslosigkeit oder Einkommensverlust im Vordergrund stand, so wird das Kurzarbeitergeld seit dem AFG verstärkt auch als arbeitsmarktpolitisches Instrument gesehen, durch das die Beschäftigung stabilisiert werden soll. Dieser, noch auf der Erfahrung der Vollbeschäftigung beruhende Optimismus des AFG ist zwischenzeitlich einer eher nüchternen Betrachtung der Möglichkeiten der Kurzarbeit und allgemein der aktiven Arbeitsmarktpolitik gewichen. Dennoch stellt das Kurzarbeitergeld weiterhin ein wichtiges Instrument der Arbeitsmarktpolitik dar, das gegenüber anderen eine Reihe von Vorzügen aufweist. Es verursacht wesentlich geringere Kosten als das Arbeitslosengeld, das im Falle von Entlassungen anfallen würde, ist weniger aufwendig in der Bearbeitung, da die Betriebe die Leistungen abrechnen und auszahlen, ist flexibel und bedarfsgerecht einsetzbar und findet bei allen Beteiligten größtmögliche Akzeptanz.
(2) Für die von Arbeitsausfällen betroffen Arbeitnehmer liegen die Vorteile der Kurzarbeit und des Kurzarbeitergeldes auf der Hand. Kurzarbeit bedeutet für sie zunächst, dass sie ihren Arbeitsplatz behalten und nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Das Kurzarbeitergeld verhindert darüber hinaus größere Entgelteinbußen und sichert somit ihren wirtschaftlichen Status. Auch die aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenen Rechte und Vergünstigungen, wie Gratifikationen, Urlaubsgeld, betriebliche Altersversorgung etc., bleiben erhalten (vgl. Völkel,  1997, S. 128).
(3) Auch aus der betrieblichen Perspektive kann die Kurzarbeit vorteilhaft sein. Wenn alle Möglichkeiten im Vorfeld ausgeschöpft sind, einen Arbeitsausfall zu vermeiden, so wie es das Gesetz vorschreibt, bleibt dem Betrieb neben der Kurzarbeit im Wesentlichen nur die Alternative der Entlassung und ggf. der späteren Wiedereinstellung der betroffenen Mitarbeiter. Die unveränderte Weiterbeschäftigung trotz des Arbeitsausfalles wird im Allgemeinen wirtschaftlich nicht vertretbar sein und, wenn überhaupt, dann allenfalls für eine kurze Zeit und für einen geringen Teil der Belegschaft. Im Vergleich mit der Entlassung der Arbeitnehmer bietet die Kurzarbeit allerdings einige Vorteile. Die Stammbelegschaft bleibt unvermindert erhalten, Such- und Einarbeitungskosten bei einer späteren (Wieder-)Einstellung von Personal entfallen und die Produktion kann bei einer Besserung der Lage jederzeit wieder erhöht werden. Kurzarbeit ist daher ein sehr flexibles Instrument der Anpassung der Personalkapazität bei vorübergehendem Arbeitsausfall. Gegenüber der Entlassung von Mitarbeitern hat die Kurzarbeit darüber hinaus den Vorteil, dass sie das Image des Arbeitgebers schont und zum sozialen Frieden im Betrieb beitragen kann. In jedem Falle trägt die Kurzarbeit auch zu einer Kostenentlastung des Betriebes bei, da für die ausgefallene Arbeitszeit kein Lohn gezahlt wird. Die Kostenentlastung ist letztendlich aus der betrieblichen Sicht auch der Zweck der Kurzarbeit. Fraglich ist allerdings, ob die Kurzarbeit unter Kostengesichtspunkten für den Betrieb immer die günstigste Lösung darstellt. Insbesondere die Belastung der Betriebe mit den vollen Versicherungsbeiträgen für die Renten, Kranken- und Pflegeversicherung zehrt einen Teil der eingesparten Lohnkosten auf. Zusätzlich wird die Kostenersparnis durch die sog. Remanenzkosten gemindert, die für bezahlte Freistellungen (Feiertage, Urlaub) und tarifliche Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Einmalzahlungen, vermögenswirksame Leistungen) auch während der Kurzarbeit anfallen. Nach einer Schätzung der Bundesagentur summieren sich diese Kosten der Kurzarbeit auf inzwischen mehr als 60% des ausgezahlten Kurzarbeitergeldes. Da es sich hierbei um regelmäßig wiederkehrende Kosten handelt, nehmen sie mit zunehmender Dauer der Kurzarbeit proportional zu. Die Kosten einer Entlassung und der ggf. späteren Wiedereinstellung sind dagegen fix. Das bedeutet, dass die Kurzarbeit vor allem bei kurzfristigen Arbeitsausfällen Kostenvorteile realisiert. Sie verliert jedoch mit zunehmender Dauer des Arbeitsausfalles ihren Kostenvorteil. Da die Kosten der Kurzarbeit im Wesentlichen durch gesetzliche und ergänzende tarifvertragliche Regelungen festgeschrieben sind, wird der kritische Zeitpunkt, zu dem die beiden Kostenkurven sich schneiden, im Wesentlichen durch die Kosten der Entlassung und Wiedereinstellung bestimmt. Der kritische Punkt auf der Zeitachse verlagert sich daher proportional zum Anstieg dieser Kosten nach rechts, also in die Zukunft.

IV. Ausblick


Obwohl sich in den letzten Jahren weder die gesetzlichen Regelungen zum Kurzarbeitergeld nennenswert geändert haben, noch sich die Lage am Arbeitsmarkt wesentlich gebessert hat, ist die Zahl der Kurzarbeiter und der kurzarbeitenden Betriebe in den alten Bundesländern seit 1993 stark zurück gegangen. Hatte die Kurzarbeit 1993 mit über 760.000 Kurzarbeitern einen Höhepunkt erreicht, so hat sich ihre Zahl – nach einem zwischenzeitlichen Tiefststand im Jahre 2000 – auf 122.000 Kurzarbeiter im Jahre 2004 verringert. Eine wesentliche Ursache für diese Entwicklung kann in der Ausweitung der personalwirtschaftlichen Flexibilitätsspielräume für die Unternehmen gesehen werden, insbesondere durch neue Arbeitszeitmodelle, die Zunahme der Teilzeitbeschäftigung, das Outsourcing und die Beschäftigung von Zeitarbeitnehmern. Die Kurzarbeit hat daher als Instrument der flexiblen Anpassung der Personalkapazität relativ an Bedeutung verloren. Ihr Rückgang kann nicht zuletzt aber auch auf die Verteuerung der Kurzarbeit durch gestiegene Sozialbeiträge und Remanenzkosten zurückgeführt werden. Die Vorteilhaftigkeit der Kurzarbeit für die Betriebe ist mit dem Anstieg dieser Kosten zurückgegangen. Will man dem in einem dreiviertel Jahrhundert bewährten Instrument für die Zukunft wieder eine stärkere Beachtung zukommen lassen, dann sind vor allem die Regelungen über die Sozialbeiträge bei der Kurzarbeit ein geeigneter Hebel, an dem die Gesetzgebung angreifen kann.
Literatur:
Barnhofer, G. : Kurzarbeit zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigung, Diss., Frankfurt am Main et al. 1995
Bundesanstalt für Arbeit, : Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg 1990 – 2001
Oppermann, K. : Kurzarbeitergeld, 3. A., Köln 1995
Schaub, G./Schindele, F. : Kurzarbeit – Massenentlassung – Sozialplan, München 1993
Völkel, B. : Kurzarbeit in den neuen Bundesländern, in: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Jg. 30, H. 1/1997, S. 127 – 149

 

 


 

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