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Kündigung und Kündigungsschutz


Inhaltsübersicht
I. Kündigung – Funktion, Begriff, Form und Arten
II. System und Funktionsweise des Kündigungsschutzes
III. Allgemeiner Kündigungsschutz
IV. Besonderer Kündigungsschutz
V. Unkündbarkeit
VI. Außerordentliche Kündigung
VII. Anhörung des Betriebsrats
VIII. Kündigungsschutz betrieblicher Amtsträger
IX. Kündigungsschutzprozess

I. Kündigung – Funktion, Begriff, Form und Arten


Die Funktion der Kündigung im Arbeitsrecht liegt darin, ein Arbeitsverhältnis durch eine einseitige Erklärung zu beenden.

1. Begriff der Kündigung


Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, bedingungsfeindliche Willenserklärung, die auf die Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses, hier des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist. Damit unterscheidet sie sich von der Befristung, bei der das Ende des Arbeitsvertrages von vornherein vereinbart worden ist, wie auch vom Auflösungsvertrag, der eine vertragliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge hat. Die Kündigung bedarf nur des Zugangs beim Kündigungsgegner, d.h. bei dem anderen Vertragspartner des Arbeitsvertrages. Einer Annahme der Kündigung bedarf es zu ihrer Wirksamkeit nicht.

2. Willenserklärung, Vollmacht


Bei der Kündigung handelt es sich um eine Willenserklärung. Sie ist nur wirksam, wenn sie vom Erklärungsberechtigten oder von einem Dritten als dessen Vertreter abgegeben worden ist. Wird eine Kündigung von einem Vertreter erklärt (Schriftform!) und liegt ihr nicht die schriftliche Vollmacht des Vertretenen bei, so kann die andere Seite die Kündigung unverzüglich mit der Folge zurückweisen, dass sie unheilbar unwirksam ist (§ 174 BGB). Dies betrifft insb. Kündigungen durch den Arbeitgeber. Kündigt nicht der Betriebsinhaber oder das zur Vertretung der juristischen Person bestellte Organ (Vorstand, eingetragener GmbH-Geschäftsführer), sondern ein Dritter, so muss dieser Dritte entsprechend bevollmächtigt sein. Eines Vollmachtsnachweises bedarf es nicht, wenn der Prokurist kündigt, denn für ihn streitet die sog. Registervollmacht, oder wenn führende Mitarbeiter der Personalabteilung kündigen und allgemein bekannt ist, dass diese Mitarbeiter hierzu befugt sind.

3. Form der Kündigung


Seit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 623 BGB bedarf jede Kündigung eines Arbeitsverhältnisses (ebenso wie jeder Auflösungsvertrag) der Schriftform. Schriftform bedeutet, dass die Kündigungserklärung selbst schriftlich abgegeben von demjenigen, der die Kündigung erklärt, eigenhändig unterzeichnet sein muss; die elektronische Form (§ 126 Abs. 3 BGB) ist ausgeschlossen.

4. Zugang der Kündigung


Die Kündigung muss dem Kündigungsempfänger zugehen. Der Zugang erfolgt entweder durch körperliche Übergabe oder die Kündigung muss derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein, dass er nach den normalen Umständen von ihr Kenntnis nehmen kann (Einwurf in Wohnungsbriefkasten ist ausreichend). Der Kündigende hat den Zugang der Kündigung zu beweisen; empfehlenswert ist insoweit eine Übergabe unter Zeugen oder eine Übermittlung der Kündigungserklärung durch einen Zeugen (Boten), der vom Inhalt des Kündigungsschreibens Kenntnis hat. Ein Einschreiben ist kein Zugangsbeweis für den Inhalt der Postsendung.

5. Kündigungsarten


Zu unterscheiden ist die ordentliche (fristgemäße) Kündigung von der außerordentlichen oder fristlosen Kündigung (siehe unter VI.). Bei der ordentlichen Kündigung muss die gesetzliche Kündigungsfrist (§ 622 BGB) bzw. die an ihre Stelle tretende tarifvertragliche Kündigungsfrist eingehalten werden, sonst wirkt sie erst zum nächsten Termin. Sollen die für den Arbeitgeber geltenden längeren Kündigungsfristen auch für den Arbeitnehmer gelten, so muss dies ausdrücklich vereinbart werden.
In der Regel werden Kündigungen als Beendigungskündigungen ausgesprochen. Denkbar sind aber auch Änderungskündigungen. Sie bestehen in einer Kombination einer Beendigungskündigung mit dem gleichzeitigen Angebot, das Arbeitsverhältnis zu den im Angebot enthaltenen, konkret beschriebenen Bedingungen fortzusetzen. Von der Änderungskündigung ist die Teilkündigung zu unterscheiden. Die Teilkündigung ist grundsätzlich unzulässig. Unzulässig ist auch eine bedingte Kündigung.

II. System und Funktionsweise des Kündigungsschutzes


Die zu I genannten Regeln über den Ausspruch ordentlicher oder außerordentlicher Kündigungen im Arbeitsverhältnis sind von beiden Seiten des Arbeitsvertrages, also von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, gleichermaßen zu beachten. Das Arbeitsrecht schützt jedoch den Arbeitnehmer vor Kündigungen durch den Arbeitgeber mit einer Vielzahl von Schutznormen. Seine Wirksamkeit erhält der Kündigungsschutz dadurch, dass sich der Arbeitnehmer gegen die Kündigung vor den Gerichten für Arbeitssachen, in Fällen des Genehmigungsvorbehalts (§ 9 MuSchG, § 85 SGB IX) auch vor den Verwaltungsgerichten, zur Wehr setzen kann.

III. Allgemeiner Kündigungsschutz


Zu den wichtigsten Errungenschaften des deutschen Arbeitsrechts zählt der Schutz des Arbeitnehmers durch den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Es regelt im ersten Abschnitt den allgemeinen Kündigungsschutz, im zweiten den Kündigungsschutz im Rahmen der Betriebsverfassung und der Personalvertretung, im dritten anzeigepflichtige Entlassungen. Der vierte Abschnitt enthält Schlussbestimmungen.

1. Anwendungsbereich


Die Vorschriften des ersten und zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts und – nach näherer Maßgabe des § 24 KSchG – für Betriebe der Schifffahrt und des Luftverkehrs. Die Vorschriften des ersten Abschnitts – allgemeiner Kündigungsschutz – gelten jedoch nicht in Betrieben und Verwaltungen, in denen i.d.R. fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten beschäftigt werden. Bei dieser Feststellung sind Teilzeitbeschäftigte mit nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und mit nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu zählen. Der Arbeitnehmer kann sich auf den allgemeinen Kündigungsschutz nur stützen, wenn sein Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat (Wartefrist). Die Kündigung ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial nicht gerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG). Nach § 1 Abs. 2 KSchG sind drei Arten der sozialen Rechtfertigung zu unterscheiden: Gründe in der Person des Arbeitnehmers (z.B. Krankheit), Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers (z.B. Arbeitsbummelei) oder dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in demselben Betrieb entgegenstehen.
Ganz generell geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Kündigung – gleichgültig aus welchen Gründen sie sozial gerechtfertigt sein soll – nur die ultima ratio darstellt, d.h., dass erst gekündigt werden darf, wenn ein hinreichender Kündigungsgrund vorliegt und die Beschwerde für die Arbeitgeberseite nicht auf andere Weise, z.B. durch anderen Einsatz des Arbeitnehmers, beseitigt werden kann. Insoweit genießt die Änderungskündigung Vorrang, auch wenn sie in der Praxis schwerer zu begründen ist als eine Beendigungskündigung.

a) Personenbedingte Kündigung


Gründe in der Person des Arbeitnehmers können die Kündigung sozial rechtfertigen (personenbedingte Kündigung). Die Gründe in der Person betreffen die persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers (z.B. dauernde oder ständig wiederholte krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, dauerhafter oder langfristiger Verlust der Fahrerlaubnis eines als Kraftfahrer angestellten Arbeitnehmers). Personenbedingt ist eine Kündigung dann sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten bzw. deren Fehlens nicht mehr in der Lage ist, künftig seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen (Prognose fehlender Eignung), dies zu konkreten betrieblichen Störungen führt, ein milderes Mittel nicht vorhanden ist, insbesondere keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht und das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, das Interesse des Arbeitnehmers, dieses beizubehalten, überwiegt.

b) Verhaltensbedingte Kündigung


Die verhaltensbedingte Kündigung soll das Risiko weiterer Verletzungen des Arbeitsvertrages durch den Arbeitnehmer ausschließen. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer überhaupt den Arbeitsvertrag so hinreichend verletzt hat, dass er damit rechnen musste, der Arbeitgeber werde dies nicht hinnehmen, dass weitere Verletzungen vergleichbarer Art zu befürchten sind und dass die Interessenabwägung wiederum ergibt, dass das Interesse des Arbeitgebers das Interesse des Arbeitnehmers überwiegt.
In der Regel setzt jede verhaltensbedingte Kündigung – auch in der stärkeren Form der außerordentlichen Kündigung – eine Abmahnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber voraus. Die Abmahnung hat den Arbeitnehmer auf sein Fehlverhalten aufmerksam zu machen, ihn aufzufordern, dieses nicht zu wiederholen, und ihm zu drohen, dass er im Wiederholungsfall mit seiner Entlassung rechnen muss. Es genügt nicht, wenn ein schwerwiegendes Verhalten abgemahnt und später ein gleichartiges leicht wiegendes Verhalten als Kündigungsgrund benutzt wird. Vielmehr muss der Kündigungsgrund von hinreichendem Gewicht sein. Bei krassen Formen des Fehlverhaltens, z.B. Griff in die Kasse, bedarf es keiner Abmahnung.

c) Betriebsbedingte Kündigung


Die soziale Rechtfertigung einer Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, stellt auf Umstände in der betrieblichen Sphäre des Arbeitgebers ab. Sie müssen sich aus einer entsprechenden unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers ergeben. Aus ihr muss abzuleiten sein, dass das Bedürfnis für die Beschäftigung des Arbeitnehmers entfällt. Diese Ableitung ist gerichtlich überprüfbar. Gleichwohl ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer auf einem anderen freien, seinem Arbeitsvertrag entsprechenden Arbeitsplatz im selben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann und der Betriebsrat deswegen nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG widersprochen hat. Entsprechendes gilt für Betriebe und Verwaltungen des öffentlichen Rechts.
Trotz Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse ist eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn bei der Auswahl des Arbeitnehmers gegen eine Richtlinie nach § 95 BetrVG verstoßen worden ist oder wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (§ 1 Abs. 3 KSchG). Auf Verlangen muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anführen, die zur getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. Die soziale Auswahl hat unter vergleichbaren Arbeitnehmern des Betriebes stattzufinden; vergleichbar sind Arbeitnehmer dann, wenn sie nach ihrem Arbeitsvertrag vereinbarten Beschäftigung, ggf. unter Inanspruchnahme von Einarbeitungszeiten, die die Dauer der Kündigungsfrist nicht überschreiten, untereinander austauschbar sind. Die soziale Auswahl ist nach sozialen Gesichtspunkten vorzunehmen, vorrangig nach Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers; es sind aber auch Umstände wie Schwerbehinderteneigenschaft oder sonstige besondere Umstände dabei zu berücksichtigen. Letztlich ist die soziale Auswahl kaum hinreichend prognostizierbar. Ist dagegen in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung nach § 95 BetrVG bzw. einer Richtlinie im Rahmen des Personalvertretungsrechts festgelegt, welche sozialen Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind und wie diese Gesichtspunkte im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die soziale Auswahl der Arbeitnehmer nur auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft werden (§ 1 Abs. 4 KSchG).

2. Beweisfragen


Nach § 1 Abs. 2 KSchG hat der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Dagegen hat nach § 1 Abs. 3 KSchG der Arbeitnehmer die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung deswegen als ungerechtfertigt erscheinen lassen, weil die soziale Auswahl nicht oder nicht hinreichend vorgenommen worden ist.

3. Änderungskündigung


Auch der Ausspruch einer Änderungskündigung bedarf der sozialen Rechtfertigung; die Regelungen über die soziale Rechtfertigung von Beendigungskündigungen gelten für den Ausspruch der Änderungskündigung durch den Arbeitgeber entsprechend (§ 2 KSchG). Allerdings kann der Arbeitnehmer das Änderungsangebot in der Änderungskündigung unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Kündigung selbst nicht sozial ungerechtfertigt sei; diese Erklärung muss er innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens aber innerhalb von drei Wochen seit Zugang der Änderungskündigung aussprechen. Die Klageerhebung per se genüge nur dann zur Fristwahrung, wenn die Klage binnen drei Wochen nicht nur erhoben, sondern auch zugestellt worden ist.

4. Massenentlassungen


Das Kündigungsschutzgesetz regelt auch die anzeigepflichtigen Massenentlassungen (§§ 17 bis 22 KSchG). Eine Massenentlassung liegt vor, wenn innerhalb von 30 Kalendertagen in Betrieben mit i.d.R. mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern 5, mit in der Regel mindestens 60 und weniger 500 Arbeitnehmern 10% oder mehr als 25 Arbeitnehmer und in Betrieben mit mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer entlassen werden sollen.

5. Arbeitskampfkündigung


Die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes insgesamt finden keine Anwendung auf Kündigungen und Entlassungen, die lediglich als Maßnahmen in wirtschaftlichen Kämpfen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorgenommen werden (§ 25 KSchG). Indessen können Arbeitskampfkündigungen wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB rechtswidrig und damit unwirksam sein.

IV. Besonderer Kündigungsschutz


Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gibt es besondere materielle und verfahrensrechtliche Kündigungsschutzbestimmungen. Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird; die Fristüberschreitung ist unschädlich, wenn sie von der Frau nicht zu vertreten war. Diese spezielle Unwirksamkeit kann auf Antrag des Arbeitgebers durch die Genehmigung der Aufsichtsbehörde nach § 9 Abs. 3 MuSchG beseitigt werden. Die Kündigung selbst bedarf der Schriftform und muss den zulässigen Kündigungsgrund angeben. Wegen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde (Gewerbeaufsichtsamt, Amt für Arbeitsschutz usw.) kann vor den Gerichten der Verwaltungssachen geklagt werden. Erziehungsbeurlaubte genießen einen dem Mutterschutz entsprechenden Kündigungsschutz (§ 18 BerzGG).
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes (vormals Hauptfürsorgestelle) nach den §§ 85 bis 92 SGB IX.
Weitere spezielle Kündigungsschutznormen finden sie je nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz für Wehr- und Zivildienstleistende und – nicht durchgängig – andere Personengruppen wie politische Mandatsträger.

V. Unkündbarkeit


Das Recht zur ordentlichen Kündigung kann vertraglich ausgeschlossen werden. Durch Befristung des Arbeitsvertrages wird es ausgeschlossen, es sei denn, dass die ordentliche Kündigung vertraglich vereinbart worden ist (§ 15 Abs. 3 TzBfG). Nach einer Reihe von Tarifverträgen sind Arbeitnehmer „ ordentlich unkündbar “ oder nur beschränkt kündbar, wenn sie eine Reihe von Lebensjahren und eine bestimmte Betriebszugehörigkeit aufweisen. Im Fall der völligen Betriebseinstellung oder völliger Unfähigkeit des Arbeitnehmers, die versprochene Arbeit zu leisten, kommt jedoch eine außerordentliche Kündigung mit einer – der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden – sozialen Auslauffrist in Betracht.

VI. Außerordentliche Kündigung


Das Recht zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden, auch nicht durch einen Tarifvertrag. Vielmehr kann jeder Vertragspartner aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (vgl. § 626 Abs. 1 BGB). Als wichtige Gründe kommen nicht alle Umstände in Betracht, sondern nur solche, deren Gewicht so stark ist, dass nicht einmal die Weiterbeschäftigung bis zu diesen Zeitpunkten zugemutet werden kann. Die außerordentliche Kündigung wird in der Regel als fristlose Kündigung ausgesprochen, so dass Kündigungsfristen nicht einzuhalten sind. Dafür muss jedoch die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten werden. Sie beträgt zwei Wochen von dem Tag an, von welchem der zur Kündigung Berechtigte von den Umständen Kenntnis erlangt, die die fristlose Kündigung rechtfertigen sollen. Soll eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden, so ist es in der Regel empfehlenswert, hilfsweise zugleich die ordentliche Kündigung zu erklären (sog. Simultankündigung).

VII. Anhörung des Betriebsrats


Nach § 102 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören; ihm sind die Stammdaten des Arbeitnehmers (Sozialdaten) und alle Umstände mitzuteilen, auf die der Arbeitgeber seine Kündigung stützen will. Die Äußerungsfrist für den Betriebsrat beträgt für die außerordentliche Kündigung drei Kalendertage, für die ordentliche Kündigung eine Woche. Gegen die außerordentliche Kündigung wie auch gegen die ordentliche Kündigung kann der Betriebsrat innerhalb der genannten Fristen Bedenken erheben; gegen die ordentliche Kündigung kann er innerhalb der Frist aus den im Gesetz dargelegten Gründen schriftlich Widerspruch erheben. Bedenken wie Widerspruch hindern den Arbeitgeber nicht, die Kündigung zu erklären. Ein rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Widerspruch hat allerdings zur Folge, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf hat, für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses weiterbeschäftigt zu werden, und zwar von Anfang an; hiervon kann sich der Arbeitgeber befreien lassen (§ 102 Abs. 5 BetrVG).

VIII. Kündigungsschutz betrieblicher Amtsträger


Betriebliche Amtsträger, vor allem Betriebsratsmitglieder, Mitglieder der Jugendvertretung oder des Wahlvorstandes (vgl. § 103 BetrVG, § 15 KSchG) sind während ihrer Amtszeit nur außerordentlich und mit Zustimmung des Betriebsrats kündbar. Die fehlende Zustimmung kann durch gerichtliche Entscheidung ersetzt werden, nach Ablauf ihrer Amtszeit können sie binnen eines Jahres nur außerordentlich gekündigt werden; allerdings bedarf dies nicht mehr der Zustimmung sondern nur der Anhörung des Betriebsrates.

IX. Kündigungsschutzprozess


Der Kündigungsschutz wird im Wesentlichen dadurch bewirkt, dass die Arbeitnehmer gegen eine ihnen gegenüber ausgesprochene Kündigung Kündigungsschutzklage erheben können. Nach den §§ 4, 13 KSchG muss eine gegen eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht erhoben sein. Wird diese Frist nicht gewahrt, so gilt hinsichtlich der ordentlichen Kündigung die soziale Rechtfertigung als gegeben; hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung wird vermutet, dass ein hinreichender wichtiger Grund für sie vorgelegen hat. Alle übrigen Unwirksamkeitsgründe können jedoch auch nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist erstmals gerichtlich geltend gemacht werden, z.B. die Verletzung der Formvorschrift, Mängel bei der Anhörung des Betriebsrates, fehlende Zustimmung der Aufsichtsbehörden usw. Die übliche, auf das Kündigungsschutzgesetz gestützte Kündigungsschutzklage bedarf nur weniger Tatsachenbehauptungen, nämlich Bestand des Arbeitsverhältnisses von mehr als sechs Monaten; die regelmäßige Beschäftigung von mehr als fünf Arbeitnehmern im Betrieb; ggf. Leugnen – Bestreiten durch Nichtwissen genügt zunächst – der Rechtmäßigkeit der Anhörung des Betriebsrates und das Vorliegen eines die Kündigung rechtfertigenden Grundes. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, substantiiert hierauf unter Darlegung des Kündigungsgrundes zu antworten. Der Kündigungsschutzprozess beginnt – wie andere Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen auch – mit der Güteverhandlung. Es ist ratsam, dass der Vertreter des Arbeitgebers in der Güteverhandlung bereits voll umfänglich über den Sachverhalt informiert ist; ob bis dahin bereits eine schriftliche Einlassung an das Gericht gegeben wird, ist Frage der örtlichen Übungen bzw. Übung des Gerichts. In aller Regel versucht das Gericht, in der Güteverhandlung eine gütliche Einigung, d.h. in der Regel eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses, oft gegen Zahlung einer Abfindung, herbeizuführen. Auf Antrag kann das Gericht das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung auflösen; dieser Umstand ist letztlich auch maßgeblich dafür, dass es sehr häufig nicht zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht kommt, sondern zu einer entsprechenden gütlichen Einigung der Parteien. Folgen des verlorenen Kündigungsschutzprozesses: Der Arbeitnehmer kann wählen, ob er das nunmehr fortbestehende Arbeitsverhältnis auch tatsächlich fortsetzen oder ggf. eine inzwischen eingegangene andere Beschäftigung fortsetzen möchte (§ 16 KSchG). Ferner kann der Arbeitnehmer Verzugslohnansprüche gegen den Arbeitgeber für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist geltend machen. Je nach Dauer des Prozesses können erhebliche Beträge auflaufen. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer möglicherweise inzwischen Arbeitslosengeld bezogen hat, verringert das Risiko für die Arbeitgeberseite nicht. Denn insoweit geht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt auf die Arbeitsverwaltung über, als diese ihm Arbeitslosengeld gezahlt hat. Insgesamt erweist sich das Wechselspiel zwischen materiellem Kündigungsschutz und Kündigungsschutzprozess vor dem Hintergrund des Entgeltrisikos als sehr wirksamer Kündigungsschutz.
Rechtsstand: Mai 2003.
Literatur:
Ascheid, R./Preis, U. : Großkommentar zum Kündigungsrecht, München 2000
Becker, F./Etzel, G. : Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften, 6. A., Neuwied et al. 2002
Dorndorf, E./Weller, B./Hauck, F. : KSchG, 3. A., Heidelberg 1999
Hoyningen-Huene, G. von/Linck, R. : KSchG, 13. A., München et al. 2001
Knorr, G./Bichelmeier, G./Kremhelmer, H. : Handbuch des Kündigungsrechts, 4. A., München et al. 1998

 

 


 

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