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Theorie der komparativen Kosten

siehe unter komparatives Kostentheorem begründet, warum eine produktiv eindeutig überlegene Nation, die alle ihre Güter billiger erzeugen kann als das Ausland, dennoch bestimmte Güter aus kostenteureren und produktiv unterlegenen Partnerländern einführen soll. Die dabei erzielte Wohlstandserhöhung (Wohlfahrtsökonomik) hängt von einer entscheidenden Bedingung ab: Die Kostenüberlegenheit (Kosten) der pro-duktiven Nation muß bei den einzelnen Gütern graduell unterschiedlich sein. Die folgende Tabelle zeigt in der ersten Zeile beispielhaft eine absolute Kostendifferenz:                                    
Theorie der komparativen Kosten

Portugal ist eindeutig in der Weinerzeugung (80 gegen 120), England dagegen in der Tucherzeugung (45 gegen 90) billiger. Bei dieser wechselseitigen und sich ergänzenden Kostenüberlegenheit "gewinnen" beide Länder, wenn sie sich jeweils auf ihr billiges Produkt spezialisieren und das teure Gut dafür beim Handelspartner eintauschen. "Der internationale Handel ist, wie die Freihändler (Freihandel) immer betonten, nichts anderes als eine große arbeitssparende Maschine" (G. Haberler). Außenhandel beruht aber nicht nur auf absoluten Kostendifferenzen. Der englische Nationalökonom David Ricardo (1772-1823) hat in dem berühmten
7. Kapitel seiner "Grundsätze der politischen Ökonomie und Besteuerung", erste engl. Ausg., London 1817, überzeugend nachgewiesen, daß auch bei komparativer Kostendifferenz Tauschhandel zu einer Wohlstandserhöhung in den beteiligten Ländern führt. Sein bekanntes Zahlenbeispiel wird in der
2. Tabellenzeile aufgegriffen. Portugal produziert jetzt beide Güter billiger als England. Auf den ersten Blick erscheint daher ein portugiesischer Tuchimport aus England unbegreiflich, da dort Tuch kostenteurer (100) hergestellt wird als in Portugal (90). Komparative Kosten (lat. comparativus = vergleichend oder steigernd) lassen sich bilden, wenn man die Produktionskosten der entsprechenden Güter zueinander in Vergleich setzt:          Portugal 1 Faß Wein, Kosten-Relation (u. äquivalente Tuchmenge):            
Theorie der komparativen Kosten

            England            
Theorie der komparativen Kosten

             Portugal 1 Ballen Tuch, Kosten-Relation (u. äquivalente Weinmenge):            
Theorie der komparativen Kosten

         England            
Theorie der komparativen Kosten

Man erkennt, daß Portugal seinen Wein lohnend nach England exportieren kann, denn seine komparativen Kosten sind niedriger als die Englands:            
Theorie der komparativen Kosten

Der entsprechende Vergleich für Tuch weist dagegen einen komparativen, also relativen Vorteil für England aus:            
Theorie der komparativen Kosten

Der Außenhandel lohnt sich demnach für beide Länder. Die komparativen Vorteile spiegeln sich auch in den güterwirtschaftlichen Tausch- oder Naturalpreisen der beiden Produkte im jeweiligen Lande wieder. Die portugiesischen Weinverkäufer erhalten für 1 Faß Wein mindestens 0,89 Ballen Tuch (s.o.)  das ist der Tauschpreis am heimischen Markt. Durch Export können sie aber in England bis zu 1,2 Ballen Tuch erlösen. Lukrativ ist dieser Tausch umgekehrt auch für die englischen Tuchexporteure: am heimischen Markt gibt man für 1 Ballen Tuch nur 0,83 Faß Wein, am portugiesischen Markt dagegen erhält man bis zu 1,125 Faß Wein. Das zwischenstaatliche Tauschverhältnis (terms of trade) wird sich im Verlauf des Außenhandels zwischen den binnenwirtschaftlichen Tauschpreisen einpendeln müssen: 1 Ballen Tuch für mindestens 0,83 bis zu max. 1,125 Faß Wein. Wo sich das endgültige Tauschverhältnis innerhalb dieser "Marge" genau einpendelt, kann ohne Berücksichtigung der Nachfrageverhältnisse nicht bestimmt werden. Das Austauschverhältnis könnte z.B. etwa in der Mitte der genannten Marge liegen, der Einfachheit halber sei es mit: 1 Faß Wein für 1 Ballen Tuch angenommen. Portugal ist zwar in beiden Produktionszweigen kostenbilliger bzw. produktiver, dennoch sollte es Tuch nicht selbst, sondern "indirekt", über verstärkt angebauten Wein (sein kostengünstigstes Produkt!) und dessen Export nach England, produzieren. Portugal erzeugt durchschnittlich 1 Faß Wein mit 80 Arbeitseinheiten, dafür erhält es bei dem obengenannten Tauschverhältnis 1 Ballen englisches Tuch. Hätte Portugal einen Ballen Tuch im eigenen Land produziert, wären dafür durchschnittlich 90 Arbeitseinheiten aufzuwenden  Ersparnis demnach 10 Einheiten. Warum sollte Portugal seine nationalen Produktivkräfte dann in der Tuchproduktion vergeuden? England als unterlegenes Land gewinnt ebenfalls, wenn es sich im Export auf das Gut konzentriert, bei dem seine Unterlegenheit am geringsten ist. Für 1 Ballen Tuch muß es 100 Arbeitseinheiten aufwenden und erhält dafür im Außenhandel 1 Faß Wein. Hätte England den Wein selbst erzeugt, wären dafür 120 Arbeitseinheiten erforderlich gewesen  Ersparnis demnach 20 Einheiten. "Der Vorteil des Außenhandels: ein wirkungsvollerer Einsatz der Produktionsfaktoren auf der ganzen Welt" (J. St. Mill). Bei gleicher Kostendifferenz (s.
3. Tabellenzeile) geht von der Kosten- bzw. Angebotsstruktur kein Impuls zu lukrativem Tauschhandel aus. Die Kostenüberlegenheit Portugals beträgt in beiden Produktionszweigen jeweils 50%, ist also gleich, deshalb tauscht sich 1 Ballen Tuch in Portugal wie auch in England gegen 1,125 Faß            
Theorie der komparativen Kosten

Ergebnis: Das komparative Kostentheorem stellt zwei entscheidende Bestimmungsgrößen für die Wohlstandserhöhung durch internationalen Handel heraus:
1.   Den Tauschvorteil: Jedes Land profitiert von dem günstigen internationalen Tauschverhältnis, das sich im Zuge des Außenhandels für sein Export-/Import-Produkt bildet (Handelsoptimierung). Die Kostendifferenz begrenzt die Marge für  dieses zwischenstaatliche Tauschverhältnis, ob dabei ein Land mehr oder weniger als der Tauschpartner "gewinnt", ist zunächst sekundär. Immer wieder hat es nationalökonomische Denker gereizt, zusätzliche Einflußgrößen aufzudecken, die das endgültige Tauschgleichgewicht innerhalb dieser Marge fixieren. ( Güterwirtschaftliche Außenwirtschaftstheorie).
2.   Die Produktionsspezialisierung: Unbeschränkter Außenhandel lenkt langfristig das gegebene volkswirtschaftliche Faktorpotential in die kostengünstigsten nationalen Produktionszweige und erhöht so die Effizienz jeder Volkswirtschaft (Produktionsoptimierung). In einer Fußnote zu seinem
7. Kapitel verdeutlicht Ricardo den Kerngehalt seines       Theorems: "Zwei Menschen können sowohl Schuhe wie Hüte herstellen und doch ist       der Eine dem Anderen in beiden Beschäftigungen überlegen. Aber in der Herstellung       von Hüten kann er seinen Konkurrenten nur um 20% übertreffen und in der von Schuhen um 33%. Würde es dann nicht im Interesse Beider liegen, daß der Überlegenere sich ausschließlich auf die Schuhmacherei und der darin weniger Geschickte auf die Hutmacherei legen sollte?"

Literatur: G. Haberler, Der internationale Handel. Neudruck, Berlin 1970. K. Rose, Theorie der Außenwirtschaft.
8. A., München 1981. P. Tesch, Die Bestimmungsgründe des internationalen Handels und die Direktinvestition. Berlin 1980.

 

 


 

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