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Management Letter


Inhaltsübersicht
I. Begriff und Funktion
II. Adressaten
III. Inhalt und Abgrenzung zum Prüfungsbericht

I. Begriff und Funktion


Der Management Letter ist neben Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk Bestandteil der schriftlichen Berichterstattung des Abschlussprüfers. Diese Berichterstattung betrifft Feststellungen, die im Rahmen des Prüfungsauftrags nicht als wesentlich anzusehen oder nicht unmittelbar Gegenstand des Prüfungsauftrags sind, die sich aber bei sachgerechter Durchführung einer Abschlussprüfung häufig ergeben und deren Kenntnis für das geprüfte Unternehmen von Nutzen ist (ADS, 1995, § 321 HGB). In der US-amerikanischen Prüfungspraxis hatte der Management Letter ursprünglich die Aufgabe, dem Management Empfehlungen für Verbesserungen mitzuteilen, die sowohl organisatorische als auch rechtliche und wirtschaftliche Gestaltungsfragen des Unternehmens betreffen konnten (Arens, /Loebecke, 1988). Inzwischen hat sich diese Aufgabe dahingehend gewandelt, dass hauptsächlich über Schwachstellen im internen Kontrollsystem berichtet wird und entsprechende Verbesserungsvorschläge unterbreitet werden (AICPA, 1989). Im US-amerikanischen Umfeld wird der Management Letter daher auch häufig als internal control letter bezeichnet, der dort im Regelfall nach Abstimmung mit dem Management an das audit committee oder vergleichbare Gremien adressiert ist (O\'Reilly, /McDonnell, /Winograd, 1998). Diese Art der Berichterstattung hat mittlerweile Eingang in internationale Prüfungsgrundsätze gefunden (IFAC, 2000).
Auch in Deutschland entspricht es heute allgemeiner Übung, einen Management Letter zu verfassen, obwohl weder berufsständische Grundsätze noch gesetzliche Regelungen bezüglich Aufgaben und Inhalt bestehen (Pfitzer, 1996). Der Gesetzgeber hat in der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) auf diese Praxis Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass es im Ermessen des Abschlussprüfers stehe, „ zusätzlich entsprechend der nach Darstellung des Berufsstandes üblichen Praxis in einem sog. Management-Letter zu berichten “ (BR, 1997, S. 77). Im Hinblick auf Funktion und Inhalt eines Management Letter ergeben sich daraus folgende Implikationen: Zum einen liegt die Entscheidung darüber, einen Management Letter zu verfassen, beim Abschlussprüfer (so auch grds. AICPA, 1989; IFAC, 2000). Die Auffassung, dass sich aufgrund bestehender Berufsübung (Lück, /Hunecke, 1996) oder der Treuepflicht gegenüber dem Auftraggeber (Peemöller, /Finsterer, /Mahler, 1999) auch eine Pflicht zur Berichterstattung durch einen Management Letter ergeben kann, dürfte zu weit gehen.
Zum anderen darf der Management Letter nur Informationen enthalten, die zusätzlich zu dem gem. § 321 HGB im Prüfungsbericht vorgeschriebenen Inhalt gegeben werden können. Er kann demzufolge keine Alternative zur Kommunikation von Prüfungsergebnissen außerhalb des Prüfungsberichts darstellen, sondern nur dazu dienen, dem Vorstand bzw. der Geschäftsführung des geprüften Unternehmens Hinweise, Anregungen und Empfehlungen zu geben, die über die Berichtspflicht gem. § 321 HGB hinausgehen (IDW, 2000; Pfitzer, 1996).
Im Schrifttum werden in Anbetracht der vorgenannten Implikationen weitgehend übereinstimmend verschiedene Funktionen des Management Letter genannt, die sich zusammenfassend wie folgt beschreiben lassen:

-

Verstärkung der Informationswirkung von vorab mündlich (z.B. in der Schlussbesprechung oder in Vorgesprächen) kommunizierten Hinweisen oder Empfehlungen aus der Prüfungstätigkeit, z.B. Anforderungen für Folgeprüfungen (ADS, 1995, § 321 HGB; Peemöller, /Finsterer, /Mahler, 1999; Pfitzer, 1996; Selchert, 1996);

-

Warnung vor für das Unternehmen möglicherweise nachteiligen Folgen aufgrund von Sachverhalten, die im Zusammenhang mit der Abschlussprüfung festgestellt wurden, z.B. Schwachstellen im internen Kontrollsystem, soweit diese nicht berichtspflichtig sind (IDW, 2000; Lück, /Hunecke, 1996; Selchert, 1996);

-

Beratung der Geschäftsführung über den bestehenden Prüfungsauftrag hinaus zu Sachverhalten, deren Kenntnis der Abschlussprüfer im Rahmen seiner Prüfungstätigkeit erlangt hat, z.B. zu steuerlichen Fragen (IDW, 2000; Pfitzer, 1996).


II. Adressaten


Aufgrund der Aufgaben, die dem Management Letter neben dem Prüfungsbericht zugeordnet werden können, kommt als Adressat der Vorstand bzw. die Geschäftsführung des geprüften Unternehmens in Betracht. Diese Adressierung ist im Zuge der Diskussion um die Verbesserung der Zusammenarbeit von Aufsichtsrat und Abschlussprüfer in die Kritik geraten. Ursächlich hierfür sind Befürchtungen, dass für die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrates relevante Informationen zum Teil nicht im Prüfungsbericht, sondern im Management Letter gegeben und damit dem Aufsichtsrat vorenthalten werden (Escher-Weingart, 1999; Peemöller, /Finsterer, /Mahler, 1999). Die Entscheidung darüber, welche Informationen im Management Letter bzw. im Prüfungsbericht erfolgen, liegt z.T. im Ermessen des Abschlussprüfers (Escher-Weingart, 1999), da § 321 HGB den Inhalt des Prüfungsberichts notwendigerweise nur sehr allgemein bestimmen kann. Um diese Ermessensfrage zu entschärfen und das Vertrauensverhältnis zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer zu stärken, wird vorgeschlagen, den Management Letter auch dem Aufsichtsrat zugänglich zu machen (Lambsdorff, 1996; Schreib, 1996). Der Gesetzgeber hat jedoch bisher keinen Handlungsbedarf gesehen, sondern in der Begründung zum Entwurf des KonTraG die bestehende Praxis bestätigt (Forster, K. K. 1998; Hommelhoff, 1998). Danach ist der Management Letter nicht Bestandteil des Prüfungsberichts und aus diesem Grund auch nicht Gegenstand der Vorlagepflicht an den Aufsichtsrat gem. § 321 V HGB, sondern an die Unternehmensleitung zu richten, und zwar auch dann, wenn der Prüfungsauftrag durch den Aufsichtsrat erteilt worden ist (ADS, 1995, § 170 AktG).
Ungeachtet dieser rechtlichen Beurteilung empfiehlt es sich jedoch für die Unternehmensleitung, dem Aufsichtsrat (gegebenenfalls dem Vorsitzenden) den Management Letter zur Kenntnis zu bringen. Im Zweifel könnte der Aufsichtsrat ohnehin ein Einsichtsrecht gem. § 111 II Satz 1 AktG geltend machen. Die Entscheidung über eine Vorlage des Management Letter an den Aufsichtsrat ist jedoch Sache der Unternehmensleitung, nicht des Abschlussprüfers (ADS, 1995, § 170 AktG). Der Abschlussprüfer kann den Management Letter auch direkt an den Aufsichtsrat senden, wenn und soweit dies mit der Unternehmensleitung abgestimmt ist; einer gesonderten Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht bedarf es insoweit nicht (ADS, 1995, § 170 AktG).

III. Inhalt und Abgrenzung zum Prüfungsbericht


In Ermangelung berufsständischer oder gesetzlicher Vorgaben besteht für den Management Letter grds. eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Einschränkungen können sich allenfalls durch die Berufsgrundsätze und die jeweiligen dem Prüfungsauftrag zugrunde liegenden Auftragsbedingungen ergeben (Pfitzer, 1996). Wesentlich für die Inhaltsbestimmung des Management Letter ist, dass er nicht zur Erfüllung der gesetzlichen Berichtspflichten des Abschlussprüfers gem. § 321 HGB eingesetzt werden kann. Insoweit ist er vergleichbar mit den Arbeitspapieren und mündlicher Kommunikation (etwa bei Schlussbesprechungen), von denen er sich allerdings durch seine Publizität gegenüber der Unternehmensleitung bzw. die Schriftform unterscheidet.
Ausgeschlossen von der Berichterstattung in einem Management Letter sind also insbesondere alle Sachverhalte, die die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung berühren oder zu berichtspflichtigen Veränderungen der wirtschaftlichen Lage führen können (Pfitzer, 1996). Nicht Gegenstand eines Management Letter können ferner Sachverhalte sein, die die sog. Redepflicht des Abschlussprüfers gem. § 321 I Satz 3 HGB betreffen:

-

Unrichtigkeiten oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften;

-

Tatsachen, die den Bestand des geprüften Unternehmens oder des Konzerns gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können;

-

schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder die Satzung.


Vom Management Letter sind auch die Fälle der Vorabberichterstattung zu unterscheiden, in denen es notwendig oder zweckmäßig ist, bereits vor Erteilung des Prüfungsberichts über Feststellungen zu berichten (insbes. in Fällen der sog. Redepflicht des Abschlussprüfers; ADS, 1995, § 321 HGB; a.A. Pfitzer, 1996). Soweit solche Vorabberichte berichtspflichtige Sachverhalte betreffen, ist im später erstellten Prüfungsbericht darauf zu verweisen und das Ergebnis des Vorabberichtes in den Hauptbericht zu übernehmen. Gleiches gilt für sog. Sonderberichte, die in Ausnahmefällen der Berichterstattung gem. § 321 HGB über bestimmte Sachverhalte außerhalb des Hauptberichtes dienen. In solchen Fällen bedarf es im Hauptbericht des Verweises auf den Sonderbericht und seinen Inhalt (ADS, 1995, § 321 HGB). Dagegen muss auf einen Management Letter grds. im Prüfungsbericht nicht hingewiesen werden (Pfitzer, 1996; a.A. Schindler, /Rabenhorst, 1998), da er keine berichtspflichtigen Sachverhalte umfasst. Praxisüblich richtet der Abschlussprüfer seinen Management Letter erst nach Abschluss seiner Prüfungsarbeit an die Unternehmensleitung.
Konkret kommen folgende Sachverhalte als Inhalte des Management Letter in Betracht:

-

Schwachstellen im internen Kontrollsystem (für eine ausführliche Übersicht vgl. AICPA, 1989, Examples of Possible Reportable Conditions; Internes Kontrollsystem) und ggf. Vorschläge zu deren Beseitigung (IDW, 2000; Pfitzer, 1996; Selchert, 1996);

-

Schwachstellen in Verarbeitungssystemen oder sonstigen betrieblichen Abläufen/Geschäftsprozessen und organisatorischen Gestaltungen sowie Anregungen zu deren Verbesserung (IDW, 2000; Pfitzer, 1996);

-

Schwachstellen im Bereich der Rechnungslegungs- und Berichterstattungserfordernisse (IDW, 2000);

-

Anregungen zur Gestaltung der Bilanzpolitik oder zu rechtlichen und steuerlichen Gestaltungsfragen (IDW, 2000; Pfitzer, 1996);

-

Analyseinformationen zur Unternehmenssteuerung und -kontrolle (Pfitzer, 1996);

-

Anregungen zur Nutzung strategischer Stärken und Chancen sowie zur Begegnung geschäftspolitischer Schwächen und Risiken (Pfitzer, 1996);

-

vom Abschlussprüfer formulierte Bedingungen, die bei der nächsten Prüfung erfüllt sein sollten, um ihm eine sicherere Beurteilung zu ermöglichen, und/oder Wünsche hinsichtlich der Erleichterung von Folgeprüfungen (Selchert, 1996).


Die vorgenannten Inhalte ließen sich im Rahmen der bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten überwiegend auch im Prüfungsbericht vermitteln (vgl. z.B. IDW PS 450.84 zur Darstellung von Verbesserungsvorschlägen zum Risikofrüherkennungssystem). Häufig haben die Unternehmensleitungen jedoch ein Interesse daran, dass Hinweise auf Schwachstellen und Verbesserungsvorschläge nicht im Prüfungsbericht erscheinen (Pfitzer, 1996; Selchert, 1996). Soweit hierbei nicht berichtspflichtige Sachverhalte betroffen sind, stellt der Management Letter ein adäquates Mittel für den Abschlussprüfer dar, seine Erkenntnisse aus der Prüfungstätigkeit gleichwohl zu kommunizieren. Bestandteil dieser Kommunikation kann im Übrigen auch sein, den Stand der Behebung von Beanstandungen und Umsetzung von Empfehlungen aus Vorjahren zusätzlich zum Gegenstand der Berichterstattung zu machen (IFAC, 2000). Außerdem kann ein Management Letter dazu genutzt werden, Stellungnahmen der Unternehmensleitung zu getroffenen Feststellungen und Empfehlungen einzufordern und diese in die Berichterstattung einzubeziehen (IFAC, 2000).
Literatur:
ADS, : Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar, 6. A., bearb. v. Forster, K.-H./Goerdeler, R./Lanfermann, J. et al., Stuttgart ab 1995
AICPA, : Statement on Auditing Standards 60, Communication of Internal Control Structure Related Matters Noted in an Audit, New York 1989
Arens, A. A./Loebecke, J. K. : Auditing, Englewood Cliffs/New Jersey 1988
BR, : BR-Drs. 972/97: Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), v. 07.11.1997
Escher-Weingart, C. : Die gewandelte Rolle des Wirtschaftsprüfers als Partner des Aufsichtsrats nach den Vorschriften des KonTraG, in: NZG 1999, S. 909 – 919
Feddersen, D./Hommelhoff, P./Schneider, U. H. : Corporate Governance, Köln 1996
Forster, K.K. : Abschlußprüfung nach dem Regierungsentwurf des KonTraG, in: WPg 1998, S. 41 – 56
Hommelhoff, P. : Die neue Position des Abschlußprüfers im Kraftfeld der aktienrechtlichen Organisationsverfassung (Teil I), BB 1998, S. 2567 – 2631
IDW, : WP-Handbuch, Bd. I, 12. A., Düsseldorf 2000
IFAC, : IFAC Handbook 2000, Technical Pronouncements, Abschnitt Communications with Management, New York 1999
Lambsdorff, O. G. : Aufsichtsratspraxis, in: Corporate Governance, hrsg. v. Feddersen, D./Hommelhoff, P./Schneider, U. H., Köln 1996
Lück, W./Hunecke, J. : Zur Warnfunktion des Abschlußprüfers, in: DB 1996, S. 1 – 60
O\'Reilly, V./McDonnell, P./Winograd, B. : Montgomery\'s Auditing, 12. A., New York u.a. 1998, S. 1 – 13
Peemöller, V. H./Finsterer, H./Mahler, T. : Verbesserung der Unternehmensüberwachung durch den Management Letter, in: DB 1999, S. 1565 – 1568
Pfitzer, N. : § 321 – Die Redepflicht des Abschlußprüfers, in: Rechnungslegung und Prüfung 1996, hrsg. v. Baetge, J., Düsseldorf 1996, S. 120 – 210
Schindler, J./Rabenhorst, D. : Auswirkungen des KonTraG auf die Abschlußprüfung (Teil II), in: BB 1998, S. 1939 – 1944
Schreib, H. P. : Reform des Aufsichtsrats aus Sicht der Aktionäre, in: BFuP 1996, S. 285 – 291
Selchert, F. W. : Jahresabschlußprüfung der Kapitalgesellschaften, Wiesbaden 1996

 

 


 

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