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Kaufkraft und Kaufkraftkennziffern


Inhaltsübersicht
I. Begriffe und Berechnungsmethoden
II. Darstellung der Kaufkraftkennziffern
III. Das Kaufkraftgefälle in der Bundesrepublik
IV. Kaufkraftkennzahlen als regionale Absatzpotenzialkennziffern
V. Grenzen für den Einsatz von Kaufkraftkennziffern

I. Begriffe und Berechnungsmethoden


Unter Kaufkraft werden in der Praxis zwei verschiedene Sachverhalte verstanden: Zum einen, im kaufmännischen Sprachgebrauch, die Geldsumme, die einem Wirtschaftssubjekt in einem bestimmten Zeitraum zur Verfügung steht, zum anderen, im volkswirtschaftlichen Sinn, die Gütermenge, die für eine Geldeinheit bzw. von einem Wirtschaftssubjekt gekauft werden kann. Letztere Begriffsdeutung wird von den Ökonomen im Zusammenhang mit der Preisstabilitäts- oder der Wohlstandsmessung verwendet. Die Kaufkraft des Geldes misst die Menge von Gütern und Dienstleistungen, die im Zusammentreffen von nominaler Güternachfrage und realem Güterangebot auf dem Markt zu erzielen ist. Eine Veränderung des Preisniveaus bewirkt bei gleich bleibenden Nominaleinkommen eine gegenläufige Veränderung der Kaufkraft. Die mit ihrer Kaufkraft gewichtete Geldmenge ergibt die – reale – Kaufkraft des Wirtschaftssubjekts.
Zur Messung der Kaufkraftveränderung des Geldes im Vergleich mehrerer Jahre werden von der amtlichen Statistik Preisindices erstellt. Sie veranschaulichen, um wie viel Prozent die Summe der Waren und Dienstleistungen, die üblicherweise von den privaten Haushalten nachgefragt werden, im Zeitvergleich teuerer oder billiger geworden sind. Erhoben wird die Preisentwicklung für eine repräsentatives Sample aller privaten Haushalte sowie für ausgewählte Haushaltstypen (4-Personen-Arbeitnehmer-Haushalte mit mittlerem Einkommen, 4-Personen-Arbeitnehmer-Haushalte von Angestellten und Beamten mit höherem Einkommen, 2-Personen-Haushalte von Rentnern und Sozialhilfeempfängern und für die einfache Lebenshaltung eines Kindes). Im engeren Sinn wird hierbei nur die Veränderung der Kaufkraft des Geldes für Ausgaben der Lebenshaltung, nicht für alle Käufe, gemessen.
Die Berechnungen der Preisindices beruhen auf einem für die jeweiligen Indexhaushalte repräsentativen Warenkorb. Um die durch Einkommensveränderungen und Veränderungen im Konsumentenverhalten bedingte Instabilität des Warenkorbes abzumildern, wird dieser etwa alle fünf Jahre neu ermittelt und neu gewichtet, d.h. mit sog. Wägungszahlen versehen, die die Gewichtung der Güter für die Preisveränderungsrate widerspiegeln.
Preisberechnungen nicht mit dem Ziel eines zeitlichen, sondern eines internationalen Vergleichs werden mittels sog. Kaufkraftparitäten durchgeführt. Gegenüber Wechselkursparitäten haben diese den Vorteil einer größeren Konstanz im zeitlichen Verlauf gegenüber den häufig stark schwankenden Devisenkursen. Zudem unterliegen Währungskurse politischen und außenhandelsbedingten Einflüssen, die die Bedeutung der Kaufkraft einer Währung für den Wechselkurs abschwächen.
Zur Berechnung von Kaufkraftparitäten kann man zum einen ein Bezugsland wählen und internationale Durchschnittspreise für jede Güterkategorie im Vergleich zu dem Bezugsland berechnen. Die Kaufkraftparitäten sind damit Relationen in Bezug zum Basisland (Beispiel: Das International Comparison Project der UNO mit den USA als Bezugsland). Zum anderen kann man eine übergeordnete Maßeinheit als Bezugsebene wählen und die Preise in jedem betrachteten Land mit dieser Maßeinheit vergleichen (Beispiel: Das Statistische Amt der Europäischen Union mit dem Euro als Bezugsgröße).
Unabhängig von volkswirtschaftlich orientiertem Interesse an der Kaufkraft des Geldes und der realen Kaufkraft der Wirtschaftssubjekte ist das absatzorientierte Informationsbedürfnis der Unternehmen. Für sie ist i.a. die von regionalen Preisunterschieden unbereinigte nominale Kaufkraft ihrer potenziellen Kunden die wichtigere Größe. Regionale Teilmärkte hinsichtlich ihrer (nominalen) Kaufkraft zu bewerten, ist Funktion so genannter Kaufkraftkennziffern.
Kaufkraftkennziffern für regionale, aber auch sehr kleinräumige Gebiete werden seit längerem von Marktforschungsinstituten erstellt. Sie werden sowohl für administrative als auch für postalische räumliche Einheiten ermittelt. Ihre Berechnungsmethode wird in Abhängigkeit vom Erhebungsbereich der amtlichen Statistik ständig aktualisiert. Basis für die Berechnungen sind die Daten der amtlichen Lohn- und Einkommensteuerstatistiken. Sie weisen auf Grundlage der bei den Finanzämtern vorliegenden anonymisierten Lohnsteuerkarten bzw. Einkommensteuererklärungen die Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit der nicht veranlagten Lohnsteuerpflichtigen und den Gesamtbetrag der Einkünfte der Einkommensteuerpflichtigen aus. Von den Bruttoeinkommen werden die Lohn- und Einkommensteuern abgezogen. Darüber hinaus ist es erforderlich, Einkommensbestandteile, die über die Lohn- und Einkommensteuerstatistik nicht oder nur unvollständig erfasst sind, zu ergänzen. So werden die wegen ihrer Steuervergünstigungen in den Veranlagungen zu niedrig ausgewiesenen Einkommen der Landwirtschaft durch eine detaillierte Erfassung der landwirtschaftlichen Einkünfte geschätzt. Zusätzlich zu den Erwerbseinkommen müssen Transferzahlungen berücksichtigt werden. Daher werden durch Sonderauswertung einschlägiger Statistiken Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe, Kindergeld, Wohngeld, BAFöG, Sozialhilfe und Renten in die Kaufkraftberechnungen mit einbezogen. Da die amtlichen Stellen Angaben zu Transferleistungen nicht immer in der erforderlichen räumlichen Gliederungstiefe ausweisen, muss hier häufig eine ausreichende Deaggregierung der verfügbaren Daten anhand geeigneter Schlüsselgrößen erfolgen. Ebenfalls fehlen Lohn- und Einkommensteuerstatistiken und Angaben zu Transferzahlungen auf der Ebene der Stadtbezirke und Stadtteile sowie der Postleitzahlen. Für diese räumlichen Einheiten müssen für die Kaufkraftberechnungen aufwendige statistische Verfahren mithilfe zahlreicher einkommensrelevanter Daten aus Sekundärstatistiken sowie aus mikrogeografischen Marktsegmentierungssystemen durchgeführt werden.
Die so ermittelte Kaufkraft der ortsansässigen Bevölkerung entspricht weitgehend dem Konzept des verfügbaren Einkommens der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Diese Einkommen werden von den privaten Haushalten zum Teil für Konsumzwecke (Miete, Reisen, Ausgaben im Einzelhandel etc.), zum Teil für Sparen verwendet.
Die so für Deutschland beschriebenen Kaufkraftberechnungen werden in abgewandelter Form inzwischen für fast alle europäischen Länder durchgeführt. Jedes Land wird nach einer in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit regionalstatistischer Daten individuell festgelegten Methode berechnet; für die Umrechnung der regionalen Ergebnisse auf einen europäischen Indexwert werden anstelle von Wechselkursen die oben beschriebenen Kaufkraftparitäten verwendet, da sie nicht den stark schwankenden Wechselkursveränderungen unterworfen sind. Kaufkraftkennziffern werden als Prognosewerte für das Jahr, in dem sie berechnet werden, oder für das kommende Jahr erstellt.

II. Darstellung der Kaufkraftkennziffern


Standardmäßig erfolgt die Darstellung von Kaufkraftkennziffern in Berichtsbänden. Aufgeführt werden für die nachgewiesenen Gebietseinheiten i.d.R. Relativzahlen – Promille-Anteile der Kaufkraft vom Gesamt-(Bundes-)gebiet und auf einen Durchschnitt von 100 bezogene Pro-Kopf-Indices – berechnet als
Kaufkraft und Kaufkraftkennziffern
sowie Euro-Beträge als Insgesamt- und Pro-Kopf-Werte, die auf die Gesamtwerte aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (verfügbares Einkommen) abgestimmt werden. Natürlich werden solche Datenmengen vom Anwender zumeist in Tabellenkalkulations- und Statistikprogrammen verarbeitet, sodass in der Regel eine zusätzliche Auslieferung auf Datenträgern erfolgt. Verbreitet sind auch Kaufkraftkarten, die einen raschen Überblick über das regionale Kaufkraftgefälle zwischen den einzelnen Stadt- und Landkreisen ermöglichen und daneben Regelmäßigkeiten räumlicher Verteilungsmuster verdeutlichen: Hierzu gehört die hohe Pro-Kopf-Kaufkraft in den »Speckgürteln« im Umland der großen Zentren (wie um Hamburg, Frankfurt/Main, München), die höher ist als in den Zentren selbst, sowie die schwache Kaufkraft in peripheren Landkreisen. Aufgrund der gegenüber Kennziffern preisgünstigeren Beschaffung werden solche Kaufkraftkarten auch häufig für planerische Arbeiten herangezogen. Das hierbei erforderliche manuelle Berechnen von sog. Kaufkraftfaktoren, wobei die Mittelwerte der entsprechenden Farbklassen mit der in Promilleanteilen vom Bundesgebiet ausgedrückten Bevölkerungszahl des Stadt- und Landkreises multipliziert werden, ist allerdings eine etwas ungenaue und zeitraubende Arbeit.
Ausgewiesen werden Kaufkraftkennziffern jährlich für Bundesländer, Regierungsbezirke und Stadt- und Landkreise. Für Gemeinden und ausländische Regionen werden diese Berechnungen bislang in dreijährigem Turnus durchgeführt. Unregelmäßig sind die zeitlichen Abstände bei den Kennziffern für Stadtbezirke und Stadtteile (in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit benötigter Rohdaten) und für postalische Einheiten (bedingt durch die Einführung der neuen Postleitzahlen). Kaufkraftkennziffern für Letztere werden auf der Ebene der zweistelligen Briefregionen und der flächenbezogenen fünfstelligen Postleitgebiete erstellt. Eine Darstellung nach drei- oder vierstelligen Postleitgebieten ist nicht sinnvoll, da es sich hierbei nicht überall um geografisch zusammenhängende Räume handelt. Durch entsprechende Aggregationen kann der Anwender aus diesen Basisgebieten die Kaufkraftkennziffern seiner Verkaufsgebiete, Einzugsbereiche, Nielsengebiete etc. bilden.

III. Das Kaufkraftgefälle in der Bundesrepublik


Wie Tab. 1 veranschaulicht, bestehen in der Bundesrepublik, nicht nur bezogen auf den Ost-West-Vergleich, deutliche Kaufkraftdisparitäten.
Kaufkraft und Kaufkraftkennziffern
Tab. 1: Die Kaufkraft der Bundesländer (Quelle: Michael Bauer Research GmbH Nürnberg, 2006)
Über die höchste Kaufkraft verfügen Hamburg und die süddeutschen Flächenländer, unterdurchschnittlich ist die Kaufkraft in den neuen Bundesländern, in Berlin, Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und im Saarland.
Stärkere Gegensätze ergeben sich bei einem Vergleich nach Stadt- und Landkreisen. Tab. 2 macht die großen Unterschiede zwischen den einkommenstärksten Gebieten Oberbayerns und Südhessens einerseits und den kaufkraftschwächsten Landkreisen Mecklenburg-Vorpommerns und des östlichen Brandenburg andererseits deutlich.
Kaufkraft und Kaufkraftkennziffern
Tab. 2: Die kaufkraftstärksten und -schwächsten Stadt- und Landkreise (Quelle: Michael Bauer Research GmbH Nürnberg, 2006)

IV. Kaufkraftkennzahlen als regionale Absatzpotenzialkennziffern


Funktion der Kaufkraftkennziffern ist es, regionale Absatzpotenziale für Konsumgüter oder Dienstleistungen zu quantifizieren oder quantifizieren zu helfen. Unterstellt man eine lineare Beziehung zwischen regionaler Kaufkraft und Güternachfrage, zeigt eine Kaufkraftkennziffer von z.B. 6,980? für Nürnberg an, dass 6,980? der bundesweiten Nachfrage nach diesem Gut von der Wohnbevölkerung dieser Stadt ausgeht. Ist kein solcher Zusammenhang gegeben, wird man – sofern die Kaufkraft überhaupt für die Nachfrage nach dem betrachteten Gut relevant ist – die Kaufkraftkennziffer mit anderen (z.B. soziodemografischen) Regionaldaten zu Regionalnachfrageindikatoren (sog. speziellen Absatzkennziffern) verdichten (wobei nach Möglichkeit statistische Unabhängigkeit der einzelnen Determinanten voneinander vorliegen sollte).
Solche Kennziffern sind ein häufig angewendetes Entscheidungskriterium für die

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Absatzplanung (Welche Umsätze kann der einzelne Handelsvertreter oder Reisende realisieren?),

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Verkaufsplanung und -kontrolle (Wo sind Kaufkraftpotenziale ungenügend ausgeschöpft?),

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Kundenselektion (Bietet der Platz einem Händler oder Franchisepartner auskömmliche Verdienstchancen? Welche Umsatzvolumen sind vertraglich zu vereinbaren?),

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Standortforschung (Wo ist auf der Grundlage des im Marktgebiet vorhandenen Kaufkraftpotenzials die Errichtung/Erweiterung eines Einzelhandelsbetriebs sinnvoll?),

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Werbeplanung, Direktmarketing (Wo ist Direktwerbung besonders effizient?),

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Einteilung marktgerechter Verkaufsgebiete (Wie müssen chancengleiche Bezirke dimensioniert sein?).


Vergleicht man nun die Kaufkraftkennziffern (bzw. speziellen Absatzkennziffern) einzelner Gebiete mit den – vorher natürlich ebenfalls promillierten – vom eigenen Unternehmen tatsächlich erzielten Umsätzen, kann man leicht feststellen, wo regional betrachtet die relativen Stärken und Schwächen der Firma sind: Dort wo der Firmenumsatz anteilsmäßig höhere Werte aufweist als der Kaufkraftanteil der Region, ist die Firma vor Ort überdurchschnittlich stark präsent, dort wo der Umsatz niedriger liegt, ist die eigene Marktstellung entsprechend unterdurchschnittlich. Das folgende Beispiel verdeutlicht, wie sich diese Information im sog. Marktanteilskoeffizienten veranschaulichen lässt.
Der Marktanteilskoeffizient gibt die relative Abweichung von Absatzpotenzial – hier gemessen anhand der Kaufkraftkennziffer – und tatsächlichem Umsatz wieder. Er berechnet sich aus Umsatz in ? dividiert durch Kaufkraftkennziffer in ?. Je stärker die einzelnen Marktanteilskoeffizienten von 1 abweichen, desto mehr Handlungsbedarf besteht für die Vertriebsleitung, auf eine regional gleichmäßigere und damit effizientere Marktbearbeitung hinzuwirken.

V. Grenzen für den Einsatz von Kaufkraftkennziffern


Der hohe Bekanntheitsgrad von Kaufkraftkennziffern bei Praktikern führt häufig auch zur Überstrapazierung dieses Instruments in der Absatzplanung. Wie schon erwähnt, sind diese Kennzahlen streng genommen nur Indikatoren für Produkte, bei denen die Nachfragezuwächse proportional zu den Einkommenszuwächsen verlaufen (nicht für inferiore oder superiore Güter) und für die der Vertrieb vom (Produktions-, Handels- oder Dienstleistungs-)Betrieb an den Endverbraucher und nicht über einen Absatzmittler erfolgt.

1. Alternative Determinanten der Verbrauchernachfrage


Bei vielen Produkten weicht der Zusammenhang zwischen Kaufkraft und Nachfrage von einer linearen Beziehung stark ab. Ein Gebiet A, das eine z.B. um 10% höhere Pro-Kopf-Kaufkraft als ein Gebiet B aufweist, wird in den meisten Fällen eine um mehr als 10% höhere Nachfrage nach Luxusgütern aufweisen. Verfügen beide Gebiete allerdings über eine weit überdurchschnittliche Kaufkraft, kann der Nachfragevorsprung in A durchaus unter 10% liegen, da womöglich ein größerer Teil des Einkommens in A als in B in Sparanlagen fließt, anstatt für konsumtive Zwecke ausgegeben zu werden. Andere Güter, z.B. Salz, Zigaretten u.Ä., sind weitgehend kaufkraftneutral; Billigmarkenprodukte lassen sich bei geringerer Pro-Kopf-Kaufkraft sogar besser absetzen. Bei Gütern von nicht linearer Kaufkraft-Nachfrage-Relation müsste streng genommen auch die personale Einkommensverteilung innerhalb von zwei Gebieten mit gleichen Kaufkraftkennziffern gleich sein, um die gleiche Pro-Kopf-Nachfrage erwarten zu lassen. Hinzu kommen noch regional unterschiedliche Verbrauchergewohnheiten bei einzelnen Produkten.
Solche Überlegungen begünstigten die Entwicklung spezifischer Kaufkraftkennziffern. Die Marktforschungsinstitute berechnen daher auch eine sog. einzelhandelsrelevante Kaufkraft, teilweise auch warengruppenspezifische Kaufkraftkennziffern. Einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern errechnen sich beispielsweise durch Bereinigen der generellen Kaufkraft von Sparanteilen und nicht einzelhandelstypischem privaten Konsum (Miete, Energie, Ausgaben für Verkehrszwecke und Nachrichtenübermittlung sowie Dienstleistungen etc.).
Sparanteile und per Saldo auch nicht einzelhandelsrelevante Ausgabenanteile sind in kaufkraftstarken Regionen normalerweise höher, sodass einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern die regionalen Unterschiede in der Regel abschwächen.

2. Handelsorientierte Absatzplanung


Wie oben erwähnt, sind Kaufkraftkennziffern (auch einzelhandelsrelevante und warengruppenspezifische) nur für Unternehmen geeignet, die sich beim Absatz ihrer Produkte direkt an den Verbraucher wenden. Der größte Teil des Warenvolumens wird jedoch über den Handel vertrieben. Zwar richtet sich die regionale Verteilung des Einzelhandels auch nach der Verteilung der Kaufkraft, doch spielen daneben noch die Agglomerationsvorteile in den Innenstädten und verkehrsgünstige Standorte in Stadtnähe eine wichtige Rolle. In der Praxis weichen daher die regionalen Bedeutungen von Einzelhandel und Kaufkraft häufig voneinander ab. Die erheblichen Kaufkraftzuflüsse zu den urbanen Zentren (trotz der gewachsenen Anzahl der Märkte auf der grünen Wiese) verdeutlichen die Daten in Tab. 3 beispielhaft.
Kaufkraft und Kaufkraftkennziffern
Tab. 3: Umsatz- und Kaufkraftkennziffern ausgewählter Stadt- und Landkreise (Quelle: Michael Bauer Research GmbH Nürnberg, 2006)
Umsatzkennziffern, die die regionale Verteilung des Einzelhandelsumsatzes wiedergeben, sind für Konsumgüterhersteller also ein zuverlässigerer Maßstab der Absatzchance beim Einzelhandel.

3. Absatzplanung im Investitionsgütersektor


Während Kaufkraftkennziffern trotz der genannten Einschränkungen für die Absatzchancen im Direktvertrieb und über den Handel bei Konsumgütern sowie für die Nachfrage nach persönlichen Dienstleistungen zumindest für nicht zu kleinräumige Gebiete Anhaltspunkte liefern, wird ihr Einsatz für Investitionsgüterhersteller vollends problematisch.
Endnachfrager sind hier nicht Personen bzw. private Haushalte, sondern Unternehmen bzw. Betriebe. Diese Einheiten sind zum einen von sehr unterschiedlicher Größe (und damit von sehr unterschiedlicher Bedeutung für die regionale Nachfrage), zum anderen auch zahlenmäßig wesentlich geringer, sodass Nachfrageschwankungen einzelner (größerer) Betriebe das regionale Marktvolumen ebenfalls stark schwanken lassen. Hinzu kommt die viel höhere Produktdifferenziertheit im Investitionsgütersektor, sodass das regionale Marktvolumen von Branche zu Branche stark abweicht. So sind die Absatzchancen des Spezialmaschinenbaus im Raum Herford für Holzverarbeitungsmaschinen, in Nordbayern für Textil- und Nähmaschinen usw. deutlich höher als in anderen Branchen. Damit ist für Investitionsgüterhersteller das Erstellen oder Beschaffen von Regionalkennziffern speziell für die eigene Firma ein arbeitsintensiver, aber verglichen mit Konsumgüterherstellern wesentlich wichtigerer und der Anwendung eines derart generellen Regionalindikators wie Kaufkraftkennziffern unbedingt vorzuziehender Arbeitsschritt.
Literatur:
Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie : Die reale Kaufkraft in Bayern 2002: zwischenörtliche bzw. regionale Preis- und Einkommensunterschiede, München 2003
Ernst, E. E. : Oberbayerische Wirtschaftskraft: Ein Kaufkraftvergleich, in: Wirtschaft München, Bd. 55, H. 5/1999, S. 18 – 20
Gluth, H. : Verkaufsplanung mit Hilfe von Kaufkraftkennziffern, in: BW, H. 1/1985, S. 7 – 9
Grünwald, R. : Kennzahlen der Kaufkraft als Mittel regionaler Absatzplanung in Österreich: Zur Methodik der Kaufkraftforschung in Österreich; Art der Ermittlung und Anwendung regionaler Richtwerte für Aufgaben der Absatzplanung, Wien 1988
Helbach, W. J. : Leistungsfähigkeit von Kaufkraftanalysen als Planungs- und Entscheidungshilfe bei Einzelhandelsgroßprojekten, Gießen 1988
Judt, S. : Kaufkraftvergleiche in europäischen Gemeinschaften: Verfahren, Probleme und Anwendungen., Kiel (Dipl.-Arbeit) 1993
Kohlhuber, F. : Wirtschaftskraft und Kaufkraftdisparität in Bayern: zur kleinräumigen Darstellung gesamtwirtschaftlicher Aggregate in der regionalen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, Regensburg 1999
Kohlhuber, F. : Wirtschaftsleistung und Einkommen der privaten Haushalte Bayerns im Ländervergleich, in: Ausbildung, Prüfung, Fortbildung, Bd. 29, H. 11/2003, S. B 84 – B 88
Löffler, G. : Die einzelhandelsrelevante Kaufkraft, in: Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland, Bd. 8, 2004, S. 122 – 125
Resch, K. : Statistische Methoden für den regionalen Kaufkraftvergleich, in: Allgemeines statistisches Archiv, Bd. 63, H. 3/1979, S. 185 – 205
Schuhmann, K. : Kaufkraftkennziffern und Kaufkraftkarte, in: Marketing Enzyklopädie, München, Bd. 2, 1974, S. 55 – 58

 

 


 

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