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Berufsausbildung


Inhaltsübersicht
I. Begriffsdefinition
II. Organisationsformen
III. Ausbilder in Betrieben und Lehrer an berufsbildenden Schulen
IV. Leistungsschwächere und -starke Jugendliche
V. Das neue Strukturmodell der Ausbildungsberufe
VI. Perspektiven

I. Begriffsdefinition


Im üblichen, fachlichen Sprachgebrauch verstehen wir unter Berufsbildung oder beruflicher Bildung die erste berufliche Qualifikation von jungen Menschen sowohl in der praktischen Ausbildung zumeist in Betrieben und Verwaltungen wie auch in der theoretischen Ausbildung in berufsbildenden Schulen, hier vor allem in der Teilzeitberufsschule. Berufsausbildung bezeichnet vor allem die betriebliche Ausbildung. Berufliche Weiterbildung bezeichnet neben der allgemeinen und der politischen Weiterbildung im fachlichen Sprachgebrauch insbesondere die auf berufliche Anpassung und beruflichen Aufstieg bezogene Weiterbildung, die neben der Umschulung und der Einarbeitung am Arbeitsplatz insbesondere die innerbetriebliche Fortbildung sowie die Fortbildung in den Kammern der Wirtschaft, auch als bundeseinheitliche, staatlich geregelte Fortbildung umfasst.
Konstitutives und zentrales Element der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Deutschland ist das Prinzip von Lernen und Arbeiten, von Lernen in der Arbeit, von Handlungsorientierung und Praxisbezug, von integrierter, sich ergänzender Vermittlung von Fachtheorie und Fachpraxis. Das ist dual und erfolgt in einer Pluralität von Lernorten: Arbeitsplätze in Betrieben und Verwaltungen, berufliche Teilzeitschulen, Ausbildungszentren von Unternehmen und Konzernen, berufliche Vollzeitschulen, außerbetriebliche Ausbildungseinrichtungen in einer großen Vielzahl, überbetriebliche Bildungsstätten für Aus- und Weiterbildung, auch als Beratungs- und Technologietransferzentren (vor allem in der Handwerkswirtschaft).
Weil die fachpraktische Ausbildung zumeist im Lernort Betrieb und die fachtheoretische Bildung insbesondere im Lernort Teilzeitberufsschule von besonderer quantitativer Bedeutung sind, wird in der üblichen Fachsprache diese Berufsausbildung überwiegend als Duales System bezeichnet. Diese Bezeichnung verengt allerdings den Blick auf zwei Lernorte gegenüber der notwendigen Betrachtung der ganzen Fülle und Breite von Lernorten und Lernprozessen.

II. Organisationsformen


Entscheidet sich ein junger Mensch bei seinen Berufsplänen für eine berufliche Bildung, so heißt das in der Regel, dass er eine Ausbildung in einem Betrieb mit begleitendem Besuch einer Berufsschule (Ausbildung im „ Dualen System “ ) anstrebt. Daneben gibt es andere Formen der beruflichen Ausbildung: Berufsbildende Vollzeitschulen, insbesondere als kaufmännische, sozialpflegerische und hauswirtschaftliche Berufsfachschulen, aber auch als Fachschulen z.B. des Gesundheitswesens. Auch das Hochschulstudium ist beispielsweise eine Ausbildung, die auf eine Berufstätigkeit zielt.

1. Berufsbildung im „ Dualen System “


Die meisten Jugendlichen in Deutschland, etwa zwei Drittel eines Altersjahrgangs, erlernen seit jeher nach Beendigung der Schule einen der rd. 350 staatlich anerkannten Ausbildungsberufe. Sie werden zeitlich abgestimmt in Betrieben, Teilzeit- und anderen Berufsschulen ausgebildet. Im allgemeinen Sprachgebrauch heißt das: „ Sie machen eine Lehre “ . Der Zugang dazu ist an keinen bestimmten Schulabschluss gebunden. Die Ausbildung im deutschen System der beruflichen Bildung steht grundsätzlich allen offen.
Die betriebliche Berufsausbildung wird geregelt durch: Bundesgesetze und -verordnungen
Das Berufsbildungsgesetz von 1969 legt die rechtlichen Grundbedingungen für die Berufsausbildung in den Betrieben der Wirtschaft und vergleichbaren Einrichtungen, wie Praxen der Freien Berufe, fest. Im Handwerk ist zusätzlich die Handwerksordnung (HwO) maßgebend. Das Berufsbildungsförderungsgesetz von 1981 regelt Planung und Statistik der Berufsbildung und die Arbeit des Bundesinstituts für Berufsbildung. Das Jugendarbeitsschutzgesetz von 1976 sieht besondere Schutzbestimmungen für jugendliche Auszubildende vor.

2. Rechtsvorschriften der Selbstverwaltungsorganisationen der Wirtschafts- und Berufszweige, der „ zuständigen Stellen “


Die „ zuständigen Stellen “ (rd. 275, davon 138 Handwerk sowie Industrie und Handel, insgesamt einschließlich der staatlichen Stellen = rd. 580), das sind die als öffentlich-rechtliche Körperschaften organisierten Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammern, Rechtsanwalts- und Notarkammern, Ärztekammern usw. Sie handeln im Auftrag des Staates, erfüllen staatlich-hoheitliche Aufgaben und haben Zwangsmitgliedschaft für ihre Unternehmen, oder sind selbst Landes- oder Bundeseinrichtungen.
Die nach dem Berufsbildungsgesetz und der Handwerksordnung verantwortlichen Stellen haben die Aufgaben:

-

Überwachung und Beratung der Ausbildung in den Betrieben (Prüfung der Eignung des Betriebs und des Ausbildungspersonals sowie Durchführung im Hinblick auf die im Berufsbildungsgesetz und den Ausbildungsordnungen, Rechtsverordnungen, festgelegten Ausbildungsziele)

-

Prüfungen (Erlass der Prüfungsordnungen, Errichtung der Prüfungsausschüsse, Abnahme der Abschlussprüfungen)

-

Ausbildereignungsprüfungen

-

Eintragung der Ausbildungsverträge, Registrierung

-

Errichtung der Berufsbildungsausschüsse.


3. Ausbildungskosten


Die Kosten für die betriebliche Ausbildung tragen die Betriebe selbst. Die Nettokosten (Ausbildungskosten minus erwirtschaftete Erträge der Auszubildenden) belaufen sich auf rd. 12,27 Mrd. € jährlich (rd. 20,45 Mrd. € Bruttokosten).

4. Ausbildungsbetriebe


Von gut zwei Millionen Betrieben in Deutschland verfügten bundesweit insgesamt 56% allein oder im Verbund über die gesetzlichen Ausbildungsvoraussetzungen. Von diesen Betrieben beschäftigten jedoch nur 52% auch tatsächlich Auszubildende, während die restlichen 48% zwar über die Voraussetzungen verfügten, jedoch keine Ausbildungsplätze anboten. Bezieht man die Ausbildungsbeteiligung der Betriebe auf die Gesamtzahl der Betriebe und nicht nur auf diejenigen, die ausbildungsberechtigt sind, so stellten zur Jahresmitte 1998 29% der deutschen Betriebe tatsächlich Ausbildungsplätze bereit, während weitere 26% zwar über die Voraussetzungen verfügten, aber keine Auszubildenden beschäftigten. Somit war es insgesamt noch nicht einmal ein Drittel aller Betriebe, die sich an der beruflichen Bildung beteiligten. Dabei stellt sich die Situation in den alten Ländern (30% der Betriebe) geringfügig besser dar als die in den neuen Ländern (28% der Betriebe).

5. Ausbildungsvertrag


Der Ausbildungsvertrag zwischen dem Betrieb und dem Auszubildenden muss nach dem Berufsbildungsgesetz mindestens folgende schriftliche Angaben enthalten:

-

Art, sachliche und zeitliche Gliederung sowie Ziel der Berufsausbildung, insbesondere der Berufstätigkeit, für die ausgebildet werden soll

-

Beginn und Dauer der Berufsausbildung

-

Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte

-

Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit

-

Dauer der Probezeit

-

Zahlung und Höhe der Vergütung

-

Dauer des Urlaubs

-

Voraussetzungen, unter denen der Berufsausbildungsvertrag gekündigt werden kann.


Die Ausbildungsvergütung muss nach dem Berufsbildungsgesetz angemessen sein und nach Lebensalter und Ausbildungsfortschritt mindestens jährlich ansteigen. Im Einzelnen wird die Vergütung von den Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften – den Tarifvertragsparteien – jeweils für einzelne Branchen oder auch Betriebe ausgehandelt. 1999 lag die Ausbildungsvergütung z.B. im Durchschnitt bei rd. 542 € (DM 1. 060 DM) pro Monat.

6. Ausbildungsordnungen


Für die rd. 345 staatlich anerkannten Ausbildungsberufe erlässt das zuständige Fachministerium, z.B. das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, jeweils im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung Ausbildungsordnungen. Sie sind als Rechtsverordnungen mit Gesetzescharakter für die betriebliche Ausbildung überall in Deutschland verbindlich. In jeder Ausbildungsordnung ist festgelegt:

-

die Bezeichnung des Ausbildungsberufs

-

die Ausbildungsdauer

-

die zu erwerbenden Fertigkeiten und Kenntnisse, auch „ Schlüsselqualifikationen “ und die Qualifikation zum „ selbständigen Planen, Durchführen und Kontrollieren “ der eigenen Arbeit

-

eine Anleitung zur sachlichen und zeitlichen Gliederung der Fertigkeiten und Kenntnisse (Ausbildungsrahmenplan)

-

die Prüfungsanforderungen.


7. Ausbildung am Arbeitsplatz


Am Ausbildungsplatz im Betrieb lernen die Auszubildenden durch praktische Erfahrung die Wirklichkeit der späteren Berufstätigkeit kennen: handlungsorientiertes Lernen in der Arbeitstätigkeit ist das Ziel. Die Auszubildenden sollen allmählich in die Arbeitswelt hineinwachsen. Dazu gehört, dass sie am Arbeitsplatz das für ihren Beruf erforderliche Wissen und Können unter Anleitung von Ausbildern oder erfahrenen Kollegen und Kolleginnen erlernen, einüben und anwenden. Dazu gehört aber auch, und das ist der entscheidende Vorteil der betriebsgebundenen Ausbildung, dass sie lernen, ihre Arbeit unter realen betrieblichen Bedingungen auszuführen.
Um dennoch die im Berufsbildungsgesetz vorgeschriebene „ breit angelegte Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln “ und „ den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen “ (§ 1) wurden zusätzlich weitere Lernstätten geschaffen:

-

die betrieblichen Lehrwerkstätten

-

die überbetrieblichen Ausbildungsstätten/ÜBS (rd. 900 mit rd. 100.000 Plätzen in Deutschland)

-

die außerbetrieblichen Ausbildungsstätten.


8. Der schulische Teil der beruflichen Bildung in der Berufsschule

a) Schultypen und Ausbildungszeiten


Im „ Dualen System “ begleitet die Berufsschule die betriebliche Ausbildung. Die Verpflichtung der Auszubildenden zum Besuch der Berufsschule ergibt sich aus den Schulgesetzen der Länder.
Die Berufsschulen sind in den einzelnen 16 Ländern meist nach folgenden fünf beruflichen Fachrichtungen gegliedert: gewerbliche, kaufmännische, hauswirtschaftliche, landwirtschaftliche und gemischt-berufliche. Der Auszubildende besucht die für den Beschäftigungsort zuständige Berufsschule. Die Klassen werden nach Berufsgruppen, nach einzelnen Berufen oder gemischt zusammengestellt.
Der Unterricht findet je nach Land und Ausbildungsberuf entweder statt

-

einmal wöchentlich bis zu 9 Stunden oder

-

zweimal in der Woche mit etwa 12 bis 16 Stunden oder

-

als Blockunterricht: Der Berufsschulunterricht unterbricht die betriebliche Ausbildung für einige Wochen und wird als Vollzeitunterricht erteilt.

b) Aufgabe des Berufsschulunterrichts


Aufgabe des Unterrichts in der Berufsschule ist es,

-

die betriebliche Ausbildung fachtheoretisch zu fördern und zu ergänzen (Fachunterricht)

-

die Allgemeinbildung zu vertiefen und zu vervollständigen.


Der Schwerpunkt der schulischen Ausbildung liegt mit etwa 60% beim Fachunterricht. Etwa 40% nimmt der allgemeinbildende Unterricht ein.

9. Zusammenarbeit im „ Dualen System “


Im deutschen Berufsbildungssystem können die jeweiligen pädagogischen Vorteile der Lernorte, nämlich Betrieb, Berufsschule und andere, im Interesse des Auszubildenden kombiniert werden. Zusammenarbeit und Abstimmung sind für den Erfolg der Ausbildung wichtig. Lernziele und -inhalte und deren zeitliche Abfolge müssen in Betrieb und Schule zueinander passen, damit beide sich gegenseitig optimal ergänzen.

III. Ausbilder in Betrieben und Lehrer an berufsbildenden Schulen


1. Ausbilderinnen und Ausbilder


Ausbilder und Ausbilderinnen sind für die Durchführung der Ausbildung entsprechend der Ausbildungsordnung entscheidend mitverantwortlich. Sie haben vor allem dabei zu helfen, die vorgeschriebenen beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln.
Ausbilder haben folgende formale Voraussetzungen zu erfüllen:

-

die Meisterprüfung oder

-

die Abschlussprüfung in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung mit berufs- und arbeitspädagogischer Eignung oder

-

ein Hochschulexamen und Berufserfahrung oder

-

die Zulassung oder Approbation bei den Freien Berufen.


Die berufs- und arbeitspädagogische Eignung wird durch die Ausbildereignungsprüfung festgestellt, der sich in der Regel Ausbilder zu unterziehen haben, soweit sie nicht aufgrund langjähriger Erfahrung davon befreit worden sind. Im Handwerk ist die Eignungsprüfung Teil der Meisterprüfung.
Die meisten Ausbilder (über 90%) bilden neben ihrer beruflichen Hauptaufgabe aus – häufig bis zu drei Auszubildende gleichzeitig. In Deutschland bilden rd. 85.000 hauptamtliche und rd. 800.000 nebenamtliche Ausbilder aus.

2. Berufsschullehrer/Berufsschullehrerinnen


Aufgabe der Lehrer an berufsbildenden Schulen ist zum einen, ihren Schülern neben einer vertieften und erweiterten Allgemeinbildung im Zusammenhang mit ihrem zukünftigen Beruf jene theoretischen Kenntnisse zu vermitteln, die für diese Berufe unmittelbar erforderlich sind, zum anderen, ihnen auch fachpraktische Fertigkeiten zu vermitteln. Während letzteres überwiegend Aufgabe der Lehrer für Fachpraxis ist, gibt es für die erstgenannte Tätigkeit den Zugang über ein 8semestriges Studium mit anschließender Prüfung für ein höheres Lehramt an beruflichen Schulen und eine eineinhalb- bis zweijährige Referendarzeit.
Die Studiengänge sind in den einzelnen Ländern teilweise recht unterschiedlich. Der Vorbereitungsdienst im Anschluss an die Erste Staatsprüfung dauert 24 oder 18 Monate. Die dort stattfindende pädagogische Ausbildung ist schulpraktisch orientiert und schließt mit der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt an beruflichen Schulen ab.

IV. Leistungsschwächere und -starke Jugendliche


Eine weitere Differenzierung, Individualisierung und Dislozierung des deutschen Systems der beruflichen Bildung ist dringend erforderlich, einmal für leistungsschwächere junge Menschen, also für Jugendliche, die besonderer Förderung bedürfen, sowie auch andererseits für leistungsstärkere, begabte Auszubildende. Zu den Zielsetzungen zählen für Jugendliche, die besonderer Förderung bedürfen, auch mehr einfachere Ausbildungsberufe, die stärker praxisorientiert sind und durch die staatliche Anerkennung ihres Abschlusses geeignet sind, um gerade – aber nicht nur – benachteiligte Jugendliche möglichst zahlreich zu einer beruflichen Qualifikation zu führen.
Nur durch ein vielfältig gegliedertes, in der Anspruchshöhe differenziertes System von staatlich anerkannten Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz kann den sehr unterschiedlichen Lebensläufen und Ausbildungsbedürfnissen von benachteiligten und leistungsstarken Jugendlichen in der beruflichen Bildung entsprochen werden. Für beide Gruppen ist eine Ausbildung nach dem Prinzip des „ Berufskonzepts “ sinnvoll und richtig. Um das Ziel der Qualifizierung möglichst vieler Jugendlicher, die besonderer Förderung aber auch besonderer Herausforderung bedürfen, zu erreichen, müssen die Wege dorthin flexibel, stufenartig, differenziert und individualisiert gestaltet sein. Die Gliederung dieser neu zu konzipierenden Berufsbildungsgänge kann stärker als bisher in Ausbildungsabschnitten, Ausbildungsbausteinen, in Qualifikationseinheiten gestaltet werden.
Zur Attraktivitätssteigerung des Dualen Systems ist es auch notwendig, besonders leistungsstarke Jugendliche, beispielsweise Abiturienten, für diese Ausbildung zu gewinnen und für sie geeignet zu gestalten.

V. Das neue Strukturmodell der Ausbildungsberufe


Die Zielsetzung, zur Erhöhung der Attraktivität des deutschen Berufsbildungssystems mehr gestaltungsoffenere Ausbildungsberufe zu kreieren, ist inzwischen selbstverständlich geworden. Mit der Schaffung der vier neuen Ausbildungsberufe 1997 im Bereich der Informations- und Telekommunikationstechnik (IT) trägt die Berufsbildung dem Strukturwandel Rechnung. Die Anforderungen der Informationsgesellschaft mit Datenverarbeitung, Telearbeit und interaktiven Multimedia spiegeln sich in diesen neuen vier IT-Berufen und den 50 weiteren neuen Berufsordnungen seit 1997, beispielsweise Mediengestalter/-in, Mikrotechnologe/-in, Mechatroniker/-in, in exemplarischer Weise für ein modernes und reformiertes Berufsbildungssystem wider.
Die Ausbildung in diesen Berufen erfolgt prozessorientiert, denn die Auszubildenden lernen, den kompletten betrieblichen Geschäftsablauf zu beherrschen. Die Kundenorientierung rückt in diesen Ausbildungsberufen ebenfalls in den Vordergrund, die technischen und Kaufleute-Dienstleistungen sollen projektbezogen und individuellen Kundenwünschen entsprechend erbracht werden. Diese Ausbildung erfolgt nach dem Baukastensystem, denn es werden Kernqualifikationen in Technik, Informatik und Betriebswirtschaft in der Hälfte der Ausbildungszeit vermittelt und gleichzeitig erfolgt in der anderen Hälfte der Ausbildungszeit Qualifizierung in Wahlpflichtbereichen. Die Integration kaufmännischer und technischer Inhalte ist Kernelement dieser Ausbildung.
Die neuen Ausbildungsordnungen lassen den Betrieben aber auch genügend Spielraum, um bei der Vermittlung der Berufsbildungsinhalte eigene, firmenspezifische Schwerpunkte setzen zu können. In diese Vertiefungsphasen können die einzelnen Unternehmen ihre Besonderheiten mit ihren speziellen Qualifizierungsnotwendigkeiten einbringen. Die Berufsprofile dieser neuen Berufe sind so offen gestaltet, dass sie zukünftig Entwicklungen in der IT-Technik, im IT-Service und -Verkauf berücksichtigen können. Gewiss werden gerade diese Flexibilitäts- und Vertiefungsphasen sowohl den Ausbildungsbetrieben als auch den beruflichen Schulen noch einige komplizierte Aufgaben stellen, allerdings auch die große Chance zu mehr flexibel gestaltbaren Freiräumen in der Ausbildung.
Mit der Konzeption und „ Philosophie “ der vier IT-Berufe wurde ein neuer qualitativer Sprung für das deutsche Berufsbildungssystem begonnen, der dem tiefgreifenden Strukturwandel in der Ausbildungsordnungsarbeit Mitte der 80er Jahre in nichts nachsteht: Qualifikationseinheiten aus der Ausbildung und aus der Weiterbildung werden in Zusammenschau bearbeitet; Technik-, Kaufleute- und Dienstleistungsqualifikationen werden integriert; flexible Strukturen einer betriebsspezifischen Gestaltung von Ausbildungsinhalten werden ermöglicht; moderne Organisationsentwicklungen in den Unternehmen werden anpassungsbereit berücksichtigt; europäische und internationale Verflechtungen in der beruflichen Qualifizierung werden einbezogen.

VI. Perspektiven


Erneuerung, Steigerung der Effizienz und Qualitätssicherung im Aus- und Weiterbildungssystem Deutschlands beziehen sich auf die Rolle aller Beteiligten und auf die pluralen Lernorte, wie betriebliche Ausbildung an den Arbeitsplätzen der Unternehmen und Verwaltungen, auf die Lehrwerkstätten und Ausbildungszentren der großen Unternehmen, auf die Berufsfachschulen mit ihrer vollzeitschulischen Ausbildung, auf die Kooperationsmodelle der Berufsfachschulen kombiniert mit intensiven beruflichen Praktika und betrieblichen Ausbildungsblöcken, auf die vielfältigen außerbetrieblichen Ausbildungsstätten einer bunten Trägerlandschaft, auf die pluralen Weiterbildungsträger, auf die überbetrieblichen Ausbildungsstätten und die häufig dazugehörenden Technologiezentren sowie auf die vielen innovativen Projekte, die immer wieder neue Impulse zur Modernisierung geben. Die Erneuerung richtet sich auf die Ausbildung, die berufliche Weiterbildung, das lebensbegleitende Lernen und nicht zuletzt auf die dringend erforderliche Umgestaltung des Prüfungswesens.
Das gesamte Plurale Aus- und Weiterbildungssystem Deutschlands muss zukunftstauglich bleiben, gerade im Hinblick auf die europäische und internationale Konkurrenz der Berufsbildungssysteme, die Wirtschaftsstrukturentwicklung, die Bewältigung der Technologierevolution sowie die Berufs- und Lebenschancen der jungen Menschen.
Um der schnellen Entwicklung Rechnung zu tragen und das Berufsbildungssystem in der überkommenen Form weiter zu reformieren, ist es notwendig zu erkennen, dass die Zukunft in einer Mischung aus dem bewährten Berufskonzept mit seiner breiten beruflichen Grundqualifikation und seiner Fachqualifikation sowie neu in Kombination mit modularen Strukturen in „ Baustein-Gliederungen “ liegt. Um die notwendige Flexibilität zu erreichen, muss verstärkt mit Modulen gearbeitet werden. Dabei ist Flexibilität gefordert im Hinblick auf die Betriebe, auf die Jugendlichen, auf schnelle technische und arbeitsorganisatorische Veränderungen.
Literatur:
Bundesinstitut für Berufsbildung, : Impulse für die Berufsbildung, BIBB-Agenda 2000plus, Bonn 2000
Bundesministerium für Bildung und Forschung, : Berufsbildungsbericht 2001, Bonn 2001
Falk, R. : Betriebliches Bildungsmanagement, Arbeitsbuch für Studium und Praxis, Köln 2000
Küppers, B./Leuthold, D./Pütz, H. : Handbuch Berufliche Aus- und Weiterbildung, Leitfaden für Betriebe, Schulen, Ausbildungsstätten und Hochschulen, München 2001

 

 


 

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