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Produktpreisbildung, Preisbildung

Die Höhe bestimmter Produktpreise kann sowohl unter normativem als auch unter positivem Aspekt gesehen werden. Während das Problem des "gerechten" Preises die Scholastiker (z.B. T. Moore) beschäftigte, versucht die moderne Volkswirtschaftslehre in der Preistheorie , die Höhe der Preise zu erklären und Preisanpassungsmechanismen modellhaft nachzubilden. Der methodische Ausgangspunkt preistheoretischer Überlegungen ist der sog. vollkommene Markt (Preistheorie). Dieser ist durch fünf Merkmale charakterisiert.
1.   Die angebotenen und nachgefragten Güter sind im Urteil der Nachfrager         sachlich gleichartig (homogen).
2.   Es bestehen keine persönlichen Präferenzen von Käufern für bestimmte          Verkäufer oder umgekehrt.
3.   Es handelt sich um einen "Punktmarkt", d.h. es bestehen keine räumlichen         Differenzen.
4.   Es bestehen keine zeitlichen Differenzen zwischen Anbietern und Nachfragern.         Diese Bedingung impliziert gleiche Lieferfristen für alle Nachfrager.
5.   Die Nachfrager sind über den Preis, die Qualität und die Lieferfristen des Gutes         vollständig informiert, und auch die Anbieter haben vollständige Markttransparenz . Aus den Prämissen des vollkommenen Marktes folgt das Gesetz der Unterschiedslosigkeit der Preise , das auf den englischen Nationalökonomen W. S. Jevons zurückgeht. Es besagt, daß auf dem vollkommenen Markt zu jedem Zeitpunkt ein einheitlicher Preis gilt.  Dieser Preis ist ein sog. Gleichgewichtspreis; er bringt Angebot und Nachfrage zum Ausgleich (Preisbildung , Gleichgewicht). Bei diesem Preis kommen alle Produzenten, die bereit sind, ihr Produkt zu diesem Preis oder billiger zu verkaufen, und alle Nachfrager, die mindestens diesen Preis für das betreffende Gut bezahlen wollen, zum Zuge.  Graphisch wird dieser Sachverhalt durch den Schnittpunkt der Angebotskurve und der Nachfragekurve mit dem Gleichgewichtspreis
Produktpreisbildung, Preisbildung

 und der Gleichgewichtsmenge
Produktpreisbildung, Preisbildung

dargestellt (Abb.).                        
Produktpreisbildung, Preisbildung

Analytisch lassen sich diese beiden Kurven durch die Angebots- und Nachfragefunktion beschreiben. Die Nachfragefunktion wird auch als Preis-Absatz-Funktion des Anbieters bezeichnet. Sie gibt den funktionalen Zusammenhang zwischen dem Preis eines Gutes und der nachgefragten Menge wieder. Man setzt i.d.R. eine "fallende" Nachfragekurve voraus: Je höher der Preis eines Gutes, desto geringer die Nachfrage nach diesem Gut und vice versa. Verändert sich die Funktion bzw. verschiebt sich eine der Kurven, so ergibt sich ein neues Marktgleichgewicht. Der Prozeß, durch den es erreicht wird, nennt man den Preismechanismus. Dieser kann im Rahmen eines Modells , das den vollkommenen Markt voraussetzt, nicht analysiert werden. Dies liegt insbesondere an der vollständigen Markttransparenz, die zu einer unendlich hohen Reaktionsgeschwindigkeit der Marktteilnehmer, der Anbieter und Nachfrager, führt. Die Analyse erfolgt demnach nicht dynamisch, sondern nur komparativ-statisch. Der französische Ökonom L. Walras (Walras-Gleichgewicht) hat versucht, unter Beibehaltung der fünf Prämissen, den Preismechanismus modellhaft nachzubilden, indem er den Preisbildungsprozeß mit Hilfe eines "Auktionators" erfolgen läßt: Der Auktionator ruft die Preise mehrerer Güter aus (prix criés), vergleicht Nachfrage und Angebot der einzelnen Güter und revidiert die Preise nach unten bzw. nach oben, falls das Angebot die Nachfrage bzw. die Nachfrage das Angebot übersteigt. Auf diese Weise tastet er sich an die Gleichgewichtspreise heran (tâtonnement), zu denen dann die Tauschakte stattfinden. Bei dem Walrasianischen Modell kommt es also nicht zu ungleichgewichtigen Preisen: Nachfrage und Angebot sind immer ausgeglichen. Mit Hilfe dieses, wenn auch "zeitlosen" Modells ist eine der Funktionen der Preise in der Volkswirtschaft erläutert, die Koordinationsfunktion.  Damit eng verbunden ist die Informationsfunktion: Preisänderungen signalisieren z.B. Nachfrageänderungen oder Kostenänderungen. Gleichzeitig geben sie Unternehmern Anlaß, die Produktion bestimmter Güter zu verringern oder auszuweiten; für Haushalte lohnt sich eine Veränderung des Nachfrageverhaltens (Anreizfunktion). Damit übernehmen Preise eine Lenkungsfunktion (Allokationsfunktion), indem sie Produktionsfaktoren in die volkswirtschaftlich effizienten Verwendungen lenken. Die Höhe des Preises hängt entscheidend von der quantitativen Besetzung der beiden Marktseiten ab, d.h. von der Anzahl (Marktform) und der relativen Größe der Marktteilnehmer auf der Nachfrage- und auf der Angebotsseite. So hat Cournot für den Fall, daß sich nur ein Wirtschaftssubjekt auf der Angebotsseite eines Marktes befindet, auf der Nachfrageseite jedoch "viele", den sog. Monopolpreis ermittelt (Monopol). Dies ist der Preis, bei dem der Monopolist seinen Gewinn maximiert. Die Preistheorie zeigt, daß sich bei jeder anderen Marktform ein geringerer Preis einstellt. Neben der Marktform können noch andere Eigenschaften des Marktes, z.B. die Kostenstruktur der betreffenden Branche, bestehende Markteintrittsschranken, Einfluß auf die Preisbildung ausüben. Diese Eigenschaften werden unter dem Begriff "Marktstruktur"  zusammengefaßt. Gibt man die Prämisse der vollständigen Markttransparenz auf und gelten die vier anderen Prämissen weiterhin, so spricht man von einem temporär unvollkommenen Markt. Auf einem solchen können Preisunterschiede vorübergehend auftreten, weil der Preismechanismus nicht unendlich schnell ablaufen kann, sondern einhergeht mit einem zeitbeanspruchenden Prozeß der Informationsverarbeitung. Unvollständige Information der Nachfrager über ein Gut kann dazu führen, daß der Preis dieses Gutes als Qualitätsindikator angesehen wird, d.h. Konsumenten schätzen Produkte innerhalb einer Warengruppe qualitativ um so hochwertiger ein, je höher die Preise dieser Produkte sind. Ebenfalls weitreichende Konsequenzen bewirkt die Aufhebung der Homogenitätsbedingung, d.h. ein ursprünglich homogenes Gut erscheint den Nachfragern als verschiedenartig. Dies kann beispielsweise durch Marketinginstrumente (Marketing), wie Verpackung, Werbung etc., erreicht werden. Betrachten die Nachfrager die so entstehenden Produkte als zwei grundsätzlich verschiedene, so liegen zwei verschiedene Märkte vor. Hat der Unternehmer auf diese Weise eine Marktspaltung erreicht, so kann er  für das an sich gleiche Produkt  unterschiedliche Preise setzen und damit eine Preisdifferenzierung betreiben. Hierdurch wird es ihm ermöglicht, die Konsumentenrente zu seinen Gunsten zu verringern.

Literatur: U. Fehl/P. Oberender, Grundlagen der Mikroökonomie.
4. A., München 1990. H. Hesse, Preise, in: HdWW, Bd.
6. Stuttgart/New York/etc. 1981. A. E. Ott, Preistheorie, in: W. Ehrlicher et al. (Hrsg.), Kompedium der Volkswirtschaftslehre, Bd.
1.
5. A., Göttingen 1975. J. Siebke, Preistheorie, in: D. Bender/H. Berg et al., Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Bd.
2.
3. A., München 1988. A. Woll, Allgemeine Volkswirtschaftslehre. 10. A., München 1990.

 

 


 

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