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Mediaanalyse und Mediaselektion


Inhaltsübersicht
I. Mediaanalyse
II. Kontaktmaßzahlen als Ergebnis der Mediaanalysen
III. Kontaktbewertung
IV. Mediaselektionsmodelle

I. Mediaanalyse


In Mediaanalysen wird die Nutzerschaft von Werbeträgern, wie z.B. Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen, untersucht; sie liefern damit das nötige Informationsmaterial für Mediaselektionsentscheidungen der werbetreibenden Wirtschaft.
Mediaanalysen lassen sich nach Untersuchungsaufbau und -gegenstand unterteilen (Wessbecher, H./Unger, F. 1991):

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Multi-Media-Analysen untersuchen das Nutzungsverhalten bei mehreren Medien gleichzeitig.
Beispiele sind die von der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V. erstellte Media-Analyse (MA) und die Allensbacher Werbeträger-Analyse (AWA).

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Mono-Media-Analysen beschäftigen sich mit nur einem einzigen Medium, z.B. die GfK-Fernsehforschung.

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Spezielle Zeitschriften-Analysen führen Leser-Analysen für bestimmte (Fach-)Zeitschriften durch. So wird beispielsweise in der LA-MED das Nutzungsverhalten bei medizinischen Fachzeitschriften untersucht.

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In Konsumenten-Analysen werden über das reine Mediennutzungsverhalten hinaus Daten zu Besitz- und Verbrauchsmerkmalen sowie Produktverwendungsgewohnheiten erhoben, wie z.B. in der Verbraucher-Analyse (VA).

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Werbewirkungs-Analysen im Rahmen von Mediaanalyse dienen in erster Linie einer Beurteilung der Medien- und Kontaktqualität im Hinblick auf bestimmte Zielgruppen.


Die bedeutendsten Mediaanalysen in Deutschland sind die MA, die AWA sowie die VA. Die seit 1954 erstellte MA gilt nach wie vor als das Standardwerk der Mediaforschung. Seit 1987 wird dort das Partnerschaftsmodell praktiziert: Man befragt nicht mehr jede Person zum gesamten Mediaverhalten, sondern führt drei Teilerhebungen durch, die Fernsehen, Hörfunk und Kino sowie Tageszeitungen und Zeitschriften umfassen. Während das Mediaverhalten bei Hörfunk, Kino, Zeitungen und Zeitschriften abgefragt wird, wird es beim Fernsehen über das sog. GfK-Meter ermittelt.
Die AWA unterscheidet sich von der MA vor allem dadurch, dass sie in nur einer Stichprobe das Mediaverhalten erfasst (Single-Source-Prinzip). Außerdem liefert sie im Gegensatz zur MA, die die Nutzer primär nach soziodemografischen Merkmalen differenziert, eine Unterscheidung nach Besitz- und Verbrauchsmerkmalen, nach Kauf- und Produktverwendungsgewohnheiten, Freizeitbeschäftigungen sowie nach psychologischen Kriterien.
Die VA wird von den Verlagen Axel Springer und Heinrich Bauer durchgeführt. Sie bietet ähnliche Informationen wie die AWA und ist wie diese nach dem Single-Source-Prinzip angelegt. Zusätzlich bietet sie neben untersuchten Produktkategorien auch Daten zu Einzelmarken.
Die einzelnen Mediaanalysen basieren auf unterschiedlichen methodischen Ansätzen, was zum Teil zu erheblichen Unterschieden in den Ergebnissen führt: So liegen z.B. die AWA-Ergebnisse für bestimmte Medien in der Regel deutlich über denen der MA, die jedoch im Bereich der Mediaplanung als »Grundwährung« gilt.

II. Kontaktmaßzahlen als Ergebnis der Mediaanalysen


1. Reichweiten


Der einfachste Reichweitenbegriff ist die Kontaktsumme (=  Brutto-Reichweite R). Sie erfasst die Summe sämtlicher Kontakte aller Personen mit einer Werbebotschaft (genauer: der mit einer Werbebotschaft belegten Werbeträger) und lässt sich für ein Medium relativ einfach ermitteln, indem man die Anzahl der Einschaltungen (m) einer Werbung in diesem Medium mit der Anzahl der Nutzer (Leser, Seher, Hörer) pro Ausgabe dieses Mediums (K1) multipliziert: R = K1 · m. Werden mehrere Medien mit der Werbebotschaft belegt, summiert man noch die Einzelergebnisse. Diese Maßzahl macht freilich keine Aussage darüber, wie viele Personen tatsächlich erreicht wurden: So kann eine bestimmte Kontaktsumme durch viele (wenige) Kontakte mit wenigen (vielen) Personen erreicht worden sein. Basisgröße der Reichweitenberechnung sind die Nutzer pro Ausgabe (NpA). Der NpA- (bzw. K1-)Wert gibt an, wie viele Personen eine durchschnittliche Ausgabe eines Mediums nutzen und folglich von einer Werbeeinschaltung erreicht werden können. Für den Hörfunk wird er als Hörer pro durchschnittlicher Stunde, für das Fernsehen als Seher einer durchschnittlichen halben Stunde und für Printmedien als Leser pro Ausgabe (LpA) definiert.
Aus dem NpA lassen sich weitere Reichweitenmaße ableiten, je nachdem, wie oft wie viele Medien mit Werbung belegt werden (Abb. 1).
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Abb. 1: Reichweitenmaße im Überblick
Gibt es mehrere Schaltungen in verschiedenen Ausgaben eines Mediums, so resultieren daraus interne Überschneidungen bei den Personen, die – als mehr oder weniger regelmäßige Nutzer – mehrfach mit belegten Ausgaben in Kontakt kommen; diese Mehrfachkontakte werden bei der Berechnung der kumulierten Reichweite herausgerechnet. Je nachdem, wie viele Einschaltungen in einem Medium erfolgen, bezeichnet man die kumulierten Reichweiten auch als K1-Wert, K2-Wert usw.; der Km-Wert gibt an, wie viele Personen bei m Belegungen mindestens einmal erreicht wurden.
Wird dagegen eine Einschaltung in mehreren Medien vorgenommen, so ergeben sich externe Überschneidungen (Duplikationen, Triplikationen bzw. allgemein: Quantuplikationen) bei den Personen, die nicht nur eines dieser Medien nutzen. Während bei Ermittlung der Netto-Reichweite  (RN) nur die medienübergreifenden Mehrfachkontakte eliminiert werden müssen, sind bei der kombinierten Reichweite  (RKN) alle internen und externen Überschneidungen herauszurechnen. Das Verhältnis »Brutto-Reichweite/kombinierte Reichweite« bezeichnet die durchschnittliche Anzahl von Kontakten (Ø K) einer mindestens einmal erreichten Person bei mehrfacher Belegung mehrerer Medien mit Werbung; bei Belegung nur eines Mediums wird die kombinierte Reichweite durch die kumulierte ersetzt. In diesem Zusammenhang wird auch häufig – aber ungenau – von der opportunity to see (OTS) bzw. opportunity to hear (OTH) oder allgemein der opportunity to contact (OTC) gesprochen.
Zur Beurteilung von Mediaplänen wird des Öfteren der sog. Gross Rating Point (GRP) herangezogen. Dieser Wert stellt nichts anderes als die Brutto-Reichweite in Prozent der Bevölkerung bzw. der jeweiligen Zielgruppe dar und errechnet sich wie folgt:
GRP = RKN (in %) · OTC = R (in %).
Allerdings ist eine Bewertung auf Basis von Durchschnittswerten mit Vorsicht zu genießen, da keine Aussagen über die Kontaktverteilung gemacht werden (Schweiger, G. 1975).
Die bisher in Mediaanalysen ausgewiesenen Reichweitenwerte bezogen sich ausschließlich auf den Werbeträger. Der Kontakt mit einem Werbeträger, also beispielsweise einer Zeitschrift, gibt aber tatsächlich noch keinen Aufschluss darüber, ob die Person auch Kontakt mit dem Werbemittel darin hatte. Beim Fernsehen kann der Werbemittelkontakt über das GfK-Meter sehr genau ermittelt werden. Bei Printmedien wird er seit der MA \'92 als Leser pro Seite (LpS) erfasst. Der LpS-Wert errechnet sich aus der Werbeträgerreichweite (z.B. LpA), multipliziert mit der Seitennutzungswahrscheinlichkeit. Wenn folglich ein Leser nur jede zweite Seite aufschlägt, resultiert daraus eine Reichweitenhalbierung im Vergleich zum LpA-Wert. Die Seitennutzungswahrscheinlichkeit ist – auf Basis von Befragungen – ebenfalls in der MA ausgewiesen. Die Aussagefähigkeit des LpS darf jedoch nicht unterschätzt werden, da es sich lediglich um einen Durchschnittswert handelt und keine Differenzierung zwischen den Seitennutzungswahrscheinlichkeiten von Anzeigenteil und redaktionellem Teil vorgenommen wird.
Immerhin wäre ja denkbar, dass die Seitennutzungswahrscheinlichkeit einer Seite im redaktionellen Bereich größer ist als die einer Werbeseite. Im Folgenden wird die Seitennutzungswahrscheinlichkeit nicht weiter betrachtet, also eine Koinzidenz von Werbeträger- und Werbemittelkontakt unterstellt.

2. Berechnung der kumulierten Reichweite


Ausgangspunkt ist ein Werbemedium, von dessen insgesamt s möglichen Ausgaben genau m Ausgaben belegt werden (m ≤ s). Da hierdurch nicht nur Neukontakte, sondern auch Wiederholungskontakte entstehen, wächst die kumulierte Reichweite mit zunehmender Zahl der Einschaltungen nur unterproportional (Abb. 2). Der Einfachheit halber wurde für alle drei Beispiel-Medien ein einheitlicher K1-Wert gewählt.
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Abb. 2: Entwicklung der kumulierten Reichweite bei steigender Einschalthäufigkeit in Medien mit unterschiedlichen Anteilen regelmäßiger Nutzer
Im nächsten Schritt teilt man die Nutzer eines Werbemediums – auf Basis ihrer Nutzungsgewohnheiten – in homogene Personengruppen ein: Eine Person, die ri der s möglichen Ausgaben nutzt, gehört der i-ten Nutzergruppe (i = 1, ? s) an, wobei – etwas unrealistisch – allen Ausgabenkombinationen die gleiche Eintrittswahrscheinlichkeit zugewiesen wird.
Zur Ermittlung der kumulierten Reichweite wird dann zunächst für alle Nutzergruppen die Wahrscheinlichkeit dafür berechnet, dass ein Mitglied bei m-facher Belegung mindestens einen Kontakt mit einer durch die Werbebotschaft belegten Ausgabe hat. Hierbei lässt sich auf der Grundlage zweier unterschiedlicher Annahmen vorgehen (Abb. 3):
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Abb. 3: Berechnung der Kontaktwahrscheinlichkeiten

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Kann man unterstellen, dass jemand, der angibt, in einer Periode von den s möglichen Ausgaben eines Mediums ri Ausgaben zu nutzen, dies regelmäßig und mit Sicherheit tut, so ist das hypergeometrische Modell anzuwenden. Der Quotient ri/s wird hier als Nutzungsrate bezeichnet.

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Wird angenommen, dass jemand, der angibt, von den s möglichen Ausgaben ri Ausgaben zu nutzen, dies lediglich im »langfristigen Durchschnitt« tut, es also auch Perioden geben kann, in welchen er mehr oder weniger als ri Ausgaben nutzt, so kommt das Binomialmodell zum Einsatz. Entsprechend wird ri/s als Nutzungswahrscheinlichkeit (wi) interpretiert.


In der Praxis wird vor allem das Binomialmodell zugrunde gelegt, das zu etwas ungünstigeren Reichweiten-Werten führt. Die Anzahl der Personen mit gleicher Nutzungswahrscheinlichkeit W wird mit Bi bezeichnet.
Damit lässt sich die Zahl der bei m-facher Belegung eines Mediums mindestens einmal erreichten Personen, also die kumulierte Reichweite bzw. der Km-Wert, wie aus Abb. 4 ersichtlich, ermitteln.
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Abb. 4: Die kumulierte Reichweite
Für die Reichweite einer einmaligen Einschaltung in einem Medium (m = 1) gilt entsprechend Abb. 5.
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Abb. 5: K1-Werte
Der Begriff »weitester Leserkreis (Seherkreis, Hörerkreis)« ist für die kumulierte Reichweite bei maximaler Belegung (m = s) gebräuchlich.

3. Die Ermittlung der kombinierten Reichweite


Mithilfe der auf der Basis der Nutzungsraten (hypergeometrisches Modell) bzw. der Nutzungswahrscheinlichkeiten (Binomialmodell) ermittelten Kontaktwahrscheinlichkeiten lässt sich auch die kombinierte Reichweite bei mehrfacher Belegung mehrerer Medien berechnen. Werden beispielsweise zwei Medien (1) und (2) mit Werbung m1- und m2-fach belegt, dann kann die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person weder mit der Werbebotschaft in Medium (1) noch mit der Werbebotschaft in Medium (2) Kontakt hat, durch Multiplikation der medienspezifischen Z-Werte ermittelt werden (Multiplikationssatz). Daraus lässt sich dann die Wahrscheinlichkeit für mindestens einen Kontakt und damit die kombinierte Reichweite (RKN) berechnen (Abb. 6). Die Vorgehensweise ist analog bei mehr als zwei belegten Medien; mit dem gleichen Ansatz lässt sich schließlich die Netto-Reichweite bei jeweils nur einmaliger Belegung (m1 = m2 = ? = 1) – als Spezialfall der kombinierten Reichweite – ermitteln (Schmalen, H. 1992).
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Abb. 6: Berechnung der kombinierten Reichweite

III. Kontaktbewertung


Die Kontaktmaßzahlen geben lediglich Auskunft über die Quantität der geschaffenen (Werbeträger)Kontakte. Nun ist aber Kontakt nicht gleich Kontakt, da

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die Nutzerschaften verschiedener Medien unterschiedliche Konsumpotenziale im beworbenen Konsumbereich aufweisen,

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die verschiedenen Medien unterschiedlich geeignet sind, die Werbebotschaft »verkaufswirksam« zu präsentieren (Wessbecher, H./Unger, F. 1991),

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ein Wiederholungskontakt »anders zu zählen ist« als ein Neukontakt.


Die in bestimmten Nutzerschaften und Medien geschaffenen Kontakte müssen deshalb im Hinblick darauf gewichtet werden, wie geeignet sie sind, das unternehmerische Verkaufsziel zu realisieren.

1. Zielgruppengewichtung


Unternehmen wollen mit ihren Werbebotschaften bestimmte Konsumentengruppen erreichen, um diesen auf sie zugeschnittene Produkte und/oder Dienstleistungen anzubieten. Ein Kontakt mit einer Person aus einer solchen Zielgruppe ist für ein Unternehmen daher höher zu bewerten als andere Kontakte. Gebräuchliche Merkmale zur Abgrenzung von Zielgruppen finden sich z.B. bei Homburg/Krohmer (Homburg, C/Krohmer, H. 2003). Ausgangpunkt einer zielgruppenorientierten Mediaselektion sind die zielgruppengewichteten Reichweiten der Medien. Dazu wird die Reichweite eines Mediums (z.B. der K1-Wert) nach den Anteilen (ag) der Zielgruppen (g = 1, ?, G) aufgespalten. Die Anteile werden dann mit einem Gewichtungsfaktor (0 < GFg < 1) je nach deren Wichtigkeit für den Absatz des Produktes bewertet (Abb. 7).
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Abb. 7: Zielgruppen- und Mediengewichtung der Reichweite
Neben diesem »Zellenverfahren« der Zielgruppengewichtung gibt es noch das »Verknüpfungsverfahren«, das jedoch als wenig geeignet angesehen wird (Schweiger, G. 1975; Tietz, B./Zentes, J. 1980).

2. Mediengewichtung


Je nachdem, in welchem Medium sie veröffentlicht wird, kann eine Werbebotschaft mehr oder weniger wirksam sein. Neben der Häufigkeit, mit der eine (z.B. Programm-)Zeitschrift zur Hand genommen wird, beeinflussen vor allem auch das Image des Mediums (»seriöse Zeitschrift«), das redaktionelle Umfeld (z.B. Werbung für Fotoapparate im Rahmen eines »Urlaubsjournals«) und die »Leser-Blatt-Bindung« die Wirksamkeit der Werbekontakte (Freter, H. 1974; Schweiger, G. 1975). Die Gewichtung der Werbeträger nach ihrer jeweiligen Kontaktqualität könnte so aussehen, dass ein »durchschnittlich« wirksames Medium den Wert 1 (Gewichtungsfaktor Mj = 1), ein doppelt bzw. halb so wirksames Medium den Wert 2 bzw. 0,5 (Mj = 2 bzw. Mj = 0,5) erhält (Abb. 7).
Eine noch zielgenauere Konzeption des Streuplanes lässt sich durch eine Kombination von Zielgruppen- und Mediengewichtung erreichen (Abb. 7).

3. Kontaktmengengewichtung


Ein besonderes Problem der Mediaplanung ist die Frage, ob man versuchen sollte, mit vielen Personen eine begrenzte Kontaktzahl oder mit einer begrenzten Zahl von Personen viele Kontakte herzustellen. Unbestritten ist die Bedeutung von Mehrfachkontakten für den Lern- und damit Verkaufserfolg. Dabei ist jedoch davon auszugehen, dass die Wirksamkeit einer Werbebotschaft mit der »Kontaktdosis« dieser Person nicht proportional zunimmt. Es werden deshalb meist degressiv steigende »Kontaktmengen-Bewertungskurven« verwendet (Schweiger, G. 1975; Bender, M. 1976). Die Kontaktdosis (bzw. der Kontaktzahl-Erwartungswert) einer Person aus der i-ten Nutzergruppe ist im Binomialmodell definiert als Zi* = wi · m (Schmalen, H. 1992); sie wird vielfach mit dem OTC-Wert gleichgesetzt (z.B. Unger, F. 1990). Tatsächlich handelt es sich jedoch um unterschiedliche Kennzahlen. Während der OTC-Wert lediglich die durchschnittliche Anzahl der Kontakte (Ø K) einer mindestens einmal erreichten Person angibt, wird bei der Kontaktdosis (Zi*) für die i-te Nutzergruppe auch die Wahrscheinlichkeit (Zi1m) berücksichtigt, dass überhaupt ein Kontakt zustande kommt. Für m Belegungen in einem Medium gelten z.B. die in Abb. 8 aufgeführten Bedingungen (vgl. hierzu auch Abb. 3, 4 und 5).
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Abb. 8: Kontaktdosis und OTC
Demzufolge wird die Kontaktmenge, über den OTC-Wert gemessen, überschätzt. Allerdings nähert sich der OTC-Wert mit zunehmender Belegungszahl m der mittleren Kontaktdosis recht schnell an, sodass die Unterschiede lediglich bei geringen Belegungszahlen eine wesentliche Rolle spielen.
Neben der Zahl der Wiederholungskontakte wird der Lernerfolg insbesondere bestimmt durch (Kaiser, A. 1980):

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die Dauer und den Umfang der Präsentation,

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die Gestaltung der Werbebotschaft und

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die Motivation und Einstellung des Umworbenen.


IV. Mediaselektionsmodelle


Mediaselektionsmodelle befassen sich mit der Frage, wie ein bestimmtes Werbebudget auf die in Betracht kommenden Werbeträger verteilt werden soll, um eine maximale Werbewirkung zu erzielen.
Aufbauend auf Kontaktmaßzahlen und Kontaktbewertungen ist eine Reihe unterschiedlicher Modelltypen entwickelt worden, mit deren Hilfe ein möglichst optimaler »Streuplan« für ein gegebenes Werbebudget ermittelt werden soll. Neben den linearen Optimierungsmodellen sowie den Evaluierungsmodellen und heuristischen Verfahren bildet das Tausend-Kontakte-Preis-Kriterium ein auch in der Praxis häufig angewendetes Verfahren.

1. Tausend-Kontakte-Preis- Kriterium


Ausgangspunkt ist die durch Medienanalysen erhobene Maßzahl »Nutzer pro Ausgabe« (= K1-Wert) eines Mediums. Der Preis, der dafür gezahlt werden muss, dass man mit einer einmaligen Belegung des j-ten Mediums 1000 Kontakte schafft, beträgt
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Der Tausend-Kontakte-Preis (TKP) kann als Maßstab für die »Wirtschaftlichkeit« der in Betracht kommenden Medien verwendet werden. Nach diesem Kriterium sind die Werbeträger wie folgt auszuwählen:
Zunächst wird das Medium mit dem niedrigsten TKP-Wert maximal – also in allen Ausgaben während des Planungszeitraums – belegt. Ist das Werbebudget dann noch nicht ausgeschöpft, wird das Medium mit dem zweitniedrigsten TKP so weit wie möglich belegt usw.
Der Aspekt der unterschiedlichen Kontaktqualitäten kann durch Verwendung der zielgruppen- bzw. mediengewichteten K1-Werte berücksichtigt werden. Eine Besonderheit des TKP-Kriteriums besteht darin, dass es weder interne noch externe Überschneidungen der Medien herausrechnet, es also Erst- und Wiederholungskontakte als gleichartig behandelt. Andererseits ist aber sichergestellt, dass – bei gegebenem Werbebudget – die Brutto-Reichweite maximiert wird. Sollen freilich nicht alle Ausgaben der »preiswertesten« Medien belegt werden (z.B. nur die Hälfte), dann ergibt sich das Problem der optimalen Einschaltzeitpunkte.

2. Lineare Optimierungsmodelle


Als weiteres Instrument für die Streuplanoptimierung kann die Lineare Programmierung (LP) verwendet werden. Die Auswahl der zu belegenden Medien soll dabei mittels mathematischer Optimierung erfolgen. Die unterschiedlichen Belegungskosten sowie Belegungskapazitäten der einzelnen Medien gehen dabei als Restriktionen in den Ansatz ein. Wird in der Zielfunktion eine Maximierung der Brutto-Reichweite angestrebt, führen LP-Ansatz und TKP-Kriterium zum gleichen Streuplan.
Durch eine entsprechende Modifikation der K1-Werte lässt sich auch dieser Ansatz hinsichtlich einer Zielgruppen- und Mediengewichtung der Kontakte erweitern. In der Mediapraxis finden lineare Optimierungsansätze jedoch kaum Verwendung (Hörzu, 2004; Schweiger, G./Schrattenecker, G. 1992).

3. Evaluierungsmodelle und heuristische Verfahren


Evaluierungsmodelle dienen dazu, aus einer Reihe vorgegebener Streupläne denjenigen auszuwählen, der unter Berücksichtigung der Einschaltkosten den voraussichtlich größten Berührerfolg aufweist (Freter, H. 1974). Evaluierungsmodelle können computergestützte Simulationsmodelle sein, in welchen die Mediengewohnheiten einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe zufallsgesteuert simuliert werden.
In der Praxis existieren heute zahlreiche Modelle, die modular aufgebaut sind und so auf unternehmensspezifische Zwecke individuell zugeschnitten werden können. So setzt sich beispielsweise das Programmpaket des Axel Springer Verlages aus sechs einzelnen Komponenten zusammen (Hörzu, 2004): Das Basisauswertungsprogramm TAP liefert Tabellenauswertungen zu Medien, Streuplänen und Personen beschreibenden Merkmalen. Mithilfe des Segmentierungsprogrammes SEG können Zielgruppen-Cluster ermittelt werden. Das Rangreihenprogramm VIP (»Vergleichs-Index für Preiswürdigkeit«) ist zuständig für den Vergleich von Tausenderpreisen, Reichweiten, Affinitäten und GRPs sowie für die Erstellung einer »Bestenliste« mit und ohne Einbeziehung der Kontaktqualität. Das Evaluierungsprogramm SAP ermöglicht die Bewertung und Analyse vorgegebener Streupläne. Mithilfe des Programmes SOM (»Share of Mind«) können Konkurrenzanalysen durchgeführt werden. Schließlich dient das Grafik-Modul PLOT der Visualisierung der Ergebnisse. Heuristische Verfahren der Mediaselektion gehen von einem intuitiv aufgestellten Streuplan aus und versuchen, ebenfalls auf der Basis simulierten Medienverhaltens einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe, diesen zu verbessern. Diese Verfahren werden auch als Satisfizierungsmodelle bezeichnet. Beispielsweise wird durch Substitution einzelner Belegungen im Streuplan die »Umgebung« des Start-Streuplans auf Verbesserungsmöglichkeiten hin überprüft. Ein anderes heuristisches Verfahren besteht darin, den Streuplan durch schrittweise Hinzufügung einzelner Belegungen – wobei jeweils verschiedene Varianten geprüft werden – sukzessiv aufzubauen. Die zusätzlichen Belegungen werden danach ausgewählt, wie der größte Wirkungszuwachs je Kosteneinheit erzielt werden kann. In einer Befragung von Werbeagenturen, Verlagshäusern und Industrieunternehmen haben Simon/Thiel festgestellt, dass die Optimierungsverfahren (genauer: heuristischen Verfahren) in der Praxis kaum Akzeptanz gefunden haben (Simon, H./Thiel, M. 1980). Verbreitete Anwendung finden lediglich Evaluierungsmodelle und die – noch einfacher konzipierten – Rangreihenprogramme auf der Basis der Tausend-Kontakte-Preise (Hörzu, 2004).
Literatur:
Bender, M. : Die Messung des Werbeerfolges in der Werbeträgerforschung, Würzburg et al. 1976
Berndt, R. : Optimale Werbeträger- und Werbemittelselektion, Wiesbaden 1978
Freter, H. : Mediaselektion, Wiesbaden 1974
Gensch, D. H. : Advertising Planning, Amsterdam 1973
Homburg, C./Krohmer, H. : Marketingmanagement, Wiesbaden 2003
Hörzu, : MEDIA-Planung für Märkte, 7. A., Hamburg 2004
Kaiser, A. : Bestimmungsgründe der Werbewirkung, in: Werbung – Theorie und Praxis werblicher Beeinflussung, hrsg. v. Kaiser, A., München 1980, S. 76 – 101
Knüppel, L. : Entscheidungsorientierte Werbeträgerplanung, Essen 1975
Roloff, S. : Ein Mediaselektionsmodell zur optimalen Bestimmung der zahlenmäßigen und zeitlichen Streuung von Werbeeinschaltungen in Werbeträgern, Saarbrücken 1974
Rust, R. T. : Advertising Media Models, Lexington 1986
Schmalen, H. : Kommunikationspolitik, 2. A., Stuttgart et al. 1992
Schmalen, H. : Mediaselektion, in: Handbuch Marketing-Kommunikation, hrsg. v. Berndt, R./Hermanns, A., Wiesbaden 1993, S. 463 – 476
Schweiger, G. : Mediaselektion – Daten und Modelle, Wiesbaden 1975
Schweiger, G./Schrattenecker, G. : Werbung, 3. A., Stuttgart et al. 1992
Simon, H./Thiel, M. : Hits and Flops among German Media Models, in: JAR, No. 6/1980, S. 25 – 29
Tietz, B./Zentes, J. : Die Werbung der Unternehmung, Reinbek 1980
Unger, F. : Werbewirkungskurven – in der Praxis oft mißverstanden, in: MA, 1990, S. 343 – 345
Wessbecher, H./Unger, F. : Mediapraxis, Heidelberg 1991

 

 


 

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