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personelle Einkommensverteilung


1. Gegenstand. Die p. setzt die Höhe der individuellen Einkommen in Beziehung zu der Zahl der Personen, die dieses Einkommen bezogen haben. Die p. liefert mithin auch Informationen darüber, auf welchen Anteil der Personen welcher Anteil des Gesamteinkommens entfällt. Die Verteilung muß sich nicht auf eine funktionell homogene Art des Einkommens (funktionelle Einkommensverteilung) beschränken; das betrachtete Einkommen kann aus verschiedenen Quellen geflossen sein. Es kann sich zudem um die Verteilung der Bruttoeinkommen , wie diese sich unmittelbar aus dem Prozeß der Faktorpreisbildung ergeben, handeln (Primärverteilung) oder um die Verteilung des verfügbaren Einkommens (Sekundärverteilung), wie diese sich infolge direkter staatlicher Umverteilungsmaßnahmen einstellt.
2. empirische p. Zur graphischen Darstellung der p. werden die Wirtschaftseinheiten nach der Höhe ihres Einkommens geordnet und dann zu Einkommensklassen zusammengefaßt. Die Verteilung der Wirtschaftseinheiten oder deren Anteile auf die Einkommensklassen ergibt die für die p. typische Verteilungskurve, die steil zu einem Maximum ansteigt und dann in einem langen Ausläufer in Richtung der höchsten Einkommen ausschwingt (s. Abb.). Die linkssteile oder rechtsschiefe Kurvenform prägt das Bild der p. verschiedener Einkommensarten und in unterschiedlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsformen.                                    
personelle Einkommensverteilung

Diese Verteilungsgesetzmäßigkeit geht auf Pareto (18431923) zurück, der Ende des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Einkommensteuerstatistiken nach der Gestaltung der p. empirisch auswertete. Er setzte allerdings die jeweilige Einkommenshöhe zu der Zahl der Personen, die dieses und ein höheres Einkommen beziehen, in Beziehung. Die graphische Kurve zu dieser kumulierten Häufigkeitsverteilung (Pareto-Verteilung) hat einen hyperbolischen Verlauf analog zu dem abfallenden Ast der rechtsschiefen Verteilungskurve. In einer graphischen Darstellung mit logarithmischem Maßstab ordnen sich die zugehörigen Beobachtungen zu einer absteigenden Geraden an. Da die Steigungen der Geraden in den von Pareto vorgenommenen Untersuchungen in relativ engen Grenzen um einen bestimmten Wert lagen, glaubte Pareto auf eine allgemeine Verteilungsgesetzmäßigkeit schließen zu können. Mit dieser Deutung war der Grund dafür gelegt, in der Theorie der p. die typische Kurvenform herzuleiten und zu erklären.
3. Theorienbildung. Bis heute bestehen zahlreiche Versuche, die p. zu erfassen, darin, eine statistische Verteilungsfunktion zu finden, mit deren Hilfe die beobachtete Verteilung möglichst genau beschrieben werden kann (z.B. lognormale Verteilung). Diese Ansätze liefern noch keine Theorie in dem Sinne, die Entstehung der p. kausal zu erklären. Das gilt auch für jene statistisch-mathematischen Ansätze, die verwendete Funktionsform auf ökonomisch oder politökonomisch gedeutete Zufallsprozesse zurückzuführen. Erst in den letzten Jahrzehnten sind Hypothesen formuliert worden, welche die personelle Einkommensverteilung aus den Allokationsentscheidungen (Allokation) der Wirtschaftseinheiten herleiten.
3. 1. Die rechtsschiefe p. aus einem Zufallsprozeß zu erklären geht auf Gibrat’s (1931) "Gesetz der proportionalen Effekte" zurück. Danach soll das Einkommen einer jeden Person im Zeitverlauf zufälligen Schwankungen nach oben und unten unterliegen, die proportional zu dem jeweils gegebenen Einkommensniveau ausfallen. Ist ein ausreichend langer Zeitraum verstrichen, spielt sich unabhängig von der Gestalt der Verteilung in der Ausgangslage eine lognormale p. ein, die der bekannten Verteilungskurve der beobachteten Daten entspricht.
3. 2. Schon Pareto versuchte, die regelmäßig wiederkehrende Ungleichheit der p. aus den von Mensch zu Mensch bestehenden Unterschieden ihrer Fähigkeiten, Einkommen von bestimmter Höhe zu erzielen, zu erklären. Da er jedoch von der Annahme ausging, daß diese Fähigkeiten unter den Menschen normalverteilt sind, ergänzte er seine Sichtweise um die Aussage, daß die Personen mit den minderen Fähigkeiten zum Einkommenserwerb niemals das Existenzminimum unterschreiten können. Indem auf diese Weise dem Einkommenserwerb eine Untergrenze, aber keine Obergrenze gesetzt ist, wird der ansteigende Ast der Normalverteilungskurve zusammengedrückt und die p. nimmt die bekannte Schiefe an. Andere Autoren sehen die Produktivität und Einkommen der Wirtschaftseinheiten durch mehrere Faktoren beeinflußt. Sind deren Auswirkungen multiplikativ miteinander verknüpft, ergibt sich die linkssteile p. auch dann, wenn jede der Fähigkeiten stochastisch unabhängig und normalverteilt ist. Alle diese Ansätze bleiben mechanistisch.
3. 3. Ein eigenständiges Gebiet der p. ist die innerbetriebliche Gehalts- und Lohnstruktur in bürokratischen Organisationen. Man spricht von Hierarchie-Modellen, weil diese Organisationen hierarchisch nach dem Prinzip der zentralen Anordnung organisatorisch aufgebaut sind. Nimmt die Zahl der Angestellten mit aufsteigender Entscheidungs- (Hierarchie-) Stufe geometrisch ab, jedoch das Gehalt zu, stellt sich eine Pareto-Verteilung ein. Mit diesem Ansatz wird jedoch nicht der aufsteigende Ast der p. erfaßt, so daß nur die Verteilung mittlerer und hoher Einkommen erklärt wird.
3. 4.Im Humankapital-Konzept (Arbeitskapital) wird der Begriff des Kapitalgutes auf die menschlichen Fähigkeiten zum Einkommenserwerb angewendet. In dieser Sicht ist das Arbeitsvermögen (Humankapital) einer Person nicht allein angeboren, sondern auch durch Investitionen (Erziehung, Ausbildung) geschaffen. Arbeitseinkommen sind Erträge des Humankapitals. Ein Maß für das Humankapital einer Person ist der Gegenwartswert seines gesamten erwarteten Arbeitseinkommens. In dem Ausgangsmodell von Mincer (1958) haben die Wirtschaftssubjekte gleiche angeborene Fähigkeiten, können aber verschiedene Berufe wählen, die sich in der Länge der (Schul-) Ausbildung für diese Berufe unterscheiden. Ausbildungskosten sind die entgangenen Einkommen während der Ausbildungszeit. Jedes Wirtschaftssubjekt wählt seinen Beruf derart, daß es den Gegenwartswert des erwarteten Arbeitseinkommens maximiert. In einem Wettbewerbssystem müssen sich (langfristig) die individuellen Einkommen so einstellen, daß ihr Gegenwartswert (Humankapital) in allen Berufen gleich hoch ist. Dann erhält man als Resultat die linkssteile p., wenn die Länge der Ausbildungszeiten zwischen den Wirtschaftssubjekten normalverteilt oder sogar (nicht zu stark) rechtssteil verteilt ist. Becker (1964) hat diesen Ansatz verallgemeinert, so daß u.a. unterschiedliche Fähigkeiten und unterschiedliche Zugänge zu Bildungseinrichtungen berücksichtigt werden können. Damit erweitert sich auch die Erklärungskraft des Humankapital-Ansatzes, insbesondere auf die Erklärung der Unterschiede in den Einkommensstreuungen zwischen verschiedenen sozialen Gruppierungen (z.B. Männer, Frauen; gelernte, ungelernte Arbeitskräfte; Altersgruppen).

Literatur: G. Blümle, Theorie der Einkommensverteilung, Berlin-Heidelberg 1975. G. S. Sahota, Theories of personal income distribution: A survey, Journal of Economic Literature, Vol. 14 (1978), S. 1-55.

 

 


 

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