Arbeitsanalyse
Inhaltsübersicht
I. Historische Entwicklung, Begriffsdefinition, Einsatzfelder
II. Klassifizierung der Verfahren der Arbeitsanalyse
III. Ausgewählte Verfahren
IV. Zusammenfassende Bewertung und Ausblick
I. Historische Entwicklung, Begriffsdefinition, Einsatzfelder
1. Historische Entwicklung
Komplexe Arbeitsprozesse und -produkte erforderten schon in den alten Hochkulturen der Menschheit Analysen, um die Arbeitstätigkeiten von mehreren Personen so zu koordinieren, dass ein sinnvolles Produkt (Tempel, Gräber, Brücken, Paläste, Pyramiden etc.) entstand (Reeves, /Wilkinson, 1997; Romer, 1986). Wissenschaftlich orientierte und damit systematisierte Arbeitsanalysen existieren erst seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts mit den wegweisenden und schon bald heftig umstrittenen Arbeiten von Fredrick Winslow Taylor (Taylor, 1919) sowie Gilbreth und Collin (Gilbreth, /Collin, 1920). Im Laufe des letzten Jahrhunderts haben sich verschiedene Fachwissenschaften (Ingenieurwissenschaften, Arbeits- und Organisationspsychologie, Arbeits- und Industriesoziologie, Betriebswirtschaft und Arbeitsmedizin; siehe Luczak, /Volpert, 1997) mit der Entwicklung von Methoden und Instrumenten zur Arbeitsanalyse beschäftigt.
2. Begriffsdefinition
Unter Arbeitsanalyse versteht man alle Methoden, Verfahren und Instrumente, die dazu dienen, Informationen über die Arbeitstätigkeiten, die organisatorisch-technischen Arbeitsbedingungen, die Arbeitsmittel und Werkzeuge sowie deren Auswirkungen auf den Menschen zu sammeln, zu verarbeiten und zu interpretieren. Arbeitsanalyse dient der Aufklärung der Wechselwirkungen zwischen den objektiven Arbeitsbedingungen, den Arbeitsprozessen und den davon betroffenen Menschen (Beschäftigten). Da Arbeit immer in einem gesellschaftsspezifischen Kontext erfolgt, müssen die gesellschaftlichen Bedingungen (tarifpolitische Vereinbarungen, Normen, Regeln, Gesetze) mit einbezogen werden.
Neben diesem Kontextbezug sind in der Arbeitsanalyse die individuellen Merkmale der tätigen Person, wie bspw. ihre Wahrnehmung und Interpretation der Arbeitssituation, mit einzubeziehen (Ulich, 1981). Je nach Zweck der Arbeitsanalyse werden die verschiedenen Aspekte der Arbeitstätigkeit unterschiedlich stark ausdifferenziert. In der Regel wird bei Arbeitsanalysen die Arbeitstätigkeit (im Sinne einer typischen Kombination von Aufgaben) einer Person in den Fokus der Betrachtung gestellt, da sich im Arbeitsvollzug die zu analysierende Arbeit konkretisiert.
3. Einsatzfelder
Mit den sich ändernden Aufgabenstellungen in der betrieblichen Praxis, mit den jeweils aktuellen Forschungsfragen und den am Analyseprozess beteiligten Fachwissenschaftlern variieren die Einsatzfelder der Arbeitsanalyse. Diese werden definiert durch die Kombination der Zielsetzung des Verfahrenseinsatzes mit dem Anwendungsbereich (siehe Kap. II. Klassifizierung der Verfahren der Arbeitsanalyse).
Darüber hinaus ergibt sich für das Personalwesen zunehmend die Aufgabe, die aus unterschiedlichen Untersuchungsgründen durchgeführten Arbeitsanalysedaten zusammenzuführen, bzw. diese multifunktional zu nutzen. Die Betriebe benötigen für die verschiedenen Auditierungsverfahren (VDA 6.3, QS 9000, Gefährdungsanalysen, Ökoaudits) Arbeitsplatzanalysedaten. Auch bei Business Process Reengineering, Arbeitsablaufoptimierungen, der Implementierung von Fachlaufbahnen oder der Konzeption von innovativen Qualifizierungsmaßnahmen sind Arbeitsanalysedaten notwendig.
II. Klassifizierung der Verfahren der Arbeitsanalyse
Arbeitsanalyseverfahren lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien klassifizieren und gruppieren (Dunckel, 1999b; Frei, 1981; Frieling, /Sonntag, 1999). Von besonderer Bedeutung sind:
- | Zielsetzung/intendierte Anwendung, | - | Anwendungsbereich, | - | theoretische Fundierung, | - | bedingungsbezogene versus personenbezogene Arbeitsanalyse und | - | methodische Fundierung. |
1. Zielsetzung/intendierte Anwendung
In der einschlägigen Literatur (Ash, 1988; Dunckel, 1999b; Frieling, 1987) werden folgende Zielsetzungen der Arbeitsanalyse genannt:
- | Verbesserung bestehender Arbeitsabläufe und Arbeitsprozesse, Arbeitsplätze und Arbeitstätigkeiten unter organisatorisch-technischen, ergonomischen und gestalterischen Aspekten. | - | Ermittlung von Gefährdungen, arbeitssicherheitstechnischen Schwachstellen, spezifischen und gesundheitskritischen Arbeitsmerkmalen (z.B. Hoyos, /Ruppert, 1993). | - | Bestimmung der Arbeitsanforderungen für die Auswahl, die Platzierung und die Qualifizierung bzw. das Training von Mitarbeitern. | - | Vergleich von Arbeitstätigkeiten im Querschnitt und Längsschnitt, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu bestimmen. Zielsetzung dabei können bspw. der wissenschaftliche Vergleich, die Entgeltfindung, die Planung von Aus- und Weiterbildung sowie die Berufsberatung sein. Ferner können im Sinne der Technikfolgenabschätzung Veränderungen nach erfolgten technisch-organisatorischen Gestaltungsmaßnahmen beurteilt werden. | - | Ermittlung der arbeitsbedingten Belastungen und Beanspruchungen. |
2. Anwendungsbereich
Die verfügbaren Instrumente haben jeweils einen spezifischen Anwendungsbereich. Dieser kann sich auf den Funktionsbereich einer Organisation beziehen, z.B. die Verwaltung (z.B. KABA; Dunckel, et al. 1993) oder auf bestimmte Tätigkeitsklassen, z.B. das Bearbeiten von CNC-gesteuerten Bearbeitungsmaschinen (CNC-Leitfaden; Weber, et al. 1993) oder Bildschirmarbeitsplätze (SynBA-GA; Wieland-Eckelmann, /Saßmannshausen, /Rose, 1997). Aus dem Tätigkeitsbewertungssystem für die Analyse von Tätigkeiten in der Fertigung (Hacker, /Iwanowa, /Richter, 1983) wurde eine Verfahrensfamilie entwickelt (z.B. TBS-Geistige Arbeit; Rudolph, /Schönfelder, /Hacker, 1987), die einen breiteren Anwendungsbereich abzudecken vermag. Ferner existieren Instrumente, die den Anspruch haben, relativ breit die Tätigkeiten aus unterschiedlichen Branchen und Funktionsbereichen zu erfassen. Hierzu zählen z.B. der FAA (Frieling, /Hoyos, 1978) oder das TAI (Frieling, et al. 1993). Bei diesen Verfahren liegt der Schwerpunkt der Differenzierungsfähigkeit in den Bereichen Produktion/Fertigung und Verwaltung und weniger im Bereich der Humandienstleistung.
3. Theoretische Fundierung
Je nach theoretischer Fundierung (Gael, 1988; Dunckel, 1999a geben hierzu einen guten Überblick) werden unterschiedliche Aspekte der Arbeitstätigkeiten durch die ausgewählten Analysemerkmale erfasst. Das Spektrum reicht von behaviouristischen Reiz-Organismus-Reaktionsmodellen (McCormick, 1979) über Belastungs-Beanspruchungs-Modelle (bspw. Rohmert, /Rutenfranz, 1975), Handlungsregulationstheorien (Hacker, 1998; Volpert, 1987), soziotechnische Systemansätze (Strohm, /Ulich, 1997), Tätigkeitstheorien (bspw. Leontjew, 1977) bis hin zu industriesoziologischen (Emery, /Thorsud, 1976) und organisationstheoretischen Modellvorstellungen (bspw. Perrow, 1967). Die Verfahren nehmen entweder explizit Bezug auf eine Theorie (z.B. Handlungsregulationstheorie im VERA/RHIA; Oesterreich, /Leitner, /Resch, 2000) oder es werden verschiedene theoretische Konzepte integriert (bspw. AET, TAI).
4. Bedingungsbezogene vs. personenbezogene Arbeitsanalyse
In der deutschsprachigen Arbeitswissenschaft ist die Unterscheidung in bedingungsbezogene vs. personenbezogene Arbeitsanalyseverfahren sensu Oesterreich und Volpert (Oesterreich, /Volpert, 1987) dominant. Für die Abgrenzung der objektiven von der subjektiven Arbeitsanalyse konnte keine einheitliche Begriffsbildung etabliert werden (bspw. Büssing, 1992, S. 74). Die personenbezogene Arbeitsanalyse untersucht explizit die individuelle Vorgehensweise, die Einstellungen und Meinungen des Stelleninhabers sowie dessen Redefinition des Arbeitsauftrages. Demgegenüber beinhaltet die bedingungsbezogene Arbeitsanalyse eine allgemeine, vom Stelleninhaber unabhängige Beurteilung der Arbeitsbedingungen. Durch die Einführung des Konstrukts des idealtypischen Arbeitenden wird dabei von individuellen Eigenarten abstrahiert. Da sich die zu analysierende Tätigkeit in der Interaktion zwischen Individuum und Umwelt ausbildet, muss dies u.E. insbesondere bei wenig standardisierten Tätigkeiten mit hohen Freiheitsgraden als problematisch beurteilt werden. Hier ist die Klassifikation in personenspezifische vs. personenunspezifische Arbeitsanalyseverfahren angemessener (siehe Frieling, /Sonntag, 1999, S. 98).
5. Methodische Fundierung
Zur Durchführung von Arbeitsanalysen steht ein vielfältiges Repertoire an Erhebungsmethoden zur Verfügung. Dazu gehören Beobachtung, Befragung, Beobachtungsinterview, Dokumentenanalyse, Arbeitstagebuch sowie die Arbeitsdurchführung durch den Arbeitsanalytiker. Die am häufigsten zur Anwendung kommende Methode stellt die Befragung dar. Insbesondere zur Durchführung personenbezogener Arbeitsanalysen werden Fragebogenerhebungen eingesetzt. Jedoch gehen mit Befragungsmethoden spezifische Probleme einher: so gestaltet sich die Umsetzung wissenschaftlicher Begriffe in die Alltagssprache als schwierig, die Alltagssprache ist mehrdeutig und die Regulationsvorgänge erweisen sich vielfach als kaum verbalisierbar, da sie psychisch automatisiert sind. Für die Beobachtung ergeben sich demgegenüber methodenspezifische Schwierigkeiten bei der Erfassung seltener aber für die Tätigkeit bedeutsamer Ereignisse (z.B. Störungen) sowie der Erhebung zeitlich-dynamischer Aspekte der Arbeitstätigkeit wie z.B. Zeitdruck (vgl. Semmer, 1984). Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, werden bei bedingungsbezogenen Arbeitsanalyseinstrumenten i.d.R. Beobachtung und Befragung zu Beobachtungsinterviews kombiniert.
Da bei bedingungsbezogenen Arbeitsanalyseverfahren nicht Merkmale der Person sondern der Tätigkeit erfasst werden, muss bei der Reliabilitätsbestimmung die Robustheit des Instrumentes gegenüber dem Einsatz a) verschiedener Untersucher, b) unterschiedlicher Auftragsbearbeitungen sowie c) verschiedener Personen, die die gleiche Arbeitstätigkeit ausführen (dieser Aspekt ist bei interaktionistischen Verfahren irrelevant) überprüft werden. Oesterreich/Bortz (Oesterreich, /Bortz, 1994) stellen hierfür geeignete Erhebungsdesigns vor und beurteilen ferner Möglichkeiten der Validitätsüberprüfung. Zur Beurteilung personenbezogener Arbeitsanalyseverfahren eignen sich die gängigen testtheoretischen Standards aus der Persönlichkeitspsychologie (Lienert, /Raatz, 1994).
III. Ausgewählte Verfahren
Zur Veranschaulichung werden nachfolgend drei arbeitsanalytische Erhebungsmethoden kurz skizziert und ergänzend der Ansatz der Aufgabeninventare vorgestellt.
1. SALSA
Der Fragebogen Salutogene Subjektive Arbeitsanalyse (SALSA) von Rimann und Udris (Rimann, /Udris, 1997) ist ein Instrument zur Erfassung der mit der Arbeitstätigkeit und den situativen Arbeitsbedingungen verbundenen subjektiven Erlebnisweisen. Es dient somit der Ergänzung personenunspezifischer Daten des Arbeitssystems. Das Verfahren basiert auf dem salutogenetischen Modell von Antonovsky (Antonovsky, 1987). Im Gegensatz zur klassischen Pathogenese, die nach den krankmachenden Bedingungen der Arbeitsumwelt (Belastungen, Stressoren) sucht, liegt der Fokus auf den Bedingungen für die Aufrechterhaltung und Wiederherstellung von Gesundheit (Ressourcen).
Der Kern des Instrumentes beinhaltet 60 Items, die sich 17 Skalen aus fünf Merkmalsbereichen zuordnen lassen (Abb. 1). Es existiert keine Normierung im engeren Sinne. Für die Stichproben „ Betriebe im Dienstleitungsbereich “ mit 955 Stelleninhabern und „ Betriebe im Produktionsbereich “ mit 700 Stelleninhabern werden Kennwerte angegeben.
Abb. 1: SALSA – Merkmalsbereiche und Skalen mit Anzahl der Items.
2. TBS-O
Mit dem Tätigkeitsbewertungssystem (TBS-O; Hacker, /Fritsche, /Richter, et al. 1995) liegt ein bedingungsbezogenes Arbeitsanalyseverfahren zur Beurteilung der Persönlichkeitsförderlichkeit (d.h. der Lern- und Gesundheitsförderlichkeit) von Arbeitstätigkeiten in der Fertigung vor. Als persönlichkeitsförderlich werden Tätigkeitsbedingungen bezeichnet, die es den Stelleninhabern erlauben, persönlichkeitszentrale Leistungsvoraussetzungen zu erhalten und zu erweitern, insbesondere Fähigkeiten und Einstellungen/Bedürfnisse. Grundlage der Verfahrensentwicklung bildet das tätigkeitstheoretische Konzept der zyklisch (sequentiell) und hierarchisch vollständigen Tätigkeit. Dieses enthält die Forderung nach einer Regelkreisstruktur im Sinne des Vorhandenseins von vorbereitenden, ausführenden, kontrollierenden und organisierenden Tätigkeitsbestandteilen sowie nach hierarchischer Vollständigkeit, welche die Vielfalt und Variabilität kognitiver Anforderungen beinhaltet. Die 52 ordinalgestuften Skalen des Verfahrens sind in 5 Merkmalsgruppen A-D untergliedert (Abb. 2). Die Merkmalsskalen sind einheitlich gepolt und in jeder Skalenstufe inhaltlich umschrieben. Für jede Skala wird eine normativ bestimmte Mindestausprägung genannt.
Abb. 2: Merkmalsbereiche des TBS-O mit Anzahl der Skalen.
3. TAI
Das Tätigkeitsanalyseinventar (Frieling, et al. 1993) ist ein modular aufgebautes standardisiertes Arbeitsanalyseverfahren, das in sieben Hauptabschnitte gegliedert ist. Die Datengewinnung basiert auf Beobachtungen, Befragungen und Dokumentenanalysen. Analysiert werden können Tätigkeiten im Produktions- und Dienstleistungsbereich auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen. Die Module dienen der Bestimmung arbeitsorganisatorischer Schwachstellen, der Gefährdungsanalyse sowie der Beurteilung von physischen und psychischen Belastungen. Außerdem erlaubt das Verfahren die Ermittlung von Qualifikationserfordernissen und -inhalten sowie den Aufbau von Trainings- und Schulungsmaßnahmen (Sonntag, 1987).
Um ein umfassendes und systematisches Abbild der individuellen Tätigkeit erstellen zu können, liegen dem TAI eine Reihe theoretischer Konzeptionen zur Ableitung von Erhebungsmerkmalen sowie zur Operationalisierung der Auswertungskategorien zugrunde (Facaoaru, /Frieling, 1991). Grundlegende Basis des Verfahrens stellt die Leontjewsche Theorie der gegenständlichen Tätigkeit dar (vgl. Kannheiser, 1983). Des Weiteren wurden u.a. die verhaltenszentrierten Ansätze von McCormick/Jeanneret/Mecham (McCormick, /Jeanneret, /Mecham, 1969) sowie arbeitswissenschaftliche Belastungs- und Beanspruchungsmodelle bspw. Von Rohmert und Rutenfranz (Rohmert, /Rutenfranz, 1975) berücksichtigt.
Die 2055 Items des Verfahrens sind in sieben Hauptabschnitte gegliedert, die drei Analyseebenen (Betrieb/Organisation, Arbeitsplatz und Person) zugeordnet sind (siehe Abb. 3). Jedem Merkmal ist ein Einstufungsschlüssel zugeordnet. Die meisten Items werden mit 11 Standardschlüsseln eingestuft, zusätzlich kommen Sonderschlüssel zur Anwendung. Die Auswertung erfolgt auf Modulebene über standardisierte Auswertungsroutinen, ergänzend kann eine Auswertung auf Merkmalsebene vorgenommen werden.
Abb. 3: Aufbau des TAI.
4. Aufgabeninventare
Aufgabeninventare/task inventories (z.B. Christal, 1972) stellen einen Ansatz der Analyse von Tätigkeiten mit flexiblen Einsatzmöglichkeiten dar. Die partizipative Ausarbeitung der Aufgabeninventare ermöglicht die spezifische Anpassung an unterschiedliche Fragestellungen, Anwendungsbereiche und Tätigkeiten. Der Ansatz stellt kein theoretisch begründetes Klassifikationssystem für Arbeitstätigkeiten dar, es handelt sich vielmehr um eine pragmatische Vorgehensweise zur Analyse von Arbeitstätigkeiten (Fleishman, /Quaintance, 1984). Zielsetzung kann hierbei die empirische Ableitung von Qualifizierungsmaßnahmen oder Eignungsanforderungen sowie die systematische Modifikation von Berufskategorien sein (Christal, 1974). Hierzu werden in einem ersten Schritt sämtliche Aufgaben für eine oder mehrere Tätigkeiten aufgelistet und gruppiert. Eine Aufgabe wird über die Verknüpfung eines Objektes mit einem Verb beschrieben z.B. „ Bauabweichung beantragen “ . In einem zweiten Schritt werden die Aufgaben eingestuft bspw. hinsichtlich der Wichtigkeit für die Tätigkeit, des Zeitanteils an der Gesamtarbeitszeit oder des erforderlichen Kompetenz-/Qualifikationsniveaus.
Frieling, Kauffeld und Grote (Frieling, et al. 2000) verdeutlichen die zentrale Rolle von Aufgabeninventaren für die systematische Kompetenzentwicklung am Beispiel der Entwicklung von Fachlaufbahnen im F&E-Bereich. Im Rahmen einer zehnstufigen Vorgehensweise werden nicht nur die bestehenden sondern auch die zukünftigen Tätigkeitsbilder von den Mitarbeitern und den Vorgesetzten anhand von Aufgabeninventaren auf einer Kompetenzskala beurteilt. Diese Konkretisierung erlaubt die begründete Auswahl von Kompetenzentwicklungsmaßnahmen und die Entwicklung von Fachlaufbahnen mit den betroffenen Mitarbeitern.
IV. Zusammenfassende Bewertung und Ausblick
Zur Lösung einer Vielzahl praxisrelevanter Probleme ist der Einsatz arbeitsanalytischer Instrumente unerlässlich. Die Anwendung von betrieblichen Selbstentwicklungen oder Analyseverfahren der Unternehmensberatungen kann aufgrund theoretischer und methodischer Defizite als unbefriedigend beurteilt werden (Dunckel, 1999b). Wissenschaftlich fundierte standardisierte Instrumente können in der organisatorischen Praxis allerdings häufig aufgrund der spezifischen Kombination von Anwendungsbereich/Tätigkeit und Zielsetzung nicht eingesetzt werden. Die erforderliche Anpassung bzw. Spezifikation vorhandener Arbeitsanalyseinstrumente bzw. -methoden erfordert detaillierte und umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet der Arbeitsanalyse. Aus diesem Grund ist die Entwicklung und institutionalisierte Verankerung qualitätssichernder Standards im Bereich der Arbeitsanalyseverfahren unerlässlich.
Literatur:
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Weber, W. G. : Arbeit an CNC-Werkzeugmaschinen – ein arbeitswissenschaftlicher Leitfaden, Zürich 1993
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