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Lombardpolitik


1. Begriff. Die L. wird neben der Diskontpolitik zu den klassischen Instrumenten der Refinanzierungspolitik der Notenbank gezählt. Technisch gesehen stellt die Zentralbank im Rahmen der Lombardpolitik den Kreditinstituten auf deren Initiative auf kurze Frist zusätzliche Zentralbankguthaben im Wege pfandgesicherter verzinslicher Darlehen zur Verfügung. Manche Notenbanken gewähren Diskont - und Lombardkredite zu gleichen Zins- und Laufzeitbedingungen, so daß zwischen Diskontpolitik und Lombardpolitik praktisch nicht mehr unterschieden wird. Bei anderen Zentralbanken, wie z.B. im Falle der Deutschen Bundesbank, stellt die Lombardpolitik dagegen ein eigenständiges Instrument der Geldpolitik dar.
2. Lombardgeschäft der Deutschen Bundesbank. Gemäß § 19 BBkG darf die Bundesbank den Kreditinstituten verzinsliche Kredite gegen Verpfändung von bestimmten Wertpapieren und Schuldbuchforderungen einräumen. Die als Lombardpapiere zugelassenen Pfänder und ihre jeweiligen Beleihungsgrenzen sind im BBkG festgelegt. Danach kann die Bundesbank die folgenden Lombardpfänder beleihen:          -           rediskontfähige Wechsel und Schatzwechsel mit einer Maximallaufzeit von drei Monaten         -      unverzinsliche Schatzanweisungen,                     -           Anleihen und Schuldbuchforderungen öffentlicher Schuldner sowie           anderer von der Bundesbank bestimmter Emittenten (Emission)                 -      ins Schuldbuch eingetragene Ausgleichsforderungen . Die Lombardkreditgewährung ist gesetzlich auf längstens drei Monate beschränkt. Als Darlehenszins legt die Bundesbank den sog. Lombardsatz fest. Dieser liegt üblicherweise mindestens 1/2 Prozentpunkt oberhalb des Diskontsatzes . Hierin kommt der Sondercharakter des Lombardkredits zum Ausdruck. Die Bundesbank gewährt nämlich Lombardkredite grundsätzlich nur dann, wenn es sich um die kurzfristige Überbrückung eines vorübergehenden Liquiditätsbedürfnisses des kreditnachfragenden Instituts handelt und keine Bedenken gegen den Zweck der Kreditaufnahme bestehen. Lombardentnahmen sollen daher kontokorrentmäßig in Anspruch genommen werden. Die tatsächliche Handhabung des Lombardgeschäfts war seit Anfang der siebziger Jahre mehrfach Änderungen unterworfen. So hat die Bundesbank den Lombardkredit zeitweilig mengenmäßig beschränkt, wenn die Lombardfazilität von den Kreditinstituten revolvierend über längere Zeiträume hinweg in hohen Beträgen in Anspruch genommen wurde und ein eher restriktiver geldpolitischer Kurs angezeigt erschien. Zu diesem Zweck führte sie vorübergehend "Lombard-Warnmarken" oder "Lombardlinien" ein, die in Anlehnung an die Rediskontkontingente (Diskontpolitik) institutsindividuell festgesetzt wurden. Wiederholt setzte die Bundesbank auch das herkömmliche Lombardgeschäft völlig aus, um an seiner statt sog. Sonderlombardkredit zu gewähren. Dieser konnte jederzeit eingestellt werden und war zu einem täglich veränderlichen, über dem normalen Lombardsatz liegenden Sonderlombardsatz zu verzinsen. Ab Februar 1985 verwies die Bundesbank die Kreditinstitute bei der Beschaffung zusätzlicher Zentralbankguthaben stärker als bis dahin üblich auf die von ihr ausgeschriebenen Pensionsgeschäfte mit Rückkaufsvereinbarung über lombardfähige festverzinsliche Wertpapiere (Offenmarktpolitik). Diese stellte sie in rascher Folge zu Zinssätzen unterhalb des Lombardsatzes zur Verfügung. Damit gelang es der Bundesbank, die Inanspruchnahme der Lombardfazilität im Sinne der ursprünglichen Zweckbestimmung des Lombardkredits auf kleine Entnahmebeträge und echte Ausnahmefälle zu beschränken.
3. Zinswirkungen. Der Lombardkredit stellt, solange er nicht ausgesetzt oder mengenmäßig beschränkt wird, ein verläßliches "Notventil" dar, über das sich die Kreditinstitute bei vorübergehenden Liquiditätsengpässen in eigener Initiative kurzfristig Zentralbankguthaben bei der Notenbank beschaffen können. Daher bildet der Lombardsatz häufig eine Art Obergrenze für den Tagesgeldsatz am Bankengeldmarkt (Geldmarkt). Unter normalen Bedingungen ist nämlich keine Bank bereit, im Geldhandel unter Kreditinstituten höhere Zinsen zu zahlen, als sie die Bundesbank bei der Lombardkreditgewährung in Rechnung stellt. Nur in Ausnahmefällen, in denen die Kreditinstitute in ihrer Gesamtheit in ungewöhnlich hohem Maße vom Lombardkredit abhängig werden, kann der Tagesgeldsatz merklich über den Lombardsatz steigen, da in einer solchen Situation zahlreiche Institute vermeiden wollen, längere Zeit auf den Lombard zurückzugreifen. Refinanzieren sich viele Banken gleichzeitig über die Lombardfazilität, wird der Lombardsatz zur Untergrenze des Tagesgeldsatzes, da bei einer solchen Konstellation ein Mittelangebot am Geldmarkt bereitwillig von Banken aufgenommen wird, die ihre Lombardverpflichtungen zurückführen wollen. Durch Änderungen des Lombardsatzes kann die Bundesbank angesichts seiner Bedeutung für den Zinsbildungsprozeß am Geldmarkt den Tagesgeldsatz recht genau im geldpolitisch erwünschten Sinne steuern. Sie wirkt auf diese Weise mittelbar auch auf die kurzfristigen Termingeldsätze ein, in denen sich die Erwartungen der Banken über die künftige Entwicklung des Lombard- oder Tagesgeldsatzes widerspiegeln. Seit Februar 1985 ist diese Orientierungsfunktion des Lombardsatzes z.T. auf die bei Pensionsgeschäften berechneten Sätze übergegangen. Die Bundesbank hat den Lombardsatz in der Vergangenheit häufig geändert und über längere Zeiträume hinweg beträchtlich schwanken lassen, um geldpolitische Kurskorrekturen durchzuführen. Dabei erreichte der Lombardsatz wiederholt einen Tiefstwert von 3 1/2 %; der Höchst-stand betrug 9 3/4 % (Dezember 1991 bis September 1992), für Sonderlombardkredite wurde im Jahre 1981 sogar ein historischer Spitzensatz von 12 % berechnet.
4. Liquiditätswirkungen. Durch Verknappung oder Verbreiterung ihres Angebots an Lombardkrediten kann die Bundesbank ohne Verzögerung eintretende Versteifungs- bzw. Lockerungswirkungen am Bankengeldmarkt erzielen. Da die Lombardfazilität die Rolle eines letzten Refinanzierungsrückhalts für die Kreditinstitute spielt, reagieren die Banken besonders empfindlich, wenn die Bundesbank die Aufnahme von Lombardkrediten durch "Abmahnverfahren" erschwert oder unmittelbaren mengenmäßigen Beschränkungen unterwirft. Dies äußert sich typischerweise in abrupten und außergewöhnlichen Schwankungen der Geldmarktsätze, Unsicherheiten oder kräftigen Ausschlägen in der Zinsbildung an den nachgelagerten Einlagen-, Kredit-und Kapitalmärkten und einer rasch nachlassenden Bereitschaft der Banken, Wertpapiere zu erwerben oder zusätzliche Kredite zu gewähren. Die Bundesbank hat daher nur in besonderen Ausnahmefällen und über kürzere Zeiträume den Lombardkredit kontingentiert oder völlig ausgesetzt. So suspendierte sie zuletzt Ende Februar/Anfang März 1981 tageweise den damals eingeführten Sonderlombardkredit, um übermäßige Geld- und Kapitalexporte rasch und wirksam zu bremsen.

Literatur: Deutsche Bundesbank, Die Deutsche Bundesbank. Geldpolitische Aufgaben und Instrumente. Sonderdrucke der Deutschen Bundesbank, Nr. 7,
6. A. 1993. D. Dickertmann/A. Siedenberg, Instrumentarium der Geldpolitik.
5. A., Düsseldorf 1994. H.-J. Dudler, Geldpolitik und ihre theoretischen Grundlagen. Frankfurt/M. 1984.

 

 


 

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